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Pin-Belegung des AD7124-4.

Pin-Belegung des AD7124-4. Analog Devices

Es gibt mehrere Arten von Temperatursensoren, die sich zur Entwicklung von Temperaturmesssystemen eignen. Die Auswahl des Sensortypen richtet sich nach dem zu messenden Temperaturbereich und der erforderlichen Genauigkeit. Auch die Leistungsfähigkeit des A/D-Wandlers (ADC) nimmt Einfluss auf die Genauigkeit des Temperaturmesssystems. Oft ist ein hochauflösender ADC erforderlich, da die Amplitude des Sensorsignals recht klein ist. Sigma-Delta-Wandler haben eine hohe Auflösung, erreichen ein gutes Signal-Rausch-Verhältnis und haben für Temperaturmesssysteme nützliche Schaltkreise zum Vorverstärkern, Puffern und Filtern integriert.

Eckdaten

Technische Daten zum AD7124-4 / AD7124-8

  • Drei Leistungsmodi (Low power, Mid power, Full power)
  • Effektives Rauschen bei Gain =128
    Low: 24 nVeff bei 1,17 SPS; Mid: 20 nVeff bei 2,34 SPS; Full: 23 nVeff bei 9,4 SPS
  • Bis zu 22 Bit rauschfrei in allen Leistungsmodi (Gain = 1)
  • Ausgangsdatenraten:
    Full : 9,38 … 19200 SPS, Mid: 2,34 … 4800 SPS, Low: 1,17 … 2400 SPS
  • Netzfrequenzfilter
  • Diagnosefunktionen
  • Multiplexer für Analogeingänge:
    AD7124-4: 4 differenzielle / 7 pseudodifferenzielle Eingänge
    AD7124-8: 8 differenzielle / 15 pseudodifferenzielle Eingänge
  • Programmierbare interne Signalvorverstärkung (Faktor 1 bis 128)
  • Interne Referenzspannung 15 ppm/°C Drift-Maximum (65 µA)
  • Programmierbare Erregerstromquellen und Bias-Spannung
  • Serielles Interface: SPI, QSPI, MICROWIRE, und DSP kompatibler Schmitt-Trigger mit SCLK

Die zwei Autorinnen beschreiben nachfolgend Temperaturmessmethoden mithilfe von Drei- und Vierleiter-Widerstandstemperaturfühlern (RTDs, Resistance Temperature Detectors) als Anwendungsbeispiel eines Messsystembausteins der Familie AD7124 von Analog Devices. Sie erörtern die Verwendung von internen Schaltkreisen und Funktionen (Erregerstromquellen, Vorverstärker, Signal-Puffer, FIR-Filter und weitere) und gehen auf die Leistungsfähigkeit des ADCs ein.

Widerstandstemperaturfühler

RTDs eignen sich für Temperaturmessungen im Bereich von -200 bis 800 °C und sind dabei sehr linear. Typische Materialien solcher Temperaturfühler sind Nickel, Kupfer und Platin, wobei Platin-Sensoren mit 100 Ω und 1000 Ω (PT100, PT1000) am häufigsten vorkommen. Die Sensoren gibt es in Ausführungen mit zwei, drei oder vier Anschlussleitungen, wobei Versionen für Drei- und Vierleitermessungen am häufigsten eingesetzt werden. Zur Erzeugung einer Messspannung benötigt ein RTD einen Erregerstrom. Der Spannungspegel variiert dabei abhängig vom RTD-Typ von mehreren zehn bis zu einigen hundert Millivolt.

Bild 1: AD7124 beschaltet als Dreileiter-Temperaturmesssystem.

Bild 1: AD7124 beschaltet als Dreileiter-Temperaturmesssystem. Analog Devices

Dreileiter-Messung mit dem AD7124

Bild 1 zeigt ein Drei-Draht-RTD-System. Der abgebildete AD7124 enthält alle notwendigen Funktionsblöcke zur Messsignalerfassung und -aufbereitung. Bei dieser Messmethode kommen zwei identische, aufeinander abgestimmte Stromquellen zum Einsatz, welche die Spannungsabfälle auf den Messleitungen kompensieren. Ein Erregerstrom fließt durch RREF, RL1 RTD und RL3. Ein Kompensationsstrom fließt durch RL2 und RL3 und erzeugt an RL2 eine Spannung, die der Spannung von RL1 entgegengerichtet ist. Messleitungsverluste an RL1 und RL2 wirken sich somit nicht mehr auf die Spannungsmessung am RTD aus.

