Die 7,5 mm hohe DIN-Hutschiene alleine kann alle möglichen Komponenten aufrasten.

Die 7,5 mm hohe DIN-Hutschiene alleine kann alle möglichen Komponenten aufrasten.Lütze

Steuerungs- und Kontrollaufgaben in der Fertigung werden immer komplexer. Schaltschränke sind deswegen bis an den Rand gefüllt mit passiven, aktiven und Logik-Bauteilen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Intelligentes Raummanagement im Schaltschrank mit Wachstumsperspektive nach oben ist darum das zentrale Entscheidungskriterium für ein modernes Schaltschranksystem wie das LSC Air­stream.

Beim Automationsspezialisten Lütze hat sich im letzten Jahr ein Entwicklerteam um Firmenchef Udo Lütze intensiv mit folgender Frage beschäftigt: Was muss bei Verdrahtungssystemen verbessert werden und wie sieht die technische Lösung hierfür aus? Schnell war klar, dass eine Weiterentwicklung bestehender Systeme nicht alle heutigen und zukünftigen Fragestellungen lösen kann. Es musste ein radikaler Schnitt her. Ergebnis ist das LSC Airstream Schaltschranksystem.

Das auffälligste beim neuen Verdrahtungssystem sind die runden Stege. Dem konstruktiven Prinzip von Brücken und Tunneln nachempfunden, bietet die Rundung mit weniger Material – in diesem Falle Aluminium – eine höhere Endfestigkeit bei einem geringeren Eigengewicht.

Die Stege sind jetzt rund

Dem konstruktiven Prinzip von Brücken und Tunneln nachempfunden, bietet die Rundung trotz weniger Material – in diesem Fall Aluminium – eine höhere Endfestigkeit bei geringerem Eigengewicht.

Dem konstruktiven Prinzip von Brücken und Tunneln nachempfunden, bietet die Rundung trotz weniger Material – in diesem Fall Aluminium – eine höhere Endfestigkeit bei geringerem Eigengewicht.Lütze

Außerdem ermöglicht die Rundung, dass sich auch große überstehende Bauteile aufrasten lassen. Die 7,5 mm hohe DIN-Hutschiene alleine kann alle möglichen Komponenten aufrasten. Deshalb ist eine 15-mm hohe DIN-Schiene nicht mehr notwendig. Die Rundstege sind in symmetrischer und asymmetrischer Bauform erhältlich. Letztere eignet sich zum Aufrasten von Geräten wie einer SPS.

Des Weiteren haben sich auch der Schraubenkanal und die sogenannte Core-Struktur (Kernstruktur) verändert. Im Schraubenkanal verschwinden jetzt alle störenden Schraubenköpfe – eine Gleitmutter kann sich frei ohne Widerstand

bewegen. Der neue Aufbau bietet darüber hinaus nicht nur Befestigungsoptionen vorn – also via DIN-Hutschiene –, sondern auch auf der Rückseite, zum Beispiel für Kabelösen und -klammern. Die Core-Struktur, ein Bauprinzip ähnlich dem einer Bienenwabe, bietet Systemstabilität und Verwindungssteifigkeit. Auch schwerere Bauteile lassen sich einfach ohne Zubehör befestigen.

„Es ist unser Ziel, den thermischen Tod zu eliminieren“, Udo Lütze, Geschäftsführer bei Friedrich Lütze

„Es ist unser Ziel, den thermischen Tod zu eliminieren“, Udo Lütze, Geschäftsführer bei Friedrich LützeLütze

Verkabelungsraum verdreifacht

Das neue Montagesystem ermöglicht eine komplette Verkabelung von vorne, ohne dass ein Zugang von hinten nötig wäre. Hierzu haben die Ingenieure die Bügelhöhe verändert. Der neue Aufbau vergrößert den Kabelraum um den Faktor drei gegenüber dem klassischen LSC-Verdrahtungssystem. Deswegen braucht es in Zukunft nur noch zwei Bügelhöhen, mit denen sich komplexe Verdrahtungen und Kabelkanäle realisieren lassen. Zudem gibt es für die Steg-Rückseiten Zubehör, zum Beispiel für zusätzliche Klammern, mit denen sich Adern horizontal abführen lassen. Auch die Kämme wurden überdacht: Der 50-mm-Standardkamm bietet Raum für mehrere Adern und diverse Leitungen. Zusätzliche optionale Kämme bieten Platz für größere Kabeldurchmesser. Die Kammsegmente werden im Profil aufgesteckt oder zum Entfernen mit einem Schraubenzieher kurz angehoben.

Konfiguration: Durchgängig bis zum CAD

Service, Zubehör und Kompatibilität sind entscheidend für die erfolgreiche Implementierung. Unterstützt wird der Anwender von einem webbasierten Schaltschrank-Konfigurator. Damit kann er in wenigen Schritten einen fertigen Rahmen zusammenstellen. Die resultierende DXF-Datei lässt sich in jedem CAD-Programm weiterverarbeiten. Die Rahmen werden ausschließlich aus Standardelementen in den Standardabmessungen aufgebaut.

