Lady, Lady, do you want to buy a bag, a watch, a mobile?“ Wer das erste Mal die Anpreisungen diverser Straßenverkäufer hört und sich zwischen modernen Wolkenkratzern mit Leuchtreklame wiederfindet, kann es nicht glauben, dass er sich gerade in der Volksrepublik China aufhält. „Erzähle mir die Vergangenheit und ich werde die Zukunft erkennen“, wusste schon Konfuzius. Zwischen Tradition und Moderne, zwischen Kommunismus und Kapitalismus – das sind wahrscheinlich die treffendsten Aussagen, die sich derzeit über das Reich der Mitte sagen lassen. Mit der zunehmenden Verwestlichung einher gehen auch Statussymbole – elektronische Geräte, wie Smartphones, hochfunktionale Digitalkameras oder MP3-Player gehören hier dazu.

Laut Einschätzung des ZVEI ist China seit 2009 größtes Abnehmerland für Halbleiterbauelemente. Inzwischen werden hier mehr als ein Viertel der weltweiten elektronischen Geräte gefertigt. Und die Tendenz ist – geht es nach Dr. Ulrich Schäfer, Robert Bosch, ZVEI-Vorsitzender der Fachgruppe I Halbleiter – steigend. Auch bei den mittleren Wachstumsraten steht China mit einem Wert von 20 Prozent an der Spitze. Darüber hinaus wächst auch die Fab-Kapazität im Reich der Mitte erheblich, was im Wesentlichen Foundries zu verdanken ist. Also: „Asien – und hier insbesondere China – hat die führende Rolle bei der Produktion von Halbleitern und elektronischen Geräten in der Welt übernommen“, fasst Dr. Ulrich Schäfer kurz zusammen.

China, die große Unbekannte?

Scheint, als ob der Markt China nicht mehr Neuland ist. Das bestätigt auch Udo Weller, Geschäftsführer der Mesago PCIM: „Für uns ist China nicht mehr ganz so unbekannt wie noch vor Jahren. Durch den intensiven Kontakt mit vielen internationalen Unternehmen, die dort tätig sind und mit den chinesischen Marktführern, ist uns mittlerweile dieser Markt sehr vertraut.“ Weller weist vor allem auf einen Fakt hin: „Dieser Markt wächst enorm schnell. Nicht allein die weltweite Nachfrage, sondern vor allem die enormen Investitionen der chinesischen Regierung in Abnehmerindustrien der Leistungselektronik befeuern diesen Markt.“

Auf gesteigerten Energiebedarf reagieren

Das Reich der Mitte gilt mit 1,3 Milliarden Einwohnern als das bevölkerungsreichste Land der Erde. Problem: Diese haben einen entsprechenden Energiebedarf und der wächst stetig – vor allem in den Städten. So haben die Asiaten bereits vor einiger Zeit die USA als weltgrößten Energieverbraucher überholt. Nur woher genügend Energie nehmen? Neben fossilen Energien, wie Erdöl oder Kohle, setzt China vermehrt auf erneuerbare Energien, um dem gesteigerten Bedarf Herr zu werden. China will bis 2020 rund 700 Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien investieren.

Auch E-Mobility ist am Boomen. „China hat in diesem Jahr ein Programm zur Förderung der Elektromobilität in Höhe von 11,7 Milliarden Euro aufgelegt“, so Udo Weller. Und erklärt: „Damit will China zum einen unabhängiger vom Öl werden, zum anderen die starke Luftverschmutzung der Städte bekämpfen. Aber es ist auch eine Investition in Zukunftstechnologien, wovon die Leistungselektronikbranche deutlich profitiert.“ Bereits heute sind Elektrofahrräder auf Chinas Straßen nicht mehr wegzudenken. Die Zahlen rangieren bei etwa 140 Millionen E-Bikes. Weller geht davon aus, dass sich dieser Boom in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Ab 2020 sollen jährlich rund eine Million Hybrid- und Elektro-Autos in China produziert werden.

Die Rolle der Leistungselektronik betrachten

Die Leistungselektronik spielt für die Entwicklung der Bereiche erneuerbare Energien und Elektromobilität eine zentrale Rolle. Wer sich über den neusten Stand informieren möchte, hat dazu Mitte Mai und Ende Juni die Gelegenheit in Nürnberg beziehungsweise Shanghai. „Auf der PCIM werden die für die Weiterentwicklung dieses Marktes benötigten Innovationen in einer Kompaktheit und Bandbreite gezeigt, wie sonst nirgends“, betont Udo Weller. „In einer Special Industry Session zu Smart Grid und E-Mobility werden unter anderem Fragen zur Batterien, Ladesystemen, Solar und Windanlagen sowie Vehicle-to-Grid in China und weltweit diskutiert.“

Dass sich chinesische Unternehmen auch für den europäischen Markt interessieren, zeigen die Anmeldungen zur diesjährigen PCIM Europe: elf chinesische Aussteller sind gelistet. Letztes Jahr waren es nur drei. Erstmalig wird es einen chinesischen Gemeinschaftsstand geben. „Asiatische Unternehmen, insbesondere die chinesischen, suchen den europäischen Markt“, fasst Udo Weller kurz zusammen. Auch die ehemalige PCIM China, jetzt PCIM Asia boomt: neuer Name, neue Location im Shanghai International Convention Center und wachsende Ausstellerzahlen. Auch hier sind die Bereiche erneuerbare Energien und E-Mobility von hohem Interesse. Das Interesse beispielsweise der Konferenzteilnehmer liegt auf folgenden Punkten:

  • Power Supply
  • Energiesicherstellung
  • Transportation
  • E-Mobility

Bei Bauelementen liegen die Punkte Passive und IGBT vorne.