Die Spannung am Präzisionswiderstand RREF ist Referenzspannung für den A/D-Wandler, welche auch Schwankungen vom Erregerstrom erfasst. Damit lassen sich Ungenauigkeiten der Messkette durch Stromschwankungen, Temperaturdrift und Übergangswiderstände kompensieren. Der Anwender kann den Erregerstrom am AD7124 so konfigurieren, dass der Wandlungsbereich maximal genutzt wird, woraus eine erhöhte Genauigkeit resultiert.

Bild 2: Genauigkeit eines PT100 in Dreileiter-Beschaltung aus Bild 1 bei drei unterschiedlichen Betriebstemperaturen der Schaltung.

Bild 2: Genauigkeit eines PT100 in Dreileiter-Beschaltung aus Bild 1 bei drei unterschiedlichen Betriebstemperaturen der Schaltung. Analog Devices

Die geringe Messspannung am RTD muss verstärkt werden, um den Wandlungsbereich des ADCs besser zu nutzen und das Signal-Rausch-Verhältnis zu maximieren. Im AD7124 integrierte Vorverstärker (PGA, Programmable Gain Array) sind für Verstärkungen von 1 bis 128 programmierbar und erlauben einen Kompromiss zwischen Erregerstrom, Verstärkung und Genauigkeit.

Vor der AD-Wandlung ist noch eine Filterung erforderlich, die Antialiasing sicherstellt und Störanteile im Messsignal verringert. Das kann mit den internen analogen Puffern realisiert werden. Alternativ können alle Analogeingänge wie auch die Referenzeingänge vom Anwender freizügig mit R-C-Filtern beschaltet werden, welche die Genauigkeit der Messung nicht beeinträchtigen.

Um Verstärkungs- und Offsetfehler zu eliminieren, ist im System eine Kalibrierung erforderlich. Bild 2 zeigt den Temperaturfehler für diesen Dreileiter-Klasse-B-RTD nach interner Null- und Messbereichs-Kalibrierung. Bei drei unterschiedlichen Betriebstemperaturen der Schaltung beträgt der Gesamtmessfehler über den vollen Temperaturbereich von -50 bis 200 °C deutlich weniger als ± 1 °C.

Die Anordnung des Präzisionsreferenzwiderstands in der Erregerstromzuleitung des RTDs (RL1) ist gut geeignet für Dreileitersysteme mit nur einem RTD. Kommen mehrere RTDs am gleichen ADC zum Einsatz, sollte der Präzisionswiderstand in der gemeinsamen Rückleitung (RL3) platziert werden. So teilen sich alle RTD-Sensoren einen Referenzwiderstand. Bei dieser Implementierung ist jedoch eine genauere Erfassung der einzelnen Erregerströme und Temperaturdriften erforderlich. Zur Minimierung von Messfehlern lassen sich zwei Methoden anwenden:

Bild 3: AD7124 beschaltet als Vierleiter-Temperaturmesssystem.

Bild 3: AD7124 beschaltet als Vierleiter-Temperaturmesssystem. Analog Devices

1) Messung der individuellen Erregerströme (über den Cross-Multiplexer) und der Spannungen am Präzisionsreferenzwiderstand und der internen Low-Drift-Referenz des ADCs.

2) Chopping-Betrieb, wobei die Ströme auf die verschiedenen Seiten des RTD getauscht werden und der Durchschnitt der beiden Ergebnisse in die Gesamtberechnung der Temperatur einfließt.

Vierleiter-Messung mit dem AD7124

Für die Vierleiter-Messung ist nur eine Erregerstromquelle erforderlich. Bild 3 zeigt die entsprechende Beschaltung des AD7124.

Bild 4: Genauigkeit eines PT100 in Vierleiter-Beschaltung aus Bild 3 bei drei unterschiedlichen Betriebstemperaturen der Schaltung.

Bild 4: Genauigkeit eines PT100 in Vierleiter-Beschaltung aus Bild 3 bei drei unterschiedlichen Betriebstemperaturen der Schaltung. Analog Devices

Die internen analogen Puffer sind zwecks Antialiasing und Störsignalunterdrückung aktiviert. Auch hier erzeugt RREF die Referenzspannung für den ADC. Diese Konfiguration liefert eine ratiometrische Messung zwischen der Referenzspannung und der über dem RTD erzeugten Spannung. Die ratiometrische Konfiguration stellt sicher, dass sich Abweichungen beim Erregerstrom nicht auf die Genauigkeit des Gesamtsystems auswirken.

