Der mechanische Aufbau des Audi-MMIs.

Der mechanische Aufbau des Audi-MMIs. (Bild: Harman)

Der Autofahrer von heute erwartet, dass die Bordelektronik seines Fahrzeugs mit dem Innovationstempo, das zum Beispiel bei Mobiltelefonen zu beobachten ist,  Schritt halten kann. Im Automobilbereich ist dies nur realisierbar, wenn das Thema Connectivity direkt an der Quelle berücksichtigt wird. Bei der Audi-Plattform „MMI Navigation Plus“ handelt es sich um die neuste Generation einer Produktserie von Harman, mit der sich Fahrzeuge sicher und geschützt mit einer breiten Palette an vernetzten Lifestyle-Services ausstatten lassen. Das „Plus“ ist ein Hinweis auf die Connectivity, denn das Multi-Media-Interface fungiert als integrierte Steuerzentrale – und das nicht nur für die Navigation, sondern auch für Multimedia- und Telefoniefunktionen oder zur Anzeige sowie zur Anpassung von Fahrzeugparametern wie der Innentemperatur oder sogar der Federung und der Dynamik des Schaltvorgangs.

Zentrales Element des Audi-HMIs ist ein runder Dreh-Drück-Steller.
Zentrales Element des Audi-HMIs ist ein runder Dreh-Drück-Steller. (Bild: Audi)

Durch das zentrale MMI-Element ist die von Harman entwickelte MMI-Plattform auch in der Lage, diverse andere Geräte zu integrieren. Das Design mit Dual-Core-Prozessor besteht aus zwei Haupteinheiten: der Car Radio Control Unit und dem MMX-Board, wobei MMX für „Multi-Media eXtension“ steht. Auf diesem Steckmodul sind der Speicher und der neuste Tegra3-Prozessor von Nvidia integriert, der für alle Online- und Media-Apps, die Sprachsteuerung, die Navigations- und Telefonfunktionen zuständig ist sowie die Grafikleistung bei anspruchsvollen mobilen Anwendungen beschleunigt. Ebenfalls zur Ausstattung gehört ein Jacinto-Prozessor – ein speziell für das Fahrzeug-Infotainment entwickelter Prozessor von Texas Instruments.

Eine wichtige Anforderung der Autobauer ist die einfache Aktualisierbarkeit. Aus diesem Grund ist die neue Architektur so ausgelegt, dass Hardware-Updates während des gesamten Fahrzeuglebenszyklus’ möglich sind, beispielsweise durch austauschbare MMX Boards.

Auch bei der Connectivity der Schnittstellen legten OEM und Zulieferer Wert auf Zukunftsfähigket. Das neuste MMI-System arbeitet mit dem Interface MOST150, das im Prinzip als Backbone des Bord-Infotainments fungiert. Die aktuellste Version, MOST150, stellt einen physischen Layer zur Realisierung von Ethernet im Fahrzeug bereit, indem sie die bereits vorhandenen Kanäle für Steuerungsmeldungen, Datenstreams und Paketdaten um einen Ethernet-Kanal mit anpassbarer Bandbreite ergänzt. Ebenfalls neu im aktuellsten MMI-System ist die Unterstützung von CAN zur Anbindung an Fahrzeug- und Gateway-Funktionen, etwa an Diagnose- oder Fahrerassistenzsysteme wie zum Beispiel den Parkassistenten von Audi. Alles in allem entsteht auf diese Weise eine integrierte Steuerzentrale für das Fahrzeug.

Medienkompatibilität und Audio

Da ein Ziel der Entwickler die hochwertige Wiedergabe von Musik- und Videodateien war, bietet die Infotainment-Einheit nahtlose Connectivity zu vielen verschiedenen Geräten. Sie unterstützt DAB, verfügt über zwei SD-Karten-Slots und kann DVDs abspielen. Bewegt sich das Fahrzeug, stoppt die Videowiedergabe aus Sicherheitsgründen. Ein Direktanschluss von USB-Sticks und MP3-Playern ist ebenfalls möglich. Besonders einfach ist die Anbindung von Apple-iPods, wobei nach dem Anschließen die Playlist des Apple-Geräts auf dem MMI-Bildschirm zu sehen ist. Audi-Besitzer haben zudem die Möglichkeit, ihre persönlichen Musikdateien auf der internen Festplatte des Infotainment-Systems zu speichern, die sie dann zur Wiedergabe als eine Art Jukebox nutzen können. Wie sieht es mit der eigentlichen Audioqualität aus? Auch hier war Integration ein zentrales Merkmal. Das MMI-System verfügt daher über seinen eigenen internen Qualitäts-Tuner für Radio- und Medienwiedergabe, so dass kein externes, per MOST angebundenes Radiogerät erforderlich ist. Auch ein eingebauter Class-D-Verstärker mit sechs Kanälen gehört zur Ausstattung; ein separates Verstärkermodul außerhalb der Zentraleinheit ist somit nicht mehr notwendig. Class-D-Verstärker sind in vielerlei Hinsicht vorteilhaft: Sie bieten einen theoretischen Wirkungsgrad der Energieumwandlung von 100 % (ohne Wärmeverluste), sind kleiner und haben ein geringeres Gewicht – ein zunehmend wichtiger Faktor für Autohersteller, denen ein geringes Fahrzeuggewicht wichtig ist.

