Die rückwirkungsfreien Netzwerkkarten gibt es in verschiedenen Formfaktoren. In der Entwicklung sind ebenfalls aktive, als Slave oder Master konfigurierbare Versionen.

Die rückwirkungsfreien Netzwerkkarten gibt es in verschiedenen Formfaktoren. In der Entwicklung sind ebenfalls aktive, als Slave oder Master konfigurierbare Versionen.Hilscher

„Hilscher und National Instruments bringen die Möglichkeiten zur Datenerfassung und Visualisierung in der Automatisierungstechnik auf ein neues Level“, gibt Stefan Körte, Direktor Vertrieb und Marketing bei Hilscher auf dem Böblinger Automatisierungstreff zu Protokoll. Gemeinsam haben die Firmen eine rückwirkungsfreie Lösung entwickelt, mit der über die PC-Karte Net-Scope beliebige Prozesswerte an jeder Stelle im Netzwerk direkt abgegriffen werden können. Anschließend lassen sich die Daten vergleichbar mit einem virtuellen Instrument in Labview einlesen und verknüpfen.

„Das funktioniert über einen passiven TAP (Test Access Point) völlig rückwirkungsfrei und verlangt keinerlei Konfiguration auf der Kommunikationsseite“, betont Körte. Eine Projektierung der Daten­erfassungskarte in der Steuerung beziehungsweise im Busmaster ist nicht notwendig und damit auch bei bestehenden Projekten jederzeit ohne Aufwand nachrüstbar. Der mitgelieferte Instrumententreiber für Labview erlaubt eine schnelle Inbetriebnahme der Karte. Aufgrund der einheitlich gestalteten Schnittstelle kann die Labview-Applikation ohne wesentliche Umstellungen auf verschiedenen Echtzeit-Ethernet-Systeme zugreifen:

Stefan Körte „Mit der Net-Scope-Karte als virtuellem Instrument lassen sich in Labview Dashboards auf Instrumentenebene konfigurieren.“

Stefan Körte „Mit der Net-Scope-Karte als virtuellem Instrument lassen sich in Labview Dashboards auf Instrumentenebene konfigurieren.“Redaktion IEE

  • Ethercat ist verfügbar
  • Profinet folgt in Q2/2014
  • Ethernet/IP in 2015.

Auf der Roadmap (Ende 2014) stehen ebenso aktive Varianten, das heißt über solche Karten kann man auch aktiv eingreifen und Steuerbefehle ausgeben. Dazu Körte: „Diese cifX-Karten sind dann allerdings als Slave oder Master im Netzwerk zu konfigurieren.“

Der Ringpuffer erlaubt es, die erfassten Daten jederzeit mit Historie auszulesen. Einzelne Messpunkte werden zyklus­genau mit Zeitstempel und Statusinformation erfasst, was den Einsatz auch für hochgenaue Anwendungen und exakte Fertigungsprotokollierungen ermöglicht. Ein weiteres Anwendungszenario betrifft die Netzwerkdiagnose: Da die Karten das komplette Busprotokoll auslesen und interpretieren, sind ebenso sämtliche Diagnosedaten aller Teilnehmer verfügbar.

Beispielapplikationen erleichtern den Einstieg in die Programmierung, von der einfachen Anwendung zur Visualisierung eines einzelnen Messwerts …

Beispielapplikationen erleichtern den Einstieg in die Programmierung, von der einfachen Anwendung zur Visualisierung eines einzelnen Messwerts …Hilscher

Maschinendiagnose 4.0

Auch für fortschrittliche Diagnosekonzepte ist die Lösung geeignet, etwa um schleichende Prozessanomalien aufzuspüren. Die Selbstdiagnose von Maschinen, Anlagen bis hin zu kompletten Fabriken stellt deshalb eine zentrale Anforderung der Industrie 4.0 dar. Ziel ist es den Menschen über die gesamte Lebenszeit einer Anlage durch ein Assistenzsystem zu unterstützen. Im Fokus aktueller Forschungen steht hier die Vision, exakte Modelle jeder Maschine und Anlage zu realisieren, um Fehlerbilder sofort entdecken und Lösungsvorschläge unterbreiten zu können, lange bevor es zu unplanmäßigen Ausfällen der Produktion kommt.

… bis hin zu einer vollständig interaktiven Datenerfassungsapplikation.