Bild 4 zeigt den RTD-Temperaturfehler eines Vierleiter-Klasse-B-RTDs nach interner Null- und Messbereichs-Kalibrierung. Bei drei unterschiedlichen Betriebstemperaturen der Schaltung beträgt der Gesamtmessfehler über den vollen Temperaturbereich von -50 bis 200°C deutlich weniger als ± 0,8 °C und ist damit etwas kleiner als bei der Dreileiter-Konfiguration.

Hohe Auflösung bei weniger Rauschen

Temperaturen ändern sich in der Regel eher langsam, weshalb die meisten Messsysteme eine geringe Abtastrate von maximal 100 Sample/s verwenden. Ein ADC mit geringer Bandbreite ist somit ausreichend. Die Auflösung hingegen muss hoch sein. Sigma-Delta-ADC sind im Prinzip 1-Bit-Wandler, die aber als System höherer Ordnung durch Hintereinanderschaltung mehrerer Differenz- und Integratorstufen (in der Praxis häufig drei bis vier Stufen) und mehrfaches Oversampling eine höhere Auflösung erreichen (beim AD7124 24 Bit).

Die Integratoren und das nachgeschaltete digitale Rauschfilter verursachen eine gewisse Latenzzeit, wodurch diese Wandler eine niedrige Bandbreite aufweisen aber gegenüber höherfrequenten Störsignalen unempfindlich sind. Durch den mehrstufigen Wandleraufbau erreichen Sigma-Delta-Wandler ein hohes Signal-Rausch-Verhältnis. Bei der damit einhergehenden Rauschformung verschiebt sich die Rauschenergie aus dem Nutzbereich in einen höheren, nicht relevanten Frequenzbereich. Ein nachgeschaltetes Digitalfilter dämpft Signale oberhalb des relevanten Frequenzbandes.

Das Digitalfilter bildet jedoch Frequenzbandabbilder oberhalb und bei Vielfachen der Abtastfrequenz. Deshalb sind zusätzliche externe Antialiasing-Filter erforderlich. Aufgrund der Überabtastung reicht für die meisten Anwendungen ein einfaches RC-Filter erster Ordnung. Effektiv schafft die Sigma-Delta-Architektur eines 24-Bit-ADC eine Spitze-Spitze-Auflösung von bis zu 21,7 Bit, welche sozusagen flimmerfrei sind.

Bild 5: Dämpfungs-Charakteristik eines Post-Filter mit 25 SPS im Bereich 40 bis 600 Hz.

Bild 5: Dämpfungs-Charakteristik eines Post-Filter mit 25 SPS im Bereich 40 bis 600 Hz. Analog Devices

Netzfrequenz-Unterdrückung

Neben der Unterdrückung des Rauschens, wie oben bereits erläutert, ist das Digitalfilter auch zur Unterdrückung der Netzfrequenz nützlich. Werden Systeme an der Netzspannung betrieben, entstehen im Frequenzspektrum Oberwellen als Vielfache von 50 oder 60 Hz. AD-Wandler mit niedriger Bandbreite nutzen hauptsächlich Sinc-Filter, die sich so programmieren lassen, dass Frequenzkerben bei 50 beziehungsweise 60 Hz und ihren Vielfachen entstehen. Mehrere Kerb- oder Notch-Filter bilden ein Kammfilter, welches die Netzfrequenz und ihre Oberwellen unterdrückt.

Bild 6: Ausschnittsvergrößerung von Bild 5 vom Bereich 40 bis 70 Hz.

Bild 6: Ausschnittsvergrößerung von Bild 5 vom Bereich 40 bis 70 Hz. Analog Devices

Dem A/D-Wandler nachgeschaltete digitale Filter müssen eine kurze Einschwingzeit aufweisen, damit mehrkanalige Systeme eine ausreichend hohe Wandlungsrate erreichen. Die AD7124-Familie enthält Post- oder FIR-Filter, die gegenüber einem Sinc3- oder Sinc4-Filter eine simultane Netzfrequenzunterdrückung bei kürzeren Einschwingzeiten bieten. Bild 5 zeigt eine Digitalfilteroption: Dieser Post-Filter hat eine Einschwingzeit von 41,53ms und leistet bei 50/60 Hz simultan eine Unterdrückung von 62dB.