Internet-Anbindung: Smartphones, LTE und mehr

Das wohl wichtigste Gerät, das es zu vernetzen gilt, ist das kundeneigene Mobiltelefon. Entsprechend entwickelt sich die Smartphone-Integration auch in rasantem Tempo zu einem der Schlüsselelemente des Fahrzeug-Infotainments, und die Kunden verlangen nach einfachen Lösungen für den Anschluss ihres Telefons an das Fahrzeugsystem. Das von vielen Mobiltelefonen unterstützte SIM-Access-Profile ist deshalb eine weitere wichtige Schnittstelle, weil es die Möglichkeit bietet, das eigene Smartphone per Bluetooth mit dem System zu verbinden sowie einen Anschluss zum Telefonmodul von Audi herzustellen. Da die Übertragung dann über die Dachantenne läuft, ist die Empfangsqualität stabiler. Wer sein Mobiltelefon nicht anschließen möchte, kann in die MMI-Einheit auch eine eigene SIM-Karte einlegen.
Mit den Online-Services von Audi kann das System aktuelle Informationen laden, die über mobile Netzwerke im Internet abrufbar sind. Wie im Januar dieses Jahres auf der CES in Las Vegas bereits angekündigt, wird es in dieser Hinsicht 2013 eine Premiere geben, wenn die LTE-Fähigkeit in den Infotainment-Bereich Einzug hält. Der neue Netzstandard unterstützt eine Downstream-Datenrate von bis zu 150 Mbit/s. Damit ist es möglich, große Datenmengen aus dem Internet zu streamen, wie etwa Musik oder sogar Filme in HD-Qualität.

Cockpit und HMI im Audi A3.

Cockpit und HMI im Audi A3.Audi

Neben der LTE-Verbindung ist auch ein Betrieb per GPRS/EDGE-Modem (UMTS-Modem) oder fahrzeuginternem WLAN möglich. Mitfahrer haben dadurch Zugriff auf einen stabilen Hotspot für ihr jeweiliges Mobilgerät, während die Ablenkung für den Fahrer stets minimal bleibt. Auf vielfachen Kundenwunsch hat Harman auch einen Client für das Profil „MAP“ (Message Access Profile) integriert. Damit können Fahrzeuginsassen über das Infotainment-System E-Mails von ihren tragbaren Geräten und Smartphones herunterladen und anzeigen.

Das MMI von Audi

Im Gegensatz zu anderen Premium-Autoherstellern hat sich Audi gegen einen Touchscreen entschieden. Das zentrale Element des einzigartigen HMIs (Human-Machine Interface) von Audi ist ein runder Dreh-Drück-Steller. Durch Drehen erfolgt die Auf- und Abwärtsnavigation in Menüs, durch Drücken werden Funktionen aktiviert. Alternativ lässt sich der Steller per Sprachbedienung steuern, so dass die Fahrer zur Befehlseingabe das Verkehrsgeschehen keine Sekunde aus den Augen lassen müssen. Die neue, für dieses Jahr geplante Version des „MMI Touch“ ist auch mit einem separaten Touchpad zur Adresseingabe oder Auswahl von Musiktiteln ausgestattet.

Das Herzstück: Die Navigation

Navigation ist wohl nach wie vor die Kernfunktion jedes Infotainment-Systems und spielt auch beim MMI eine Schlüsselrolle. Das integrierte GPS wird ergänzt durch 3D-Stadtpläne, 3D-Objekte (Landmarks), digitale Geländemodelle, 3D-Brücken und -Tunnel (Brunnels) und einen Online-Zugriff auf Informationen zur Wetter- und Verkehrslage.
Auch ein Google-Earth-Client ist nahtlos ins Navigationssystem integriert. Er legt Satellitenbilder über die Kartenansicht. Das mit Navigation Plus ausgestattete MMI der neusten Generation erlaubt nun auch die Verknüpfung mit Google StreetView. Bei aktiver Verbindung werden die Daten gepuffert, sodass Ladevorgänge für den Benutzer unbemerkt ablaufen. Wird im Ausland mit einem Smartphone oder über die MMI-SIM-Karte auf das Internet und Anwendungen wie Google Earth zugegriffen, können Roaming-Kosten anfallen. Dank integriertem GPS funktioniert die eigentliche Navigationsfunktion jedoch auch ohne Internetverbindung.

Michael Mauser

ist Executive VP & Co-President der Infotainment & Lifestyle Divisions bei Harman

(av)

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