Es gibt zahlreiche Gründe dafür, warum Kraftfahrzeuge immer tiefer in die Welt des IoT vordringen. Dazu zählen Kraftstoffeinsparung und ein höherer Komfort für Fahrer und Passagiere. Für immer mehr Fahrzeughersteller spielt das Mobiltelefon dabei eine Schlüsselrolle. Schon jetzt gehören Bluetooth-Konnektivität und Freisprecheinrichtung häufig zur Standardausstattung. Dazu kommen künftig wohl Schnittstellen mit höherer Bandbreite, allen voran Wi-Fi.

Dank drahtloser Netzwerke lassen sich Bildschirme für die Passagiere auf den hinteren Sitzen (Rear Seat Infotainment System) ohne großen Verkabelungsaufwand anbinden.

Dank drahtloser Netzwerke lassen sich Bildschirme für die Passagiere auf den hinteren Sitzen (Rear Seat Infotainment System) ohne großen Verkabelungsaufwand anbinden.Digi-Key

Technologien wie Bluetooth und Wi-Fi sind längst Standardlösungen zur drahtlosen Vernetzung sehr vieler Geräte, sodass Autohersteller und Zulieferer nicht in die Verlegenheit kommen ihre eigenen Schnittstellenstandards entwickeln und optimieren zu müssen. Da es zum Beispiel im Bluetooth-Standard Profile für Audioanwendungen gibt, könnten Autofahrer das verbaute Soundsystem nachträglich mit hochwertigen Lautsprechern ausstatten, ohne dafür Kabel verlegen zu müssen.

Ins Netz gehen

Heutzutage unterstützen die meisten Smartphones automatisch Wi-Fi und mobile Datenkommunikation. Sie können damit als Modems für ein fahrzeuginternes Netzwerk auf Basis der Protokollfamilie IEEE802.11 fungieren. Auf diese Weise können nicht nur die Software des Mobiltelefons, sondern sämtliche Systeme im Fahrzeug auf internetbasierte Dienste zugreifen. So kann der Fahrer Inhalte aus seinem Telefon in das fahrzeuginterne Wi-Fi-Entertainmentsystem streamen oder dorthin hochladen und dann auf weitere Geräte im Auto übertragen, zum Beispiel auf Tablets der Passagiere oder Displays für die Rücksitze. Durch die Verwendung von Wi-Fi statt einer kabelgebundenen Verbindung wie Ethernet wird es leichter, ein Fahrzeug mit Geräten dieser Art nachzurüsten.

Eckdaten

Ob im Infotainment, der Karosserieelektronik oder der Vernetzung mit der Infrastruktur: IoT- und Wireless-Technologien versprechen viele Innovationen für das Auto. Digi-Key analysiert, an welchen Stellen sich BLE- und Wi-Fi-taugliche Mikrocontroller sinnvoll einsetzen lassen.

Obwohl nicht kabelgebundene Zubehörprodukte auf ihre eigene Batterie angewiesen sind, verspricht die Einführung von drahtlosen Ladetechnologien – zum Beispiel das von der A4WP (Alliance for Wireless Power) entwickelte System – eine Versorgung dieser Geräte mit Strom, sobald der Motor des Fahrzeugs läuft.

Apps aus dem Handy

Apps, die auf mit dem Fahrzeug gekoppelten Telefonen oder Tablets laufen, können den Fahrer über das bordeigene Entertainment-System mit nützlichen Informationen versorgen: Wo ist die nächste Tankstelle oder welche lohnenden touristischen Ziele liegen auf der Strecke? Solche Features könnten sich für Mietwagenunternehmen als Differenzierungsmerkmal erweisen, weil sie eine Personalisierung des Fahrzeugs für den jeweiligen Nutzer ermöglichen, sobald dieser sein Mobilgerät gekoppelt hat.

Moderne Infotainmentlösungen verbinden sich mit der Cloud. Dazu nutzen sie vermehrt die Konnektivität von Mobiltelefonen.

Moderne Infotainmentlösungen verbinden sich mit der Cloud. Dazu nutzen sie vermehrt die Konnektivität von Mobiltelefonen.Digi-Key

Doch Wi-Fi bietet dem Fahrzeughersteller weitere Vorteile bereits in der Fertigung. Heutige Konzepte für Firmware-Updates brauchen eine Kabelverbindung zu einem fahrzeuginternen Bussystem oder Ethernet. Dazu muss das Auto in der Upload- und Teststation bleiben, bis die Datenübertragung und das Schreiben des Flash-Speichers abgeschlossen sind. Ganz häufig werden diese Vorgänge durch die Schreibgeschwindigkeit in den unterschiedlichen Bereichen des nicht flüchtigen Speichers im Fahrzeug ausgebremst. Mit Wi-Fi können die Uploads zum Fahrzeug durchgeführt werden, während es die Fertigungsstrecke durchläuft und weitere Komponenten eingebaut werden, bis das Auto schließlich bereit ist zur Auslieferung. Ähnliches gilt für Vertragshändler, die mit den notwendigen Sicherheits-Kits während der Wartung Upgrades bereitstellen können.

Gewicht sparen

Neben Infotainment und Konnektivität werden drahtlose Verbindungen den Trend zu immer mehr Intelligenz in den Kernsystemen des Fahrzeugs vorantreiben, insbesondere bei der Karosserieelektronik. Den Entwicklern gelang es, durch Einsatz von Verbundwerkstoffen das Gewicht von Karosserieblechen und Fahrgestell immer weiter zu senken – inzwischen bildet der Kabelbaum die zweitschwerste Einzelkomponente im Fahrzeug nach dem Motor: Er wiegt über 50 kg und besteht aus mehreren Kilometern Kupferkabel.

