Bild 4: Mit dem EVB90621 können über spezielle Software bereits Wärmebilder für erste Untersuchungen aufgenommen werden.

Bild 4: Mit dem EVB90621 können über spezielle Software bereits Wärmebilder für erste Untersuchungen aufgenommen werden. (Bild: Dacom West)

Bild 1: Mithilfe des MLX90621 können Wärmebilder eines Objekts auch mit höherer Auflösung aufgenommen werden.

Bild 1: Mithilfe des MLX90621 können Wärmebilder eines Objekts auch mit höherer Auflösung aufgenommen werden. Dacom West

Bildsensoren sind heute ein wichtiges Hilfsmittel zur Überwachung und Steuerung vieler industrieller Prozesse. Zum Beispiel wurden bisher Leiterplatten nach der Bestückung mit einer Lupe auf Lötfehler untersucht. Heute setzen sich dafür spezielle Kameras immer mehr durch. Kameras im sichtbaren Bereich sind bei bestimmten Anwendungen nicht immer die optimale Lösung zur Kontrolle. Spezielle Sensoren ermöglichen eine berührungslose Temperaturüberwachung von Prozessen über die Wärmestrahlung. Prinzipiell kann die Temperatur des zu prüfenden Objekts über ein Punkt-Pyrometer berührungsfrei gemessen werden. Dazu wird der zu messende Punkt mit dem Laserstrahl angepeilt. Muss bei einem größeren Objekt die Temperaturverteilung gemessen werden, ist der Aufwand hoch. Jede zu messende Stelle muss angepeilt werden. Über das Pyrometer wird die Wärmestrahlung dieses einzelnen Punktes gemessen. Für die Überwachung größerer Anlagen sind somit viele Messungen durchzuführen. Gleichzeitig können Fehler auftreten, weil bestimmte Bereiche des Objekts übersehen oder nicht exakt angepeilt werden.

Bild 2: Aufbau des Infrarotsensors MLX90621.

Bild 2: Aufbau des Infrarotsensors MLX90621. Dacom West

Ein Wärmebildsensor reduziert den Aufwand. Er ist ähnlich einem Bildsensor mit vielen Pixeln aufgebaut, arbeitet jedoch auf Basis des gleichen physikalischen Prinzips wie ein Pyrometer. Aufgrund der höheren Pixelzahl kann die Temperaturverteilung eines größeren Objekts bereits in einen einzigen Messvorgang gemessen werden. Die matrixförmige Anordnung der Pixel führt zu einem Wärmebild des zu überwachenden Objekts. Ähnlich einer herkömmlichen Kamera wird das Foto des Objekts im Infrarotbereich aufgenommen. Durch spezielle Algorithmen verbessert sich die Bilderkennung. Gleichzeitig werden der jeweiligen Strahlungsstärke bestimmte Farben zugeordnet. Das Hauptziel besteht dabei nicht in einer exakten Messung der Temperatur. Es muss erkannt werden, dass die Temperatur von Teilobjekten in einem bestimmten Bereich liegt. Ebenso sollen Temperaturunterschiede zu benachbarten Teilen des zu überwachenden Objekts erkannt werden. Mit einer solchen Wärmebildkamera können auch Videos aufgenommen werden. So können Temperaturänderungen bei fehlerhaften Prozessen erkannt werden.

Anwendungsbeispiele

Bild 3: Beim Evaluationboard EVB90621 werden die Sensordaten über einen Mikrocontroller ausgelesen und verarbeitet.

Bild 3: Beim Evaluationboard EVB90621 werden die Sensordaten über einen Mikrocontroller ausgelesen und verarbeitet. Dacom West

Wärmebildkameras auf Basis dieses Prinzips haben seit einigen Jahren eine große Verbreitung in vielen Anwendungsbereichen gefunden. Einige Beispiele sollen die Vielfalt der Anwendungsbereiche verdeutlichen:

