Bild 1: So kann das 48-V-Central-Drive-System in einem Roller aussehen.

(Bild: Bosch)

Die Entwicklung von elektrischen Antrieben verschiedenster Anbieter ist rasant gestiegen. Es stellt sich die Frage, was ein elektrisches Antriebssystem für die Mobilität von morgen beinhalten soll. Bosch liefert ein 48-Volt-System, dessen Komponenten durch die Arbeit und Entwicklung eines kleinen Teams schon heute zu einer Lösung mit hohen Standards geworden ist. Das Gesamtsystem beinhaltet insgesamt fünf Komponenten. Es besteht im Kern aus einer E-Maschine (10 kW) mit integriertem Inverter und einem Batteriesystem.

Elekrifizierung von Leichtkrafträdern

Nach der Entwicklung von E-Bikes ist die Elekrifizierung von Leichtkrafträdern der nächste logische Schritt. Bosch

Das Steuergerät übernimmt die Steuerung der Fahreigenschaften. Die weiteren Komponenten wie On-Board-Ladegerät, DC/DC-Wandler (von 48 V auf 12 V) und Display vervollständigen das Gesamtsystem (Bild 1). Wahlweise ist das System zudem für On-Board- und Off-Board-Ladekonzepte konfigurierbar und lässt sich zudem mit einer App verbinden, wodurch sich einige Systemeigenschaften mit dem Smartphone überwachen lassen.

Bild 2: Eine der Stärken des Systems ist seine Skalierbarkeit. Durch Parallelschalten lässt sich der Antrieb in Fahrzeugen unterschiedlicher Leistungsklassen einsetzen.

Bild 2: Eine der Stärken des Systems ist seine Skalierbarkeit. Durch Parallelschalten lässt sich der Antrieb in Fahrzeugen unterschiedlicher Leistungsklassen einsetzen. Bosch

Einer der Stärken des Systems ist seine Skalierbarkeit. Durch das Parallelschalten von bis zu acht Batterien und der Integration von bis zu zwei E-Maschinen lässt sich der Antrieb in Fahrzeugen unterschiedlicher Leistungsklassen einsetzen (Bild 2). Je nach Fahrzeug sind so verfügbare Leistung und/oder Reichweite feingranular einstellbar.

Die Komponenten des Systems sind gut aufeinander abgestimmt, was bei der Fahrzeugintegration und bei der Inbetriebnahme Zeit einspart. Unterstützung gibt es auch bei der Applikation: Eine fahrbare Grundbedatung ermöglicht es, das System in kürzester Zeit in Betrieb zu nehmen.  Dafür erarbeiten Applikationsexperten zusammen mit dem Anwender das erwünschte Betriebs- und Fahrverhalten. Im Rahmen der drei wählbaren Fahrmodi lassen sich so Fahrspaß und Reichweite optimal aufeinander abgestimmen.

Zuverlässig und robust

Bei der Entwicklung der Systemkomponenten sind die langjährigen Erfahrungen von Bosch aus dem Automotive-Bereich eingeflossen. Das Resultat ist eine hohe Zuverlässigkeit und Robustheit der Komponenten, abgesichert durch ein umfangreiches Erprobungsprogramm. Die Komponenten des gesamten Antriebsystems erfüllen international geltende Standards und Homologationsanforderungen. Zusätzlich bietet das System eine hohe funktionale Sicherheit, da die Entwicklung nach der ISO 26262 (mit einem Absicherungslevel einiger Funktionen auf ASIL C) ein hohes Maß an Sicherheit gewährt. Besonderes Augenmerk gilt dem mechanisch robusten Batteriekonzept: Sowohl die skalierbare Energie und Leistung als auch die Architektur des Gesamtsystems führen zu einer besonderen Entwicklungstiefe des Batteriemanagement-Systems (BMS).

Video: Das 48-V-Antriebssystem von Bosch

 

Entwicklung des Batteriesystems

Zu Beginn der Entwicklungsarbeiten stand die Frage: Wie lässt sich ein Batteriesystem bauen, das einerseits einen Roller und andererseits einen Minibus (bis 20 kW) antreibt? Die Schnittmenge der Anforderungen unterschiedlicher Fahrzeugklassen ergab sich wie folgt:

  • hohe Energiedichte, kompakte Abmessung
  • Leistungs-Energie-Verhältnis wie E-Auto (P/E-Ratio)
  • Robustheit bezüglich Umwelteinflüssen (IP 65, Schock, Vibro-Profil härter als Automotive)
  • Hoher Energiedurchsatz
  • parallelschaltbar, ISO 26262, Batteriemanagement-System (BMS)
  • flexible Befestigungsmöglichkeiten
  • beliebige Einbaulage
  • einfacher elektrischer Anschluss (Schraubterminals)
  • Master-BMS-SW: Kontrolle über alle parallel geschalteten Batteriepacks, Bündelung der Kommunikation an die VCU.
Bild 3: Das Batteriesystem lässt sich als On-Board-System oder als portable Batterie ausführen.

Bild 3: Das Batteriesystem lässt sich als On-Board-System oder als portable Batterie ausführen. Bosch

Für einen reibungslosen Betrieb von Elektrofahrzeugen muss die Batterie (Bild 3) unter allen Umweltbedingungen sicher funktionieren. Neben Zellqualität und BMS spielt dabei auch die Dichtheit des Gehäuses über die gesamte Lebensdauer eine wesentliche Rolle.

