Um ein möglichst gutes Lötergebnis zu erzielen, ist es erforderlich die Parameter des Lotbades relativ konstant zu halten. Hierbei wird eine eutektische Zinn-Kupfer-Basislegierung angestrebt. Für das Eutektikum beträgt der Kupfergehalt 0,7 Masse-Prozent. Da das Gefüge unter technischen Abkühlbedingungen am eutektischen Punkt nicht eutektisch erstarrt, wird 0,05 Prozent Nickel zugegeben. Hierbei wird die Ausscheidung der primären groben Zinndendriten in Sn0,7Cu-Loten unterdrückt (Bild 1). Durch die Nickeldotierung wird ein gleichmäßiges eutektisches Gefüge erzielt. In der Tabelle 1 [1] ist eine Übersicht der Basiselemente und der Mikrodotierungen im Lot gegeben.

Das Ablöseverhalten von Kupfer minimieren

Leiterplatten geben während des Lötvorgangs Kupfer in das Lotbad ab. Die Abgabe von Kupfer ist abhängig von der Löslichkeit des Kupfers im flüssigen Lot. Hohe Zinn- und Silbergehalte sowie ein verminderter Kupfergehalt im Lotbad, erhöhen das Kupferleaching, erkennbar in Bild 2. Die Abbildung zeigt exemplarisch, dass die Nickeldotierung von 0,05 Prozent im SN100C zu einer deutlichen Verminderung des Kupferleachings führt. Hierbei substituiert das Nickel den Werkstoff Kupfer in der intermetallischen Verbindungsschicht und es bildet sich eine mit Nickel dotierte Sperrschicht aus.

Das Bild 3 zeigt den Zusammenhang zwischen Lotzusammensetzung und Kupferleaching noch deutlicher. Durch einen Silberanteil von 3,8 Prozent löst die Lotlegierung SAC 387 mehr Kupfer als das SN100C trotz gleicher Basis-Kupfergehalte. Das bewährte eutektische Bleilot Sn63Pb37 legiert durch den geringeren Zinnanteil weniger Kupfer ab, ist in diesem Fall aber nur als Vergleichsbasis für die bleifreien Lote zu sehen. Das SN100C3 hat einen Kupfergehalt von 3 Prozent und legiert durch die hohe Vorsättigung weniger Kupfer ab. Allerdings steht der Vorteil der Kupferleaching-Minimierung in keinem Verhältnis zu den schlechteren Löteigenschaften und der erschwerten Prozessbeherrschung. Ebenfalls bilden sich Kupfer-Zinn-Dendriten, die sich am Tiegelboden absetzen. Demnach ist die Einhaltung der Grenzwerte fundamental für einen sicheren Lötprozess. Zu niedrige Kupferwerte im Lotbad verstärken das Kupferleaching und zu hohe Kupferwerte sorgen für das Ausscheiden von unlöslichen Cu6Sn5-Nadeln.

Wirkungsweise von Nickel

Wie bereits festgestellt, hat die Mikrodotierung von Nickel im SnCu0,7-Basislot sowohl gefügetechnische als auch leachingminimierende Effekte zur Folge. Im Laborversuch konnte ermittelt werden, dass sich bei einem zu hohen Nickelgehalt, unter bestimmten Voraussetzungen im Lotbad primäre grobe Kupfer-Zinn-Dendriten mit Nickelsubstituent bilden können. In Bild 4 [2] sind diese unlöslichen (Cu,Ni)6Sn5-Phasen im ansonsten eutektischen Gefüge deutlich zu erkennen. Ebenfalls ist sehr gut zu erkennen, dass ein zu niedriger Nickelgehalt dafür sorgt, dass sich kein homogenes eutektisches Gefüge ausbildet.

Demnach sorgt Nickel in gewissen Grenzen nicht nur für die Ausbildung eines geforderten eutektischen homogene Gefüges, sondern hat des Weiteren noch die Eigenschaft, dass die Nickelsubstitution in den Kupfer-Zinn-Verbindungen in der Abkühlphase eine Gitterstrukturumwandlung mit einhergehender Volumenänderung verhindert und somit Mikrorissen im Lotmeniskus vorbeugt.

Elemente und ihre Auswirkung auf das Lotbad

Aufgrund der Tatsache, dass sich das Nickel als Kupfersubstituent herausgestellt hat, ergeben sich einige Probleme im Bereich des Lotbadmanagement. In den Bildern 5 und 6 ist zu erkennen, dass sich Kupfer im Lotbad tendenziell eher anreichert und Nickel eher abbaut.

Ein Grund für dieses Phänomen ist das Kupferleaching, was je nach Leiterplattenart recht variabel ist. Je nach Art der Beschichtung der Leiterplatte, werden unterschiedlichste Elemente in das Lotbad eingebracht. Beim HAL (Hot Air Leveling, Heißluftverzinnung) ist die Kupferanreicherung im Lotbad viel stärker ausgeprägt, als beim Selektiv- oder Wellenlöten, da hier das Lotbad mit dem blanken Kupfer interagieren kann. Daher ist es absolut notwendig, das Lotbad regelmäßig zu reinigen. Beim HAL wird die Temperatur heruntergeregelt und man kann die ausfallenden Dendriten am Tiegelboden abschöpfen. Dieses Vorgehen entzieht durch dessen Kupferaffinität ebenfalls sehr viel Nickel aus dem Lotbad. Diese Problematik tritt beim Selektiv- und Wellenlöten ebenfalls auf, wenn auch viel langsamer. Daher ist es sinnvoll durch regelmäßige Kontrollen und variables Wiederauffüllen des Lotbades die Prozessgrenzen relativ stabil zu halten. In Bild 7 ist der Kupfer- und Nickelverlauf im Lotbad verdeutlicht.

