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Das neue Headquarter von Recom in Gmunden, Österreich.

Das neue Headquarter von Recom in Gmunden, Österreich. Recom

Elektromagnetische Störungen sind aber nur ein Grund, weshalb sowohl bei der Entwicklung als auch beim Einsatz von DC/DC-Wandlern Filter eine wesentliche Rolle spielen. Zusätzlich zu externen Störeinflüssen wie den oben genannten elektromagnetischen Störungen, Spannungsspitzen (Transienten) aus der vorgeschalteten Versorgung oder hohen Einschaltstromspitzen (Inrush Current) verursachen DC/DC-Wandler auch selbst Störsignale. Denn in ihrem Inneren zerhacken Leistungs-Oszillatoren die eingespeiste Gleichspannung mit Frequenzen von einigen 100 kHz und generieren so niederfrequente Störsignale – den sogenannten Ripple & Noise.

Eckdaten

Dass die Elektromagnetische Verträglichkeit kein Buch mit sieben Siegeln ist, zeigt dieser Artikel. Zwar gibt es kein Patentrezept für den „idealen“ EMV-Filter. Viel Erfahrung und oftmals Experimentieren sind der Weg zum Erfolg. Es gibt jedoch auch einige Tipps und Tricks, wie sich EMV-Probleme auf einfache Weise beheben lassen.

Doch wenn dies alles bekannt ist, warum werden entsprechende Filter nicht von vornherein in modulare Wandler integriert? Schließlich wird hier immer von Plug-and-Play-Lösungen gesprochen. Die Antwort ist so trivial wie offensichtlich: zusätzliche Komponenten erhöhen den Preis. Denn nicht jede Applikation hat dieselben Anforderungen in Bezug auf Störfestigkeit. Also warum einen Audi bezahlen, wenn ein zuverlässiger Škoda auch den Ansprüchen genügt?

Zudem spielt im Zeitalter der Miniaturisierung der Platz auf der Leiterplatte eine immer wichtigere Rolle. DC/DC-Wandler ohne aufwändige interne Filterschaltungen lassen sich in wesentlich geringeren Gehäusegrößen realisieren. Obwohl die meisten DC/DC-Module üblicherweise sogar einen einfachen Filterkondensator integriert haben, gibt es doch eine nicht unerhebliche Anzahl an Applikationen, für die so ein Standardfilter nicht ausreichend ist. Hierfür ist eine individuelle externe Schutzbeschaltung in der Regel ohnehin die bessere Variante.

EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit) – ein Buch mit sieben Siegeln?

Doch nun zurück zu den eingangs erwähnten Elektromagnetischen Störungen. Was versteht man überhaupt unter EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit)? Sie regelt, dass sich elektronische Geräte nicht durch ungewollte elektrische beziehungsweise elektromagnetische Effekte gegenseitig beeinflussen. Denn jedes elektronische Gerät generiert einerseits selbst Störungen, man spricht hier von der Störaussendung, und kann andererseits auch durch fremde Störeinflüsse beeinträchtigt werden. Die Empfindlichkeit diesbezüglich wird als Störfestigkeit bezeichnet.

Obwohl die EMV also grundsätzlich bidirektional wirkt, sind bei DC/DC-Wandlern in der Regel nur die abgegebenen Störungen relevant. Denn die integrierten Leistungs-Oszillatoren reagieren üblicherweise auf externe Störeinflüsse sehr unempfindlich.

Um geeignete Filtermaßnahmen gegen Störaussendungen treffen zu können, muss man wiederum in zwei Kategorien unterscheiden. Hierbei handelt es sich um leitungsgebundene (conducted) und abgestrahlte (radiated) Störungen. Erstere werden von der „Störquelle“ direkt über die Zu- und Ableitungen übertragen. Sie sind fest an die Leitungen gekoppelt, daher auch die Bezeichnung „leitungsgebunden“. Abhilfe schaffen hier meist klassische LC- beziehungsweise CLC-Filterschaltungen (auch PI-Filter genannt) am Eingang. Darin kommen stromkompensierte Filterdrosseln, sogenannte Common Mode Chokes – kurz CMC – zum Einsatz. Sie summieren durch ihre gleich- beziehungsweise gegengerichteten Felder die Störungen im Idealfall gegen Null. Damit das funktioniert ist es allerdings sehr wichtig, die Richtung der Störströme genau zu kennen, um die richtige Filterdrossel – Gleichtakt oder Gegentakt – auszuwählen.

