Einfache DCF77-Funkuhren empfangen das Signal des gleichnamigen Langwellensenders. Er dient der Verbreitung der gesetzlichen Zeit der Bundesrepublik Deutschland. Der Empfang des Senders DCF77 ist deshalb nahezu überall in Deutschland und im angrenzenden Ausland in einem Radius von 2000 km um Frankfurt möglich. Der Sender wird durch die Atomuhren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig gesteuert. Der Fachbereich Länge und Zeit der PTB kontrolliert die ausgesendeten Signale, welche innerhalb jeder Minute in Sekundenimpulsen codiert die komplette Zeitinformation einschließlich Uhrzeit, Datum und Wochentag übertragen.

DCF77-Zeitschema

Die mit 1 x 10 -9 hochkonstante Trägerfrequenz des Zeitsignals, dessen Zeitschema Bild 1 zeigt, beträgt 77,5 kHz. Der Sender wird mit dem Zeitcode in Form von Sekundenmarken amplitudenmoduliert. Die im BCD-Code vorgenommene Zeitcodierung erfolgt durch unterschiedlich lange Sekundentastungen. Zu Beginn jeder Sekunde wird die Trägeramplitude für 0,1 s oder 0,2 s auf ca. 25% abgesenkt. Die so erzeugten Sekundenmarken enthalten binär codiert die Zeitinformation. Sekundenmarken mit einer Dauer von 0,1 s entsprechen einer binären „0“ und solche mit 0,2 s einer binären „1“. Die Information über die Uhrzeit und das Datum sowie einige Parity- und Statusbits finden sich in den Sekundenmarken 15 bis 58 jeder Minute. Durch das Fehlen der 59. Sekundenmarke wird die Minutenmarke angekündigt. In den ersten 14 Sekundenmarken werden seit Ende 2006 Wetterinformationen von Meteo Time übertragen. Funkuhren oder Wetterstationen, die entsprechend ausgestattet sind, können dann eine Wettervorhersage anzeigen. In Deutschland gibt es noch ein weiteres Wetterfunksystem, das aber auf den aufgelassenen Pagerfrequenzen bei 800 MHz arbeitet. Die ersten 14 Sekundenmarken sind auch für das BKK (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz) reserviert, das in einem Feldversuch 2003 die Eignung von DCF77 für Alarmzwecke (Alarmierung der Bevölkerung im Ernst- oder Katastrophenfall) festgestellt hat. Es soll anstelle vom Sirenenalarm ein stiller Alarm an spezielle Empfänger erfolgen. Der Feldversuch mit 1.000 solcher DCF77-Empfängern verlief positiv, die Politik hat aber noch nicht entschieden, das System einzusetzen.

Probleme beim DCF77-Empfang

Im Empfänger wird das Zeitraster durch Demodulation des 77,5 kHz-Trägers gewonnen. Da das empfangene DCF-Signal in der Regel mit Störungen überlagert ist, wird eine starke Filterung und damit Bandbreitenbegrenzung erforderlich. Dies bedingt einen Zeitversatz sowie eine Unsicherheit der zurückgewonnenen Sekundenmarken in der Größenordnung von etwa 10±3 ms.

Anforderungen an höhere Genauigkeit

Diese Genauigkeit des „einfachen“ DCF77-Signals reicht für einfache Funkuhrsteuerung, genügt aber nicht den Anforderungen wie sie zum Beispiel in NTP- oder PTP-Servern benötigt wird. NTP-Server sind Network Time Protocol-Server und PTP-Server (Precision Time Protocol, arbeitet zur höheren Präzision mit Hardwarezeitstempeln, NTP dagegen mit Softwarezeitstempeln), die präzise Zeit für Abrechnungs- und Transaktionszwecke benötige. Eine Hauptanwendung findet sich in den Börsen, die in kurzer Zeit viele Transaktionen, beispielsweise 400Transaktionen/s, zuverlässig mit hoher Zeitauflösungen durchführen müssen. Breitere Anwendungen sind die Gesprächszeitabrechnung beim Mobiltelefon oder auch die Stromverbrauchsabrechnung. Wo noch präzisere zeit benötigt wird kommt das Protokoll nach IEEE1588 zum Einsatz, zum Beispiel in der Messtechnik. Die genannten Netzwerktimeserver beziehen die präzise Zeit aus dem GPS- oder Glonassignalen oder dem PZF-Signal des DCF77, auf das hier ausführlich eingegangen wird. Weitere Zeitreferenzen gibt es vom englischen MSF-Zeitzeichensender sowie in den USA vom 60-kHz-Zeitzeichensender WWVB . In den USA wird auch das auf GPS-Zeit beruhende CDMA-Mobilfunknetz für diese Zwecke verwendet.

Höhere Genauigkeit durch PZF

Zusätzlich zur Amplitudenmodulation wird seit 1983 der Träger von DCF77 mit einem Phasenrauschen moduliert. Dieses Rauschen ist eine pseudozufällige Bitfolge (PZF) von 512 Bits, die zwischen den AM-Sekundenmarken übertragen werden. Die gesamte Bitfolge hat einen symmetrischen Verlauf, so daß die beiden Logikzustände in gleicher Anzahl auftreten. Dadurch bleibt die Trägerphase im Mittel konstant. Das PZF-Signal kann breitbandig empfangen und mit einer empfängerseitig reproduzierten PZF korreliert werden. Dieses aus der Satellitentechnik stammende Verfahren ermöglicht eine Zeitbestimmung mit einer Genauigkeit von wenigen Mikrosekunden und ist daher der herkömmlichen AM-Empfangstechnik weit überlegen.

