Besonders attraktiv für viele Einsatzzwecke sind dreiachsige Beschleunigungssensoren. Denn mit Kosten von deutlich unter einem Euro und einer Vielzahl an Features bieten sie ein sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis. Zu den aktuellen Highlight-Produkten zählen die dreiachsigen MEMS-Beschleunigungssensoren LIS3DH von STMicroelectronics und BMA250E von Bosch Sensortec.

Auf einen Blick

Die Fülle verschiedenster MEMS-Sensortypen mit unterschiedlicher Integrationsstufe stellt Entwickler vor die Qual der Wahl. Häufig lässt sich anfangs kaum sagen, mit welchem Sensortyp sich die Zielsetzung einer Entwicklung am besten erreichen lässt. Rutronik führt ein unvergleichlich breites und tiefes Portfolio unterschiedlicher, innovativer MEMS-Sensortypen seiner Franchisehersteller. Dabei deckt der Distributor nicht nur die Sensoren sondern auch die Sensorsignalaufbereitung ab. Aus dieser breiten Palette lässt sich für jede Anforderung eine passende Lösung realisieren und der Entwickler ist nicht bereits zu Beginn der Entwicklung festgelegt. Bei der Auswahl erhält er fundierte Unterstützung von den Rutronik Produkt- und Applikationsingenieuren.

Beide sind äußerst stromsparend und klein und empfehlen sich deshalb besonders für Anwendungen in mobilen Geräten. Dank Low-Power-Modus lässt sich der Stromverbrauch des ST-Modells LIS3DH auf lediglich 2 μA reduzieren, der Sensor von Bosch Sensortec kommt mit weniger als 5 μA aus. Mit Hilfe ihrer „Wake-up-on-Motion-Funktion“ kann der Stromverbrauch einer gesamten Applikation spürbar verringert beziehungsweise die Batteriebetriebsdauer erhöht werden. Die Anwendung wird in eine Art „Sleep-Modus“ versetzt, registriert der MEMS-Sensor eine Bewegung, wird sie wieder „aufgeweckt“ (Smart Power Management).

Die Gehäusemaße der Sensoren von 3 x 3 x 1 mm3 (LIS3DH) beziehungsweise 2 x 2 x 0,95 mm3 (BMA250E) sind ideal für platzkritische Applikationen. Beide Modelle liefern über programmierbare Messbereiche von ±2, ±4, ±8 und ±16 g präzise Werte mit einer Empfindlichkeit von 1 mg/digit beim LIS3DH beziehungsweise 256 LSB/g beim BMA250E im 2-g-Bereich. Sie haben eine digitale Auflösung von 12 Bit oder 10 Bit, das typische zero-g offset über die gesamte Lebensdauer hinweg liegt bei ±40 mg beim ST- und ±80 mg beim Bosch-Modell.

Viele Features eröffnen zahllose Einsatzmöglichkeiten

Beide Beschleunigungssensoren bieten eine „Freefall Detection“, wie sie derzeit meist in Festplatten in Laptops zum Einsatz kommt. Hier wird der Schreib- und Lesekopf in eine sichere Position gebracht sobald der Sensor den freien Fall registriert. Auch Maschinen, wie zum Beispiel eine Kettensäge oder Kranfernsteuerung kann dieses Prinzip bei freiem Fall mittels Notfall-Abschaltung in einen sicheren Zustand bringen.

Dank der Erfassung bereits minimalster Bewegungen und Erschütterungen sowie Positionsänderungen eignen sich die Beschleunigungssensoren auch als Schutz gegen Vandalismus oder Diebstahl, etwa bei Öl- oder Gaspipelines, Automaten oder wertvollen Gegenständen. Die Registrierung von Vibrationen kann dazu dienen, die ordnungsgemäße Funktion einer Maschine zu prüfen und im Störfall eine Schnellabschaltung auszulösen.

HMI-Applikationen lassen sich durch den Einsatz der Sensoren mit neuen Features versehen und somit aufwerten. Mit Hilfe des sogenannten „display profile switching“ kann die Ausrichtung des Bildes bei portablen Bedieneinheiten mit Displays angepasst werden, wenn das Display um 90 Grad gedreht wird, ähnlich wie bei Digitalkameras.

Ihre Flat Detection ermöglicht durch Erkennung der Position beispielsweise das Ausschalten des Tons (Smart Phone) oder das Herunterfahren eines Gerätes in den Ruhezustand bei Erschütterungen.