Im Gegensatz dazu werden abgestrahlte Störungen durch elektromagnetische Felder übertragen. Obwohl sie oft durch Leitungen, die als Antenne fungieren, emittiert werden, sind sie nicht an Leitungen gebunden. Sie können sich also verbreiten. Ihnen kommt man am besten mit großzügigen Masseflächen oder einem geschirmten Gehäuse bei.

Das Ausmaß der Filtermaßnahmen wird für DC/DC-Wandler üblicherweise durch die EN 55022 beziehungsweise die EN 55015 / FCC Part 15 bestimmt. Ob dann Class A oder die strengere Class B zu erfüllen ist, hängt von der Applikation und den geplanten Einsatzbedingungen ab. Ist jedoch ein universeller Einsatz angedacht, sollte auf jeden Fall Class B angestrebt werden.

Abschließend muss jedoch gesagt werden, ein Patentrezept für den „idealen“ EMV-Filter gibt es leider nicht. Hier ist eine Menge Erfahrung und oft auch viel Experimentieren der einzige Weg zum Erfolg. Nichtsdestotrotz finden Sie im Infokasten ein paar Tipps und Tricks wie EMV-Problemen mit einfachen Mitteln beizukommen ist.

Bild 1: Ripple-

Bild 1: Ripple-&-Noise-Signal eines typischen DC/DC-Wandlers. Recom

DC/DC-Wandler Phänomen: Ripple & Noise

Das zweite große Thema, wenn es um die Befilterung von DC/DC-Wandlern geht, ist Ripple & Noise. Obwohl diese beiden Begriffe fast immer in einem Atemzug genannt werden, handelt es sich doch um zwei unterschiedliche Phänomene. Der Ripple entsteht durch das periodische Laden und Entladen der Ausgangskapazitäten eines Wandlers. Bei einem klassischen Aufbau mit Einweggleichrichtung entspricht er daher genau der Schaltfrequenz des Wandlers. Bei etwas aufwändigeren Topologien mit Vollweggleichrichtung hat der Ripple die doppelte Frequenz. Wenn von Ripple gesprochen wird, meint man üblicherweise den Ausgangsripple, der als Überlagerung der Ausgangsspannung auftritt. Es gibt aber noch eine weitere Art: die meist sägezahnförmige Überlagerung des Eingangsstroms. Sie nennt sich Reflected Ripple Current und ist insbesondere bei der Zusammenschaltung mehrerer Wandler eine nicht zu unterschätzende Größe.

Der Noise andererseits hat eine viel komplexere Wellenform, die sich aus den harmonischen Oberschwingungen zusammensetzt. Er entsteht durch die Schaltspitzen der Transistoren/FETs während jedes Schaltzyklus. Je „härter“/schneller die Transistoren/FETs dabei schalten, desto mehr Noise entsteht. Beim Design eines DC/DC-Wandlers gilt es daher das Optimum zwischen noch akzeptablem Noise und maximalem Wirkungsgrad zu finden.

Bild 1 zeigt ein typisches Ripple & Noise-Signal. Das annähernd sinusförmige Signal ist hierbei der Ripple und die Störungsspitzen, die die Kurve überlagern ist der Noise.

So nahe wie möglich am Wandler messen

Bevor es aber an Filtermaßnahmen zur Reduktion des Ripple & Noise geht, ist bereits bei der Messung einiges zu beachten. Um unerwünschte externe Störeinflüsse auszuschalten, ist es wichtig, so nahe wie möglich am Wandler zu messen und den Massering des Tastkopfes direkt mit der Masse des Wandlers zu verbinden (siehe Bild 2). Durch etwaige Kabelverbindungen können hier sonst Störsignale eingekoppelt werden, die das Messergebnis maßgeblich verfälschen. Zusätzlich ist zu empfehlen, die Bandbreitenbegrenzung des Oszilloskops auf 20 MHz zu aktivieren. Dadurch werden hochfrequente externe Störsignale ausgeblendet. Schlussendlich gilt es noch zu überprüfen, ob im Herstellerdatenblatt beispielsweise ein Ausgangskondensator (typisch 0,1 µF) für die Messung vorgeschrieben wird.

