Die exakte Inspektion und Vermessung komplexer Formen zählt zu den größten Problemen bei der Bildverarbeitung. Eng an das biologische Sehen angelehnt, benötigen 3D-Vision-Verfahren in der Regel mindestens zwei Kameras. Aus den 2D-Bildern wird dann ein dreidimensionales Bild des Objekts erstellt. Für viele Anwendungen waren die verfügbaren Verfahren und Anlagen zur 3D-Vermessung bisher zu aufwendig und damit unwirtschaftlich. Der Einsatz beschränkte sich daher hauptsächlich auf anspruchsvolle Aufgaben, beispielsweise für die Positionsbestimmung von kompletten Karosserien in der Automobilindustrie. Trotzdem steigt der Anteil des 3D-Messens am Umsatz der Bildverarbeitungsbranche überdurchschnittlich. „Die Zukunft liegt in der dritten Dimension“, betont Enis Ersü, Vorstandsvorsitzender des Bildverarbeitungsspezialisten Isra.

Komplexe Aufgabenstellungen rationell lösen

Bei der Montage verschiedener Anbauteile sind hohe Flexibilität und Passgenauigkeit gefordert. Unter dem Namen Best-Fit-Verfahren sorgen Photogrammetrie-Systeme des Unternehmens für die 3D-Lageerkennung mit vier oder mehr kompakten 3D-Sensoren für schnelle Montageprozesse auch bei wechselnden Fahrzeugtypen. „Mit dem Best-Fit-Verfahren lassen sich diese komplexen Prozesse beherrschen; es werden sowohl die Maße der Karosserie bestimmt als auch die Bauteile anhand ihrer Geometrie gemessen und so die optimale Position definiert“, erläutert Ersü. „Damit wird bei jedem einzelnen Montagevorgang die bestmögliche Passgenauigkeit erreicht.“ Das Verfahren kommt heute zum Beispiel bei der Montage von Türen, Front-, Heck- und Seitenscheiben sowie beim Einbau von Glasmodulen im Autodach zum Einsatz. Ziel ist es dabei, die Roboter mit ihren Bewegungen aktiv zu kontrollieren und zu regeln, dass heißt zu führen. Nacharbeiten an den Karossen sind so selten nötig. Auch die Qualitätsmessung unmittelbar nach der Montage ist integriert.

Die 3D-Sensoren lassen sich sowohl stationär als auch direkt auf der Roboterhand integrieren. Sie ermöglichen aufgrund ihres Designs – der Kombination aus Mehrlinien- und LED-Flächenprojektion – hohe Flexibilität und verbinden die exakte Ortsbestimmung beliebig geformter Flächen mit der Möglichkeit präziser 3D-Messungen. Im Produktionsverlauf lassen sich damit die endgültigen Einbaupositionen dreidimensional auf ihre Qualität untersuchen. Kostenvorteile ergeben sich, weil ein bildverarbeitender Sensor sowohl die 3D-Roboterführung als auch Inspektionsaufgaben übernimmt. Die Sensoren kommen auch bei der Anbringung von anspruchsvollen Sichtnähten, zum Beispiel am Türfalz oder im Bereich von Kofferraum und Motorhaube, zum Einsatz und erreichen dabei hohe Genauigkeit.

Ein weiteres Merkmal des Best-Fit-Verfahrens liegt im vereinfachten mechanischen Aufbau des Gesamtmontagesystems. Da die Bildverarbeitungssysteme die genaue Position der Bauteile ermitteln, kann der Anwender auf aufwendige Konstruktionen für die Positionierung dieser Bauteile verzichten. Das gilt im Übrigen auch für die gesamte Karosserie: Hier genügt es ebenfalls, wenn diese in der Bearbeitungsstation mit deutlichen Toleranzen positioniert wird.

Der sehende Roboter erlaubt Strategien, mit denen die Produktion schneller, flexibler und kostenoptimiert gestaltet werden kann. „Über 1.000 unserer Systeme sorgen bei Automobilherstellern für die erforderliche Präzision und Schnelligkeit bei der Montage und Verarbeitung mit Robotern – 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche“, berichtet der Isra-Chef.

Einfach einfacher

Um Anwendern eine weitere wirtschaftlichere Alternative zu bieten, entwickelte der Bildverarbeitungsspezialist das Mono3D-Verfahren. Diese 3D-Technologie nutzt nur eine einzige Kamera. „Aus einem aufgenommenen Bild lassen sich durch die Messung von nur drei Merkmalen alle sechs Freiheitsgrade eines dreidimensionalen Objekts in Bezug auf Position und Orientierung genau bestimmen“, erläutert Ersü. Viele dieser Systeme sind heute im Karosseriebau im Einsatz.

„Mit einer neuen Generation von GigE-Sensoren vereinfachen wir die 3D-Roboterführung für Montageanwendungen nochmals“, erläutert Ersü den nächsten Entwicklungsschritt des 3D-Verfahrens. Basierend auf dem ‚Plug and Automate‘-Konzept steht jetzt für Anwendung von 2D bis 6D einfach anwendbare Technik zur 3D-Roboterführung, skalierbar in Auflösung und Genauigkeit, einsatzfertig zur Verfügung. Installation und  Inbetriebnahme hat der Bildverarbeitungsspezialist so weit vereinfacht, dass Anwender diese selbst übernehmen können. Mit simplen Parametrierung anstelle umständlicher Programmierung lässt sich die 3D-Roboterführung schnell starten.

Die mobil einsetzbaren GigE-Sensoren bieten eine hohe Genauigkeit auch bei großen Bauteilen. Der Stereosensor Stereo3D verwendet für das räumliche Sehen zwei Sensoren und bestimmt damit die 3D-Koordinaten des Objekts oder definierter Bildteile. Shapematch3D nutzt die Mehrfachlinienprojektion und wird – kombiniert mit 3D Form Matching – vorzugsweise für die Aufgaben in der Roboterführung eingesetzt. Die Redundanz der projizierten Lichtstreifen führt zu robusten, genauen Ergebnissen. Mehrere Einzelsensoren lassen sich zu einem Sensorverbund zusammenfassen, der sich für große Objekte eignet.

Als Griff in die Kiste (englisch: bin picking) wird die roboterbasierte Vereinzelung chaotisch bereitgestellter Objekte bezeichnet. Der Sensor Shapescan3D gestattet dem Roboter das Bin Picking. Ersü kommentiert dazu: „Dreidimensional lassen sich mit bewegter Laserlinie die Positionen ungeordneter, zufällig verteilter Objekte in unterschiedlichen Tiefenlagen großer Behälter sicher bestimmen.“ Der Roboter kann damit beispielsweise unsortierte Teile direkt aus dem Transportbehälter entnehmen und dem Fertigungsprozess zuführen. Der direkte Griff in die Kiste spart im Vergleich zur mechanischen Vereinzelung, durch den geringeren Bedarf an mechanischen Komponenten, Platz und Kosten.

Alle neuen Sensoren nutzen den Schnittstellenstandard Gigabit-Ethernet (GigE). Die Stromversorgung der robusten Sensoren erfolgt über Power over Ethernet (PoE). Die Sensoren werden mit aktueller Softwaretechnologie kombiniert. Die Software ist für das neue Betriebssystem Windows 8 definiert. Der Anwender kann sie intuitiv per Touch auf dem Bildschirm nutzen.  „Nun sind die Anwender nicht mehr auf Experten angewiesen, um ihre Anlagen effizient zu automatisieren“, kommentiert Geschäftsführer Ersü abschließend.

Nicole Rüffer

Marketing Managerin bei der Isra Vision AG in Darmstadt

(mf)

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