Flottenfahrzeuge erzeugen vielfältige Daten während der beruflichen und privaten Nutzung.

Flottenfahrzeuge erzeugen vielfältige Daten während der beruflichen und privaten Nutzung. (Bild: Fotolia)

Eckdaten

Die im Rahmen der Mobilität generierten Daten können neben ihrem unbestrittenen Nutzen auch Stoff für Konflikte liefern, vor allem wenn bei Firmenfahrzeugen das Interesse an der Datennutzung seitens der Arbeitgeber beziehungsweise die Datenschutzinteressen seitens der Arbeitnehmer aufeinander treffen. Daher ist es notwendig, das Thema einmal von verschiedenen Seiten der Flottennutzung zu betrachten.

Die Datengenerierung im Bereich der Mobilität erfolgt auf vielfältige Weise. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen Daten, die durch das Fahrzeug, durch im Fahrzeug eingebaute Zusatzgeräte sowie durch im Fahrzeug mitgeführte Geräte wie beispielsweise Smartphones erzeugt, aufgezeichnet und übermittelt werden. Wer ein modernes Fahrzeug betreibt, erzeugt Daten, die sich durch Sensoren im Fahrzeug und der Bordelektronik speichern und auslesen lassen. Sie können je nach Anzahl der verbauten Steuergeräte im Fahrzeug unterschiedlich umfangreich sein. Dabei geht es im Wesentlichen um technische Betriebsdaten, die auch Rückschluss über die Nutzung und den Umgang mit dem Fahrzeug zulassen. Darüber hinaus erzeugen die Kommunikations- und Entertainmentsysteme persönliche, geschäftliche und private Daten, wie beispielsweise E-Mails, Telefonate und Daten aus dem Navigationssystem wie Adressen und Bewegungsströme. Nicht zuletzt generieren auch mitgeführte Geräte wie Smartphones äußerst vielfältige Daten wie Bewegungsprofile, Beschleunigungs- und Verzögerungswerte sowie Daten der Kommunikationsnutzung. Erste Telematikanbieter konzentrieren sich daher für ihre Telematiklösungen primär auf die mobilen Endgeräte anstelle der Fahrzeuge.

Die betroffenen Stakeholder

Bei der geschäftlichen Mobilität gibt es naturgemäß zwei Interessensgruppen (Stakeholder) im engeren Sinne, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer und deren Vertreter, sowie eine Vielzahl von externen Stakeholdern im weiteren Sinne. Während die externen Stakeholder üblicherweise Geschäftsmodelle mit der Datennutzung verbinden, stehen bei den internen Interessensgruppen primär die Mobilität der Unternehmensmitarbeiter unter wirtschaftlich sinnvollen Rahmenbedingungen im Vordergrund. Zu den externen Stakeholdern zählen in diesem Zusammenhang beispielsweise Leasinggesellschaften, Flottenmanagementgesellschaften, Fahrzeughersteller und deren Werkstattorganisationen, Kfz-Versicherungen, Telematikanbieter, Unfallforscher und nicht zuletzt hoheitliche Interessensgruppen wie die Staatsanwaltschaft.

Arbeitgeber haben unterschiedliche Zielsetzungen, die sie mit der Bereitstellung von Firmenfahrzeugen verbinden. Die Spanne reicht vom Firmenwagen als Gehaltsbestandteil ohne nennenswerte geschäftliche Nutzung, beispielsweise für das Management, über Geschäftswagen mit überwiegender geschäftlicher Nutzung aber auch privaten Anteil, beispielsweise für Außendienst- und Vertriebsmitarbeiter, bis hin zum vollumfänglich geschäftlich genutzten Fahrzeug, beispielsweise im Service und Lieferverkehr. Ergänzt werden die Nutzungsarten teilweise von Pool-Nutzungsmodellen, und zunehmend sind bei einigen Unternehmen auch Mischformen zu finden.