In puncto Kompatibilität ist das LSC-Airstream System rückwärtskompatibel. Das heißt, dass im neuen Rahmen die Bauteile des Vorgängermodelles weiter verbaut werden können. Auch die Montagehöhe lässt sich entsprechend anpassen. Darüber hinaus lassen sich vorhandene Konstruktionspläne ohne Redesign umsetzen.

Interview mit Udo Lütze, Geschäftsführer bei Friedrich Lütze

Warum heiß das neue Schaltschrankmontagesystem LSC Airstream?

Wir haben erkannt dass die Luftströmung in einem Schaltschrank eine bedeutende Rolle spielt. Dadurch, dass Komponenten kompakter und leistungsfähiger werden, entsteht mehr Verlustwärme, die durch die Luft abgeführt werden muss. LSC Airstream berücksichtigt diese Tatsache und daraus leitet sich auch der Name ab.

Welche Verbesserungen hinsichtlich Luftströmung resultieren denn aus dem gewölbten Trägerprofil?

Scharfe Kanten stellen für die Luftströmung ein Problem dar, da Turbulenzen entstehen. Die Rundung lässt die Luft besser strömen, da das Profil dünner ist. Zusätzlich wird die Stabilität erhöht. Außerdem entfallen die Kabelkanäle, welche die Luft nur blockieren und Wärme aufstauen. Das System ist kompakt und lässt Platz für die Kühlluft.

Ist die Gerätekühlung das entscheidende Thema im Schaltschrankbau?

Sie wird immer entscheidender. Zur Zeit der Dezentralisierung hat man sich vom Schaltschrank abgewandt, der Trend ist heute jedoch anders. Heute kommt man schnell in Temperaturregionen, die für die Komponenten schädlich sind.

Sie sprechen viel über Temperatur und Wärmenester. Warum ist dieses Thema so wichtig für Sie?

Jede Komponente hat einen Temperaturbereich für den Einsatz. Wird dieser jedoch überschritten reichen oft nur ein paar Grad, um die Lebenserwartung zu halbieren. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass dies viel zu oft geschieht und Produkte dadurch den thermischen Tod sterben, was zu Ausfällen führt. Es ist unser Ziel, diese Ausfallquelle zu eliminieren. Dieses Thema liegt mir persönlich sehr am Herzen.

Wie viele Mannjahre stecken in der Entwicklung?

Wir haben die aktive Entwicklungsphase in weniger als einem Jahr abgeschlossen. Kumuliert kommen aber über fünf Mannjahre zusammen. Wir begannen schließlich ganz von vorne mit einem leeren Blatt und entwickelten alle Teile neu. Ziel war es nicht, ein existierendes Produkt zu verbessern, sondern eine echte Innovation zu schaffen. Dadurch mussten wir alle Komponenten neu designen und darauf achten, dass sie sich zu einem System ergänzen. Nehmen Sie die Kämme als Beispiel: Die Anschlusstechnik im Schaltschrank hat sich geändert und so brauchten wir auch neue Kämme, die diesen Anforderungen gerecht werden. Zusätzlich sollten die Kämme auch flexibel handhabbar sein, sie sollten für den Kunden eine große Freiheit bieten.

Ab welcher Schaltschrankgröße ist ihr System einsetzbar und ab wann rechnet sich ihr System, auch in kleinen dezentralen Schaltkästen?

LSC Airstream ist skalierbar und kann im kleinsten Verteilerkasten eingesetzt werden. Dies rechnet sich auch deshalb, weil das System Vorteile im gesamten Prozess bietet. Das fängt mit dem Online-Konfigurator an, bei dem unsere Kunden künftig ohne eigene CAD Werkzeuge einen Verdrahtungsrahmen im Internet erstellen können. Hierfür steht ein intelligentes, modulares Baukastensystem zur Verfügung. Der Kunde muss also nicht Hunderte von Komponenten verwalten. Das übernehmen wir. Anschließend kann man dann entweder die Module oder seinen fertig montierten Rahmen bestellen. Einfacher geht es nicht.

Lütze feiert mit dem LSC-System Jubiläum. Wenn Sie die vergangenen Jahrzehnte Revue passieren lassen. Wie hat sich der Schaltschrankbau verändert?

Weniger als man denkt, da in den meisten Fällen zum Aufbau der Steuerung immer noch Stahlplatten und Kabelkanäle eingesetzt werden. Die Komponenten wurden aber aktiv und kompakter. Daher muss man sich nun auch über die Platzierung der Komponenten zwecks EMV und Wärmenester Gedanken machen. Als wir mit LSC anfingen, wurde die Intelligenz im Schaltschrank über Schütze realisiert. Heute haben wir SPSen und leistungsstarke Antriebe. Diese aktiven Komponenten stellen den Steuerungsbau vor neue Aufgaben. LSC Airstream wurde entwickelt, um diese Aufgaben mit einem Komplettsystem zu lösen.

Martin Lack

ist Produktmanager Cabinet bei der Friedrich Lütze GmbH in Weinstadt.

(mf)

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Friedrich Lütze GmbH

Bruckwiesenstr. 17-19
71384 Weinstadt
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