Weniger Risiko durch Korrosion und Kondenswasser

Bei extremer Belastung thermischer oder hoher EMV-Belastung werden Aluminiumgehäuse wohl auch weiterhin eingesetzt werden. Aber häufig reichen Kunststoffgehäuse, die in vielen Fällen den Metallgehäusen sogar überlegen sind. Besonders bei Gewichts- oder Kondenswasserproblemen ist das Gehäuse aus Kunststoff vorzuziehen. Bei Offshore-Anwendungen, wo der Wartungsaufwand beträchtlich ist, reduzieren Kunststoffgehäuse Risiken, die durch Korrosionsbildung oder Kondenswasser entstehen. Zudem können auch für Geräte der Schutzklasse 2 inzwischen Kunststoffgehäuse genutzt werden. Die Preisvorteile dieser neuen Produkte werden für eine zügige Verbreitung sorgen.

Kunststoffe haben in den letzten Jahrzehnten zunehmend andere Werkstoffe ersetzen können. Dieser Prozess hält an, denn Kunststoffe werden immer weiter optimiert. Für ihre Verwendung sprechen viele Gründe: hohe Korrosionsresistenz, gute Formbarkeit, präzise und energieeffiziente Verarbeitung, günstige Energieeffizienz bei der Herstellung, gute thermische und elektrische Isolation sowie geringes Gewicht bei extremer Festigkeit. Neue Technologien in der Kunststoff-Produktion und -Verarbeitung machen es jetzt auch möglich, dass Metalle bei der Herstellung von Steckverbindern durch Kunststoffe ersetzt werden.

Der schwere Rechteck-Steckverbinder

Schwere Industrie-Steckverbinder mit Metallgehäuse haben sich bei extremen Umweltbedingungen als sinnvoll erwiesen. In vielen Anwendungsfällen kommen die Steckverbinder mit Stoffen in Kontakt, die Korrosion verursachen. Das Gehäuse darf dabei nicht beschädigt werden, denn der Gehäuseinhalt – der Kontakteinsatz – muss zuverlässig geschützt werden. Auch der optische Eindruck sollte durch die Korrosion nicht zu stark beeinträchtigt werden. So können bei einem Aluminiumgehäuse schon kleine Kratzer in der Pulverbeschichtung dazu führen, dass die dort einsetzende Filiform-Korrosion das Gehäuse verunstaltet. Filiform-Korrosion entsteht durch Einwirkung so genannter Startersalze – etwa Cloride – bei hoher Luftfeuchtigkeit. Selbst die sonst angenehme frische Meeresbrise greift mit ihrem Salzgehalt das Aluminium-Druckgussgehäuse des schweren Steckverbinders an.

Um diese Probleme bei Steckergehäusen zu umgehen, kommen besondere Beschichtungsverfahren oder Speziallegierungen aus Aluminium zum Einsatz. Bei stärkeren Umweltbelastungen wird das Gehäuse aus Edelstahl gefertigt – was die Kosten aber in die Höhe treibt. Zinkdruckguss ist aufgrund des höheren Gewichtes eher kleineren Gehäusen vorbehalten, zudem ist der Korrosionsschutz aufwändig. Alle Metallvarianten konnten sich auf dem Markt durchsetzen – sie sind selbst bei hohen mechanischen Belastungen einsetzbar.

Kunststoff als Alternative

Erfüllt nicht auch ein Kunststoffgehäuse die Anforderungen vieler Steckverbinder-Applikationen? Denn Kunststoffgehäuse sind resistent gegenüber zahlreichen Stoffen, die dem Gehäuse aus Aluminium oder anderen Metallen zusetzen. Außerdem besitzen Kunststoffgehäuse eine hohe Vibrations- und Stoßfestigkeit – man denke hier nur an die roten CEE-Steckvorrichtungen. Aus diesen Gründen erweitern führende Hersteller von Steckverbindern derzeit Schritt für Schritt ihr Metallgehäuse-Programm um Kunststoff-Varianten. Diese besitzen dann Produkteigenschaften, an die vorher nicht zu denken war und die für zahlreiche Applikationsfelder erheblichen Zusatznutzen bieten.

Hoher Nutzwert bei Offshore-Windkraftanlagen

Bei Windkraftanlagen, die zunehmend als Offshore-Anlagen installiert werden, ist die Korrosionsgefahr beim Steckverbinder-Gehäuse durch Einwirkung von Seewasser entsprechend groß. Auf der anderen Seite sind viele Kunststoffgehäuse-Materialien seewasserbeständig. Bei größeren Windkraftanlagen, bei denen das Gewicht des Maschinenhauses oft im dreistelligen Tonnenbereich liegt, können auch Kleinteile wie Steckverbinder erheblich zur Gewichtsreduzierung beitragen. Denn Kunststoffgehäuse sind oft weniger als halb so schwer wie vergleichbare Metallgehäuse.