… bis hin zu einer vollständig interaktiven Datenerfassungsapplikation.Hilscher

So genannte hybride Automaten, wie sie das Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation (IOSB-INA) in Lemgo erforscht, erkennen selbstständig Zustände, inklusive kontinuierlicher Variablen. Wurden bislang zwei Modelle für diskrete und kontinuierliche Signale manuell von Prozessexperten modelliert, so ist es durch neue Verfahren wie dem maschinellen Lernen nun möglich, ein kombiniertes (diskret und kontinuierlich) Anlagenmodell automatisch zu generieren – die Voraussetzung für eine praktikable Anwendung intelligenter Diagnoseverfahren im Maschinen- und Anlagenbau.

Um ein System mittels hybrider Automaten effizient modellieren zu können, sind jedoch exakte Daten aus den Echtzeitsystemen notwendig. Tests am IOSB-INA haben gezeigt, dass eine asynchrone, aggregierte oder Jitter-behaftete Datenerfassung die Genauigkeit der Diagnose und die Anomalie-Erkennung verschlechtert bis hin zu Fehldiagnosen.

Die PC-Kartenfamilie Net-Scope erlaubt die Prozessdatenerfassung direkt vom Automatisierungsnetzwerk; Auswertung und Weiterverarbeitung erfolgen in Labview.

Die PC-Kartenfamilie Net-Scope erlaubt die Prozessdatenerfassung direkt vom Automatisierungsnetzwerk; Auswertung und Weiterverarbeitung erfolgen in Labview.Hilscher

Benötigt wird eine Datenquelle, die den Automatisierungsprozess selbst, also die tatsächlich in der Steuerung verarbeiteten und generierten Daten sowie die Daten von Sensoren und Aktoren für die Analysen bereitstellt. Die Net-Scope-Karte von Hilscher kann diese Funktion übernehmen und die Prozess-Rohdaten bereitstellen. Die Werte werden hochgenau direkt vom Automatisierungsnetzwerk erfasst und mit einem exakten Zeitstempel versehen. Auslesen lassen sich die Daten in Labview über die mitgelieferten Geräte­treiber. Eine tiefe Kenntnis des unterlagerten Automatisierungsprotokolls benötigt der für die Diagnose verantwortliche Technologe nicht. Labview ist dabei wegen seiner Vielfalt an Schnittstellen und umfangreichen Methoden zur Datenanalyse prädestiniert, Daten von unterschiedlichen Quellen zu kombinieren und entsprechende hybride Automaten zu modellieren.

Diagnose-Ansatz: von klein nach ganz groß

Diagnose 4.0: An Anlagen wie der Lemgoer Modellfabrik wird der Informationsfluss für Assistenzsysteme in einer intelligenten Fabrik erprobt.

Diagnose 4.0: An Anlagen wie der Lemgoer Modellfabrik wird der Informationsfluss für Assistenzsysteme in einer intelligenten Fabrik erprobt.Hilscher

Die Erfassung und Analyse beginnt auf der Feldebene innerhalb einer Automatisierungszelle. Deren Prozessdaten werden mit einer Net-Scope-Karte unmittelbar hinter der Steuerung abgegriffen. Die Karte schneidet dazu lediglich den vorbeifließenden Ethernet-Verkehr mit und extrahiert daraus selbständig alle übermittelten Prozessdaten – sowohl in Ausgangs- als auch Eingangsrichtung. Dank der Passivität muss die Karte nicht im Engineering der Anlage berücksichtigt werden. Diese Prozessdaten lassen sich schon in der jeweiligen Automatisierungszelle analysieren. Damit kann zunächst die korrekte Funktion jeder Zelle garantiert werden. Je nach Implementierung des Analyse-Algorithmus ist auch eine direkte Beeinflussung des Prozesses denkbar, um die Zelle am Optimum zu betreiben oder so zu takten, dass sie bis zum nächsten turnusmäßigen Service nicht ausfällt.

Gesammelte Informationen können an ein übergeordnetes Fabrik-Assistenzsystem übergeben und verdichtet werden. Hier laufen die Informationen aller Automatisierungszellen zusammen und bieten eine globale Sicht auf die gesamte Maschine, Anlage oder Fabrik.

Stefan Kuppinger

ist Chefredakteur der IEE.

(sk)

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