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Auf einen Blick

Die Methode mit Isoliermessverstärkern ist der HV-Teiler-Methode eindeutig überlegen. Warum das so ist und worauf es ankommt, um möglichst genaue Messergebnisse zu erhalten, legt dieser Artikel anhand von Messbeispielen dar.

Anhand der Messbeispiele dieses Artikels wird gezeigt, auf welche Eigenschaften eines Isoliermessverstärkers es besonders ankommt, um möglichst genaue Ergebnisse zu erzielen. Das erste Beispiel ist die Messung an Mittelspannungsumrichtern, deren prinzipielle Wirkungsweise Bild 1 zeigt. Die Genauigkeit der Wirkungsgradbestimmung hängt von der Genauigkeit der Leistungsmessungen ab und diese sind wiederum abhängig von den Genauigkeiten der Strom- und Spannungsmessung. Da diese Größen floaten, das heißt schweben, also nicht erdgebunden beziehungsweise auf Masse bezogen und zudem noch mit Oberwellen behaftet sind, kommt einer potenzialfreien Messung, sowie dem Phasengleichlauf der Strom- und Spannungsmessungen höchste Priorität zu.

Bild 1: Prinzip eines getakteten Antriebs.

Bild 1: Prinzip eines getakteten Antriebs.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Die zweite Anwendung betrifft die Erfassung des Kontaktprellens von Schützen, um deren Standzeiten zu verlängern beziehungsweise die Anzahl der Schaltzyklen unter Last zu optimieren. Zunächst wird die Spannungs- und Strommessung betrachtet und somit auch die Leistungs- und Wirkungsgradbestimmung an Mittelspannungsumrichtern. Hier ist die Bestimmung der Leistungsaufnahme des Antriebe / der Last eine zentrale Aufgabe. Bei dieser Messung müssen die Messwerte sehr genau erhalten werden, aus Sicherheitsgründen ist zudem eine galvanische Trennung erforderlich.

Kurzschlussmessung im Mittelspannungsnetz.

Kurzschlussmessung im Mittelspannungsnetz.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Die Zwischenkreisspannung wird mittels gesteuerter Halbleiter pulsförmig an die Phasen des Motors weitergegeben. Mit der Pulsbreite und/oder der Pulsfrequenz werden Drehzahl und Leistung des Motors beziehungsweise des Antriebs geregelt. Diese Powerpulse werden im Lastkreis, insbesondere durch die Induktivität der Last beziehungsweise des Antriebes, stark verzerrt. Zur Leistungsbestimmung müssen folglich die Augenblickswerte von Strom und Spannung multipliziert werden. Bestimmt werden die dynamischen Anforderungen hierbei sowohl durch die zu berücksichtigenden Oberwellen, als auch vom erforderlichen Phasengleichlauf von Strom- und Spannungsmessung. Nimmt man für die Grundfrequenz zirka 2 bis 10 kHz und für das Pulspausenverhältnis 1:20 an, so empfiehlt sich für die Messungen eine Bandbreite von DC >300 kHz. Da die zu messenden Ströme und Spannungen floaten, muss die Gleichtaktspannung eliminiert werden. Die Gleichtaktspannung ist die Spannung, um die das zu messende Signal vom Bezugspotenzial, zum Beispiel Erde, abweicht. Dieses Gleichtaktsignal wird zumeist vom Frequenzumrichter oder dem Antrieb selbst hervorgerufen, wobei das Frequenzspektrum ebenfalls bis >300 kHz reicht, allerdings werden mit zunehmender Frequenzen (Oberwellen) die Amplituden kleiner. Diese Gleichtaktspannungen lassen sich mit Hochspannungsteiler oder mit Isoliermessverstärker eliminieren.

Bild 2: Gleichtaktunterdrückung  gemessen mit 5 kV/2 kHz und 1000-facher Verstärkung.

Bild 2: Gleichtaktunterdrückung gemessen mit 5 kV/2 kHz und 1000-facher Verstärkung.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Für die Methode mit Hochspannungsteilern sind zwei HV-Teiler erforderlich, einer für jede Phase, um die zu messende Spannung zu bestimmen (U = Uhv1– Uhv2). Des Weiteren benötigt man einen Isolierdifferenzverstärker mit einer Bandbreite >300 kHz. Als Laufzeiten sind die der HV-Teiler beziehungsweise der Isolierdifferenzverstärker zu berücksichtigen. Unterschiedliche Signallaufzeiten zwischen Spannungs- und Strommessung verfälschen die Leistungsmessung. Des Weiteren wird die Leistungsmessung bei so kleinen Signalen durch die Messungenauigkeit erheblich verfälscht. Ein großes Problem stellen die Strommessungen dar. Die höchsten Messspannungen für Ströme sind die genormten 60 mV der Shunts, die bei 1000 V liegen können. Bei der Messung kleiner Spannungen ist zu berücksichtigen, dass mit den HV-Teilern nicht nur das Gleichtaktsignal, sondern auch das zu messende Signal mit dem Teilerverhältnis der HV-Teiler geteilt, und somit immer kleiner und ungenauer wird. Durch Temperatur- und Gleichtaktfehler wird das zu messende Signal weiter verfälscht und die Messergebnisse werden zu ungenau.