  • Bauwesen, Wohnungen: Kontrolle der Wärmedämmung von Gebäuden; frühzeitige Erkennung von Schimmelpilzen in Räumen.
  • Polizei, Feuerwehr: Erkennung von Einbrechern auf leeren Gebieten aus größerer Entfernung; Erkennung von Glutnestern und Personen in stark verrauchten Gebäuden.
  • Medizin: Erkennung von Durchblutungsstörungen und Entzündungen; Erkennung von durch Schwerelosigkeit verursachten. Durchblutungsstörungen in der Raumfahrt- und Flugmedizin.
  • Automobiltechnik: Fahrerassistenzsysteme zur Erkennung von Tieren und Menschen, die nachts oder bei Nebel die Straße überqueren; Kontrolle des Antriebssystems auf Fehler; Brandüberwachung.
  • Landwirtschaft: Erkennung von Entzündungen bei Tieren, zum Beispiel Euter von Kühen; Entdeckung von Tieren in Feldern bei der Ernte.
  • Industrie: rechtzeitige Erkennung von Störungen in Antriebssystemen von Industrieanlagen; Überwachung von Stromverteilern und Trafostationen auf sichere Anschlüsse, insbesondere bei Hochspannungsanlagen ist die Prüfung durch den größeren Abstand sicher; Kontrolle der Temperaturverteilung bei Produktionsverfahren im höheren Temperaturbereich (zum Beispiel Halbleiterproduktion, Lötprozesse und Spritzgussmaschinen); Überwachung von Rohrleitungen auf Ausstoß von Flüssigkeiten oder Gasen durch Risse; Qualitätskontrolle von Leiterkarten nach Abschluss der Herstellung; Kontrolle von elektronischen Geräten, die sich schnell erwärmen können, auf Risse in bleifreien Lötstellen.
  • Logistikbereich, Müllentsorgung: frühzeitige Erkennung von Bränden, wenn sich in Paketen gefährliche Stoffe befinden (zum Beispiel Lithium-Akkus); Erkennung von Schwelbränden auf Müllhaufen.

Infrarotsensor MLX90621

Bild 4: Mit dem EVB90621 können über spezielle Software bereits Wärmebilder für erste Untersuchungen aufgenommen werden.

Bild 4: Mit dem EVB90621 können über spezielle Software bereits Wärmebilder für erste Untersuchungen aufgenommen werden. Dacom West

Wärmebildsensoren mit hoher Pixelzahl sind recht teuer. Einen Teil der Kosten verursacht eine Optik aus speziellen Materialien. Hier bietet der Infrarotsensor MLX90621 des Herstellers Melexis eine geeignete Lösung. In Bild 2 ist der prinzipielle Aufbau dargestellt. Der Infrarotsensor liefert ein Bild mit 64 Pixeln, die auf eine Matrix von 16 x 4 Pixel verteilt sind. Bei ihm ist eine zusätzliche Optik nicht erforderlich. Die Optik ist bereits in den Sensor integriert. Der Sensor steht in drei Versionen mit unterschiedlichen Sichtwinkeln zur Verfügung. Abhängig vom Abstand und vom Sichtwinkel können somit Bereiche unterschiedlicher Größe überwacht werden.

Jedes Pixel misst die Wärmestrahlung des jeweiligen Bereiches. Die Werte werden über eine rauscharme Verstärkerschaltung einem schnellen AD-Wandler mit einer Auflösung von 18 Bit zugeführt. Die so ermittelten Daten werden im internen RAM abgespeichert. Gleichzeitig wird die Umgebungstemperatur des Infrarotsensors über einen zusätzlichen PTAT-Sensor gemessen und ebenfalls im RAM abgespeichert. Der MLX90621 ist bereits durch den Hersteller Melexis vorkalibriert. Die entsprechenden Daten sind im EEPROM abgespeichert. Der MLX90621 ist mit dem Controller über den I2C-Bus verbunden.

Aus den Messwerten der Wärmestrahlung, der Umgebungstemperatur und den Kalibrierungswerten kann für jedes Pixel die exakte Temperatur des beobachteten Objekts berechnet werden. Die Berechnungsverfahren sind im Datenblatt des Herstellers ausführlich erläutert.

Der erste Versuch

Bild 5: Bei der linearen Interpolation wird die Temperaturverteilung zwischen zwei Messpunkten berechnet.

Bild 5: Bei der linearen Interpolation wird die Temperaturverteilung zwischen zwei Messpunkten berechnet. Dacom West

Um eine effektive Anwendung zu entwickeln, können mit ersten Experimenten Erfahrungen gesammelt werden. Dazu kann das von Dacom West erhältliche Evaluationboard EVB90621 eingesetzt werden (Bild 3). Mit der kostenlosen Software lassen sich die Wärmebilddaten ohne großen Aufwand darstellen (Bild 4). Das Evalutionboard wird über das USB-Interface mit dem PC verbunden. Anschließend wird die Software gestartet und das Evaluationboard auf das zu beobachtende Objekt ausgerichtet. Im nächsten Schritt sind Einstellungen der gewünschten Funktionen vorzunehmen. Die Software ermöglicht die Darstellung des aktuellen Wärmebildes beziehungsweise Videos. Dazu kann die Zahl der auf einem Bild darzustellenden Pixel von 4 x 16 bis 32 x 128 gewählt werden. Der Sensor selbst hat nur 4 x 16 Pixel. Trotzdem schafft die Software eine realitätsnahe Darstellung mit 32 x 128 Pixel. Mit dem mathematischen Algorithmus der bilinearen Interpolation ist das machbar. Um das Prinzip schnell zu verstehen, nehmen wir als Beispiel eine Metallplatte. An einer Stelle heizen wir sie auf. Im Brennpunkt, wo die Strahlen auf die Platte treffen, wird es heiß. Der Rest der Platte bleibt nicht kalt. Die Wärme verteilt sich vom Brennpunkt ausgehend gleichmäßig. Sind zwei Messpunkte mit nicht zu großem Abstand bekannt, kann über die Interpolation eine Messkurve für den Bereich dazwischen berechnet werden. Die Interpolation ist somit ein Approximationsverfahren, das heißt, für die Positionen zwischen den beiden Messpunkten werden Näherungswerte berechnet (Bild 5). Bei der bilinearen Interpolation wird dieses Berechnungsprinzip auf eine quadratische Fläche erweitert (Bild 6). So kann aus vier Messpunkten die Temperaturverteilung über die dazwischen liegende Fläche berechnet werden.

