Wind turbine on a field, aerial photo

Schwingungsanalyse in Windenergieanlagen: Bei der vorausschauenden Wartung unterstützt ein Messsystem, das den kompletten Antriebstrang sowie das Fundament des Turms überwacht. Vaceslav Romanov/Fotolia.com

Die Betreiber von Windenergieanlagen (WEA) brauchen Konzepte für die vorausschauende Wartung, um Instandhaltungskosten zu senken und den Ausfall einer Anlage zu vermeiden. Schäden im Antriebsstrang und im Fundament können zu anormalen Schwingungen in den Anlagen führen, die Vorzeichen für ein baldiges technisches Versagen sind. Schwingungsmesstechnik entdeckt diese Anomalien. Dafür muss die Technik aber flexibel und robust sein, damit sie nicht selbst an den entlegenen Orten der WEA zum Problemfall wird.

Die GfM Gesellschaft für Maschinendiagnose ist Spezialist für die Schwingungsdiagnose von wälzgelagerten Getrieben. Mitgründer und Geschäftsführer Dr. Rainer Wirth erläutert: „Im Fokus der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit stand immer die Automatisierung des Diagnoseprozesses, da dies der Schlüssel für eine flächendeckende Akzeptanz dieser Technologien ist.“ Das Ergebnis ist der Peakanalyzer, ein Gerät zur automatischen Schwingungsdiagnose an bis zu 32 Messstellen sowie mit bis zu 32 weiteren Kanälen für langsame Prozessgrößen (1 kHz). Herzstück des Messsystems ist die PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff. Es ermöglicht die Ordnungsanalyse durch Resampling für die Diagnose an drehzahlvariablen Antrieben, die Drive-Vibration-Significance-Analyse (DVS-Analyse) zur automatischen Identifikation signifikanter Spektren, die Kennwertüberwachung sowie eine getriggerte Datenerfassung.

Mitarbeiter beim Test der am Messsystem angeschlossenen Beschleunigungssensoren.

Mitarbeiter beim Test der am Messsystem angeschlossenen Beschleunigungssensoren.GfM

Typische Anwendungsbereiche für dieses Diagnosegerät sind kostenintensive Antriebe, zum Beispiel in Mühlen für die Baustoffindustrie, Antriebe in der Fördertechnik, an die hohe Anforderungen bei der Verfügbarkeit gestellt werden, oder sicherheitsrelevante Antriebe, beispielsweise bei Seilbahnen. Häufig findet man das Messsystem auch bei Antrieben, die aufgrund ihrer schweren Zugänglichkeit der zustandsorientierten Instandhaltung unterliegen müssen. Ein Paradebeispiel hierfür sind eben Windenergieanlagen.

Windenergieanlage umfassend überwachen

Für die Überwachung des WEA-Antriebsstrangs kommt ein acht-kanaliger Peakanalyzer zum Einsatz, der über zwei weitere Kanäle auch das Fundament überwacht. Installiert wird das Diagnosegerät in der Gondel – wahlweise im Schaltschrank oder in einem eigenen Gehäuse. Dabei bewertet das System den Antriebsstrang über die Signale von insgesamt acht IEPE-Beschleunigungssensoren (Integrated Electronics Piezo-Electric): ein Sensor für das Hauptlager, zwei für den Generator und fünf für das Getriebe. Bei Bedarf lässt sich das Messsystem auch in die vorhandene Kommunikationsstruktur integrieren – zum Beispiel eine LAN-Anbindung in der Gondel für einen VPN-Zugang. Auch die Kommunikation über Mobilfunk oder LWL (Turm) per DSL-basiert zwischen den Anlagen und über DSL zum Internetprovider ist möglich.

Ein zehn-kanaliges Messsystem zur Überwachung von Antriebsstrang und Fundament einer Windenergieanlage.