Bild 2a: Gleichtaktunterdrückung und Erholzeit einer Sprungfunktion bei Verstärkung 1000.

Bild 2a: Gleichtaktunterdrückung und Erholzeit einer Sprungfunktion bei Verstärkung 1000.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Die Methode mit Isoliermessverstärkern ist der HV-Teiler-Methode eindeutig überlegen. Das zu messende Signal wird am Eingang des Isoliermessverstärkers Arcus T303A sofort auf den Normpegel ± 10 V gebracht. Kleine Pegel ab einem Messbereich von ±10 mV werden entsprechend verstärkt, hohe Spannungen bis ±5 kV werden mit einem präzisen, frequenzkompensierten Dünnfilmdifferenzteiler auf den Übertragungsbereich ±10 V gebracht. Die wählbaren Messbereiche sind ±10 mV in den Stufen 1-2-5-10-20 und so weiter bis 5000. Anschließend wird das Messsignal mit 16 Bit Auflösung digitalisiert und mit 10 kV isoliert auf das LOW-Potenzial zur Auswertung übertragen. Der Fehler durch die Gleichtaktspannung ist vernachlässigbar, die Gleichtaktunterdrückung ist besser 160 db. Ein Störsignal von 2000 V/50 Hz würde im empfindlichsten Messbereich von ±10 mV nur einen Fehler von zirka 10 µV verursachen. Bei einer Strommessung mit einem 60-mV-Shunt auf hochliegendem Potenzial von zum Beispiel 1 kV ist die Überlegenheit der Isoliermessverstärker-Methode am deutlichsten zu sehen.

Bild 5: Extreme Gleichtaktunterdrückung von 5 kVpp-2kHz:  548 mV.

Bild 5: Extreme Gleichtaktunterdrückung von 5 kVpp-2kHz: 548 mV.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Ein Messsignal soll mit maximal ±10 V für die Auswertung zur Verfügung stehen. Diese Aufgabenstellung wurde mit beiden Methoden betrachtet und führte zu folgenden Ergebnissen:

HV-Teiler-Methode:

Bei der HV-Teiler-Methode muss das Summensignal von Gleichtaktspannung + Messspannung auf kleiner ±10 V geteilt werden.

1 kVeff+60 mVeff = zirka ±1,5 kV : 150 = ±10 V.

Da ein Teiler von 1:100 nicht ausreicht, wird man vermutlich einen Teiler 1000:1 wählen, damit auch Spannungsspitzen sichtbar werden. Um ein möglichst gutes Messergebnis zu erhalten, wird man einen HV-Teiler 200:1 wählen. Damit wird der Messbereich für das interessierende Messsignal auf 300 µVeff reduziert.

Isoliermessverstärker-Methode

Bild 3: Der Isoliermessverstärker Arcus T303.

Bild 3: Der Isoliermessverstärker Arcus T303.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Hier werden die 60 mVeff mit einer Genauigkeit von 99,9 Prozent sofort um den Faktor 100 für den ±10-V-Messbereich verstärkt. Eine Gleichtaktspannung von 1000 Veff / 50 Hz ergäbe so einen Fehler von etwa 0,01 %. Eine zusätzlich überlagerte 3. Harmonische von 10 % würde das Messsignal nicht nachweisbar verfälschen.

Untersuchung des Prellverhaltens von Schützen

Hier macht man sich die sehr schnelle Erholzeit aus Sättigung / Übersteuerung der Arcus-Isoliermessverstärker zu Nutze. Prellen ist ein geringfügiges Wiederöffnen des Kontaktes nach dem Schließen. Der entstehende Lichtbogen bewirkt dabei eine Materialwanderung und ein Verschweißen der Kontakte, was Lebensdauer beziehungsweise Zahl der Schaltzyklen reduziert. Die Messungen erfolgen aktiv. Aktiv bedeutet, dass das Schütz bei angeschlossener Last und anliegender Prüfspannung geschlossen wird. Dabei kann die Last induktiv, kapazitiv, ohmisch, oder gemischt sein. Der Schütz soll möglichst schnell und mit großer Kraft schließen, damit kein Lichtbogen entsteht und ein satter Kontakt zustande kommt, der auch Erschütterungen standhält, was jedoch ein unvermeidliches Prellen beim Schließen bedeutet.

Bild 4: Prinzip des Eingangsschutzes des T303A.