Bei Reifendrucküberwachungssystemen haben sich längst drahtlose Verbindungen etabliert: Sensoren in den Reifen funken ihre Messwerte an ein Steuergerät im Auto.

Bei Reifendrucküberwachungssystemen haben sich längst drahtlose Verbindungen etabliert: Sensoren in den Reifen funken ihre Messwerte an ein Steuergerät im Auto.Continental

Ein modernes Mittelklasse-Auto verfügt über bis zu 60 Mikrocontroller, die ihre Informationen aus einer Vielzahl von Sensoren beziehen. Diese hohe Anzahl an Sensoren, die wichtige Daten in die fahrzeugeigenen Steuerungssysteme einspeisen sollen, wird für den Kabelbaum zu einer immer größeren Herausforderung, sodass der Trend hin zu drahtlosen Systemen immer stärker wird. Die Drahtloskommunikation kommt schon jetzt fast weltweit im Sicherheitsbereich zum Einsatz: im Reifendrucküberwachungssystem (TPMS). Hier informieren batteriebetriebene Sensoren, die in jeden Reifen integriert sind, einen Controller in der Fahrzeugkarosserie in regelmäßigen Abständen über Änderungen des Luftdrucks in jedem Reifen, sodass das Auto seinen Fahrer warnen kann, wenn der Druck in einem oder mehreren Reifen über oder unter dem zulässigen Grenzwert liegt.

Komfort verbessern

TPMS deutet an, wie ein fahrzeugeigenes Wi-Fi bei Messanwendungen für zentrale Fahrzeugfunktionen funktionieren kann. Grundsätzlich lässt sich dieses Konzept auch auf andere Messanwendungen für die Karosserieelektronik übertragen. Dies gilt insbesondere für jene Fahrzeugteile, bei denen es teuer wäre, noch mehr Kabel zu installieren als die für eine einfache Multi-Drop-DC-Stromversorgung sowieso nötig. Durch den Einsatz intelligenter drahtloser Komponenten wird es für die Hersteller immer einfacher, verschiedene Optionen einzubauen, ohne dabei die unterschiedlichen Kombinationen von kabelgebundenen Sensor-Aktor-Schnittstellen (SAIs) berücksichtigen zu müssen. Vielmehr konfiguriert sich das Netzwerk selbst, wenn die Komponenten ihren Betrieb aufnehmen und sich bei einer Befehlszentrale registrieren, die per Kabel mit den fahrzeugeigenen Kabelnetzwerken wie CAN oder Ethernet verbunden sein kann.

Ein Hersteller könnte für ein Fahrzeug eine Vielzahl unterschiedlicher Sitzsteueroptionen anbieten, die über Höhe und Neigungswinkel zunehmend automatisiert für bequemes Sitzen sorgen. Dank drahtloser Verbindungen ließen sich die verschiedenen Motorsteuerungen problemlos hinzufügen oder austauschen. Dabei wäre der Verdrahtungsplan für die verschiedenen Arten von Sitzen erheblich vereinfacht, da die einzelnen Knoten lediglich eine Stromversorgung benötigen.

Passende Protokolle

Es stehen mehrere Drahtlosprotokolle zur Auswahl, darunter Zigbee, das aus der Automatisierungstechnik stammt und eine Kommunikation über eine Entfernung von bis zu 100 m ermöglicht. Deshalb wurde Zigbee auch als eine mögliche Lösung ins Spiel gebracht für die Kommunikation zwischen fahrenden Autos und Datenrelais entlang der Straße, die Daten zu Staus und anderen wichtigen Reisebedingungen übermitteln könnten. Eine weitere Option für die Karosserieelektronik ist die Stromsparvariante von Bluetooth.

Bluetooth Low-Energy (BLE) oder Bluetooth Smart wurde ursprünglich 2006 von Nokia als Wibree präsentiert und bietet eine ähnliche Reihe von Funktionen wie das klassische Bluetooth (BT), verbraucht dabei aber weniger Strom. Anstelle der 1-MHz-Kanäle von BT nutzt BLE einen kleineren Satz von Kanälen mit einer größeren Bandbreite von 2 MHz, aber einer niedrigeren Spitzendatenrate. Die Bandbreite der Kanäle ist ähnlich wie die von Zigbee, die Reichweite aber deutlich kürzer.

Ein wesentlicher Vorteil von BLE ist dessen geringere Latenz von nur 3 ms gegenüber den 100 ms des klassischen Bluetooth. Daneben ist BLE weniger komplex, sodass sein Software-Stack problemlos in preisgünstigere Mikrocontroller passt. Wie BT unterstützt auch BLE das Frequenz-Hopping, wodurch es beim Auftreten von starken Störsignalen robuster ist als Zigbee.

IoT-fähige Mikrocontroller

Mikrocontroller-Anbieter wie Freescale, ST Microelectronics und Texas Instruments sind seit langem in Automobilmärkten wie Karosserieelektronik und Infotainment aktiv. Sie alle haben inzwischen IoT-fähige Prozessoren entwickelt, die mit den BLE- und Wi-Fi-Protokoll-Stacks umgehen können sowie Verbindungen zu geeigneten HF-Transceivern unterstützen.

Mit der Weiterentwicklung des Autos werden Fahrzeuge immer mehr IoT-Technologie aufweisen und damit nicht nur den Fahrkomfort verbessern, sondern auch die Herstellungskosten und die Betriebskosten senken.

David Sandys

ist Director des Supplier Marketing bei Digi-Key in Thief River Falls, USA.

(lei)

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