In vielen Anwendungen bietet sich die Tap- beziehungsweise Double-Tap-Steuerung der Beschleunigungssensoren an. Dadurch kann auf mechanische Taster oder Schalter verzichtet und somit die Bedienung komfortabel gestaltet werden.

Attraktiv für mobile Fitness oder Health-Monitoring-Anwendungen sind die Schrittzähler-Funktion sowie das Acitivity-Monitoring, das sich mittels der dreiachsigen Beschleunigungssensoren realisieren lässt. Es werden Bewegungsmuster des Trägers aufgezeichnet und damit Rückschlüsse auf die zurückgelegte Wegstrecke und den Kalorienverbrauch gezogen. Bei einem Sturz, zum Beispiel beim Bergsteigen, erkennt der Sensor den freien Fall und kann, wenn der Körper sich nicht mehr bewegt, einen Notruf (Emergency Call) auslösen.

Sowohl STMicroelectronics als auch Bosch Sensortec bieten Soft- und Hardwaretools für erste Tests mit den MEMS-Sensoren mit einer benutzerfreundlichen grafischen Oberfläche. Damit können Entwickler verschiedene Einstellungen anschaulich vornehmen und testen und später eins zu eins in die Applikation übernehmen. Hierfür stellen beide Hersteller Programmierboards, Application Programming Interface (API), beziehungsweise Low-Level-Treiber zur Verfügung.

Eine Fülle an Sensortypen

Neben den Beschleunigungssensoren ist eine breite Palette weiterer MEMS-Sensortypen auf dem Markt verfügbar. So verbinden MEMS-Mikrofone eine hohe Klangqualität und Robustheit mit kleinsten Abmessungen für Anwendungen der Spracherkennung und -steuerung. Gegenüber herkömmlichen klassischen Elektromikrofonen (ECM) sind die MEMS-Modelle zuverlässiger und robuster und haben eine bessere Charakteristik über den Temperaturverlauf. Aktuell sind sie kaum teurer als herkömmliche Mikrofone, in Kürze werden sie sogar zum selben oder einem geringeren Preis erhältlich sein. Sie eignen sich nicht nur für HMI-Applikationen in der Industrie, sondern auch für Navigationssysteme, Freisprechanlagen oder Konferenzsysteme. STMicroelectronics bietet digitale (MP34DT/DB01 / MP45DT02) und analoge (MP33AB01/B01H) Modelle mit einem SNR von bis zu 63 dB bei einer sehr flachen Frequenzantwort (20 Hz bis 20 kHz).

Drehratensensoren tragen zu mehr Sicherheit bei, etwa in Bohrmaschinen. Sie erfassen die Rotation der Bohrmaschine (oder das Mitdrehen), nachdem sich der Bohrer im Beton festgebissen hat und sorgen für eine Notabschaltung.

Barometrische MEMS-Drucksensoren messen den Luftdruck und errechnen aus dem Wert die Höhe mit einer Genauigkeit von 25 cm. So eröffnen die Drucksensoren neue Anwendungsszenarien für die Indoor-Navigation in Kauf- oder Parkhäusern. Bei Feuerwehr- und Polizeieinsätzen können sie sogar helfen, Leben zu retten, indem sie anzeigen, wo im Gebäude sich verunglückte Personen befinden. In Navigationssystemen stellen sie die exakte Position des Fahrzeugs auch auf mehrstöckigen Straßen dar.

Durch die Kombination mehrerer Sensoren erweitern sich die Möglichkeiten nahezu ins Unendliche. Zum Beispiel in einer Waschmaschine: Hier können Drucksensoren den Füllstand messen während Beschleunigungssensoren die Beladung ermitteln und optische Sensoren den Verschmutzungsgrad des Wassers prüfen, so dass das Wasch-/Trocknungsprogramm optimal angepasst werden kann.