Stromsparender Baustein

Die Leistungsaufnahme (drei Leistungsstufen konfigurierbar) und damit der Leistungsgrad von Bausteinen der Serie AD7124 richten sich nach der Art der Endanwendung. In manchen Industrieanwendungen, zum Beispiel bei der Temperaturüberwachung in Fabriken, befindet sich das komplette Temperaturmesssystem, das Sensor, ADC und Mikrocontroller enthält, auf einer Leiterplatte, welche aus der 4/20 mA-Schleife versorgt wird.

Dadurch ist ein Strombudget von maximal 4 mA für die gesamte Leiterplatte vorgegeben. In portablen Geräten, wie zum Beispiel Gasanalysatoren zur Analyse von Gasen in Minen, müssen die Temperatur gemessen, sowie die Gasanalyse durchgeführt werden. Diese Systeme werden mit Energie aus einer Batterie versorgt, wobei das Ziel eine möglichst lange Batterielaufzeit ist. In solchen Anwendungen ist ein geringer Energieverbrauch bei zugleich hoher Leistungsfähigkeit unabdingbar.

In Anwendungen zur Steuerung von Prozessen kann für das System eine höhere Leistungsaufnahme erlaubt werden. Für diese Art Anwendung kann die Anforderung darin bestehen, in einer bestimmten Zeit mehr Kanäle zu durchlaufen, während eine bestimmte Leistungsfähigkeit erreicht wird. Die Serie AD7124 verfügt über drei vom Anwender wählbare Leistungs-Betriebsarten.

Die gewählte Leistungs-Betriebsart bestimmt den Bereich von Ausgangsdatenraten neben der von den auf dem Chip vorhandenen Analogblöcken aufgenommenen Leistung. Daher kann das Bauteil in schleifen- oder batteriegespeisten Systemen in der Betriebsart für mittlere oder geringe Leistungsaufnahme betrieben werden. In Systemen zur Prozesssteuerung lässt sich das Bauteil in der Betriebsart für hohe Leistungsaufnahme betreiben, in der ein höherer Energieverbrauch zu erhöhter Leistungsfähigkeit führt.

Diagnosefunktionen

Die Diagnosefähigkeit von Geräten in Industrieanwendungen wird zunehmend wichtiger. Typische Diagnoseanforderungen sind Überwachung der Stromversorgung, Referenzspannung, Analogeingänge, Lese-/Schreibvorgänge und Registerinhalte, eine Erkennung unterbrochener Verbindungen sowie die Überprüfung der Wandlung, Kalibrierung und Signalkette.

Die AD7124-Familie hat alle genannten Diagnosefunktionen integriert, was insbesondere bei Systemen für ausfallsichere Anwendungen Entwicklungszeit, externe Bauteile, Platzbedarf und Kosten reduziert. Die FMEDA (Failure Modes Effects and Diagnostic Analysis) einer typischen, mit diesem Bauteil aufgebauten, Temperaturmessanwendung hat eine SFF (Safe Failure Fraction) von über 90 % gemäß IEC 61508 ergeben. Um dieses Maß an Abdeckung zu erreichen, sind normalerweise zwei herkömmliche ADCs erforderlich.

Funktionsumfang eines universellen Messbausteins

Die Systemanforderungen für ein Temperaturmesssystem sind hoch. Sehr kleine Sensorspannungen müssen rauscharm und rückwirkungsfrei verstärkt werden, bevor sie der ADC hochauflösend digitalisiert. Sigma-Delta-Wandler eignen sich für solche Anwendungen, da sich bei geringem Rauschen eine hohe Auflösung und hohe Genauigkeit bieten. Ein Temperaturmesssystem benötigt weitere Schaltungen wie Erregerstromquellen und Signal-Buffer.

Schlussendlich bestimmt die Endanwendung das für das System erlaubte Strombudget. Portable, batteriegespeiste oder schleifengespeiste Systeme verlangen den Einsatz von Bauteilen mit geringer Leistungsaufnahme sowie Redundanzen für Ausfallsicherheit. Anforderungen an Eingangsmodule sind hoher Datendurchsatz und hohe Kanaldichte. Ein universeller Messbaustein, der mehrere Sensortypen und Leistungs-Betriebsarten unterstützt, lässt sich in mehreren unterschiedlichen Endsystemen implementieren, was die Entwicklungszeit deutlich verkürzen kann.

Mary McCarthy

ist Applications Engineer bei Analog Devices.

Aine McCarthy

ist Applications Engineer bei Analog Devices.

(jwa)

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