Wer kennt das nicht: Das vom Arzt verschriebene Medikament entpuppt sich neben der beabsichtigten Hauptwirkung als Arsenal von Nebenwirkungen – also als eine Sammlung schädlicher und unbeabsichtigter Reaktionen auf das Arzneimittel. Dank des Arzneimittelgesetzes sind Pharmaunternehmen verpflichtet, alle bekannt gewordenen Nebenwirkungen eines Medikaments, unabhängig von ihrer Kausalität, zu sammeln, auszuwerten und im Beipackzettel anzugeben. Umgelegt auf die elektronische Baugruppenfertigung bedeutet dies, dass künftig verstärkt solche „Nebenwirkungen“ entlang der Fertigungskette ausfindig zu machen und zu analysieren sind, um den Prozess kontinuierlich verbessern zu können. Schließlich liegt bekanntlich der Teufel im Detail.

Dem Phänomen der kleinen Probleme mit durchaus immensen Nebenwirkungen widmete sich die Technologietagung von Christian Koenen, der am 2. und 3. April 2014 am Hauptstandort in Ottobrunn-Riemerling stattfand. Eine Vielzahl von Maßnahmen und Schritten seien dabei notwendig, ist Lothar Pietrzak, Leiter Vertrieb und Marketing von Christian Koenen, überzeugt: „Die Summe kleiner Fehler, Unzulänglichkeiten und Missgeschicke treibt uns häufig den Schweiß auf die Stirn“, leitete er die Technologietagung ein. Die vielfältigen Erfahrungen der fachkundigen Experten und Referenten, die der Druckschablonenhersteller für seine Technologietagung gewinnen konnte, sollten ein beredtes Zeugnis erbringen: Die insgesamt rund 140 Teilnehmer, die sich auf die beiden Veranstaltungstage verteilten, konnten sich über fundierten Vorträge informieren. Zudem hatten sie die Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit Kennern der Materie im Application-Center direkt an den Systemen auszutauschen.

Faktoren der Nebenwirkungen

Harald Gumm, Leiter Applikation von Christian Koenen, kann da auf einen reichen Erfahrungsschatz verweisen: „Wir blicken auf große Schauplätze im Prozess. Jedoch laufen viele Sachen eben am Rande ab, ohne dass wir das wirklich mitbekommen, aber gerade diese haben einen erheblichen Einfluss auf die Qualität.“ Solche Randaspekte können die sachgemäße Schablonenreinigung, die richtige Klimatisierung der Fertigungsumgebung aber auch die richtige Wahl des Basismaterials sein. Gerade die Klimatisierung wird in Deutschland immer wichtiger. Bei Christian Koenen etwa sind die Fertigungsräumlichkeiten voll klimatisiert, um Positionsgenauigkeiten einhalten und eine hohe Qualität umsetzen zu können. „Es ist immens wichtig, ein so gutes Umfeld zu schaffen, so dass die Anlagen ihre Leistungen einwandfrei umsetzen können.“

Wie viel Leistung geht verloren, durch Aspekte, die einem gar nicht bewusst sind? Auf den ersten Blick startet die Baugruppenfertigung mit perfekten Material und auch perfekten Randbedingungen. Jedoch können verunreinigte Druckwerkzeuge die optimalen Startbedingungen beeinträchtigen, weil etwa das Substrat nach einem Fehldruck nicht ordentlich abgewischt wurde. Auch bei der Rüstung können sich Beeinträchtigungen ergeben, wenn etwa ein falsches Druckwerkzeug, eine falsche Lotpaste oder ein falsches Bauteil zum Einsatz kommt. Schließlich ist es auch der Prozess selbst: Durch Umweltbedingungen (Stickwort: Klimatisierung) kann es zum falschen Pastenvolumen kommen, wodurch eine Lötverbindung erzeugt wird, die den Anforderungen nicht entspricht. Ein weiterer Aspekt ist sicherlich das zu häufige Reinigen der Druckschablone: Das führt unweigerlich zu Zeitverlusten und unter Umständen zur Verschwendung von Material und Zykluszeit. Durchaus besteht die Möglichkeit, durch Inspektion das Lotvolumen zu korrigieren oder durch Nacharbeit aus schlechten Produkten wieder gute zu machen.

Jedoch geht es darum, schon vor dem Prozessstart alle möglichen Stellhebel in Bewegung gesetzt zu haben. Durch eine automatische Erkennung mit Codes oder Transponder auf der Druckschablone wird zum Beispiel vermieden, dass Schablonen einer anderen Variante zum Einsatz kommen. Anhand einer Datenbank lässt sich zudem ermitteln, wie gut sich welche Bauteile verarbeiten lassen, Fehlerschwerpunkte zu detektieren, um etwa das Layout zu optimieren und auf diese Weise eine Prozessverbesserung zu erreichen. Begünstigt würde dies nach Ansicht von Harald Gumm durch eine gute Kommunikation: „Im Dialog zwischen Produktion und Arbeitsvorbereitung zu stehen, kann den Prozess nachhaltig beeinflussen.“ Auf diese Weise würde Arbeitsvorbereitung erfahren, wie gut oder weniger gut sich die einzelnen Bauelemente verarbeiten lassen: „Unter Umständen kann es durchaus sinnvoll sein, auch den Einkauf mit ins Boot zu holen. Bauteile die besonders viel Ärger machen, lassen sich vielleicht durch eine andere Variante ersetzen, die sich leichter verbauen lässt und den Prozess weniger gefährdet.“ Live aus dem Application-Center in den Tagungsraum berichteten die Wertschöpfungspartner Asys Group, Cyber Technologies, Ersa, GMS, Koh Young, Kolb Technology, Semtech, Wagenbrett und Zevac.

