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Lithium-Ionen Batterien haben sich aufgrund ihrer hohen Energie- und Leistungsdichte in nahezu allen Bereichen der mobilen Energiespeicher durchgesetzt, egal ob es sich dabei um Pedelecs, Powertools, Hybridantriebe, Elektrofahrzeuge oder sogar um Bahnanwendungen handelt.

Bild 1: Kalibrierbare Batteriezellen-Simulatoren eignen sich auch für Zertifizierungs-Labore.

Bild 1: Kalibrierbare Batteriezellen-Simulatoren eignen sich auch für Zertifizierungs-Labore.Comemso

Besonders beim Beschleunigen von Elektrofahrzeugen muss die Batterie eine sehr hohe Leistung bereitstellten. Um die dafür benötigten Ströme und Leitungsquerschnitte klein zu halten, sind schon heute bis zu 200 Zellen in Reihe geschaltet, so dass die Spannungen solcher Batterien beim Testen die 1000-V-Grenze übersteigen können.

Charakteristisch für viele Lithium-Ionen-Zellen beziehungsweise deren Chemie ist eine flache Ladezustands-Spannungs-Kennlinie. In den Randbereichen unter 10% und über 90% Ladezustand (SOC) ändert sich die Spannungslage der Zellen jedoch sehr schnell (Bild 2).

Bild 2: Ladezustand einer Lithium-Ionen Zelle.

Bild 2: Ladezustand einer Lithium-Ionen Zelle.Comemso

Der zulässige Spannungsbereich aller Zellen in einer Batterie muss in jedem Betriebszustand eingehalten werden. Ein Verlassen des Betriebsfensters kann zur Beschädigung bis hin zum Brand oder Explosion der Batterie führen. Um die Sicherheit zu gewährleisten und eine vorzeitige Alterung von Lithium-Ionen-Batterien zu verhindern, müssen Batteriemanagement-Systeme (BMS) zum Einsatz kommen – und zwar in allen Anwendungen von einfachen Consumer-Produkten wie Handys und Notebooks über Fahrzeugbatterien bis hin zu großen stationären Energiespeichern.

Über die Zeit driften die Zellen in ihrer Spannungslage auseinander. Dies geschieht durch unterschiedliche Effekte wie zum Beispiel verschiedene Selbstentladungsraten, Temperaturen im Betrieb oder vorzeitige Alterung einiger Zellen in einem Batterieverbund. Eine Batterie aus einem solchen Zellverbund darf nur solange entladen beziehungsweise geladen werden, bis eine Zelle die obere oder untere Schwellspannung erreicht hat.

Batteriemanagement-Systeme haben deshalb auch die Aufgabe, diesem Auseinanderdriften der Zellspannungen in einer Batterie entgegen zu wirken; man spricht in diesem Zusammenhang von „Balancing“. Dies wird notwendig, um die vollständige nutzbare Kapazität einer Batterie zu erhalten.

Balancing: passiv und aktiv

Bisherige „passive“ Balancing-Verfahren haben durch Entladen der vollen Zellen auf das Niveau der leeren Zellen für den Spannungsausgleich gesorgt. Neuentwicklungen nutzen vermehrt die Vorteile des aktiven Balancing, bei dem mit Hilfe von Induktivitäten Energie von den vollen in die leeren Zellen transferiert wird. Die beim passiven Balancing in Verlustwärme umgesetzte Energie lässt sich beim aktiven Balancing mit sehr hohem Wirkungsgrad wiederverwenden. Darüber hinaus kann damit den herstellungsbedingten Schwankungen der Zellkapazitäten begegnet und somit eine größere effektive Gesamtkapazität erzielt werden. Diese Umladevorgänge finden nicht selten mit mehreren Ampere pro Zelle statt. Hersteller verwenden heute bereits Umladeströme von zirka 5 bis 8 A pro Zelle für das aktive Balancing.

Virtuelle Batteriezellen

Bild 3: Prinzipschaltbild eines Zellmoduls.

Bild 3: Prinzipschaltbild eines Zellmoduls.Comemso

Zur Validierung des Batteriemanagement-Systems sind einstellbare „virtuelle Batteriezellen“ erforderlich. Diese „virtuellen Batteriezellen“ sind als sogenannte Zellmodule im Batteriezellen-Simulator realisiert: Sie sind in all ihren Eigenschaften parametrierbar und können so dem Batteriemanagement-System alle notwendigen Zustände beziehungsweise Störungen simulativ bereitstellen. Um sowohl die Ladung als auch die Entladung einer Batteriezelle simulieren zu können, ist am Batteriemanagement-System pro Zelleingang jeweils eine Quelle und eine Senke erforderlich (Bild 3).

