Sowohl Bosch als auch Continental hatten ja schon im Vorfeld der IAA 2013 bereits frühe Prototypen von 48-V-Lösungen gezeigt, aber jetzt sind die Systeme ausgereifter und teilweise schon recht nahe an der Serie. Auch Valeo hat mittlerweile Produkte für die 48-V-Welt vorgestellt.

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Continental/Schaeffler

Wie hoch das Einsparpotenzial ist, hat Continental im Rahmen eines Fahrversuchs gezeigt, den Conti gemeinsam mit Schaeffler durchführte, wo die beiden Unternehmen das Gasoline Technology Car (GTC) präsentierten. Das Gemeinschaftsprojekt GTC zeigt, wie eine vernetzte Integration von Mild-Hybrid-Schlüsseltechnologien auch bei einem bereits sehr effizienten Pkw mit hubraumreduziertem Dreizylinder-Ottomotor – in diesem Fall diente ein Ford Focus 1.0 l EcoBoost als Basisfahrzeug – zusätzlich bis zu 17 % an Kraftstoff und damit an CO2 einsparen kann.

Emissionen senken

Die Mild-Hybrid-Technologie auf Basis eines 48-V-Teilbordnetzes ermöglicht zusammen mit ergänzenden Maßnahmen wie einer besonderen Kühl-Architektur, einer Katalysator-Vorheizung und Ähnliches eine Senkung des Kraftstoffbedards um 17 % – und zwar bei einem zuvor schon besonders sparsamen Fahrzeug.

„Um diese Dimension der Hybridisierung zu erreichen, haben wir Schlüsseltechnologien aus den Portfolios von Continental und Schaeffler im GTC integriert und konsequent vernetzt“, erklärte José Avila, Vorstandsmitglied von Continental und Leiter der Division Powertrain. „Das Potenzial dieser Strategie lässt sich an den Ergebnissen ablesen, die wir bei einem Fahrzeug erreichen, dessen Motor für seine Effizienz und Leistung als ‚International Engine of the Year 2012 und 2013‘ ausgezeichnet wurde.“ Prof. Peter Gutzmer, Schaeffler-Vorstand für Forschung und Entwicklung, erläuterte warum das so ist: „Durch Wechselwirkung der Komponenten und Technologien im GTC können wir Effekte nutzen, die dem Autofahrer im realen Fahrbetrieb auf der Straße konkrete Vorteile beim Verbrauch und der Fahrbarkeit bringen.“ Wegen des Integrationsansatzes, betonen die beiden Automobilzulieferer, sei beim GTC das Ganze mehr als die Summe seiner Teile, was sie in der „Formel“ 1 + 1 = 3 zusammenfassen.

Hauptelemente des Integrationsansatzes

Die Projektpartner optimierten das Demonstrationsfahrzeug GTC umfassend auf Fahrzeugebene: So passten sie zum einen eine Einspritzung und Motorsteuerung von Continental an und ersetzten damit das System des Referenzfahrzeugs. Zum anderen fügten sie zahlreiche andere Komponenten und Technologien hinzu. Eine Schlüsselrolle spielen dabei das 48-Volt-Eco-Drive-System von Continental zur milden Hybridisierung sowie die elektrifizierte Kupplung (E-Clutch) zur Kraftübertragung und das Thermomanagement von Schaeffler. Hinzu kommen Maßnahmen zur Reduktion der Reibungsverluste im Motor und ein elektrisch heizbarer Katalysator (Emitec). In Summe erreicht der Technologieträger GTC mit diesen Komponenten und der intelligenten Betriebsstrategie nicht nur eine um bis zu 17 % höhere Kraftstoffeffizienz, sondern erfüllt auch die Emissionsgrenzwerte der kommenden Abgasnorm Euro 6c (2017/2018).

Die Zusammensetzung der Gesamt-Einsparungen des GTCs zeigt, dass die Hybridisierung per 48-V-Technologie den größten Einzelbeitrag leistet.

Die Zusammensetzung der Gesamt-Einsparungen des GTCs zeigt, dass die Hybridisierung per 48-V-Technologie den größten Einzelbeitrag leistet.Continental/Schaeffler

Um den 3-Zylinder-Ottomotor mit ein Liter Hubraum trotz der modifizierten, konsequent zündwinkeloptimierten Betriebsstrategie fahrbar zu machen und zusätzliche Hybrid-Fahrstrategien nutzen zu können, verfügt das GTC über eine unabhängige zweite Antriebseinheit, das 48-V-Eco-Drive-System. Dazu gehört eine E-Maschine samt integriertem Entkoppelungsspanner. Der elektrische Traktionsmotor/Generator ist über einen modifizierten Riementrieb an den Verbrenner angebunden. Ein DC/DC-Wandler sorgt für die elektrischen Energieflüsse zwischen den Spannungslagen 12 V und der 48-V-Seite mit Li-Ion-Akku (Konzept mit zwei Batterien). Mit dieser Hybridisierung wird der Verbrennungsmotor im niedrigen Drehzahlbereich elektrisch unterstützt (E-Boost-Funktion), um ein attraktives Ansprechverhalten ohne Turboloch zu erreichen. Die Voraussetzung dafür schafft die hohe Effizienz der 48-V-Rekuperation: Das GTC kann im NEFZ annähernd doppelt so viel Bewegungsenergie rekuperieren wie das Fahrzeug für das Bordnetz braucht.

