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Bild 1: Vereinfachtes Modell des BCM (Bus Converter Module). (Bild: Vicor)

Eckdaten

Die hier beschriebene Technik des thermischen Schaltkreismodells liefert ein einfaches und nützliches Werkzeug für die Entwicklung und Charakterisierung eines effektiven Wärmemanagements für Powerkomponenten, ohne eine teure Software für thermische Simulationen kaufen und deren Einsatz lernen zu müssen.

Entwickler von Stromversorgungen können heute Schaltungen entwerfen, die in Bezug auf Wirkungsgrad und Leistungsdichte beziehungsweise der verfügbaren Leistung in einem vorgegeben Volumen weitaus mehr bieten als noch vor wenigen Jahren. Möglich wurde dies durch den ständigen Fortschritt bei Halbleitern, die immer besseren Schaltungen sowie geschickte physikalische Konstruktionen mit einer viel höheren Performance in immer kleineren Gehäusen. Jede neue Generation kommt dem idealen Schaltungsverhalten – keine Schalt- und Leistungsverluste – näher. Mit einer realen Technologie lässt sich dieses Ideal jedoch höchstwahrscheinlich niemals erreichen.

Zwar werden die Komponenten immer besser, perfekt sind sie aber trotzdem nicht. Verluste, die eine ungewollte Wärmeentwicklung zur Folge haben, müssen weiterhin berücksichtigt werden. Dies führt zu teilweise paradoxen Ergebnissen. Trotz des Einsatzes von Komponenten und Topologien mit niedrigsten Verlusten bewirkt die Tatsache, dass immer mehr Leistung auf kleinstem Raum verarbeitet wird, eine Konzentration der noch vorhandenen Verluste auf diese kleinen Flächen und Volumina. Dies hat zur Folge, dass in Systemen mit unzureichend dimensionierter Kühlung, die thermischen Grenzen ausschlaggebender sind als die elektrischen. Komponenten erreichen die maximalen, in den Datenblättern spezifizierten Temperaturen noch bevor beispielsweise die maximalen Ausgangsströme erreicht werden. Dadurch kann die Wärmeentwicklung zum kritischen Punkt bei der Design-Entwicklung werden.

Kühle Bauteile leben länger

Ingenieure richten die thermischen Aspekte ihres Designs immer daraufhin aus, die Betriebstemperaturen der wichtigen Komponenten möglichst niedrig zu halten. Die seit langem geltende Faustregel trifft immer noch zu: mit jeweils zehn Grad Temperaturerhöhung halbiert sich die Lebensdauer der Komponenten. Daher ergibt sich durch geringere Betriebstemperaturen eine höhere Zuverlässigkeit. Das thermische Verhalten während der Entwicklung richtig vorherzusagen, ist keine einfache Aufgabe. Vor allem auch deshalb, weil durch die Anforderungen an Größe, Gewicht und Leistung ein großzügig dimensionierter Kühlkörper oftmals nicht möglich ist.

Der Schlüsselparameter in allen thermischen Kalkulationen ist die Sperrschichttemperatur Tj. Sie war bereits bei den ersten Transistoren die Betriebstemperatur von Silizium oder anderen Halbleiterwerkstoffen, dort wo der Schaltvorgang stattfindet. Zwischen diesem Bereich und der thermischen Schnittstelle zur Umgebung befinden sich etliche komplexe Strukturen, die für die Wärmeleitung Barrieren oder Widerstände darstellen, über welche die Wärme entweichen kann. Der Halbleiterchip befindet sich auf einem Substrat oder Lead Frame. Bonddrähte helfen beim Abtransport der Wärme, während Lagen von Vergussschichten dies behindern.

In einem komplexen Bauelement gibt es verschiedene Wärmequellen. Die gesamte Temperaturerhöhung an jedem Punkt ist die Summe der dort erzeugten Wärme plus die der Komponenten in der näheren Umgebung. Sogar der Punkt mit der größten Temperaturerhöhung in einem Bauteil kann sich bei Betrieb mit unterschiedlichen Ein- oder Ausgangsspannungen oder verschiedenen Kühlkonzepten ändern. Erschwerend kommt hinzu, dass der Widerstand von Kupfer und anderen Materialien mit steigender Temperatur zunimmt. Bei 100 °C hat Kupfer einen um 30 % höheren elektrischen Widerstand als bei 25 °C. Aus diesem Grund sollte die Temperatur so niedrig wie möglich gehalten werden, da ein Anstieg zu höheren Widerständen und damit zu proportional ansteigenden Verlusten führt. Es gibt gut entwickelte Techniken, um die maximale Temperatur innerhalb dieser Strukturen als Modell nachzubilden, sie erfordern jedoch oftmals finite Elemente und computergestützte Strömungsdynamik. Daher sind sie nicht für eine schnelle, tägliche Berechnung während eines Entwicklungsprozesses geeignet.