Übliche Quellspannungen eines Zellmoduls liegen im Bereich von 0,8 bis 5 V, während der Senkenstrom üblicherweise im Bereich von 0 bis 2 A liegt. Für Ruhestrommessungen sowie zur Detektion ungewollter Leckströme, die beispielsweise durch defekte Ausgänge des Batteriemanagement-Systems oder falsche Softwareansteuerung auftreten können, kommen hochpräzise Strommessgeräte zwischen Zelleingang am BMS und Zellausgang am Zellmodul zum Einsatz. Durch diese Leckstrommessung lassen sich Fehler beim Abschalten des BMS frühzeitig erkennen, um anschließend einer Tiefentladung und Beschädigung der Batterien vorzubeugen.

Zusätzlich werden die an den Zellen verbauten Temperatursensoren durch eine geeignete galvanisch getrennte Temperatur-Simulation ersetzt. Sämtliche Datensignale der einzelnen Zellmodule lassen sich damit dem Prüfstand/HIL-System zuführen. Die Batteriezellen- und Temperatursimulationen emulieren dabei die reale Funktion, so dass das BMS im Labor betrieben werden kann. Mittels Fehler-Simulation besteht die Möglichkeit, zusätzlich fehlerhafte Systemzustände zu generieren, so dass auch die Fehlfunktion einer Komponente und die damit erforderliche Erkennung derselben im Labor nachvollziehbar ist. Damit stellt ein Batteriezellen-Simulator ein vollwertiges Testgerät zur Verifikation der kompletten BMS-Funktionalität dar.

Bild 4: Senkenstrom.

Bild 4: Senkenstrom.Comemso

Um den Balancing-Algorithmus des BMS auszulösen, ist eine gewisse Spannungsdifferenz zwischen den Zellen notwendig. Geladene beziehungsweise volle Batteriezellen lassen sich  über eine eher im oberen Bereich befindliche Zellspannung vorgeben – beispielsweise mit einer Zellspannung größer 3,8 V. Eine entladene Batteriezelle wird durch eine Zellspannung von zum Beispiel weniger als 3,4 V dargestellt.

Damit nun beim aktiven Balancing die Ströme von vollen Zellen zu leeren Zellen fließen können, muss die Stromsenke der leeren Zelle entsprechend hoch eingestellt werden. So kann schließlich der Strom von einer vollen Zelle in eine weniger geladene Zelle fließen (Bild 4). Das Verhalten der echten Batteriezelle durch das aktive Balancing wird dabei anhand von Modellen auf die simulierten Zellmodule des Batteriezellen-Simulators übertragen.

Batteriezellen-Simulatoren

Bild 5: Verluste auf der Zuleitung.

Bild 5: Verluste auf der Zuleitung.Comemso

Was ist nun bei Batteriezellen-Simulatoren und hohen Balancing-Strömen zu beachten? Grundsätzlich gilt das ohmsche Gesetz, welches besagt, dass sich an einem konstanten Widerstand bei ansteigendem Strom die Spannung erhöht. Auf einen Batteriezellen-Simulator übertragen bedeutet dies, dass bei hohen Balancing-Strömen ein hoher Spannungsabfall auf der Leitung hin zum Prüfling entsteht. Bild 5 verdeutlicht diese Zusammenhänge. In der Praxis bedeutet dies, dass bei Strömen über 1 A spezielle Maßnahmen zur Spannungsregelung erforderlich sind. Der beim Umladen während des Balancings anfallende Strom ist nicht konstant. Daher ist ein Reglungssystem erforderlich, das den schwankenden Spannungsabfall auf der Zuleitung ausregelt.

Bild 6a: Verteilte Regelfunktion.

Bild 6a: Verteilte Regelfunktion.Comemso

Bild 6 zeigt den schematischen Aufbau des Spannungsregler-Systems eines Batteriezellenmoduls. Als Hauptregelbaustein kommt ein Hardware-Regler zum Einsatz, der für die Spannungsstabilisierung sorgt. Hierzu dienen handelsübliche Linearregler oder Schaltregler mit geringem Rauschverhalten. Sehr nahe am Zelleingang des BMS-Systems erfolgt nun eine Spannungsmessung. Deren Aufgabe ist es, die exakte Zellspannung zu ermitteln und diese der Rechnereinheit in wenigen Mikrosekunden zu kommunizieren. Auf der Rechnereinheit arbeitet ein geeigneter PID-Regler, der mit hochdynamischem Regelverhalten die Spannungsschwankungen ausgleicht, die durch unterschiedliche Umladeströme erzeugt werden. Wenn man es schafft, dies in wenigen Mikrosekunden zu realisieren, dann sind ausreichende Maßnahmen getroffen, um bei hohen Strompulsen eine glatte Ausgangsspannung zu erhalten.