Segeln und mehr

Zum strengen Design-to-Cost-Ansatz des Technologieträgers gehört, dass das GTC mit einem konventionellen 6-Gang-Handschaltgetriebe ausgerüstet ist. Dennoch nutzt seine Fahrstrategie energiesparende Funktionen wie das Coasting (= Ausrollen ohne Gas, auch Segeln genannt) – ermöglicht von der ins Fahrzeug integrierten elektrifizierten Kupplung aus dem Hause Schaeffler, die den Motor in Coasting-Phasen vom Antriebsstrang abkoppelt. Somit bremst der Verbrennungsmotor das Fahrzeug nicht ab und es bleibt mehr kinetische Energie erhalten, die dann der Rekuperation zur Verfügung steht.

Diese Energie ermöglicht wiederum andere effizienzsteigernde Maßnahmen. Ein Beispiel ist der elektrisch heizbare Katalysator, der die Rekuperationsenergie des vorherigen Fahrzyklus nutzt, um beim Kaltstart schneller seine Arbeitstemperatur zu erreichen.

Eine Split-Cooling-Architektur von Schaeffler mit Drehschieberventil ermöglicht im GTC zudem ein abgestuftes Thermomanagement. So lässt sich der Motor vorübergehend von der Kühlmittelzirkulation abtrennen, um schneller auf Temperatur zu kommen beziehungsweise seine Temperatur länger zu halten. Mit dem schnellen Aufheizen verringern sich die motorischen Reibungsverluste, wodurch der Wirkungsgrad steigt – eine Strategie, die zusätzlich durch reibungsoptimierte Komponenten noch weiter unterstützen. Als Teil einer vorausschauenden Betriebsstrategie besteht beispielsweise vor einer absehbaren Rekuperationsphase (Gefällstrecke) ebenfalls die Möglichkeit, frühzeitig die Kühlung abzuschalten.

Die aus der Serie entnommene Continental-Motorsteuerung im GTC ist so ausgelegt, dass sie zusätzlich zum Verbrennungsmotor die vollständige komplexe Steuerung auch der Mild-Hybrid-Komponenten einschließlich der Betriebsstrategie übernehmen kann. Diese Motorsteuerung nimmt bereits die kommende EMS-3-Strategie vorweg. Deren offene Systemarchitektur auf Autosar-Basis kann unterschiedliche Systempartitionierungen und Elektronik-Topologien, die sich aus der Hybridisierung und Elektrifizierung ergeben, flexibel unterstützen.

Da bei einem Fahrzeug mit Handschaltgetriebe die größte Effizienz entsteht, wenn der Fahrer, die optimierten Einzelkomponenten und die Funktionen im Fahrzeug zusammen wirken, gibt die Motorsteuerung Schaltpunktempfehlungen mit dem Ziel einer Drehzahlabsenkung (Downspeeding). Durch das zusätzliche elektrische Antriebsmoment kann der Fahrer diese Schaltpunkte ohne Einbußen bei der Fahrbarkeit nutzen und damit echte Verbrauchsvorteile im realen Straßenverkehr erzielen.

Hybrid4All

Auch Valeo hat kürzlich mit Hybrid4All ein System zur Rückgewinnung der Bremsenergie vorgestellt. Es bietet dabei zusätzlich auch eine elektrische Motoraufladung sowie ein erweitertes Start-Stopp-System. „Es wurde entwickelt, um den optimalen Kompromiss zwischen Kosten und Leistung zu finden, damit die Hybridtechnologie für jedermann erschwinglich ist“, hob Jean-François Tarabbia, Group Senior Vice President bei Valeo, im Rahmen eines Fahrversuchs hervor. „Die Technologie kann in allen Fahrzeugtypen eingesetzt werden – insbesondere im Einstiegssegment und in Fahrzeugen der Mittelklasse. Hybrid4All spart bis zu 15 Prozent Kraftstoff und kostet nur die Hälfte aktueller Hybridsysteme.“

Die Architektur des Hybrid4All-Systems basiert auf einem kompakten Motorgenerator, der ein elektrisches 48-V-Spannungssystem nutzt. „Die auf diese Weise verringerten Kosten erlauben es, die Technologie für breite Käuferschichten anzubieten“, ergänzt Tarrabia in bestem Deutsch. Der Elektromotor, der den Verbrennungsmotor unterstützt, lässt sich an verschiedenen Stellen montieren: auf dem Hilfsantrieb (leicht zu integrieren, da der Motorgenerator an die Stelle der Lichtmaschine tritt), hinter dem Getriebe oder zwischen Motor und Getriebe.

In diese Lösung ist auch das Start-Stopp-System von Valeo integriert, welches das automatische Abschalten des Motors übernimmt, sobald das Fahrzeug steht. Außerdem umfasst die Lösung ein regeneratives Bremssystem und eine Drehmomentunterstützung. Beide Systeme ermöglichen das Downsizing von Verbrennungsmotoren sowie das Downspeeding des Getriebes.

Obwohl er nicht größer ist als eine konventionelle Lichtmaschine kann der Motorgenerator auf Grund der speziellen elektrotechnischen Architektur des Hybrid4All-Systems mit bis zu 15 kW erheblich mehr Leistung liefern. Das Besondere dieser Technologie liegt darin, dass sie sofort nach dem Starten ein hohes Drehmoment liefert. Damit kompensiert sie die geringere Leistung, die Verbrennungsmotoren mit kleinerem Hubraum liefern, wenn sie bei niedriger Drehzahl beschleunigen. Hybrid4All von Valeo ist für Benzin- und Dieselmotoren geeignet. Damit ist das System eine der Technologien, mit denen Fahrzeughersteller die ab 2020 geltenden gesetzlichen Grenzwerte von 95 Gramm CO2 pro Kilometer erzielen können.

(av)

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