Bild 4: Prinzip des Eingangsschutzes des T303A.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Ziel der Prelluntersuchungen ist es, das Kontaktmaterial und den Schließvorgang zu optimieren. Ein Maß für das Prellen ist der Spannungsverlauf über dem Kontakt. Dazu bedarf es einer Messeinrichtung, die sowohl die hohe Testspannung, zum Beispiel 600 Veff des geöffneten Kontaktes verträgt, als auch die kleinen Prellspannungen hoch auflösen kann. Da sich der Vorgang im µs-Bereich abspielt, ist eine Messbereichsumschaltung von beispielsweise 1000 V auf 100 mV wegen der zu langen Umschalt- und Einschwingzeit kein gangbarer Weg. Hier hilft erneut der Isoliermessverstärker Arcus von Rohrer Mess- und Systemtechnik. Dazu wird die Fähigkeit der Reaktionszeit von zirka 1 µs aus einem Übersteuerungszustand in einen Messzustand (Erholzeit aus der Sättigung) überzugehen, nutzbar gemacht. Die Vorgehensweise ist sehr einfach. Der Isoliermessverstärker wird auf den gewünschten Messbereich eingestellt und das Aufzeichnungsgerät angeschlossen. Solange der Isoliermessverstärker mit beispielsweise 1000 V übersteuert ist, liegt an seinem Ausgang eine Sättigungsspannung von etwa 12 V an. Schließt nun der Schalter und die Messspannung am Eingang des Isoliermessverstärkers sinkt unter den eingestellten Messbereich, reagiert er in 1 µs. Als Aufzeichnungsgerät sollte ein schneller Transientenrecorder verwendet werden.

Bild 6: Erholzeit nach Übersteuerung: zirka 1 µsec.

Bild 6: Erholzeit nach Übersteuerung: zirka 1 µsec.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Arcus T303 im Detail

Mit dem Arcus T303A beziehungsweise T303A-S ist es möglich, in einem Frequenzbereich bis >300 kHz zu messen, standardmäßig kann er auf über 400 kHz erweitert werden. Die Erholungszeit nach einer Übersteuerung ist kleiner 2 µs und den Signalanstieg bewältigt er in weniger als einer Mikrosekunde, bei einer Genauigkeit von 0,1 %. Diese hohe Genauigkeit ist nötig, um ein präzises Ergebnis nach der Übersteuerung anzeigen zu können.

Mit insgesamt 18 Messbereichen von ± 10 mV bis ± 5 kV bietet er ein breites Einsatzgebiet, angefangen bei der Untersuchung von Thermospannungen / Prellspannungen bis hin zu Mittelspannungsanlagen oder bis zu Kurzschlussmessungen. Der T303A arbeitet mit Spitzenwerten. Trotzdem ist ein gewöhnlicher Messverstärker nicht ausreichend, denn ein Isolierverstärker schützt Mensch und Messeinrichtung und er überbrückt hohe Gleichtaktspannungen mit extremer Gleichtaktunterdrückung.

Analoge Ausgangssignale zur Weiterverarbeitung

Ein eingehendes Analogsignal von zum Beispiel 10 mV wird auf einen für den AD-Wandler angepassten analogen Wert verstärkt, um die optimale Aussteuerung des AD-Wandlers zu erzielen. Das analoge Messsignal wird mit 16 Bit digitalisiert und über Optokoppler an einen DA-Wandler weitergeleitet, der das digitale Signal wieder in ein analoges verwandelt. Warum wird das digitalisierte Signal nicht direkt einem Auswertegerät (zum Beispiel Transientenrecorder) zur Verfügung gestellt? Würde dann nicht der Aufwand von digital auf analog und im Transientenrecorder wieder von analog nach digital entfallen? Das ist zwar richtig, aber leider passen die Schnittstellen in den seltensten Fällen zusammen. Für eine analoge Verarbeitung stehen jedoch viele Wege offen.

Bild 7: Gleichtaktunterdrückung: Sprungantwort.
Mit diesem Test lässt sich die Qualität eines Isolierverstärkers am einfachsten 
nachweisen.

Bild 7: Gleichtaktunterdrückung: Sprungantwort. Mit diesem Test lässt sich die Qualität eines Isolierverstärkers am einfachsten nachweisen.Rohrer Mess- und Systemtechnik

Bei der Gleichtaktunterdrückung (Bild 2) gilt ein Wert von zirka 120 dB bei 50 Hz als normal. Überdurchschnittlich sind die >160 dB bei 50 Hz des Arcus. Gleichtaktung entsteht, wenn das zu messende Signal nicht auf Erdpotenzial liegt, sondern auf einem gegenüber Erde hochliegenden Potenzial. Hervorzuheben ist zudem die einfache Bedienung. Mit drei Tiefpassfiltern lässt sich der Frequenzbereich einschränken, sodass sich dieser Isoliermessverstärker auch sehr gut für die Messung niedrigerer Frequenzen einsetzen lässt. Nicht interessierende Frequenzen können eliminiert werden. Die drei Tiefpassfilter-Eckfrequenzen sind 5 Hz, 3 und 100 kHz sowie <OFF>.

Helmut Rohrer

ist Geschäftsführer von Rohrer Mess- und Systemtechnik.

(ah)

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