Die durch den Bildsensor aufgenommenen Daten dienen nicht nur zur Bilddarstellung. Die Daten können für weitere Verfahren zur Auswertung genutzt werden. Dazu können über den Button Application entsprechende Einstellungen für die abzuspeichernde Datei vorgenommen werden. Eine Auswertung ist dann mit Excel oder anderer Datenverarbeitungssoftware möglich. Der ML90621 soll nicht nur zur Erzeugung eines Wärmebilds genutzt werden. Er kann ebenso zur Ansteuerung technischer Überwachungsanlagen benutzt werden. Durch eine Auswertung über mathematische Software können Algorithmen entwickelt werden, die eine automatische Steuerung ermöglichen.

Schaltungstechnik

Bild 6: Bei der bilinearen Interpolation wird die Wärmeverteilung über eine Fläche zwischen vier Punkten berechnet.

Bild 6: Bei der bilinearen Interpolation wird die Wärmeverteilung über eine Fläche zwischen vier Punkten berechnet. Dacom West

Nach den experimentellen Messungen können wir mit der Entwicklung der Schaltung und der entsprechenden Software beginnen. Der Aufbau der Hardware ist relativ einfach. Der MLX90621 wird über den I2C-Bus mit einem beliebigen Mikrocontroller verbunden (Bild 7). Bei der Auswahl des Controllers ist die geplante Software entscheidend. Soll die Software nur die Temperatur der Pixel einzeln ermitteln und anschließend ein Warnsignal abgeben, dass bei einem der Pixel ein zuvor eingestellter Grenzwert überschritten wurde, reicht ein einfacher 8-Bit-Controller. Bei komplexeren Algorithmen, die zum Beispiel für die Erzeugung des Wärmebildes mit höherer Pixelzahl erforderlich sind, ist ein leistungsfähigerer Controller erforderlich. Nur so lassen sich Bilder für ein Wärmebildvideo mit höherer Pixelzahl in Echtzeit berechnen. Das I2C-Datenprotokoll ist ausführlich im Datenblatt beschrieben.

Die Entwicklung der Software zur Verarbeitung der Messdaten erfordert einen höheren Aufwand. Geht es um sicherheitstechnische Anwendungen, ist deshalb nach der Entwicklung eine ausreichende Kontrolle notwendig.

Eigenschaften des MLX90621

Pixelzahl: Matrix 16 x 4

Optik: Objektiv mit Linse bereits integriert

Sichtfeld in drei Versionen: 60º x 15º, 40º x 10º, 120º x 30º

Bauform: TO39

Kalibrierung durch den Hersteller: Umgebungstemperatur -40 bis 85 °C, Objekttemperatur -20 bis 300 °C

Messungenauigkeit: ±1 °C im Bereich 0 bis 50 °C

Betriebsspannung: 2,5 bis 3,3 V

Stromverbrauch: 7 mA

Interface: I2C-Bus

Bildrate: programmierbar 0,5 bis 512 Hz, Synchronisation durch externe Steuerung

Bild 7: Der Infrarotsensor MLX690621 ist über den I2C-Bus mit einem Controller verbunden.

Bild 7: Der Infrarotsensor MLX690621 ist über den I2C-Bus mit einem Controller verbunden. Dacom West

Dr.-Ing. Klaus Sander

(Bild: Klaus Sander)
ist Inhaber des Ingenieurbüros Sander Electronic und entwickelt Hard- und Software elektronischer Geräte und Baugruppen für die Industrie und Forschungseinrichtungen. Er hat den Beitrag für die Dacom West GmbH verfasst.

(jj)

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Unternehmen

Dacom West GmbH

Schallbruch 19-21
42781 Haan
Germany