Automatisiertes Fahren benötigt die passende Security.

Automatisiertes Fahren benötigt die passende Security. (Bild: Gemalto)

Das Thema autonomes Fahren hat den Mainstream erreicht. Die Medien informieren regelmäßig über Fortschritte auf diesem Gebiet. Dabei verschiebt sich der Focus der Berichterstattung zunehmend von technischen Details, etwa dem Datenaustausch über das Internet der Dinge, hin zu ethisch relevanten Entscheidungen eines Autos. Während sich der menschliche Fahrer im Fall eines drohenden Crashs alternativlos auf seine Instinkte verlässt, hat das autonome Fahrzeug während der Vollbremsung Zeit zum Nachdenken. Es kann sich entscheiden, ob es prioritär Insassen oder andere Verkehrsteilnehmer schützt, welche Richtung es einschlägt, beziehungsweise wie es Kollateralschäden vorab gewichten soll. Diese kalte technokratische Logik klingt in den Ohren vieler Menschen beängstigend und mindert das Vertrauen in selbstfahrende Autos.

Problemfeld Security

Zusätzlich gibt es Bedrohungen durch Hacker, Malware und andere Online-Risiken. Eine Vielzahl unterschiedlicher Hard- und Software muss miteinander und mit der Außenwelt kommunizieren. Auch jenseits des Fahrzeugs gibt es viele potenzielle Risiken. So könnte ein Hacker, der vorgibt ein anderes Auto, eine Ampel oder Verkehrsschild zu sein, dies für seine Zwecke nutzen. Angesichts bisher bekannter Sicherheitslücken in vielen Bereichen des Lebens wäre die Öffentlichkeit nicht überrascht, wenn genau dieses passierte. Selbst innerhalb einer technik-affinen Zielgruppe, die für Vorteile des vernetzten Fahrens aufgeschlossen ist, wird sich gesunde Skepsis einstellen. Dies darf als Warnhinweis verstanden werden, dass aus kommunikativer Sicht einiges schieflaufen kann.

Nun gehört das Thema IT-Security nicht zu den Kernkompetenzen der klassischen Automobilindustrie. Um die Sicherheitsthemen auf das erforderliche Niveau justieren zu können, gilt es, gemeinsame Standards zu finden und die Debatte auf einer breiteren Basis zu führen. Ein Vorbild dafür könnten Banken und das Gesundheitswesen sein, denn diese Branchen nutzen seit Jahren digitale Sicherheitstechnologien, auf die sich Anwender mehrheitlich verlassen.

Kommunikation richtig einsetzen

Die Erfahrung zeigt, dass sich neue Technologien durchsetzen, wenn darüber eine breite Debatte unter Einbeziehung unterschiedlicher Interessengruppen geführt wird. Ein Negativbeispiel wäre das bargeldlose Bezahlen. In diesem Bereich informieren Publikumsmedien die Öffentlichkeit regelmäßig über Sicherheitslücken, während die Industrie bislang keine Kommunikation gefunden hat, dem vertrauensbildend entgegenzutreten.

In Sachen Connected-Car könnte die Automobilindustrie in die gleiche Falle tappen. So bewirbt sie in aufwendigen Werbespots die Technologieführerschaft und demonstriert, was möglich ist oder sein wird. Videos mit selbstfahrenden Autos können zwar durchaus beeindrucken, adressieren jedoch an Vertrauensrisiken vorbei. Die entscheidende Frage ist, ob man tatsächlich selbst im Fahrersitz Platz nehmen und sein Leben einer Sammlung von Black-Boxes anvertrauen würde. Das ist der entscheidende Punkt.

Nur wenn es die Branche schafft, eine offene und transparente Debatte anzustoßen, wird sich das Connected-Car durchsetzen. Es wäre zweckmäßig, unabhängige, kritische Institutionen, zum Beispiel den Chaos-Computer-Club, enger in die Diskussionen über die neue Technik und ihre Folgen einzubinden. Zusätzlich zur Kommunikation von technischen Spezifikationen und über die erreichten Meilensteine sollte sich die Branche in die Debatte mit digitalen Vordenkern einbringen und bereit sein, ihre eigenen Positionen kontrovers zu diskutieren. Nur so entsteht der notwendige gesellschaftliche Konsens.

Michael Tworek

Head of Marketing Automotive bei Gemalto

(av)

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