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Bild 1: Zwei LEDs aus der Citizen COB-High-Wattage-Serie mit je einem LED-Pad von Kunze Folien.

Bild 1: Zwei LEDs aus der Citizen COB-High-Wattage-Serie mit je einem LED-Pad von Kunze Folien.Kunze Folien

Obwohl Halbleiter den größten Teil der elektrischen Leistung als Verlustleistung in Wärme umsetzen, gehen leider viele Anwender immer noch davon aus, dass sich LEDs nicht erwärmen. Das Licht selbst enthält tatsächlich keine Infrarot-Anteile und setzt somit keine Wärme frei – bei dessen Erzeugung entsteht aber sehr wohl Wärme. Bei der Entwicklung von Beleuchtungsanwendungen bedingt der Einsatz von LEDs (Bild 1) daher ein optimales thermisches Management. Nur damit sind die gewünschten Eigenschaften tatsächlich erreichbar.

Alterungsfaktoren

Die Lichtemission einer LED steigt, wenn man die elektrische Leistung ihrer Energiequelle erhöht. Das erhöht aber zwangsläufig auch die in der LED transformierte (dissipierte) Joule‘sche Wärme. Wenn die Temperatur steigt, sinkt jedoch die Lebensdauer. LED-Hersteller erreichen eine effektive Wärmeabfuhr vom Chip durch besondere Bauformen der LED und der Platinen. Damit ermöglichen sie eine höhere Lichtausbeute, ohne die Lebensdauer signifikant zu verringern. Hohe oder stark schwankende Umgebungstemperaturen können die Lebensdauer aber wieder verkürzen.

Auf einen Blick

Hitze schadet einer LED – also gilt es, dem Wärmemanagement mehr Beachtung zu schenken. Das beginnt beim Verständnis der realen Temperaturverhältnisse in der Sperrschicht im Halbleiter, nicht nur an den Lötpunkten, und geht weiter zur Auswahl des geeigneten Thermal-Interface-Materials (TIM). Der Beitrag gibt das entsprechend mathematische Rüstzeug und vergleicht die verfügbaren Materialien.

LEDs sollten stets mit einem Sicherheitsabstand von zirka 25 bis 27 % unterhalb der laut Hersteller maximal zulässigen Sperrschichttemperatur Tjmax betrieben werden. Eine typische Angabe ist zum Beispiel Tjmax = 120 °C. Da die Sperrschicht im Halbleiter für Messungen in der Regel schwer zugänglich ist, betrachtet man stattdessen meist die Arbeitstemperatur Ts am Lötkontakt, dem sogenannten Solder Point, und schätzt die Differenz zur Sperrschichttemperatur. Dieser Korrekturwert wird als Tc bezeichnet, er ergibt sich aus dem Wärmewiderstand Rth der LED, sowie der Vorwärtsspannung UF und dem Vorwärtsstrom IF. Hier zur Veranschaulichung eine Beispielrechnung [1] für eine 4-W-LED bei 25 °C Umgebungstemperatur:

  • Tc = Rth • IF • UF = 6 °C/W • 0,56 A • 9,3 V = 31,25 °C
  • Tsmax = Tjmax – Tc = 120 °C – 31,24 °C = 88,75 °C

Das bedeutet, dass eine für Tjmax = 120 °C spezifizierte LED höchstens bei einer am Lötkontakt gemessenen maximalen Arbeitstemperatur Tsmax = 88,75 °C betrieben werden darf – besser aber 30…35 °C darunter. Steigt bei LEDs mittlerer Helligkeitsgruppen die Arbeitstemperatur Ts von 25 °C auf zirka 85 °C, fällt die mittlere Lebensdauer bereits auf ein Fünftel, also von etwa 50.000 auf nur mehr 10.000 Betriebsstunden. Im grenzwertigen Einsatz bei Ts ≈ 150 °C und Tj ≈ 175 °C bricht die mittlere Lebensdauer sogar auf nur noch 100 Betriebsstunden ein [2, 3].

Bild 2: Der thermische Widerstand setzt sich zusammen aus den Kontaktwiderständen an den Interfaces und dem thermischen Widerstand der Wärmeleitfolie.

