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VCIs (Vehicle Communication Interface) sind das Bindeglied für die Datenkommunikation zwischen einem Diagnosetester und der Elektronik in einem Fahrzeug. Im VCI erfolgt die Umsetzung einer vom Fahrzeug unterstützten Schnittstelle auf eine mit dem Anwendungsrechner kompatible Schnittstelle. Dabei werden je nach Einsatzbereich und Rahmenbedingungen sehr unterschiedliche Anforderungen an ein VCI gestellt.

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Betrachten wir die Prozesskette für Fahrzeuge und Maschinen mit den Teilbereichen Entwicklung und Versuch sowie Produktion und Service, so lassen sich die typischen Einsatzfälle für VCIs in Diagnose- und Kommunikationsanwendungen ausmachen. Zu Beginn entstehen Spezifikationen, und es erfolgt die Erstellung von Daten für Kommunikations- und Prüfabläufe. Typische Aufgaben in Entwicklung und Versuch sind das Testen von Funktionen, die Durchführung von Messungen und der Selbsttest von mechatronischen Systemen. Im Produktionsumfeld stehen Funktionsprüfungen und End-of-Line-Tests im Vordergrund, und im Service ist die Diagnosekommunikation auf Wartung und Fahrzeug-Reparatur ausgelegt. In allen Bereichen besteht die Anforderung der Flash-Programmierung, also dem Neu- oder Nachladen von Steuergeräte-Software, welche für ein VCI häufig die Eckwerte ihrer Leistungsfähigkeit festlegen.

Kommunikation mit dem Anwendungsrechner

In sehr vielen Einsatzfällen erfolgt die Kommunikation mit dem Anwendungsrechner über eine USB-Schnittstelle, da diese kostengünstig zu realisieren und über Plug&Play einfach zu adaptieren ist. Erfolgt die Kommunikation mit dem Fahrzeug über CAN oder K-Leitung, genügt oft USB 2.0 Full Speed mit 12 MBit/s, für Anwendungen mit einem höheren Datendurchsatz kommt auch USB V2.0 High Speed mit 480 MBit/s zum Einsatz.

Für den mobilen Einsatz stehen Funktechnologien wie Bluetooth und WLAN zur Verfügung. Bluetooth ist kostengünstig, stellt jedoch je nach Ausprägung nur eine relativ eingeschränkte Datenrate von einigen MBit/s zur Verfügung. Damit lassen sich zum Beispiel Diagnoselösungen für den Service darstellen, bei denen eine Reichweite von etwa 10 m ausreichend ist und die zeitlichen Anforderungen für die Flashprogrammierung nicht Priorität haben.

Mit WLAN nach IEEE 802.11 in der Ausprägung a/b/g/n stehen dem Anwender sowohl im 2,4- als auch im 5-GHz-Band eine leistungsfähige Funkanbindung mit bis zu 600 MBit/s Bruttodatenrate und einer Reichweite von bis zu 100 m zur Verfügung. Dank Verschlüsselungsmethoden wie WEP, WPA und WPA2 mit unterschiedlichen Authentifizierungsverfahren ist die Datenkommunikation weitestgehend abgesichert. In der Regel werden von der WLAN-Schnittstelle des VCIs die gängigen Modi für eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung und der Infrastruktur-Modus unterstützt.

Bild 1: Beispiel für VCI in der Entwicklung

Bild 1: Beispiel für VCI in der EntwicklungSofting

Schnittstellen zum Fahrzeug

Die meisten VCIs verfügen über eine oder mehrere CAN-Schnittstellen, da der CAN-Bus über alle Fahrzeugklassen sehr verbreitet ist. Hier werden wahlweise die Busphysiken CAN high-speed nach ISO 11898-2, CAN fault-tolerant gemäß ISO 11898-3 oder auch CAN Single Wire unterstützt.

Die K-Leitung (ISO 9141) als inzwischen schon etwas betagte Kommunikationsschnittstelle kommt an der Diagnosesteckdose von Fahrzeugen immer noch zum Einsatz und wird daher von den meisten VCIs noch unterstützt. Der für den im Komfortbereich häufig eingesetzte LIN-Bus wird vor allem von VCIs für den Einsatz in der Entwicklung und bei Versuchen mit einem oder mehreren LIN-Knoten unterstützt.