Bild 6b: Verteilte Regelfunktion.

Bild 6b: Verteilte Regelfunktion.Comemso

Bei modernen Batteriezellen-Simulatoren sind pro Zelle maximale Quellströme bis 3 A und Senkenströme bis 2 A verfügbar – ein Wert, der für heutige aktive Balancing-Chips unterschiedlicher Halbleiterhersteller bereits nicht mehr ausreicht. Da für die Realisierung von Zellen mit hohen Strömen geeignete Hardware-Spannungsregler mit geringem Rauschverhalten auf dem Markt schlecht verfügbar sind, ist es unumgänglich, die geforderten Ströme mittels einer Parallelschalung von Einzelzellen zu realisieren. Mit anderen Worten werden beispielsweise zwei oder mehr Zellen eines Batteriezellen-Simulators auf eine Zelle am BMS geschaltet, um höhere Ströme zu realisieren. Bild 7 zeigt zunächst die parallele Verschaltung zweier Zellen, die zur Erhöhung des Stroms nutzbar ist.

Bild 7: Leistungserhöhung durch Parallelschaltung.

Bild 7: Leistungserhöhung durch Parallelschaltung.Comemso

Bei dieser Art der Beschaltung treten jedoch anhand von Unsymmetrien regelungstechnische Probleme auf. Die Ursache der Unsymmetrie bei der Parallelschaltung zweier Zellen liegt in den  Unterschieden der Bauteiltoleranzen, der Widerstände der Leiter beziehungsweise den Kontaktwiderständen der Steckverbinder. Jede Zelle sieht somit einen anderen Leitungswiderstand, welcher sich nun in derart auf die Regelung auswirkt, dass bei Belastung der parallel geschalteten Zellen nur eine der beiden Zellen einen Strom liefert. Dies geschieht so lange bis diese Zelle durch ihren Stromfluss begrenzt wird, und erst dann setzt der Stromfluss der zweiten Zelle ein. Bild 8 zeigt diesen Zusammenhang.

Bild 8: Unsymmetrische Zellen-Auslastung.

Bild 8: Unsymmetrische Zellen-Auslastung.Comemso

Dieses Verhalten führt zu unsymmetrischer Auslastung und Erwärmung des Systems, was wiederum einen negativen Einfluss auf die Genauigkeit des Gesamtsystems nehmen kann. Des Weiteren kann durch einseitige Belastung eines Zellmoduls die Überstromüberwachung frühzeitig auslösen, was zur ungewollten Abschaltung des Zellmoduls führen kann. Es ist deshalb dringend erforderlich, den Stromfluss homogen zu realisieren.

Spannungsanpassung

Da der Strom direkt nicht beeinflussbar ist, muss dies über eine Spannungsanpassung erfolgen. Der unsymmetrische Verlauf des Stroms gilt im Übrigen sowohl für den Quellenstrom, der weg von der Zelle hin zum BMS fließt (volle Zelle) als auch für den Senkenstrom, der vom BMS zur Zelle hin fließt (leere Zelle), so dass dieses Verhalten beim Balancing sowohl an den vollen als auch entladenen Zellen auftritt.

Bild 9: Stromausgleichsregler.

Bild 9: Stromausgleichsregler.Comemso

Um dieses Verhalten nun zu unterdrücken, müssen die beiden Zellen mit einem überlagerten Stromausgleichsregler zusätzlich zur Spannungsstabilisierung geregelt werden. Der Stromausgleichsregler regelt die Zelle, die einen höheren Strom liefert (im Beispiel Zelle A) von der Spannung herunter und erhöht gleichzeitig um denselben Spannungsbetrag die Zelle mit dem niederen Strom (im Beispiel Zelle B). Am Knotenpunkt des BMS-Eingangs liegt nach wie vor die gewünschte Zellspannung an. Aufgrund der nun höheren Spannung an Zelle B beginnt der Strom in Zelle B zu fließen, der Stromfluss von Zelle A geht dabei zurück. Man könnte den Stromausgleichsregler auch als Spannungswippe bezeichnen. Am Mittelpunkt der Wippe liegt dabei die erforderliche Zellspannung an, wogegen die äußeren Kanten der Wippe die strombeeinflussende Spannungskorrektur beinhalten. Bild 9 zeigt diesen Strom-Spannungs-Zusammenhang. Zur Verdeutlichung werden hier erst zwischen t0 und t1 das Zeitverhalten ohne Stromausgangsregelung dargestellt und anschließend ab t1 die Auswirkungen der zusätzlichen Regelung grafisch aufgezeigt.