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Es gibt jedoch eine alternative Strategie in Form von thermischen Modellen mit elektrisch-analogen Begriffen. Zur Anwendung kommen „Widerstände“, „Stromquellen“ und „Spannungsquellen“. Erfolgt die Analyse wie bei einer elektrischen Schaltung, ergibt sich eine einfache Möglichkeit, die maximale innere Temperatur sowie die Wärmeleitung durch die verschiedenen Kühlpfade zu bestimmen.

Diese thermischen Modelle nutzen das Prinzip eines einzigen virtuellen Knotens, der die maximale Temperatur in einem aktiven Bauteil oder Modul repräsentiert. Dabei handelt es sich nicht um einen fixen Punkt im Bauteil selbst. Der Knoten repräsentiert die maximale innere Temperatur unter allen elektrischen und thermischen Bedingungen. Daran angebunden sind Nachbildungen sämtlicher Pfade, über welche die Wärme von diesem Punkt abfließen kann. In dieser Analogie wird ein Pfad durch einen Widerstand verkörpert, welcher die Wärmeleitung einschränkt und die Einheit Celsius/Watt (C/W) hat. Die Wärmequelle kann mithilfe der Kurven in den Datenblättern definiert werden, welche den Wirkungsgrad oder die Verlustleistung in Watt bei bekannten elektrischen Betriebsbedingungen zeigen. Bei dem für diese Betrachtung angenommenen, eingeschwungenen Betriebsbereich muss die Verlustleistung gleich der vom Bauteil an die Umgebung abgegebenen Leistung sein. In dieser thermo-elektrischen Analogie wird die Verlustleistung als Stromquelle im inneren virtuellen Knotenpunkt dargestellt. Die Pfade für die Wärmeleitung umschließen typischerweise die obere Fläche des Gehäuses, die Anschlusspins – oder Pads zur Leiterkarte sowie die Ableitung über die Gehäuseunterseite.

Im eingeschwungenen Zustand gibt es stabile Temperaturen an all diesen Schnittstellen zum Kühlköper, zum Gehäuse oder zur Oberfläche der Leiterkarte. Diese feste Temperatur im thermischen System kann mit einer Spannungsquelle in einem elektrischen System verglichen werden. Sie behält den gleichen Wert in °C, gleichgültig welche Wärmemenge aufgenommen wird. Diese vereinfachte Darstellung wird genau untermauert von der oben bereits erwähnten, detaillierten Finite-Elemente-Berechnung. Inzwischen wurde sie jedoch dahingehend vereinfacht, um das thermische Verhalten eines Bauelementes in seinem Gehäuse darzustellen. Eine einfache Rechnung zeigt, wie das Modell angewandt werden kann.

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Bild 1: Vereinfachtes Modell des BCM (Bus Converter Module). Vicor

Bild 1 zeigt das vereinfachte Modell eines (Bus Converter Module) in Vicors Chip-Gehäuse. Das BCM ist ein DC/DC-Wandler mit einem festen Übersetzungsverhältnis, der als DC-Übertrager eingesetzt werden kann, um eine Busspannung auf ein anderes Niveau zu ändern. Das Chip-Gehäuse ähnelt einem integrierten, Dual-in-line-Schaltkreis in einem komplett vergossenen Format. Das BCM ist hocheffizient, in einem kleinen Gehäuse mit sehr hoher Performance. Dies ist nur möglich mit einem guten thermischen Design, welches die durch die Verluste entstehende Wärme ableitet.

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Bild 2: BCM-Chip mit Kühlfläche auf der Oberseite. Vicor

Bild 2 zeigt das vereinfachte thermische Modell des BCM in Betrieb. Der im Datenblatt angegebene maximale Wert für die Betriebstemperatur beträgt 125 °C. Dies ist die maximal zulässige Temperatur am virtuellen internen Knoten und wird als „max_temp“ bezeichnet. In diesem Beispiel liefert das Bauteil eine Leistung von 1750 W bei einem Wirkungsgrad von 96,5 %, was einer Verlustleistung von 62,81 W entspricht. Diese wird im thermischen Modell als „Stromquelle“ angesehen. Es gibt drei mögliche Pfade für eine Wärmeableitung aus dem Gehäuse: über die Vergussmasse entweder zur Oberseite oder zur Unterseite des Bauteils und über die Anschlüsse und Pins zur Leiterkarte. In diesem Beispiel nehmen wir an, dass über die Unterseite und die Anschlüsse keine Wärmeableitung erfolgt. Bei der Gehäuseunterseite kann dies dadurch bedingt sein, dass sich ein Luftspalt zwischen Gehäuse und Leiterkarte befindet. Hat die Leiterkarte bereits eine höhere Betriebstemperatur, ergibt sich ein nicht ausreichender Temperaturunterschied zum Gehäuseinneren, um auch über die Anschlüsse eine Wärmableitung zur Leiterkarte zu gewährleisten. Die Gehäuseoberseite ist in diesem Bespiel mit einem Kühlkörper oder einer wärmeableitenden Oberfläche verbunden, wodurch die Temperatur der Oberseite auf einem Wert von 42 °C gehalten wird. Basierend auf diesen Annahmen kann davon ausgegangen werden, dass die Temperatur im Inneren des Bauteils der maximalen Betriebstemperatur von 125 °C entspricht.

