Um Fehlfunktionen zu vermeiden, muss das Glasdisplay der Schaerer Kaffee-Vollautomaten zum Kunststoffgehäuse ein Spaltmaß von 0,3 mm einhalten. Das Microtorque-Schraubsystem von Atlas Copco stellt lt. Hersteller diesen Spalt sicher: Es zieht mit einer zweistufigen Schraubstrategie auf ein definiertes Drehmoment an und löst dann kontrolliert um 150°.
Kunststoff statt Metall
„Früher bestanden unsere Kaffeemaschinen überwiegend aus Metall“, berichtet Michele Solari, Werksleiter bei Schaerer im schweizerischen Zuchwil bei Solothurn. „Da brauchten wir uns über die Montage nicht so viele Gedanken zu machen wie heute.“ Denn bei harten Schraubverbindungen trifft Metall auf Metall und Mitarbeiter können mit einem gewöhnlichen Druckluft- oder auch Akkuschrauber auf das eingestellte Drehmoment anziehen, um auf Dauer sicher verschraubte Verbindungen zu schaffen. Heute hingegen kommt immer mehr Kunststoff zum Einsatz. So etwa bei den Coffee-Prime-Vollautomaten, von denen die WMF-Tochter jährlich etwa 2000 Stück fertigt: Hier sind Gehäuse und viele tragende Teile aus kohlefaserverstärktem Kunststoff gespritzt. „Wenn Sie in dieses Material hinein schrauben, können Sie nicht so einfach bis zum Anschlag gehen“, erklärt Solari.
Toleranzen erschweren Montage
Eine solche Drehmomentsteuerung funktioniert bei der Montage von Kunststoffteilen einfach nicht. Denn bei Kunststoff gibt es immer ungleich gespritzte Löcher, egal um welchen Werkstoff es sich handelt. Selbst bei guter Qualität und hohen Anforderungen an die Zulieferteile sind die Toleranzen für die vergleichsweise simplen Werkzeuge, die Schaerer früher eingesetzt hat, einfach zu hoch. Die Mitarbeiter mussten deshalb mit sehr viel Gefühl und Erfahrung verschrauben, um die Gefahr von Weißbruch, zerstörten Komponenten oder aufschmelzendem Material zu bannen. Das ist zwar möglich, aber zeitraubend.
Ausfall und Kurzschluss verhindern
Besonders kritisch war die Befestigung der Touchscreen-Scheibe (Glas mit aufgeklebter Elektronik) am Displaygehäuse (Kunststoff). „Die Scheibe darf sich nicht verziehen, sonst reagieren die Touchfunktionen nicht richtig“, führt Solari aus. Das kann geschehen, wenn die Schrauben zu stark angezogen werden, denn dann spannt die Scheibe. Zieht man aber zu schwach an, wäre der Spalt zwischen Scheibe und Gehäuse möglicherweise zu groß und das Bedienfeld damit undicht. Wenn dann Kaffee hinter die Scheibe auf die Elektronik läuft, können sich auch Nicht-Ingenieure leicht die Folgen ausmalen.
Die Spalte muss also absolut exakt gefertigt sein. Schließlich sind die hochwertigen Automaten weltweit täglich im Dauereinsatz in Hotels, Gaststätten, Krankenhäuser oder Büros – und Qualitätsmängel nicht akzeptabel. „Anfangs haben unsere Mitarbeiter diese Spaltbreite noch nach Gefühl und Augenmaß gefertigt“, erinnert sich der Werksleiter. Also bis zum Anschlag fixieren und dann manuell wieder lösen, bis der Spalt dem Gefühl nach stimmte. Da alle montierten Teile noch einmal auf den Prüfstand kamen, war sichergestellt, dass kein Fehlteil das Werk verließ. Aber beim Prüfen traten eben doch zu viele Ausfälle auf, es gab recht häufig Nacharbeit zu leisten und das war schlicht ineffizient.
Schraubersteuerung mit zwei Programmen
Mit steigenden Stückzahlen brauchte Schaerer daher eine Alternative. Gefunden hat sie Solari bei Atlas Copco Tools, und zwar in Form des Microtorque-Schraubers ETD M200 ABL 400 A samt Focus-400-Steuerung. Damit lassen sich pro Display acht Schrauben anziehen: vier, um die Scheibe mit der inneren Gehäuseschale zu verbinden, und vier weitere, um die äußere Schale zu montieren. Dazu sind in der Steuerung zwei Programme hinterlegt: Die ersten vier Schrauben werden mit einem zweistufigen Programm angezogen, das auf 60 Ncm fixiert (= 0,6 Nm) und anschließend um 150° löst. Der Schrauber ermittelt das Drehmoment via Motorstrommessung und hat einen zusätzlichen Encoder, um den Drehwinkel zu überwachen.
Microtorque spart Zeit
Beim passgenauen Anschrauben von Displays auf Kunststoffgehäuse bedarf es besonderer Sorgfalt, um materialbedingte Gefahren wie Weißbruch u.a. zu vermeiden. So auch bei den Kaffee-Vollautomaten von Schaerer. Das Unternehmen hat sich deshalb für den Einsatz des Microtorque-Schraubers ETD M200 ABL 400 A von Atlas Copco Tools entschieden und profitiert seitdem von weniger Fehlteilen und erheblicher Zeitersparnis.
„Mit den 60 Newton-Zentimetern ergeben sich an den vier Ecken Spaltbreiten von null und in der Mitte von etwa 0,3 Millimeter“, erklärt Solari, „Durch das anschließende Lösen erreichen wir eine gleichmäßige Spaltbreite von 0,3 Millimeter.“ Um den wechselnden Mitarbeitern am Arbeitsplatz die Führung des Werkzeugs zu erleichtern, ist der Microtorque-Schrauber an einem Linearstativ des Typs SMS T-5 befestigt. Der zweite Parametersatz für die äußeren Schrauben ist auf ein Drehmoment von 130 Ncm mit Drehwinkelüberwachung programmiert. Anwender brauchen zwischen Innen- und Außenschale nur kurz einen Schalter zu bedienen, um auf den jeweils anderen Parametersatz umzuschalten.
Schrauben ohne Mehraufwand
Inzwischen hat Schaerer diesen Montageschritt prozesssicher im Griff – und das ohne Mehraufwand. Pro Maschine spart das Unternehmen etwa 30 Sekunden Montagezeit und vor allem auch die Nacharbeit. Auch die Abwicklung durch Atlas Copco lobt der Schweizer: „Der Verkäufer hat uns ein Muster gebracht, die Steuerung programmiert, einige Stunden mit den Mitarbeitern geübt und uns dann ein paar Wochen testen lassen. Kurz darauf hatten wir das System schon gekauft.“
Für die aktuellen Stückzahlen sei man nun gut aufgestellt. Vor fünf Jahren zog das Unternehmen bereits aus Platzgründen an den jetzigen Standort Zuchwil um. Sollte der Boom weitergehen, will Solari auf jeden Fall wieder ein Microtorque-System anschaffen.
Thomas Preuß
(mou)