Typische Geschäftsmodelle im Flottenbereich

Bezüglich des Umgangs mit Fahrzeug- und Fahrerdaten lassen sich aktuell bereits einige Geschäftsmodelle ausmachen. Leasing- und Flottenmanagementunternehmen können per Telemetrie den Wartungsbedarf der bei ihnen geleasten oder gemanagten Fahrzeuge erhalten, beispielsweise durch die Remote-Vehicle-Diagnose (RVD), und auf diese Weise die Fahrer an ein entsprechendes Werkstattnetz vermitteln. Versicherungen bieten zunehmend Deckungskonzepte wie Usage-Based-Insurance (UBI) an, die die Versicherungsprämie über das Fahrverhalten und Fahrumfang ermitteln. Telematik-Dienstleister bereiten diese Informationen entsprechend auf und stellen sie den Beteiligten Vertragspartnern zur Verfügung. Ein weiteres Geschäftsmodell ist das bei einigen Flotten implementierte Corporate Carsharing, das die Kosten über die Nutzungsarten nach privaten und geschäftlichen Fahrten aufteilt. Auch zur Optimierung der Fahrer- und Fahrzeugauslastung sowie zur Routenoptimierung lassen sich Beladungszustand, Fahrzeugposition sowie Lenk- und Ruhezeiten erfassen und daraus von zentraler Stelle Entscheidungen ableiten. Alle diese Geschäftsmodelle haben eines gemein: Es sind sowohl Arbeitnehmer als auch deren Arbeitgeber involviert.

Problemfelder im Datenumgang

Durch die zumindest theoretische Zugriffsmöglichkeit des Arbeitgebers auf sensible Daten des Arbeitnehmers entsteht ein besonderes Bedürfnis nach verbindlichen und gesicherten Vereinbarungen über den Umgang mit diesen Daten.

Laufen beispielsweise bei Leasinggesellschaften die Wartungs- und Reparaturkosten für Fahrzeuge auf oder sind Leasinggesellschaften bei Service-Leasing-Verträgen sogar im Risiko, so hat die Gesellschaft auch das berechtigte Interesse, diese Wartungskosten möglichst gering zu halten. Daher gibt es Modelle, die die Fahrzeuge in eigene Partnerwerkstattnetze steuern. Ein vergleichbares Interesse liegt auch beim Fahrzeughersteller vor, der mit Hinweis auf Garantie, Gewährleistung und Kulanz oftmals auch das Recht proklamiert, Eigentümer der Daten zu sein. Daneben hat auch der Fahrzeughalter oder das von ihm eingesetzte Fuhrparkmanagementunternehmen das Interesse, Einfluss auf die Höhe der Kosten zu nehmen. Schließlich ist da noch der Fahrer, dessen in Form eines Firmenfahrzeugs teuer bezahlte Motivation nicht durch ein allzu enges Korsett eingeschränkt werden soll. Das Recht an der Erstverwertung der Daten nehmen dabei oft alle beteiligten Stakeholder für sich in Anspruch, und in gewisser Weise liegen dabei alle auch ein Stück weit richtig. Allseits anerkannte Regelungen hierzu gibt es aber noch nicht.

Corporate Car Sharing erfordert eine klare Definition über die Nutzung der erforderlichen persönlichen Daten.

Corporate Car Sharing erfordert eine klare Definition über die Nutzung der erforderlichen persönlichen Daten. Fotolia

Die UBI-Versicherungskonzepte erheben sensible Daten über das Fahrverhalten, wobei es in der Regel nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber personenbezogene Einsicht in diese Daten hat, sondern lediglich der Versicherungsdienstleister. Dennoch hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse, den Erfolg des Gesamtprojektes beurteilen zu können. Daher ist genau abzugrenzen, was wer mit welchen Daten zu welchem Zweck unternimmt. Nachdem das UBI-Thema mittlerweile dem Versuchsstadium entwachsen ist und die Marktführer den Verbraucherbereich damit bedienen, zumindest bei Fahranfängern, gewinnt das Thema auch für den Flottenbereich besonders an Relevanz.