Die Bitfolge besteht aus 512 Bit, die zwischen den AM-Sekundenmarken phasenmoduliert übertragen werden. Die gesamte Bitfolge hat einen symmetrischen Verlauf, so dass die beiden Logikzustände in gleicher Anzahl auftreten. Dadurch bleibt die Trägerphase im Mittel konstant und es kommt zu keiner Beeinflussung herkömmlicher Empfänger. Eine Bitlänge beträgt 120 Perioden der Trägerfrequenz, welches einer Taktdauer von 1,55 ms entspricht. Die Bits werden mit einem Phasenhub von ±10 Grad auf den 77,5 kHz-Träger aufmoduliert. Innerhalb jeder Sekunde wird eine komplette Bitfolge übertragen. Sie beginnt 200 ms nach dem Sekundenwechsel und endet kurz vor der nächsten Sekundenmarke. Durch die Korrelationsanalyse können Zeitpunkte gewonnen werden, die nur um einige Mikrosekunden streuen. Außerdem weist diese Methode eine verhältnismäßig große Störsicherheit auf, da überlagerte Störungen weitgehend herausgemittelt werden. Durch Komplementieren und Nichtkomplementieren der senderseitigen PZF lassen sich zusätzlich die BCD-codierten Zeitinformationen mit übertragen.

Korrelationsempfänger für DCF77-Signale

Für die Auswertung der zusätzlich zur Amplitudenmodulation im DCF-Signal enthaltenen Pseudozufallsfolge (PZF) kommen spezielle Korrelationsempfänger zum Einsatz. Die dann ein Zeitraster im Mikrosekundenbereich reproduzieren. Das Modell PZF511 von Meinberg ist so ein Präzisionsempfängersystem (Bild 2).

Der Mikroprozessor des Systems führt die Korrelation einer reproduzierten pseudozufälligen Bitfolge mit der senderseitigen PZF durch und decodiert gleichzeitig die BCD Zeit- und Datumsinformation des DCF-Telegramms. Weiterhin übernimmt er die Steuerung

sämtlicher Ein- und Ausgabefunktionen und die Synchronisation einer systemeigenen Hardwareuhr. Durch die Auswertung des pseudozufälligen Phasenrauschens kann ein Zeitraster generiert werden, das bis zu Faktor Tausend genauer ist als das herkömmlicher AM Funkuhren. Hierdurch wird zusätzlich eine exakte Einregelung des Hauptoszillators der Funkuhr möglich, wodurch diese neben dem Einsatz als reiner Zeitempfänger auch als Normalfrequenzgenerator genutzt werden kann. Insgesamt vier feste und eine über einen

Synthesizer einstellbare Frequenz sind am Steckverbinder mit TTL-Pegel verfügbar. Die Synthesizerfrequenz wird zusätzlich als Open-Drain- und als Sinusausgang bereitgestellt.

Neu gegenüber dem Vorgängermodell PZF510 ist die Generierung eines IRIG Timecodes, welcher sowohl als modulierter AM als auch als unmoduliert DC Ausgang über die VG Leiste zur Verfügung gestellt wird. Als weitere Ausgangssignale liefert die PZF511 TTL-Low-, sowie TTL-High-aktive Sekunden- und Minutenimpulse. Zur Weitergabe von Datum-, Zeit- und Statusinformationen dienen drei völlig autarke serielle Schnittstellen, die in Setup-Menüs parametriert werden können. Wie oben bereits angedeutet, verfügt der Korrelationsempfänger über eine batteriegepufferte (Kondensatorpufferung optional) Hardwareuhr, die bei Ausfall der Versorgungsspannung das Weiterführen von Uhrzeit und Datum übernimmt. Wichtige Systemparameter werden in einem batteriegepufferten RAM oder einem nichtflüchtigen (EEPROM) Speicher abgelegt. Sollte einmal ein Software-Update der Funkuhr notwendig sein, so ist dieses problemlos über eine serielle Schnittstelle möglich, ohne dass die PZF511 aus ihrer Einsatzumgebung ausgebaut werden muss.

Der PZF511 ist als Baugruppe im Europaformat (100 mm x 160 mm) ausgeführt. Die 61 mm breite Frontplatte enthält als Bedienelemente ein achtstelliges alphanumerisches Display, drei Kontroll-LEDs und zwei Taster. Der Korrelationsempfänger kann mit verschiedenen Oszillatoren ausgerüstet werden. Die Kurzzeitstabilität verbessert sich gegenüber der Standard-Version mit TCXO von 4 x 10 E-9 auf 2 x 10 E-11 mit einem HQ OCXO. Der Empfänger kommt in großen Stückzahlen in Netzwerktimeservern in Rechnernetzen zum Einsatz, die zum Beispiel für Abrechnungszwecke die präzise Zeit benötigen.

NTP-Zeitserver

Der Meinberg LANTIME M300/PZF DCF 77 Zeitserver wird europaweit erfolgreich eingesetzt, um Netzwerke aller Größen mit hochgenauer Zeit zu versorgen (Bild3). Er synchronisiert alle Systeme, die entweder NTP oder SNTP-kompatibel sind und nutzt als Referenzzeitquelle die eingebaute Meinberg-PZF511 Baugruppe mit hochstabilem und hochgenauem Oszillator zur Überbrückung von Empfangsstörungen.

Der Meinberg LANTIME M300/PZF DCF 77 Zeitserver wird unter anderen von Unverdross Technik vertrieben.

Der Audiofile (mp3) ist die Aufzeichnung des DCF77-Signals tagsüber in Regensburg in 250 km Entfernung vom Sender.

(sb) 

Siegfried W. Best

: ist Chefredakteur der AUTOMOBIL ELEKTRONIK

(Siegfried W. Best)

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