Zur Abdichtung kommen aktuellste technische 2K-Kunststofflösungen (Bild 4) in Form einer Zwei-Lamellendichtung zum Einsatz, die unter anderem eine hohe Belastbarkeit hinsichtlich der Temperaturbeständigkeit aufweisen müssen. Die Dimensionierung der Lamellendichtung stellt sicher, dass trotz großer Toleranzen, welche durch Bauteiltoleranzen und thermischen Ausdehnungen verursacht werden, die Dichtheit nach Schutzklasse IP65 gewährleistet bleibt.

Bild 4: Abdichten mit 2K-LSR-Technologie; das Verfahren ist besonders hitzebeständig und gleicht Toleranzen zwischen Bauteilen entsprechend aus.

Bild 4: Abdichten mit 2K-LSR-Technologie; das Verfahren ist besonders hitzebeständig und gleicht Toleranzen zwischen Bauteilen entsprechend aus. Pöppelmann

Dicht und robust

Die Falltests aus einem Meter Höhe zeigten keine Beschädigungen und stellen daher einen weiteren Betrieb sicher. Ebenso ist die Dichtigkeit nach IP65, der Tauchtest und der Einsatz eines Druckausgleichselements (DAE) erprobt, sodass die Dichtigkeit über die Lebensdauer hinweg sichergestellt ist. Das Batteriegehäuse besteht aus einem eloxierten Aluminiumprofil, das kratzfest und robust ist sowie zwei Kunststoffteilen an den Stirnflächen, welche die Brandschutzklasse UL94 V0 erfüllen. Des Weiteren ist das Aluminiumgehäuse derart geformt, dass es durch seine seitlichen Nutensysteme sowohl kompakt und besonders stabil ist, als auch die Verbindung mit den Verschraubungselementen von Bosch Rexroth in beliebiger Einbaulage zum Fahrzeugrahmen ermöglicht. Das skalierbare Batterie-Design ist in paralleler Schaltungsrichtung bei unterschiedlichen Gehäuselängen anwendbar (13 serielle und x parallele Zellen; 13s xp). Dies wurde durch die Verwendung des Stranggussverfahrens in der Gehäuseproduktion erzielt. Die Varianten „10p“ und „15p“ sind aktuell im Lieferprogramm verfügbar.

Testfahrten auf Schlechtwegstrecken

Um die Qualität von Komponenten sicherzustellen, führt Bosch Testfahrten auf Schlechtwegstrecken durch. Die Übertragung der Vibration zwischen Fahrzeugrahmen, Batteriegehäuse und mechanisch sensiblen Komponenten wie den Zellverbindern wird dabei in mehreren relevanten Fahrzeugen mit Beschleunigungssensoren gemessen (Bild 5). Hieraus gehen die über die Lebensdauer zu erwartenden mechanischen Lastzyklen hervor. Die mechanischen Lastzyklen werden zur Designvalidierung auf dem Vibrationsprüfstand (Shaker) simuliert. Dabei ist die Testdauer auf dem Shaker aufgrund einer Lastüberhöhung geringer als im Fahrzeug (Raffung). Ein Vergleich zwischen Shaker-Lastzyklen und den Fahrzeugmessungen ist erforderlich, damit der Kompromiss zwischen Testdauer und Überhöhung gelingt.

Bild 5: Der Vibrationsprüfstand des Bosch-Kompetenzzentrums. Hier erfolgt der Test der Komponenten mittels Laservibrometrie auf dem Shaker.

Bild 5: Der Vibrationsprüfstand des Bosch-Kompetenzzentrums. Hier erfolgt der Test der Komponenten mittels Laservibrometrie auf dem Shaker. Bosch

Weiterhin ist auszuschließen, dass auf dem Shaker Schädigungsmechanismen getriggert werden, die im Fahrzeug nicht relevant sind. Die Vibrationslast auf dem Shaker wird daher mit Beschleunigungssensoren auf dem Batteriegehäuse und den Komponenten gemessen. Das von Bosch weltweit aufgebaute Kompetenzzentrum für Vibration vergleicht die Shaker-Lastzyklen mit den Fahrzeug-Lastzyklen und berechnet daraus eine produktspezifische Testanforderung.

Die berechnete Testanforderung für die Bosch-48-V-Lithium-Ionen-Batterie liegt deutlich über der gewöhnlich im Automotive-Bereich herangezogenen LV124 Norm. Dabei liegt der effektive Beschleunigungswert 50 Prozent höher als die in der Norm festgelegten Werte bei einer Testdauer von 30 Stunden pro Raumrichtung. Das Entwicklungsprojekt wurde bereits in einer frühen Phase vom Bosch Kompetenzzentrum mit Laservibrometrie-Messungen unterstützt, damit diese hohen Anforderungen erfüllbar sind. Die Laservibrometrie ermöglicht eine Ortsauflösung < 1 mm, sodass das Schwingungsverhalten von sehr kleinen Bauteilen (zum Beispiel Zellverbindern und Zellen) gemessen und visualisiert werden kann.

Das Projekt

Der Entwicklungsauftrag für die Realisierung des 48-V-Antriebssystems für zwei-, drei- und vierrädrige Leichtfahrzeuge erhielt das 2014 gegründete Start-up Light eMobility bei Bosch in Ludwigsburg. In nur 2,5 Jahren Entwicklungszeit wurde der Serien-Roller E-Schwalbe der Firma Govecs für den Straßenverkehr freigegeben. Seit Anfang 2019 ist das Start-up in den Bosch-Produktbereich Two-Wheeler & Powersports integriert und das Team arbeitet weiter daran, den Standard des Systems und der Komponenten zu erhöhen.

Dr. Andreas Gleiter

(Bild: Bosch)

Systementwicklung Batterie bei Bosch

Markus Zink

(Bild: Bosch)

Teilprojektleitung Mechanisches Design Batterie bei Bosch

(na)

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

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