Bild 2: Richtiges Ripple-

Bild 2: Richtiges Ripple-&-Noise-Messen. Recom

Gemessen wird der Ripple & Noise immer peak-to-peak, also als Gesamtwert von Spitze zu Spitze. Zur Reduktion eignen sich am besten LC-Filter am Ausgang. Speziell auf die Kondensatoren sollte hier besonderes Augenmerk gelegt werden. Diese sollten einen möglichst geringen ESR-Wert (äquivalenter Serienwiderstand) haben und möglichst nah an den Pins des Wandlers platziert werden. Die Berechnung des Filters ergibt sich aus den beiden Formeln, wobei die Filterfrequenz fc mit einem Zehntel der Arbeitsfrequenz des Wandlers f0 gewählt werden sollte.

Formel 1 und 2: Berechnung des LC-Filters.

Formel 1 und 2: Berechnung des LC-Filters. Recom

Wogegen sonst noch gefiltert werden kann

Neben den beiden ausführlich behandelten Hauptgründen für eine Befilterung, EMV und Ripple & Noise, gibt es noch eine Vielzahl weiterer Einflüsse, die einer Schutzbeschaltung oder eines Filters bedürfen. Nachfolgend sollen noch zwei dieser Größen in aller Kürze behandelt werden.

Einschaltstrombegrenzung: Ein zu hoher Einschaltstrom (Inrush Current) kann den Wandler schädigen. Hervorgerufen wird dieser erhöhte Einschaltstrom durch mehrere Vorgänge im Wandler während des Einschaltens. Die internen Kondensatoren, sowie die Kondensatoren des Ausgangsfilters werden geladen. Das Magnetfeld im Trafokern baut sich auf und zudem werden während der ersten paar Zyklen die Transistoren voll angesteuert. Der hierfür benötigte Strom beträgt daher ein Vielfaches des normalen Eingangsstroms. Begrenzt wird dieser von der Eingangsimpedanz des Wandlers sowie den Leitungsimpedanzen und der Versorgung. Gerade die Versorgung ist hier kritisch zu betrachten. Handelt es sich zum Beispiel um eine Batterie, die kurzfristig einen sehr hohen Strom liefert, kann das für den Wandler lebensbedrohlich werden. Abhilfe schaffen bei DC/DC-Wandlern beispielsweise vorgeschaltete Spulen, die den Stromstoß glätten. In ähnlicher Weise wirken NTCs (Thermistoren), die sich bei AC/DC-Modulen als Schutz hervorragend eignen.

Überspannungsschutz: Auch Überspannungen, landläufig auch unter dem Begriff „Surge“ oder „Transienten“ bekannt, können einen Wandler erheblich schädigen. Hierbei unterscheidet man längerfristige Überspannungen (im Millisekunden-Bereich), wie sie zum Beispiel durch eine instabile Versorgung hervorgerufen werden können, und kurzfristige Überspannungen (im Mikrosekunden-Bereich), die durch Störeinkopplungen in der umgebenden Beschaltung entstehen. Je nach Art der Überspannung eignen sich entweder Varistoren oder TVS-Dioden, auch Suppressordioden genannt, als Schutzmaßnahme. Varistoren sind hierbei robuster und können Überspannungen mit höherer Leistung abwehren, haben aber eine längere Ansprechzeit. Im Gegensatz dazu sprechen TVS-Dioden rascher an, und sind so für steile Spannungsspitzen (hohes du/dt), jedoch mit geringerer Leistung, bestens geeignet.