Bild 10: Blockschaltbild der Kaskadenregelung einer Zelle.

Bild 10: Blockschaltbild der Kaskadenregelung einer Zelle.Comemso

In Bild 10 zeigt das zugehörige Blockschaltbild der hierzu erforderlichen Kaskadenreglung bei Parallelschaltung von zwei Zellen. Der Spannungsregler stellt dabei den Hilfsregler der Stromregelung dar. Wichtig ist nun, dass die Stromregelungen der beiden Zellen durch den Rückkoppelzweig miteinander verbunden sind.

Sollten die Ströme von zwei parallel geschalteten Zellen für aktives Balancing nicht ausreichend sein, so müssen weitere Zellen parallel verschaltet werden. Eine Verschaltung von mehr als vier Zellen erscheint dabei als nicht mehr sinnvoll, da mit der Anzahl an zu regelnden Zell-Paaren eine Erweiterung der Systemregelung um weitere Kaskaden erforderlich ist. Mit steigender Anzahl der Kaskaden wird das Gesamtsystem durch höhere Rechenzeit und Datenaustausch zwischen den Reglern in seinem Verhalten träge.

Bei Veranschaulichung der Stromausgleichsregelung mittels Analogie der Wippe lässt sich erkennen, dass bei Parallelisierung von vier Zellen drei Wippen notwendig sind. Bild 11 zeigt diese Analogie der Wippen. Jedes weitere Wippenniveau stellt dabei eine weitere Kaskadierung bei der Regelung dar.

Bild 11: Wippenanalogie bei Stromausgleichsregelung von 4 Zellen.

Bild 11: Wippenanalogie bei Stromausgleichsregelung von 4 Zellen.Comemso

Fazit

Ein Batteriezellen-Simulator muss viele unterschiedliche Bereiche für die funktionale Verifikation eines modernen BMS abdecken können und auch bei hohen Strömen eine hohe Genauigkeit von ±1 mV der Spannungsregelung aufweisen, um eindeutig den Ladezustand der Zelle gemäß Bild 2 simulieren zu können. Außerdem ist eine hohe Genauigkeit durch aufeinander abgestimmte Hardware- und Software-Regler erforderlich, während schlanke Regelungsalgorithmen, die keine Überschwinger zulassen, ein dynamisches aber auch sicheres Verhalten garantieren.

Bild 12: Ein Batteriezellen-Simulator.

Bild 12: Ein Batteriezellen-Simulator.Comemso

Hochwertige Schaltungskomponenten sorgen für eine optimale Rauschunterdrückung und Glättung der Ausgangssignale, um so die Verifikation von passivem und aktivem Balancing im Strombereich bis 8 A zu ermöglichen. Dabei müssen sämtliche Messgrößen (Spannung, Stromquelle, Stromsenke) kalibrierbar sein. Auch eine galvanisch getrennte Temperatursimulation für NTC- und PTC-Widerstände im Hochvoltbereich ist erforderlich. Ein hoher Isolationswiderstand gestattet die Realisierung von Batterien mit bis zu 200 Zellen, da hierbei die Gesamtspannung des Batteriezellen-Simulators bis zu 1000 V betragen kann. Fehler wie Kurzschluss, Leitungsbruch, Polaritätswechsel beziehungsweise Falschmontage sollten simulierbar sein. Ruhestrom- und Leckstrommessungen müssen im µA-Bereich möglich sein.

Mit Erfüllung all dieser Anforderungen ist die komplette funktionale Verifikation moderner BMS-Systeme möglich. Hierdurch lassen sich – auch in Zukunft – Fehlfunktionen sowohl der Software- als auch der Hardware reproduzierbar und zuverlässig auffinden.

Typische Anwender eines Batteriezellen-Simulators sind einerseits Algorithmen-Entwickler für passives und aktives Balancing sowie Entwickler von Batteriemanagement-Systemen, aber andererseits Hersteller von Chips für Batteriemanagement-Systeme, Akkupack-Hersteller beziehungsweise Fahrzeughersteller, die eine Funktionsprüfung vor der BMS-Integration in Serie vornehmen möchten, sowie Test-/Zertifizierungs-Labore. Die Batteriezellen-Simulatoren von Comemso weisen eine hohe Genauigkeit bei hochdynamischer Regelung auf. Durch die Kalibrierbarkeit des Batteriezellen-Simulators ist dieser auch für vollständige funktionale Tests des BMS in Zertifizierungs-Laboren und bei Kunden mit hohen Ansprüchen geeignet.

Dr.-Ing. Kiriakos Athanasas

: Geschäftsführer von Comemso.

Dipl.-Ing. (FH) Anita Lamparter

: Arbeitet im technischen Vertrieb bei Comemso.

(av)

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