Ein zehn-kanaliges Messsystem zur Überwachung von Antriebsstrang und Fundament einer Windenergieanlage.GfM

Der Embedded-PC CX5020 erfasst und puffert mit der Software Twincat die Messdaten. Zur weiteren Verarbeitung werden die Informationen dann per ADS (Automation Device Specification) an die GfM-eigene Analyse-Software übergeben. Dazu Software-Entwickler Christian Reinke: „Der Vorteil liegt in der direkten Ansteuerung der PLC. Das heißt, es wird mit einer universellen PLC kommuniziert, sodass zwischen verschiedenen Systemaufbauten mit unterschiedlichen Kanalanzahlen und Klemmentypen nur in unserer Software unterschieden werden muss.“ Vorgesehen ist zudem die Möglichkeit eines Fernzugriffs. Hierfür kommuniziert die .Net-Anwendung auf dem Embedded-PC per TCP/IP mit einer Konfigurations- und Auswerte-Software auf dem entsprechenden Netzwerkrechner.

Condition-Monitoring-Klemme als zentrales I/O-Element

Die Sensordaten zur Antriebsüberwachung werden über die zwei-kanaligen Ethercat-Klemmen EL3632 erfass, dem laut GfM-Mitgründer und Geschäftsführer Axel Haubold essenziellen Bestandteil des Messsystems: „Ausschlaggebend für die Realisierung unseres Schwingungsüberwachungssystems ist das Erfassen der IEPE-Sensorsignale mit einer Abtastrate von 50 kHz. Hinzu kommt der breite Abtastbereich von 1 Hz bis 1 kHz, sodass mit dem Gerät gleichzeitig niederfrequente – zum Beispiel die Turmschwankungen – sowie hochfrequente Schwingungen – zum Beispiel die Vibrationen an der Windturbine – gemessen werden können.“ Um allerdings ein qualitativ hochwertiges Hüllkurvensignal für die Suche nach Wälzlager- und Verzahnungsschäden zu erhalten, messen alle Kanäle fast ausschließlich mit einer Taktfrequenz von 50 kHz. Gerade im Wind-Bereich wird aber zusätzlich der 0,1- bis 10-Hz-Modus für das Erfassen der Kennwerte nach VDI 3834 genutzt. Durch die Oversampling-Funktion der Ethercat-Klemmen EL3632 und EL3702 kann auch mit geringeren Bustakten eine hohe Kanalabtastrate erreicht werden. Nur so ist die exakte Schwingungsaufzeichnung und -auswertung möglich. Bei der Inbetriebnahme ist es auch von Vorteil, dass die Condition-Monitoring-Klemme EL3632 über eine automatische Leitungsbrucherkennung verfügt.

Das Messsystem – hier in 26-kanaliger Ausführung – lässt sich durch das modulare Ethercat-I/O-System universell zur Maschinendiagnose einsetzen.

Das Messsystem – hier in 26-kanaliger Ausführung – lässt sich durch das modulare Ethercat-I/O-System universell zur Maschinendiagnose einsetzen.GfM

Je nach Kundenwunsch wird das Messsystem um weitere Schnittstellen ergänzt. Reinke erläutert: „Hier profitieren wir vom breiten Spektrum des modularen Ethercat-I/O-Systems. So ermöglicht das Inkremental-Encoder-Interface EL5151 über die Impulszeitpunktmessung eine genaue Drehzahlerfassung bei mehreren, nicht äquidistant verteilten Impulsen pro Umdrehung. Mithilfe der Analog-Eingangsklemme EL3702 mit Oversampling lässt sich über induktive Wegaufnehmer der Schwingweg aufzeichnen und darüber auch ein langsam laufendes Wälzlager überwachen.“

Ebenfalls zum Einsatz kommen die Digital-Eingangsklemmen EL1002 als Trigger für den Start der Messungen sowie die Digital-Ausgangsklemmen EL2004 zur Signalisierung von Kennwert- und Prozessgrößenalarmen. Wichtige Prozessgrößen wie Leistung, Wind, Drehmoment lassen sich als analoges Spannungs- (±10 V) oder Stromsignal (0 bis 20 mA) über die Ethercat-Klemmen EL3702 oder EL3742 in das Diagnosesystem einbinden. Außerdem stehen beispielsweise für Drehmoment-Messstellen die XFC-Wägezellenauswertung EL3356-0010 sowie für Temperaturmessungen die PT100-Eingangsklemmen EL3202-0010 zur Verfügung.

SPS IPC Drives 2015 – Halle 7, Stand 406

Stefan Ziegler

ist im Bereich Marketing Communications bei der Beckhoff Automation GmbH & Co. KG in Verl tätig.

(mf)

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