Lean Production in der Elektronikproduktion

„Wir müssen diese große Vielfalt an Branchen, Produkten und Losgrößen beherrschen. Preis und Liefertermin bestimmen mittlerweile den Markt. Für den Erfolg entscheidend ist daher der Weg dorthin. Dafür benötigen wir Werkzeuge, die uns durch Standards und stabilere Prozesse schneller, genauer und flexibler machen“, betont Johann Weber, Vorstandsvorsitzender und Vorstand Elektronik von Zollner Elektronik. Von der Produkt- und Prozessplanung bis zur Serienproduktion und After Sales sind Werkzeuge nötig, um ein gutes Produkt und optimale Prozesse zu erreichen. Um dies zu veranschaulichen, verweist er auf ein heute übliches komplexes Modul, das mit vielen einzelnen Bauelementen und Komponenten ausgestattet ist, für hohe Spannungen von um die 800 V ausgelegt ist und mit sehr großen Leistungen aufwartet. Es benötigt ein effizientes Wärmemanagement, gepaart mit feinen Strukturen, die eine saubere Produktionsumgebung erforderlich machen. All dies zu realisieren wäre ohne eine sehr hohe Prozessfähigkeit gar nicht umsetzbar, welche die Ausschussrate – ergo die Fehlerkosten – so gering wie möglich hält, argumentiert Weber.

Ein Faktor ist dabei die so genannte Robustness Validation. Darunter ist eine Qualifikationsstrategie zu verstehen, mit welcher die Robustheit eines Produkts gegenüber den Belastungsbedingungen einer realen Anwendung nachgewiesen wird und sich gezielt Aussagen über Risiken und Zuverlässigkeit treffen lassen. Für Johann Weber bedeutet dies: „Das Produkt so robust wie möglich zu machen. Es geht darum, welche Reserven oder Spielraum ich noch außerhalb der geforderten Spezifikationen habe, um das Produkt so stabil wie möglich zu gestalten.“ Schließlich muss das Produkt korrekt und ausfallfrei bei bestimmten Anwendungen auch unter Berücksichtigung der Streuungen seiner Produktionsbedingungen fehlerfrei funktionieren. Gerade in der Entwicklung ließen sich die entsprechenden Weichen stellen: „80 Prozent der Kosten werden in Entwicklung und Konstruktion festgelegt.“

Christian Koenen engagiert sich im eRennstall

Der Eyecatcher im Eingangsbereich war nicht zu übersehen. Der orangefarbene Elektro-Rennbolide EVE‘13 mit zwei Enstroj-Emrax-228-Motoren mit einer Leistung von je 100 kW (peak) und 60 kW (continuous) und einem Drehmoment von je 240 Nm (peak) und 125 Nm (continuous) beschleunigt von 0 auf 100 km/h in weniger als 3 s und hat eine Reichweite von 22 km. Diesen elektrischen Rennwagen hat das E.Stall-Team der Hochschule Esslingen konstruiert. Auf den Rennstrecken in Deutschland, Österreich, Spanien und Ungarn muss sich der Rennwagen beweisen: Durch innovative Techniken gelang es dem Team mit ihrem Rennboliden EVE‘13 erste Erfolge in den einzelnen Disziplinen einzufahren. Mit EVE‘14 verfolgt das E.Stall-Team in der neuen Saison das Ziel, auf den verschiedenen Rennstrecken noch besser abzuschneiden und eine Top-Ten-Platzierung zu erreichen.

Die elektronischen Baugruppen des E.Stall-Rennwagens werden mit den Edelstahlschablonen von Christian Koenen gefertigt. Entwickelt und produziert werden die benötigten Komponenten von den Studenten in Eigenregie. Unterschiedlichste elektronische Systeme – Batteriekontrolle, Bremssysteme, Motorsteuerung und vieles mehr – sind notwendig, um bei den Wettbewerben Topplatzierungen zu erzielen. Der Einsatz hochwertiger Schablonentechnik hilft zusätzlich, Revisionen der Prototypen einzusparen und Fahrzeugkomponenten mit einer gesteigerten Zuverlässigkeit zu produzieren sowie die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. „Wir fördern dieses innovative Projekt, weil wir das Engagement der jungen Menschen unterstützen und einen Beitrag zur Entwicklung von umweltfreundlichen Antriebstechnologien leisten“, bekräftigt Firmenchef Christian Konen.

SMT Hybrid Packaging 2014: Halle 7, Stand 205

Marisa Robles Consée

ist freie Redakteurin Productronic

(mrc)

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Unternehmen

Christian Koenen GmbH

Otto-Hahn-Str. 24
85521 Ottobrunn-Riemerling
Germany