Die Krätzebildung ist in normalatmosphärischen Lotbädern eine unvermeidliche Gegebenheit. Bei bleihaltigen Loten wird daher als Antioxidant Phosphor zugegeben. Phosphor ist in Nickeldotierungen als Antioxidant ungeeignet, da es das Nickel bindet und damit die beschriebenen Nickeleffekte unwirksam macht. In Bild 8 ist zu erkennen, dass bereits die Zugabe geringer Phosphormengen im Mikrodotierungsbereich das Gefüge auf quasi nickelfrei zurücksetzt.

Die negativen Auswirkungen von Phosphor machen sich bereits ab einer Menge von 0,002 Prozent bemerkbar. Phosphor verhindert nicht nur den Nickeleffekt und sorgt für ein mattes Erscheinungsbild der Lötverbindungen, sondern sorgt auch für ein schlechteres Abreißverhalten und bedingt Erstarrungslunker. Die Lotbadverteilung der Nickel-Phosphorverbindungen ist im Bild 9 erkennbar. Nach der Zugabe von Phosphor und einer Ruhephase fällt der Nickel-Gehalt von 0,053 Masse-Prozent auf 0,0138 Masse-Prozent als auch der Phosphorgehalt im Bereich der Tiegeloberfläche signifikant ab. Im Lotbad zwischen Tiegeloberfläche und bis kurz vor dem Tiegelboden bleibt der Nickelgehalt bei 0,0137 bis hin zu 0,0154 Masse-Prozent einhergehend mit dem Phosphorgehalt relativ konstant. Erst zum Tiegelboden hin steigt der Nickel- und Phosphorgehalt wieder massiv an. Hierbei wird die inhomogene Verteilung zwischen der Tiegeloberfläche und dem Tiegelboden verdeutlicht, bei der es zu einer phosphorbedingten Nickelanreicherung am Tiegelboden kommt. Das durch die Zugabe von Phosphor gebundene Nickel fehlt im Lötprozess, deshalb ist es zu empfehlen, auf eine Phosphorzugabe zur Krätzereduktion zu verzichten.

Germanium hingegen ist für nickeldotierte Zinnbasislote ein sehr gutes Antioxidant. Anders als Phosphor bindet das sich langsamer verbrauchende Germanium im Lotbad kein Nickel und erhöht das Fließvermögen. Unter Normalatmosphäre bildet sich 20 Prozent weniger Krätze und es verhindert das gelbliche Anlaufen der Lötverbindungen bei Temperaturbelastung.

Fazit

Das Management für nickeldotierte Zinnbasislotbäder gestaltet sich schwierig, da es von vielen Faktoren abhängt und demnach bei jedem Prozess individuell tariert werden muss. Die in Tabelle 1 angegebenen Grenzwerte für die beispielhafte Legierung SnCu0,7Ni0,05 sind Erfahrungswerte, die sich in der Praxis bewährt haben. Phosphor wird hier explizit nicht erwähnt, da es in einem Lotbad mit Nickeldotierung als unerwünschte Verunreinigung angesehen wird.

Kampf der Elemente

Für einen reibungslosen Lötprozess ist es demnach wichtig die Grenzwerte im Lotbad für Kupfer, Nickel und Germanium in den anwendungsspezifischen Grenzen zu halten. Der Kupfergehalt bildet hierbei den primären Indikator, durch Kupferleaching aus den verschiedenen Leiterplattentypen, Nickelbindung und prozessfensterverkleinernder Schmelzbereichsbildung. Der Nickelgehalt ist im Lotbad in der Regel durch den Prozess rückläufig und lässt sich ohne weiteres nachlegieren. Der Phosphorsubstituent Germanium ist momentan der einzige bekannte und stabile Lotbadzusatz, der wirksam die Krätzebildung reduziert und dabei das Fließvermögen positiv beeinflusst.

Referenzen

[1] “Effects of Phosphorus on Microstructure and Fluidity of Sn-0.7Cu-0.05Ni Lead-Free Sol-der.” K.Nogita, C.M. Gourlay, J.Read, T. Nishimura, S. Suenaga and A.K. Dahle.

[2] Keith Sweatman, Technical Advisor: “Nihon Superior Presentation on SN100C”, 5th November 2009.

[3] Patent “EP 2 243 590 A1”, Method of regulating nickel concentration in lead-free solder containing nickel, T. Nishimura.

SMT Hybrid Packaging 2014: Halle 9, Stand 312

Peter Fischer

ist Leiter F&E von Balver Zinn Josef Jost

Matthias Eymann

ist Technical Support Manager von Balver Zinn Josef Jost

(mrc)

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BALVER ZINN Josef Jost GmbH & Co. KG

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