In moderneren Fahrzeugen kann die Diagnosekommunikation über eine Ethernet-Schnittstelle mit dem Diagnoseprotokoll „Diagnostics over Internet Protocol“ (DoIP, ISO 13400) erfolgen. Da dies häufig noch in Kombination mit CAN geschieht, ist der Einsatz einer Kombination aus Ethernet-Kabel und VCI vor allem für Produktions- und Service-Awendungen nicht akzeptabel. Daher sind für diese Anwendungsfälle VCIs mit einer 100-MBit/s-Ethernet-Schnittstelle und einem sehr leistungsfähigen Mikroprozessor für die Realisierung einer performanten Kommunikation zum Anwendungsrechner erforderlich.

Anwendungen in der Entwicklung benötigen offene Hardware-Plattformen für die Validierung von CAN-, MOST- und FlexRay-Netzwerken. Hier stehen eine individuelle Integration und Ausführung von Steuergeräte-Software auf unterschiedlichen Hardwareplattformen im Vordergrund.

Software-Schnittstellen und Kommunikationsprotokolle

Für die Anbindung an die Diagnoseapplikation hat sich D-PDU API als standardisierte Software-Schnittstelle (ISO 22900-2) etabliert. Mit der D-PDU API können bei entsprechender Umsetzung im VCI praktisch alle gängigen Fahrzeugdiagnoseprotokolle und Fahrzeugbussysteme unterstützt werden (UDS, WWH-OBD, SAE J1939 etc.). Durch die Multilink-Fähigkeit sind mehrere logische und physikalische Kommunikationskanäle gleichzeitig möglich. Mit dieser international standardisierten Softwareschnittstelle ist auch der Einsatz oder ein Wechsel von VCIs unterschiedlicher Hersteller gegeben. Für einfachere Kommunikationsaufgaben, für welche die oben genannten Vorteile nicht ausschlaggebend sind, kommen auch Schnittstellen gemäß SAE J2534, RP1210 oder proprietäre CAN-Kommunikationsschnittstellen auf OSI-Schicht-2-Ebene zum Einsatz.

VCIs in Entwicklung und Versuch

Für die Entwicklung elektronischer Steuergeräte und die Integration zu einem Verbund einer funktionalen Einheit sind universell einsetzbare VCIs gefragt. Um an mehrere Bussysteme gleichzeitig adaptieren und kommunizieren zu können, ist es vorteilhaft, wenn das eingesetzte VCI eine Vielzahl an Schnittstellen aufweisen kann. Neben mehreren CAN-Schnittstellen, beispielsweise für Powertrain oder Komfort-Bus, werden alternativ oder parallel dazu auch LIN-Systeme und Diagnosekommunikation über die K-Leitung betrieben. Je mehr Schnittstellen parallel betrieben werden sollen und je größer das Datenaufkommen auf den Bussystemen ist, desto mehr muss auf die Leistungsfähigkeit des Mikrocontrollers im VCI Wert gelegt werden. Mit einer geeigneten 32-Bit Prozessor-Architektur lassen sich mehrere CAN-Kanäle mit 100% Buslast verarbeiten.

Neben den Anwendungen im Labor kommen VCIs auch bei Testfahrten zum Einsatz. Diese VCIs müssen für Umgebungstemperaturen von -40 °C bis +85 °C oder mehr ausgelegt und mit Datenlogger-Funktionalitäten ausgestattet sein. Hierzu zählen eine umfangreiche Konfigurations-Software für beispielsweise Trigger- und Filterbedingungen, eine Software zur Auswertung der Daten und ein großer nichtflüchtiger Speicher im VCI.

Für die Ausrüstung von Prüfständen und Dauerlaufstationen bieten sich USB-gekoppelte VCIs und PC-Einsteckkarten mit PCI oder PCI Express an, die möglichst bis zu vier oder mehr Fahrzeugschnittstellen und vor allem eine langzeitstabile Hardware und Software aufweisen sollten.