Kombination verschiedener Sensortypen

Die Vorteile der Kombination verschiedener Sensortypen haben auch die Hersteller erkannt und bieten diese bereits vereint in einem Modul, wie im LSM330D von STMicroelectronics. Im lediglich 3 x 5,5 x 1 mm3 großen Gehäuse befinden sich der dreiachsige Beschleunigungssensor LIS3DH und das dreiachsige Gyroskop L3GD20. Letzteres bietet die volle Messskala von ±250 bis ±2000 dps und verfügt über einen programmierbaren Interrupt. Dieselbe Kombination aus dreiachsigem Beschleunigungssensor (BMA255) und dreiachsigem Gyroskop (BMG160) bietet Bosch Sensortec mit dem BMI055. Mit Maßen von 3 x 4,5 x 0,95 mm ist er die kleinste derzeit am Markt verfügbare Inertial Measurement Unit (IMU). Seine sechs Freiheitsgrade (6 DoF, Degrees of Freedom) und sein niedriger Stromverbrauch von nur 5,15 mA im Full-operation-Modus machen ihn ideal für anspruchsvolle Applikationen in der Consumer-Elektronik, unter anderem für Gaming-Anwendungen auf Spielekonsolen, Smartphones und Tablet-PCs. Seine hohe Auflösung von 16 (Gyroskop) und 12 Bit (Beschleunigungssensor) sorgen für präzise, zuverlässige Messergebnisse, außerdem verfügt der BMI055 über ein exzellentes Signal/Rausch-Verhältnis. Seine Messskala lässt sich von ±125 bis ±2000 dps beim Gyroskop und ±2 bis ±16 g beim Beschleunigungssensor programmieren. Letzterer zeichnet sich zudem durch ein niedriges Zero-g-Offset von nur typischen 70 mg aus. Die digitalen I2C- und SPI-Schnittstellen bieten vielseitige Möglichkeiten zur Datenkommunikation.

Derartige xDoF MEMS-Sensoren beziehungsweise -Module ermöglichen nicht nur Gaming-Anwendungen sondern auch die Fernüberwachung von Patienten oder älteren Menschen ohne diese in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. So kann der Sensor zum Beispiel einen Sturz „erkennen“ und veranlassen, dass eine Pflegeperson alarmiert wird. Auch geistig verwirrte Personen, die sich verlaufen haben, lassen sich damit wieder ausfindig machen. Ergotherapien, Training für Sportler und Medikamentengaben können punktgenau auf das individuelle Bewegungsprofil abgestimmt und so wirkungsvoller gestaltet werden. In Blutdruckmessgeräten für zuhause kann der Sensor die Armhaltung überprüfen und so eine korrekte Messung sicher stellen. Bei der Tierhaltung lässt sich mit Hilfe eines solchen MEMS-Sensors die Menge an Kraftfutter individuell auf die Bewegung des Tieres abstimmen.

Über noch mehr Freiheitsgrade verfügen Sensor-Module, die eine größere Anzahl an Sensortypen kombinieren. Ein solches Multi-Sensor-Modul mit neun Freiheitsgraden hat STMicroelectronics kürzlich auf den Markt gebracht: Das iNEMO M1 (System on Board)vereint einen 6-achsigen Geomagnetsensor LSM303DLHC (dreiachsiger Beschleunigungssensor + dreiachsiger Magnetsensor), ein dreiachsiges Gyroskop L3GD20 sowie den 32-Bit-Mikrocontroller STM32 und eine spezifische Sensor-Fusion-Software, bei Abmessungen von nur 13 x 13 x 2 mm3. Damit verfügt das iNEMO M1 über Wahrnehmungen, die nahezu alle menschlichen Sinne umfassen und zum Teil darüber hinaus gehen. So erfasst es lineare Beschleunigungen, Winkelgeschwindigkeiten und das Erdmagnetfeld, womit sich die Lage, Bewegungen und deren Richtung präzise bestimmen lassen. Die Software bündelt die Ausgangssignale aller Sensoren. Verzerrungen und Ungenauigkeiten der Messungen werden von Prädiktions- und Filteralgorithmen automatisch korrigiert. Das Gyroskop L3GD20 registriert Roll-, Neigungs- und Schwank-Bewegungen auf einer frei wählbaren Skala zwischen ±250, ±500 und ±2000 °/s. Der geomagnetische Sensor LSM303DLHC verfügt über eine frei programmierbare Messskala von ±2, ±4, ±8 und ±16 g beim Beschleunigungssensor und ±1,3 bis ±8,1 Gauss beim Magnetsensor, sowie einen I2C-Ausgang. Mit diesen Features bringt es noch mehr Realitätsnähe in Gaming- und Virtual- beziehungsweise Augmented-Reality-Anwendungen, Mensch-Maschine-Schnittstellen, Robotern und portablen Navigationsgeräten sowie bei der Patientenüberwachung.

Martin Grimmern

iist Senior Marketing Manager Analog & Sensors bei Rutronik Elektronische Bauelemente.

(ah)

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