Beim Corporate-Carsharing zeichnet man zur Ermittlung der Zuzahlung des Mitarbeiters für Privatfahrten die privaten Anteile der Fahrten auf und stellt sie der Gehaltsbuchhaltung zur Verfügung. Auch hier muss der Vorgesetzte nicht involviert sein, aber er ist verständlicherweise am Erfolg der Umstellung interessiert.

Bei der Optimierung der Fahrten bezüglich Wirtschaftlichkeit, Pausenverhalten und Fahrzeugauslastung ist man noch auf dem Weg, Erfahrungen zu sammeln, wie der „ferngesteuerte Fahrer“ langfristig psychisch und körperlich darauf reagieren wird.

Neben Verwertungsrechten, Einhaltung von Datenschutz und Themen der Datensicherheit besteht hier die Hauptproblematik im Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Während mittlerweile viele Menschen im Alltag wenig Probleme darin sehen, den Leasinggesellschaften, Versicherungen und Telematik-Dienstleistern Einsicht in ihre persönlichen Daten zu geben, so ist das im Berufsleben völlig anders. Hier legen Arbeitnehmer ganz besonders hohen Wert darauf, dem Arbeitgeber möglichst wenig oder eben keine Einblicke in ihre persönlichen Daten zu geben. Da dieser Umstand in den meisten Unternehmen von herausragender Bedeutung ist, tun sich viele datenbasierende Geschäftsmodelle auch bei den Belegschaftsvertretern in der Umsetzung oft schwer.

Auch fahrverhaltensabhängige Versicherungstarife mit sensiblen Daten gewinnen im Flottenbereich an Bedeutung.

Auch fahrverhaltensabhängige Versicherungstarife mit sensiblen Daten gewinnen im Flottenbereich an Bedeutung. Fotolia

Lösungsansätze zur Vertrauensbildung

Als vertrauensbildender Dritter müsste eine unabhängige Instanz auftreten, der keine eigenen Geschäftsmodelle aus dem Bereich der beteiligten Stakeholder innehat. Hier sind grundsätzlich drei Qualitäten denkbar. Zum einen steht hier eine technische Überprüfung und Sicherstellung, dass alle Daten gemäß den Vereinbarungen fließen und sich nur zu den vereinbarten Zwecken verarbeiten lassen. Der Dienstleister müsste eine Instanz sein, die dergleichen technisch realisieren kann und gleichzeitig bei den Bürgern eine hohe vertrauensvolle Reputation genießt. Die Aufgabe kann je nach Geschäftsmodell durchaus höchst komplexe Ausmaße annehmen und hätte den Nachteil, dass die Mitarbeiter der beteiligten Stakeholder die Technik nicht fassen und nachvollziehen können, was hinderlich für die Vertrauensbildung sein kann. Zudem sind die Kombinationen Technik-Kompetenz und höchst vertrauensvolles Ansehen äußerst selten zu finden.

Eine zweite Lösungsvariante ist die Zertifizierung und Auditierung von fest vereinbarten Prozessen im Bereich der Steuerung und Verarbeitung der Daten durch eine anerkannte Prüfungsinstitution. Dies hätte den Vorteil, dass man auf eine bestehende Grundlogik und Institutionen zurückgreifen kann, die aus Bereichen wie Qualitätsmanagement bekannt und eingeführt sind. Nachteilig zu sehen ist bei dieser Variante, dass man auf diese Weise üblicherweise nur für eine große Wahrscheinlichkeit sorgen kann, nicht aber für die Sicherheit, dass mit den Daten genau und ausschließlich das passiert, was zwischen den Beteiligten verabredet ist.

