Mithilfe des Boundary Scan Tests (IEEE Std. 1149.1) lassen sich Verbindungen zwischen JTAG-konformen, aber auch nicht konformen Bauteilen auf der Baugruppe durchführen. Zudem ist eine Programmierung von CPLDs und anderen programmierbaren Bauteilen möglich. Das Verfahren wird hauptsächlich für einen strukturellen Test in der Elektronikfertigung, immer häufiger aber auch für das Debugging in der Entwicklung eingesetzt.

Ein entscheidender Vorteil von Boundary-Scan ist, dass für den Zugriff auf die Baugruppe nur eine Leitung mit vier Pins erforderlich ist. Dies ist besonders dann interessant, wenn nur ein eingeschränkter oder gar kein Zugang zu den Pins bzw. Pads der Bauteile besteht. Gerade bei komplexen SMT-Baugruppen und dem Einsatz von neuen Gehäusetechnologien wie BGA oder CSP ist dies normalerweise die Regel.

Die Anschaffungskosten der Boundary-Scan-Tools sind vergleichsweise hoch, da der Markt für diese Tools noch relativ klein ist und die Entwicklungskosten für solche Werkzeuge somit auf diese Stückzahlen umgelegt werden müssen. Die Beschaffung amortisiert sich allerdings bei einer Serienfertigung mit großen Stückzahlen relativ schnell. Da gegenüber anderen Testverfahren zudem praktisch keine Kosten für Testadapter oder sonstige Hilfsmittel anfallen, werden sehr niedrige Testkosten pro Baugruppe erreicht.

Testzugang über nur vier Leitungen

Eine entscheidende Voraussetzung für den Einsatz von Boundary-Scan ist die Verfügbarkeit von Bauteilen auf der Baugruppe, die dieses Verfahren auch unterstützen. Hierzu enthalten diese Bauteile zusätzlich zu der normalen Funktion eine Boundary-Scan-Logik. Diese besteht aus mindestens drei internen Registern: das BS-Test-Register (BSR), das Befehlsregister und das Bypass-Register. Das Bauteil hat außerdem vier oder fünf zusätzliche Pins, die den Test-Access-Port (TAP) bilden. Außer den TAP- sowie den Versorgungs- bzw. Masse-Pins verfügen alle anderen digitalen Pins des Bauteils normalerweise über jeweils eine interne Boundary-Scan-Zelle. Die Zellen verhalten sich während des Normalbetriebs transparent, bilden aber eine Art Kette (oder Schieberegister) rund um den ‚inneren Kern‘ des Bauteils.

Mithilfe des TAP kann auf die drei internen Register zugegriffen werden, dabei werden die Daten über den TDI-Pin (Test Data In) in das Bauteil eingespeist und über den TDO-Pin (Test Data Out) aus dem Bauteil heraus übertragen. Die Steuerung erfolgt über den TCK- (Test Clock) und den TMS-Pin (Test Mode Select), zusätzlich kann noch ein TRST-Pin vorhanden sein, der ein Reset auslöst.

Bei Baugruppen mit mehreren BS-Bauteilen werden TCK, TMS und TRST parallel geschaltet. Die TDI- und TDO-Pins der einzelnen Bauteile werden dagegen hintereinander geschaltet. Alle zusammen enden im TAP der Baugruppe. Eine Baugruppe kann über mehrere derartige Boundary-Scan-Ketten verfügen, was die Programmierung und später eine Fehlerdiagnose vereinfacht.

Mithilfe eines Boundary-Scan-Testcontrollers lässt sich nun ein Muster von Einsen und Nullen in die in Reihe geschalteten Zellen der BS-Kette der Prototypen-Baugruppe einspeisen. Diese Boundary-Scan-Zellen liegen hinter den Pins eines Teils der Bauteile. Die Pins der anderen Bauteile, die über die Schaltungsknoten der Baugruppe mit dem BS-fähigen Bauteil verbunden sind, lassen sich auslesen, indem zuerst die Daten über das jeweilige BSR erfasst und dann aus der Kette ausgetaktet werden.

Test von Nicht-BS-fähigen Bauteilen

In Verbindung mit konventionellen Messinstrumenten, wie z. B. einem Multimeter, einem Oszilloskop oder einem In-Circuit-Tester, lassen sich auch die Logikzustände von Nicht-BS-Bauteilen oder an Steckverbindern untersuchen. Selbst ein eingeschränkter Funktionstest ist möglich. Beispielsweise könnte ein Testmuster über ein BS-Bauteil ausgegeben werden, das mit dem Eingang eines (nicht-BS-fähigen) Digital-Analog-Wandlers verbunden ist und somit ein analoger Wert erzeugt werden. Dieser lässt sich dann mit einem Multimeter messen.

Boundary-Scan-konforme Bauteile sind meist etwas teurer als ihre konventionellen Pendants. Besonders komplexere digitale Bauteile beinhalten heute aber oft schon standardmäßig BS-Funktionen. Dadurch enthalten inzwischen viele Designs BS-konforme Bauteile.

In der Entwicklung und dem Debugging kommt Boundary Scan bislang aufgrund der hohen Tool-Kosten eher selten zum Einsatz. Auch ist für die Entwickler die Beschaffung eines „Testwerkzeugs für die Fertigung“ eher schwierig zu rechtfertigen.

Boundary-Scan-Tools

Die Familie der JTAG Live-Boundary-Scan-Tools schließt nun diese Lücke. Die JTAG Live-Familie besteht aus den drei Produkten Buzz, Clip und Script. Jedes dieser drei Produkte adressiert einen anderen Aspekt des Debugging-Prozesses.

Mit Buzz lassen sich direkte und indirekte Verbindungen zwischen BS-fähigen Bauteilen schnell überprüfen. Das Tool ermöglicht somit einfache Durchgangstests zwischen zwei Pins auf der Baugruppe. Mit dem Watch-Fenster kann der aktuelle Logikstatus (High, Low oder Zustandsänderung) eines beliebigen BS-Pins angezeigt werden. Die Durchgangsprüfung erfolgt mittels des Measure-Fensters. Damit können bestimmte Bauteil-Pins auf High oder Low gesetzt und andere Pins für Messungen konfiguriert werden.

Die Funktionalität geht über die eines konventionellen Digitalmultimeters (DMM) weit hinaus, da auch mehrpolige Netze gleichzeitig geprüft werden können. Auch lassen sich über mehrere Pins ein oder mehrere Messpins ansteuern, was Tests auf Busleitungen oder eines einfachen Clusters mit einem oder mehreren Logikgattern erlaubt.

Das kostenlose JTAG Live Buzz ist nicht nur ein perfekter Einstieg in den Boundary Scan Test, sondern ermöglicht den Entwicklern auch einen Einblick in das Thema Design-for-Test. Durch den strukturierten und modularen Ansatz des Systems lassen sich zudem die Möglichkeiten kostengünstig und schrittweise erweitern. 

Peter van den Eijnden

: Geschäftsführer der JTAG Technologies in Eindhoven.

(hb)

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