Bild 2: Der thermische Widerstand setzt sich zusammen aus den Kontaktwiderständen an den Interfaces und dem thermischen Widerstand der Wärmeleitfolie.Kunze Folien

Thermischer Widerstand einer LED

Ein wichtiger Parameter bei der Entwicklung des thermischen Managements einer LED ist ihr Wärmewiderstand Rth, der unabhängig von den Umgebungsbedingungen angegeben wird (Bild 2). Er nimmt ab, je größer die Kontaktfläche A, je höher die thermische Leitfähigkeit k und je kleiner die Schichtdicke d ist:

  • Rth = d / (k • A)

Der thermische Gesamtübergangswiderstand Rth, total wird meist in der Einheit K/W (oder °C/W) angegeben und setzt sich wie folgt zusammen (siehe Bild 3):

  • Rth, total = Rth, JS + Rth, SB + Rth, BA
Bild 3: Damit eine LED Wärme an den Kühlkörper optimal abgibt, müssen alle Kontaktflächen einen niedrigen Wärmewiderstand aufweisen. Die Skizze fasst alle Übergänge zusammen und zeigt, dass weniger Wärmeleitmaterial oft besser ist als dicke Schichten.

Bild 3: Damit eine LED Wärme an den Kühlkörper optimal abgibt, müssen alle Kontaktflächen einen niedrigen Wärmewiderstand aufweisen. Die Skizze fasst alle Übergänge zusammen und zeigt, dass weniger Wärmeleitmaterial oft besser ist als dicke Schichten.Kunze Folien

Dabei stehen die Indizes J, S, B und A für Sperrschicht (Junction), Lötstelle (Solder Point), Grundplatte (Board) und Umgebung (Ambient). Der Entwickler muss also nicht nur den Wärmeübergangswiderstand Rth, JS innerhalb der LED und Rth, BA von der LED zur Umgebung kennen, sondern quasi auch den in der Mitte des Aufbaus liegenden thermischen Kontaktwiderstand Rth, SB zwischen Lötstelle und Platine. Um diesen Widerstand möglichst gering zu halten und unabhängig von der Oberflächen-Bearbeitungsqualität eine optimale Kontaktierung zu gewährleisten, wird zwischen Grundplatte und Wärmesenke eine dünne Schicht eines sehr gut wärmeleitenden Thermal-Interface-Materials (TIM) eingebracht. Wenn ein Aufbau diese Parameter berücksichtigt, kann er die Arbeitstemperatur einhalten, ohne die Sperrschichttemperatur zu überschreiten.

Abweichungen

In der Praxis treten im Aufbau zudem immer baugruppenbezogene Abweichungen auf. Um diese zu berücksichtigen, sind weitere Korrekturfaktoren zu ermitteln oder zu kalkulieren. Diese Werte muss man in den thermischen Kontaktwiderstand mit einbeziehen. Sie haben wesentlichen Einfluss auf den Wärmefluss zwischen den beteiligten Oberflächen. Diese weisen immer eine Rauheit auf, die in den Unebenheiten eingeschlossene Luft verschlechtert mit ihrem sehr geringen thermischen Leitwert den Wärmeübergang und verringert die effektive Kontaktfläche. Besondere Beachtung verdienen dabei größere Gesamtflächen und starre Geometrien.

Der thermische Kontaktwiderstand ist also abhängig von der Fläche, der Oberflächengüte, der Ebenheit, der mechanischen Anpassungsfähigkeit des Wärmeleitmaterials und nicht zu vergessen dem Druck. In der Praxis sind in der Regel die Abmessungen der Kontaktflächen durch die Komponentengehäuse vorgegeben. Die Mindestdicke des Wärmeleitmaterials ist begrenzt hinsichtlich seiner Durchschlagfestigkeit und durch Unebenheiten oder Grate, die es ausgleichen muss.

Welche Wärmeleitfolie eignet sich

Der Schlüssel zur richtigen TIM-Auswahl liegt in der guten Kenntnis der Anwendung der Elektronik. Entwickler benutzen hierfür ein sogenanntes Mission-Profil. Darin sind alle Belastungen beschrieben, die eine Elektronik im Laufe des Betriebes erfährt.

Folgende Kenntnisse über TIMs sind erforderlich: Thermische Impedanz, thermische Leitfähigkeit, Spaltgröße zwischen der Wärmequelle und dem Kühler, Ebenheit der Oberflächen, elektrische Isolationsfähigkeit, Kompressibilität, sicherer Temperaturbereich, UL-Entflammbarkeit, Anteil von Silikonen (Ausgasungsrate), Verarbeitbarkeit, Langzeitstabilität/Zuverlässigkeit. Sind die funktionellen Anforderungen und das Mission-Profil bekannt, kann man die richtige Auswahl treffen.

Bild 4: Links das Wärmebild einer Ostar-LED (4 W), 10 s ohne Kühlkörper, rechts nach zehnminütigem Betrieb mit Kühlkörper und Wärmeleitmaterial.