Produktionslösungen

In der Produktion von Fahrzeugen werden sehr hohe Anforderungen an die zeitlichen Abläufe, an die Performance und die Ausfallsicherheit gestellt. Für das VCI bedeutet dies, dass der Protokollstack für die Kommunikationssoftware in Echtzeit und unterbrechungsfrei auf dem Mikrocontroller des VCIs ausgeführt wird und über eine leistungsfähige Schnittstelle mit dem Anwendungsrechner kommuniziert. Gerade am Produktionsband ist eine Lösung ohne störende Kabel über Wireless-LAN sehr vorteilhaft. Hier sind zum einen ausführliche Tests vor Ort hinsichtlich Signalqualität und Verfügbarkeit der Funkkanäle angebracht. Zum anderen bestehen besondere Anforderungen an das Verbindungsmanagement, um den Zugriff auf eine Vielzahl an VCIs zu verwalten.

Bild 2: Beispiel für VCI in Produktion und Service

Bild 2: Beispiel für VCI in Produktion und ServiceSofting

Als weitere Features werden in Produktionslösungen häufig ein Konstantstrom-Modus für die Messung von Fehlströmen im Fahrzeug oder auch Funktionstasten zur Steuerung von Einheiten im Fahrzeug während Prüfsequenzen gefordert. Beim Einsatz von mit Bewegungssensoren ausgestatteten VCIs in Verbindung mit Powersave/Wakeup-Funktionalitäten lässt sich zum Beispiel der Stillstand des Bandes durch das VCI erkennen und nach Anlauf die Kommunikation wieder selbstständig aktivieren. Für immer wieder vorkommende sogenannte Parkplatz-Flashaktionen können VCIs mit der Option eines Stand-Alone-Betriebs als autarkes Flash-Tool eingesetzt werden.

Anforderungen im Kundenservice

Für den Einsatz von Geräten im Kundenservice gelten sehr spezielle Anforderungen und der Kostendruck ist aufgrund der meist hohen Stückzahlen groß. Dem gegenüber stehen besonders hohe Erwartungen, was die mechanische Ausführung und Robustheit der Geräte betrifft. Die Geräte werden weltweit von Personal mit unterschiedlicher Mentalität verwendet und müssen Stürzen und anderweitigen Belastungen standhalten. Weiterhin sind die Geräte im Werkstattumfeld aggressiven Flüssigkeiten ausgesetzt. Hier heißt es, spezielle und teurere Materialien einzusetzen und mit Einhaltung von meist Schutzklasse IP54 die Elektronik vor den äußeren Einflüssen zu schützen.

Das hier gezeigte VCI ist produktiv im Einsatz und verfügt über eine hochintegrierte Hardware-Architektur mit WLAN-Schnittstelle. Es unterstützt die volle Bandbreite einer 100-MBit/s-Ethernet-Verbindung zum Fahrzeug (DoIP) und ermöglicht sehr kurze Flashzeiten. Der Diagnosestecker ist in das Gehäuse integriert; alternativ ist die Kommunikation über USB oder LAN möglich.

Bei größeren Stückzahlen lässt sich unter Berücksichtigung der OEM-spezifischen Anforderungen aus einer VCI-Produktplattform eine kundenspezifische Ausprägung ableiten. Für einfache Diagnoseanwendungen mit wenigen Steuergeräten sind durchaus auch einfachere VCIs einsetzbar, bei denen der Protokollstack nicht auf dem Interface sondern auf dem Anwendungsrechner ausgeführt wird. In diesen Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Laufzeitverhalten abhängig vom Rechner und von anderen laufenden Applikationen stark schwanken kann.

Zusammenfassung

Die Einsatzfälle und die damit verbundenen Anforderungen an VCIs sind sehr vielfältig. Diese unterschiedlichen VCI-Ausprägungen lassen sich durch eine ausgereifte und intelligente Hardware- und Software-Architektur darstellen. Mit Aufsetzen auf Produktplattformen sind eine für den Einsatzfall passende PC-Anbindung und die Ausprägung der Fahrzeugschnittstelle flexibel und kosteneffizient umsetzbar. Für die dargestellten Einsatzbereiche hat Softing diverse VCIs im Portfolio, das durch die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern ein breites Spektrum abdeckt.

Dipl.-Ing. (FH) Martin Sirch

ist als Produktmanager für die VCIs bei Softing Automotive Electronics verantwortlich.

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