In Windkraftanlagen sind die Steckverbinder auch dem schnellen Wechsel extremer Temperaturen ausgesetzt – was die Bildung von gefährlichem Kondenswasser begünstigt. Bei Kunststoffgehäusen ist die Gehäuseinnenseite thermisch gegen Temperatursprünge geschützt. So bildet sich an der Gehäuseinnenseite erheblich weniger Kondenswasser als beim Metallgehäuse.

Kunststoff ist auch ein guter elektrischer Isolator. So können auch Geräte für die Schutzklasse 2 mit schweren Steckverbindern ausgerüstet werden – auch das wäre mit schweren Steckverbindern in Metallausführungen nicht möglich. Unter Kostenaspekten lohnen sich Steckverbinder aus Kunststoff ebenfalls – sie sind deutlich preiswerter als vergleichbare Produkte aus Metall.

Steckverbinder ohne Anbaugehäuse

Bei der Entwicklung der Kunststoff-Steckverbindergehäuse haben die schweren Steckverbinder aus dem Produktprogramm Heavycon Advance von Phoenix Contact Pate gestanden. Sie können direkt auf die Schaltschrankwand gesetzt werden. Ein Anbaugehäuse mit aufwändigen Verriegelungsbügeln sowie einer Flachdichtung an der Montagewand ist hier nicht erforderlich. Für eine hohe Schutzklasse sorgen speziell entwickelte Profildichtungen (Bild 2). Die Anbauseite an der Schaltschrankwand wird mit Hilfe von zwei Anbauflanschen befestigt. Die dazu benötigten Wandausschnitte entsprechen den Standardwandausschnitten der schweren Rechteck-Steckverbinder. Diese Metallgehäuse-Serie wird jetzt durch Kunststoffvarianten ergänzt (Bild 3).

Die Tüllengehäuse der Kunststoff-Varianten aus der Steckverbinder-Serie Heavycon Advance sind korrosionsresistent. Sie sind robust und können auch mechanisch stark belastet werden. Durch gute Wärmeisolationseigenschaften werden Kondensationsprobleme weitgehend vermieden. Mit einem Metall-Inlay, das die PE-Bleche verbindet, sind sie normgerecht konstruiert, und sie genügen den Anforderungen der Schutzart IP 65/67. Außerdem sind sie leichter als Aluminium.

Die Tüllengehäuse gibt es für Standard-Module und für Standard-Kontakteinsätze. Der verwendete Kunststoff entspricht der Brennbarkeitsklasse UL 94 V0. Verriegelt werden die Kunststoffgehäuse mittels M6-Innensechskant-Schrauben, weitere Verschraubungen sind auf Wunsch ebenfalls möglich. Die Leitungen können gerade oder seitlich abgeführt werden (Bild 4).

Mit ihren Kunststoffgehäusen bieten die schweren Steckverbinder deutliche Preisvorteile. Weil die Leitungsverschraubung angespritzt ist, werden zusätzliche Teile sowie Montagezeit gespart. Außerdem wird auf das Anbaugehäuse verzichtet, weil das Tüllengehäuse ausreicht.

Metall-Inlay im Kunststoffgehäuse reduziert Verdrahtungsaufwand

Ein schwerer Steckverbinder besteht aus dem Gehäuse und dem Kontakteinsatz, der die elektrischen Kontakte enthält und den Strom sicher überträgt. Sollen im Kunststoffgehäuse Kontakteinsätze eingesetzt werden, die für ein Metallgehäuse konzipiert wurden, kann es zu Problemen kommen. Zahlreiche Kontakteinsätze im Tüllengehäuse besitzen zwei berührbare PE-Bleche. Diese müssen elektrisch verbunden sein, um den Sicherheitsnormen zu entsprechen und um beim „schiefen Stecken“ die Voreilung des PE-Kontaktes sicher zu stellen. Da nur eines der Bleche im Normalfall an PE angeschlossen ist, müssen beide PE-Bleche beim Einsatz in einem Kunststoffgehäuse leitfähig verbunden werden. Beim Einsatz in einem Metallgehäuse wird diese Aufgabe erfüllt.

Beim Kunststoffgehäuse könnte die PE-Blechverbindung über die Leitung erfolgen. Aber damit würde zusätzlicher Verdrahtungsaufwand anfallen, was ja vermieden werden soll. Eine einfache aber effektive Lösung ist, wie Bild 5 zeigt, der Einsatz eines Metall-Inlay in den Kunststoffgehäusen.

Dipl.-Ing. Dieter Peters

: Produkt-Manager für Industrie-Steckverbinder bei Phoenix Contact in Blomberg.

(jj)

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