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Bild 3: BCM-Chip mit Kühlfläche auf Oberseite und zusätzlicher Wärmeableitung auf Leiterkarte. Vicor

Material für die Wärmekopplung wird benötigt, da es die erforderliche thermische Verbindung zwischen Bauteil und kühlender Oberfläche herstellt, indem Unebenheiten der Oberfläche mit einem Material ausgefüllt werden, das Wärme wesentlich besser leitet als Luft. Es ist normalerweise nicht notwendig, diesen thermischen Widerstand im Modell darzustellen, da dessen Wert in der Regel um Faktoren niedriger ist als die der anderen Widerstände. Ist dieses Material allerdings dick oder wird eine höhere Genauigkeit der Berechnung gefordert, würde dies als zusätzlicher Widerstand zwischen „R_top“ und „T_top“ erscheinen.

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Bild 4: BCM-Chip mit Kühlflächen auf der Ober- und Unterseite. Vicor

Kommen wir zurück auf das thermische Modell in Bild 3, bei dem der Entwickler die Wärmeableitung über die Pins des Bauteils auf die Leiterkarte in Betracht zieht, da sich dort eventuell eine große Kupferfläche befindet, die als Wärmeleiter an die Umgebung dienen kann. Aus Erfahrung weiß der Entwickler, dass er für die Platine mit einer Temperatur von 100 °C rechnen kann. Die im elektrischen Modell gültigen Regeln für die Parallelschaltung von Widerständen gelten auch hier und werden für die Bestimmung der maximalen inneren Temperatur im Bauteil herangezogen. Um das Innere des Bauteils weiterhin unterhalb der Maximaltemperatur von 125 °C zu halten, kann die zulässige Temperatur an der Oberseite von 42 auf 47 °C ansteigen. Das Modell zeigt weiterhin, dass 4,38 W der insgesamt 62,81 W Verlustleistung jetzt über die Leiterkarte und nur noch der Rest von 58,43 W über die Oberfläche abgeführt werden. Alternativ können auch Ober- und Unterseite des Bauteils mit einer Kühlfläche verbunden werden. Hier genügt es wie in Bild 4 gezeigt, deren Temperatur auf einem Wert von 84 °C zu halten, um weiterhin die maximale innere Temperatur von 125 °C nicht zu überschreiten. In diesem Fall ist die Wärmeableitung über die Oberseite von 30,93 W nahezu identisch zur Ableitung von 31,88 W über die Unterseite.

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Bild 5: Kurve des thermischen Widerstands und Gleichung für einen 11 mm Kühlkörper (Teilenummer 40704). Vicor

Für die meisten Kühlkörper sind Daten verfügbar, die es dem Entwickler ermöglichen, den Kühlkörper in dieses thermische Modell zu integrieren. Die Eigenschaften sind typischerweise in einer Kurve dargestellt, welche den thermischen Widerstand in Grad Celsius pro Watt (°C/W) in Abhängigkeit vom Luftstrom über dem Kühlkörper in Linear Feet per Minute (LFM) aufzeigt. Ein Polynom für diese Kurve ermöglicht die Berechnung des thermischen Widerstandes in Abhängigkeit vom Luftstrom. Bild 5 zeigt die Kurve des thermischen Widerstandes in Grad Celsius pro Watt für einen 11-mm-Vicor-Kühlkörper (Teilenummer 40704). Der Wert kann aus der Kurve entnommen und entsprechend dem elektrischen Äquivalent für Widerstände direkt in die Gleichung des thermischen Modells eingesetzt werden. Für den in Bild 5 gezeigten Kühlkörper ergibt sich bei einem Luftstrom von 400 LFM ein Widerstand von 2,1 C/W, dessen Wert aus der Kurve entnommen, oder mit der Gleichung berechnet werden kann.

Thermische Modelle, Kurven für Wirkungsgrad und Verlustleistung sowie Safe-Operating-Area werden für alle Vicor Wandler in den Datenblättern angegeben. Diese Daten zusammen mit der Kenntnis der Umgebungsbedingungen einer Applikation können verwendet werden, um die innere Temperatur eines Bauteils abzuschätzen und einen sicheren Betrieb innerhalb der zulässigen Grenzen zu gewährleisten.

Kim Mosley

Vicor Corporation

(ah)

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