Bild 4: Links das Wärmebild einer Ostar-LED (4 W), 10 s ohne Kühlkörper, rechts nach zehnminütigem Betrieb mit Kühlkörper und Wärmeleitmaterial.Kunze Folien

Übersicht verschiedener Wärmeleitmaterialien

Nimmt man die Rückseite einer LED mit einer Wärmebildkamera auf, dann zeigt sich ohne gezielte Entwärmung nach 10 s eine Situation wie im Bild 4 links, die LED überhitzt auf 130 °C. Im Bild 4 rechts ist das Ergebnis einer optimalen Wärmeabfuhr mit Wärmeleitmaterial und Kühlkörper zu sehen. Dafür stehen verschiedene wärmeleitende Materialien zur Auswahl.

Grafitfolien: Grafit (Kohlenstoff) hat eine hervorragende Wärmeleitfähigkeit, sowie bei einem Reinheitsgrad von 97 bis 99 % eine hohe Temperaturbeständigkeit bis 450 °C; Hochleistungskohlenstoffe weisen sogar eine Temperaturfestigkeit bis 650 °C auf. Grafit eignet sich besser als die meisten anderen Materialien zur Entwärmung von LEDs. Da Grafitfolien aus kompaktierten Flocken bestehen, ist ihre Wärmeleitung anisotrop: Sie bewirken eine besonders schnelle Wärmespreizung in X-Y-Richtung, aber auch eine effiziente Wärmeableitung in Z-Richtung. Der sinnvolle Einsatzbereich dieses Interface-Materials sind Anwendungen, die Wärme effizient und schnell von Punktquellen (Hotspot) ableiten müssen. Grafitfolien sind allerdings nicht elektrisch isolierend und können nur minimale Oberflächenunebenheiten wie leichte Kratzer ausgleichen. Voraussetzung für einen optimalen Wärmefluss ist daher eine entsprechend hohe Oberflächengüte.

Polyimidfolien: Sie werden vorwiegend zur elektrischen Isolation in Bauelementen eingesetzt. Sie weisen eine sehr hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit auf und sind zugleich mechanisch zäh und flexibel. Trotz ihrer relativ geringen Wärmeleitfähigkeit eignen sie sich bei geringen Dicken von 25 bis 125 μm aufgrund ihres niedrigen Wärmeübergangswiderstandes auch als Wärmeleitmaterial. Voraussetzung ist hier jedoch eine sehr gute Oberflächenbearbeitung, da die feste Struktur der Polyimidfolie keine Hohlräume ausgleicht. Durch ihre Stabilität sind sie hervorragend als Substratträger zur Beschichtung mit wärmeleitendem Silikon sowie mit phasenwechselndem Wärmeleitwachs geeignet.

Bild 5: Das PCM passt sich unter Druck und erhöhter Temperatur an die Oberflächen an und senkt damit den Wärme-Übergangswiderstand. Die Messung zeigt den Vorgang während des Phasenwechsels – der geringe Widerstand bleibt danach erhalten.

Bild 5: Das PCM passt sich unter Druck und erhöhter Temperatur an die Oberflächen an und senkt damit den Wärme-Übergangswiderstand. Die Messung zeigt den Vorgang während des Phasenwechsels – der geringe Widerstand bleibt danach erhalten.Kunze Folien

Phasenwechselmaterialien: Hierbei handelt es sich um eine spezielle Wärmeleitwachsmischung, die bei 50…60 °C ihre Konsistenz von fest in weich verändert, dabei eine Volumenexpansion um zirka 10 % vollzieht und die natürlichen Rauheiten der Oberflächen benetzt. Durch diesen Vorgang werden alle unerwünschten Lufteinschlüsse ausgetrieben, was eine hervorragende thermische Verbindung garantiert. Bei Unterschreiten der Temperatur kehrt das Medium wieder in den festen Zustand zurück, ohne dass sich die Verbindung der Kontaktoberflächen verschlechtert. Diese Methode erzielt in der Regel den geringstmöglichen Wärmeübergangswiderstand (siehe Bild 5). Je nach Anbieter sind diese phasenwechselnden Materialien in unterschiedlichen Anlieferformen erhältlich. Es gibt sie sowohl in der ursprünglichen Folienform, deren Verarbeitung relativ aufwändig ist, als auch beidseitig auf einem sehr dünnen Substratträger aufgebracht. Dieser ist je nach Anforderung elektrisch isolierend oder elektrisch leitend.