Bild 3

Bild 3:: Labore für unterschiedliche Arten von Qualitäts- und Stresstests. Recom

Stromversorgungs-Cluster im Herzen Europas

Um sich diesen Themen intensiver widmen zu können und sie mit der umfangreichen Kompetenz in Sachen Stromversorgung in Einklang zu bringen, hat Recom in Gmunden am Traunsee, Österreich, sein neues, 3000 m2 großes Headquarter mit Campus-Charakter errichtet. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf den Labortrakt gelegt. Neben der Erweiterung der bestehenden R&D-, Versuchs-, Untersuchungs- und Qualitätslabore wurde ein state-of-the-art EMV-Labor eingerichtet, welches bekanntermaßen im süddeutschen und österreichischen Raum eher Mangelware ist. In der, von Rohde & Schwarz ausgestatteten, 3-m-SAR-Kammer (Semi Anechoic Room) können normkonforme Messungen nach CISPR22 in einem Frequenzband von 9 kHz bis 3 GHz durchgeführt werden. Eine Besonderheit stellt dabei der automatisierte Messablauf für Prüflinge mit einem Durchmesser von bis zu 1,5 m dar. Der computergesteuerte Drehtisch ermöglicht in Kombination mit Nahfeldsonden sogar eine vollautomatische Ermittlung der kritischen Störquellen am Prüfling.

Bild 4: Modernst ausgerüstetes EMV-Labor.

Bild 4: Modernst ausgerüstetes EMV-Labor. Recom

Darüber hinaus ist das Labor auch für Messungen nach EN 61000-4-x und EN 61000-3-2 ausgestattet. Letzteres ist besonders für LED-Treiber ein wichtiges Kriterium. Last but not least kann mit der hauseigenen GTEM-Zelle auch das Verhalten des Prüflings auf eingestrahlte Störungen (Radiated Immunity) überprüft werden. Doch das teuerste Equipment ist nutzlos ohne qualifizierte Anwender. Daher wurde das Laborteam um eine EMV-Spezialistin mit langjähriger einschlägiger Erfahrung ergänzt, die nun das EMV-Labor betreut.

Für die enge Projektzusammenarbeit mit Fachhochschulen und Universitäten werden nicht nur separate Arbeitsräume am Recom-Campus zur Verfügung gestellt, sondern auch drei kleine Appartements zur Unterbringung auswärtiger Studenten und Wissenschaftler. In Zukunft soll es darüber hinaus Kunden und befreundeten Unternehmen möglich sein, die top-ausgestatteten Labore auch für Tests an eigenen Prototypen zu nutzen.

Durch die enge Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen aus der Stromversorgungsbranche soll so im Dreieck München – Linz – Graz langfristig ein innovativer Stromversorgungs-Cluster entstehen.

Tipps und Tricks für die EMV-Befilterung:

Filtermaßnahmen im niederfrequenten Bereich:

Dabei handelt es sich um leitungsgebundene Störungen im Frequenzbereich bis etwa 1 MHz (Sektion I). Diese Störungen lassen sich am besten durch LC-Filter beziehungsweise CMCs bekämpfen. Auch Filterkondensatoren nahe an den Eingangspins sind hier vielversprechend.

Filtermaßnahmen im mittelfrequenten Bereich:

Im Frequenzband von etwa 1 bis 30 MHz (Sektion II) finden sich üblicherweise ebenfalls leitungsgebundene Störungen. Hier helfen hochfrequente LC-Filter oder auch Y-Kondensatoren. Wichtig ist in diesem Fall, alle Störungen kurzzuschließen (zum Beispiel durch Kapazitäten in der Größenordnung von wenigen nF an jedem Pin).

Filtermaßnahmen im hochfrequenten Bereich:

Ab 30 MHz (Sektion III) hat man es gewöhnlich ausschließlich mit abgestrahlten Störungen zu tun. Diesen ist schwieriger beizukommen. Hier kommt es auf ein gutes PCB-Design mit entsprechend Masseflächen an. Ist das Problem damit nicht lösbar, muss auf eine zusätzliche Schirmung (zum Beispiel six-side shielding) zurückgegriffen werden. Zusätzlich können auch sogenannte „Twisted Wires“ das Problem abmildern.

Die EMV-Befilterung.

Die EMV-Befilterung. Recom

Thomas Rechlin

Senior FAE und Leiter des globalen Application Engineering bei Recom Engineering.

(ah)

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