Aufbau Ost: Firmenstandorte in China eröffnen

Das Standortpotenzial bleibt nicht unerkannt: Branchenriese Infineon hat beispielsweise eine Geschäftseinheit in Peking eröffnet, um der rasanten Nachfrage an Lösungen für Energieeffizienz und Elektromobilität zu decken. Die neue Einheit beherbergt Vertrieb, Marketing, F&E und Zentralfunktionen, zudem eine Fertigung für IGBTs und ein Kompetenzzentrum für Lösungen im Automobilbereich.

Die Leistungshalbleiter spielen für den Einsatz erneuerbarer Energien eine wichtige Rolle: hier helfen sie bei der Umwandlung variabler Frequenzen aus Windkraft- oder Solaranlagen in die für das regionale Stromnetz erforderliche Festfrequenz. „Der weltweite Energiebedarf nimmt kontinuierlich zu, besonders in Schwellenländern wie China, einem der strategisch wichtigsten und am schnellsten wachsenden Märkte von Infineon“, unterstreicht Peter Bauer, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens den Schritt der Neubiberger. „Mit der neuen Einheit bauen wir unsere Kapazitäten aus und können damit die stark steigende Nachfrage nach Lösungen für Energieeffizienz und Elektromobilität in China bedienen.“

Auch Stromversorgungshersteller Puls hat mit seinem Fabrikneubau im Suzhou Industrial Park ein Zeichen pro China gesetzt. Dieser ist als Green Building konzipiert und wurde aufgrund seiner Nachhaltigkeit mit Leed-Gold ausgezeichnet. „Wir investieren viel in die Entwicklung von zuverlässigen und langlebigen Geräten mit weit überdurchschnittlichem Wirkungsgrad. So verbrauchen sie wenig Strom und der anfängliche Mehraufwand amortisiert sich schnell“, begründet Bernhard Erdl die Auszeichnung. Aus demselben Grund haben wir auch viel in die Energieeinsparung in unseren neuen Werken in Tschechien und in China investiert, denn gerade bei niedrigen Lohnkosten spielen die Energiekosten eine große Rolle. Zudem schaffen wir damit eine gesunde, attraktive Arbeitsumgebung und setzen zukunftsweisende Umweltstandards.“

Normung und Automatisierung forcieren

Doch nicht nur der Elektronikbereich wächst – auch in der Automatisierungsbranche boomt es. So verzeichnen beispielseweise die Profibus Nutzerorganisation, die Chinesische Profibus Association (CPA) und ihre gemeinsame Dachorganisation Profibus & Profinet International (PI) Erfolge bei der Normung der PI-Technologien in China: Sowohl Profinet IO als auch Profidrive wurden Ende 2010 in China auf nationaler Ebene durch die Standardization Administration of the People‘s Republic of China als Norm verabschiedet (Profinet IO: GB/Z 25105.1-.3-2010 und PROFIdrive: GB/Z 25740.1-.2-2010). Der Normdokument-Typ GB/Z wird für neue Technologien angewandt. Die Laufzeit eines solchen Standards ist zeitlich begrenzt und beträgt in der Regel drei Jahre. In China wird der Einsatz von genormten Technologien in Applikationen empfohlen. Bei Bewährung können diese in einen verbindlichen Nationalen Standard GB/T überführt werden. Für Profinet IO und Profidrive befürworten die Experten in China bereits jetzt, die jeweiligen Aktivitäten zur Überführung in einen GB/T-Standard zu beginnen.

Neben der PNO freut sich auch die LPKF über ihren Wachstum in Japan und China. In China ist LPKF bereits an sechs Standorten vertreten und hat nun mit einem Vertriebsbüro in Shanghai eine siebte Niederlassung im Zentrum der chinesischen Elektronikindustrie dazu gewonnen. „Unsere Kunden haben ein Recht auf kurze Wege. Ein dichtes Vertriebs- und Servicenetz in unserem wichtigsten Markt ist für LPKF ein Muss“, erklärt LPKF Vorstandsvorsitzender Dr. Ingo Bretthauer den Entschluss für das neue Vertriebsbüro.

Fazit: China ist sicherlich ein aufstrebender Markt für die (Leistungs-)Elektronik, der über enormes Wachstumspotenzial verfügt. Kein Wunder- durch den hohen Energieverbrauch muss man sich schnell etwas einfallen lassen, um genügend Energie sicherzustellen. Um den Markt aber zu stärken, müssen auch vermehrt chinesische Unternehmen gegründet werden beziehungsweise zum Zuge kommen.

Stefanie Eckardt

: Redakteurin elektronikJOURNAL und all-ectronics, Landsberg am Lech

(eck)

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