Wärmeleitende Klebefolien: Die in der Regel auf Acrylbasis und mit wärmeleitenden Keramikfüllstoffen versetzten druckempfindlichen Klebefolien sind je nach Anbieter in Form von Folien oder auch als Bänder in unterschiedlichen Dicken erhältlich. Sie verfügen über ausgezeichnete elektrische Isoliereigenschaften und weisen eine gute Wärmeleitfähigkeit auf. Durch die weiche Oberflächenbeschaffenheit können sich die Klebefolien auch auf unebenen Substraten optimal anpassen und die Kontaktflächen flächig benetzen. Diese Eigenschaft erzielt bei zusätzlichem Einsatz von Druck mittels Verschraubung einen sehr geringen Wärmeübergangswiderstand, bietet eine große Klebkraft sowie eine ideale Wärmekopplung. In der Regel verfügen diese TIMs auch über eine gute Wärmebeständigkeit.

Elastomere: Das gebräuchlichste Elastomer ist Silikonkautschuk. Neben hoher elektrischer Durchschlagfestigkeit und guter chemischer Stabilität verfügt dieses Basismaterial über eine hohe Temperaturbeständigkeit. Die thermische Leitfähigkeit bei gleichzeitig hoher Isolationsfestigkeit wird bei Silikon durch Beimischung thermischer Keramiken erreicht, etwa Silica, AL2O3, Aluminium- oder Bornitrid. Je höher der Anteil der verwendeten Keramik ist, desto besser ist die Wärmeleitfähigkeit – allerdings steigt damit auch der Härtegrad des Materials.

Silikon ist hoch isolationsfest, alterungsbeständig, sehr weich und anpassungsfähig. Durch seine Weichheit kann es relativ leicht mechanisch bearbeitet werden, was auch die Herstellung komplexer Geometrien ermöglicht. Das Spektrum dieser Folien weist üblicherweise eine maximale Wärmeleitfähigkeit von 1…5 W/m•K auf, in Sonderfällen auch 10…15 W/m•K. Sie sind erhältlich in einer Dicke von 0,1…15 mm. Für eine höhere mechanische Stabilität können sie glasfaserverstärkt sein oder auf einen Substratträger aufgebracht werden.

Um die Montage zu vereinfachen, werden die Materialien auch einseitig oder beidseitig haftend angeboten. Folien dicker als 0,5 mm werden in der Regel als Gap-Filler genutzt, die durch ihre weiche Konsistenz Toleranzen und Unebenheiten wärmetechnisch gut ausgleichen. Die Kompressionsrate beträgt hierbei maximal 40 %, je nach Härte und Füllungsgrad. Durch richtige Wahl des Anpressdrucks lässt sich somit der geringstmögliche Wärmeübergangswiderstand erreichen. Silikon weist jedoch ein Ausgasen auf, was in manchen Applikationen nicht erwünscht ist.

Wärmemanagement für moderne LEDs

Die rasante Entwicklung und die wachsende Leistungsdichte von Hochleistungs-LEDs stellt viele Hersteller und Anwender vor neue Herausforderungen im Wärmemanagement. Damit die lichtemittierenden Dioden keinen irreparablen Schaden nehmen, sollten bei der Entwicklung von Beleuchtungsanwendungen von Beginn an Fachleute des thermischen Managements mitwirken. Sie kennen die funktionellen und Zuverlässigkeitsanforderungen, diskutieren die Stressbedingungen für die TIM-Folie und benennen die topographischen Verhältnisse, wie Wölbung und Oberflächenrauigkeit. Mit ihrem Wissen wählen sie die optimale TIM-Folie und lassen deren Eigenschaften in die Simulationsrechnungen einfließen, was sich letztlich positiv auf die Lebensdauer und Betriebssicherheit der LED auswirken wird.

Namhafte LED- sowie Beleuchtungsmittel-Hersteller tun dies bereits und nehmen die Thematik der Entwärmung sehr ernst. Dabei sind auch Fragestellungen nach dem Kosten-/Nutzenverhältnis, dem zur Verfügung stehenden Platz und der Anwendungseffizienz zu klären.

Literatur

[1] Citizen Electronics Co., LTD CITILED, CL-L251-C4N

[2] Citizen Electronics Co., LTD CITILED & Kunze Folien GmbH, Flyer „Thermal Management with Kunze LEDPAD“

[3] Peak-Seminar „Thermal Aufbautechnik“, Dr. Martin März / ECPE Competence Center

Wolfgang Reitberger-Kunze

ist Geschäftsführer der Kunze Folien GmbH in Oberhaching.

(lei)

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