Mehr und mehr Datenquellen und Systeme stehen zu vernetzten Geschätsmodellen bereit. Fotolia

Mehr und mehr Datenquellen und Systeme stehen zu vernetzten Geschätsmodellen bereit. Fotolia

Der dritte Lösungsansatz zielt auf die Sicherstellung und somit auf die Gewährleistung des vereinbarungsgemäßen Umgangs mit den vertraulichen aber zur Erfüllung des Geschäftsmodells notwendigen Daten ab. Dies könnte durch einen Datentreuhänder mit fachlicher Qualifikation geschehen, der die Aufgabe hat, als sogenannter Trusted Data Handler die ersten Verarbeitungsschritte der Daten zu übernehmen. Im Anschluss leitet dieser ausschließlich aggregierte Daten an die weiterverarbeitenden Projektteilnehmer weiter. Mit diesen Daten, beispielsweise die Prämienhöhe über alle Mitarbeiter an die Versicherung, der Privatanteil an Fahrzeugkosten an die Gehaltsbuchhaltung und ähnliche, lassen sich zwar die erforderlichen Aufgaben bewerkstelligen, sie enthalten aber keine Möglichkeit, personenbeziehbare Auswertungen im sensiblen Bereich zu erstellen.

Ein Beispiel hierfür ist bei UBI die Aufbereitung der Telematikdaten zur Ermittlung der Risikoprofile und eine ausschließliche Weiterleitung der Profilergebnisse oder gar nur der Versicherungsprämie der gesamten Flotte an die Versicherung und den Arbeitgeber. Bei Corporate-Carsharing wäre dies die Aufbereitung der Daten des Telematik-Dienstleisters und die ausschließliche Weiterleitung der Bezahlbeträge der einzelnen Mitarbeiter an die Gehaltsbuchhaltung der Unternehmen.

Einige der involvierten Mobilitäts-Dienstleister könnten das bereits heute technisch und fachlich leisten, sie sind aber jeweils Bestandteil der unterschiedlichen Geschäftsmodelle und können daher nicht neutral und ausschließlich das Interesse des Fahrers in den Mittelpunkt stellen. Organisationen wie TÜV, Notare, Rechtsanwälte, Verbraucherschutzorganisationen oder unabhängige Mobilitätsspezialisten mit hoher Reputation könnten hingegen eine derartige Funktion übernehmen.

Ausblick und Erwartungshaltung

Der Grundsatz, das schwächste Glied bei der Generierung von Fahrzeug-Bewegungsdaten zu schützen, nämlich den Fahrer, ganz gleich ob im privaten Fahrzeug oder als Firmenmitarbeiter, lässt die Diskussion über Erstverwertungsrechte oder wem die Daten gehören in den Hintergrund treten. Daher wird es zukünftig erforderlich sein, dass der Autofahrer beispielsweise beim Kauf seines Fahrzeuges differenziert entscheiden kann, der Nutzung welcher Daten zu welchem Zweck er zustimmen möchte oder nicht. Allerdings ist aktuell diese Auswahl beim Kauf des Fahrzeugs meist nur en bloc wählbar. Mit einer freien Entscheidungsmöglichkeit ist auch der Fahrer im Flottenbereich mit hoher Wahrscheinlichkeit gerne bereit, sich auf die Nutzung moderner Mobilitätsformen, Versicherungsabrechnungen, Online-Fahrertrainings oder Werkstattsteuerungen einzulassen. Auch Telematikanbieter, Diagnosesystemanbieter sowie Flotten- und Leasinganbieter sollten in ihren Systemen und Prozessen die Möglichkeiten vorsehen, dass Dritte bei der Sicherstellung der vertrauensbildenden Maßnahmen mitwirken und somit den Erfolg von datenbasierten Geschäftsmodellen ermöglichen können.

Dr. Roland Vogt

Managing Partner und Geschäftsführer bei Fleetcompetence Deutschland GmbH

(pet)

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