Die Regelwerke der EU verlangen nach einer AMR-Technik (Automated Meter Reading), die es den Stromkunden ermöglicht, ihren Energieverbrauch alle 15 Minuten abzufragen. Mit Smart Grid lässt sich dies mithilfe der Powerline-Kommunikation auf Basis verschiedener Protokolle (zum Beispiel Linky G1, G3, PRIME usw.) realisieren. Allerdings lassen sich diese Vorgaben erst durch volldigitale Zähler effektiv umsetzen. Der Einsatz digitaler Elektrizitätszähler bietet einige Vorteile:

  • Die Funktionen des Zählers können durch einfache Firmware-Upgrades geändert und erweitert werden.
  • Der Mikrocontroller kann Schalter und andere Vorrichtungen ansteuern.
  • Manipulationsschutz durch Stromvergleich zwischen Phase und Nullleiter.
  • Eine Echtzeituhr mit Kalenderfunktion erlaubt eine genaue zeitliche Protokollierung etwaiger Manipulationsversuche.
  • Tarifmanagement und die Anbindung an das Smart Grid gestalten sich einfacher.

Für die Realisierung eines rein digitalen Elektrizitätszählers gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Spezieller Chip für das Energiezähler-AFE (Analog Front End) zum Ansteuern der mechanischen Zählvorrichtung und der Puls-LED.
  • Spezielles AFE zum Anschluss an den Mikrocontroller.
  • Mikrocontroller mit integriertem AFE.
  • Universal-Mikrocontroller mit externem A/D-Wandler (ADC).
  • Universal-Mikrocontroller mit integriertem ADC.

Seitdem die Norm EN 50470-1:2006 die maximal zulässigen Fehler eines Elektrizitätszählers an jedem Punkt des Strom‑ und Spannungsbereichs festlegt, ist die Einhaltung der gesetzten Grenzwerte nicht einfach. Aus diesem Grund gibt es auf dem Markt so viele AFEs, die geprüft sind und der Norm EN 50470-1:2006 in vollem Umfang entsprechen. Von der Norm spezifiziert werden die Parameter ISTART, IMIN, ITR, IREF und IMAX. ITR = IREF/2 (alternativ auch als INOM bezeichnet), IMIN = ITR/2, ISTART = 20 mA.

Im Folgenden wird exemplarisch die Konstruktion eines Elektrizitätszählers der Klasse B für einen Maximalstrom von 100 A beschrieben. Der Markt fordert einen Nennstrom von 5 A – auch bei einem derart hohen Maximalstrom. Im vorliegenden Fall wird im Bereich von IMIN = 250 mA bis ITR = 500 mA eine Genauigkeit von 1,5 Prozent verlangt, während zwischen ITR = 500 mA und IMAX eine Genauigkeit von 1 Prozent vorgeschrieben ist. Unterhalb von IMIN ist keine bestimmte Genauigkeit vorgeschrieben, jedoch muss der Elektrizitätszähler erkennen, wenn kein Strom fließt. Um dieses Maß an Genauigkeit zu erreichen, ist das AFE mit 16/24-Bit Sigma-Delta-ADCs bestückt und nutzt ausgefeilte Dezimations‑, Filter‑ und Rechenalgorithmen, um verschiedenste Arten von Rauschen und Fehlern zu unterdrücken. Viele AFEs sind extern implementiert oder bei integrierter Ausführung ausreichend gegen die vom Mikrocontroller ausgehenden Störungen abgeschirmt. Bei einer Kombination aus AFE und Mikrocontroller kommt es zu Mehrkosten.

Ein solcher Elektrizitätszähler kann jedoch auch schon mit einem einfachen 8-Bit­‑ oder 10-Bit-ADC implementiert werden – ohne externe Bauelemente wie etwa Operationsverstärker, Strombereichs-Umschalter und weitere. Voraussetzung für den Bau eines kosteneffektiven Elektrizitätszählers ist ein ADC von hoher Qualität, gleichgültig, ob er als externes Bauelement implementiert oder integriert ist. Diese Vorgabe ist allerdings nicht einfach umzusetzen, speziell wenn der Universal-ADC ein Bestandteil eines Universal-Mikrocontrollers ist. Einige Kunden wünschen aber eine solche Lösung, weil sie zum einen die Kontrolle über den Berechnungsprozess behalten und auch ihr eigenes Fachwissen einbringen möchten. Auch sind einige AFEs mit gewissen Einschränkungen behaftet.

Für den Berechnungsprozess werden nicht nur Effektivspannung, Effektivstrom und Wirkleistung benötigt, sondern auch die Blindleistung, der Oberwellenanteil, die Verzerrungsleistung, der Leistungsfaktor, die Phasenverschiebung, eine Oberwellenanalyse und Angaben zu bestimmten Oberwellen. Die Blindleistung kann beispielsweise auf unterschiedliche Arten berechnet werden:

  • Berechnung aus der Schein‑ und Wirkleistung.
  • Berechnung aus der Wirkleistung des Signals mit einer Phasenverschiebung aller Oberwellenströme um 90°.
  • Berechnung per Fourier-Transformation als Imaginärteil der Leistungsspektren.
  • Berechnung nach der sehr simplen, aber populären Methode, den Strom der Grundschwingung um 90° zu verschieben.

Werden zur Erfassung der Stromstärke Stromwandler verwendet, könnte dank der galvanischen Trennung eine Single-Chip-Lösung für dreiphasige Elektrizitätszähler sehr effizient sein, das Leiterplattendesign, die Zuverlässigkeit und die Gesamtkosten betreffend. Werden dagegen Shunt-Widerstände für Dreiphasen-Messungen verwendet, führt aus Isolationsgründen kein Weg an einer aus mehreren Chips bestehenden Lösung vorbei.

Beim STM32F373 von ST handelt es sich um einen leistungsstarken Universal-Mikrocontroller STM32F373 mit Cortex-M4F-Core, 72 MHz Taktfrequenz, drei integrierten, mit 50 KSPS arbeitenden 16-Bit Sigma-Delta-A/D-Wandlern (SDADCs) und einem schnellen, nach dem Successive-Approximation-Verfahren arbeitenden 12-Bit ADC mit 1 MSPS. Durch den integrierten Analog-Teil eignet sich der Mikrocontroller für die Realisierung eines dreiphasigen Elektrizitätszählers mit der im vorigen Kapitel skizzierten Berechnungs-Flexibilität.

Vor der Ankündigung des STM32F373 hatte ST bereits ein erfolgreiches Design eines einphasigen Elektrizitätszählers vorgestellt. Dessen Grundlage war der Universal-Mikrocontroller STM32F100 mit integriertem 12-Bit ADC. Die Einphasen-Messung per Shunt-Widerstand ergibt eine sehr geringe Phasenverschiebung und moderate Anforderungen (zum Beispiel keine Oberwellen), so dass die Berechnung im Zeitbereich anstatt im Frequenzbereich erfolgen kann. Viel Know-how aus dem STM32F100-Design floss auch in den STM32F373 ein. Zum Beispiel ist das Wissen, dass das Oversampling nur die differenzielle Nichtlinearität eines ADC verringert, die wichtigste Voraussetzung für die Implementierung eines präzisen Messsystems.

Obwohl sich die Genauigkeit eines ADC in gewissem Umfang per Software korrigieren lässt, könnten sich Probleme für den Fertigungs‑, Zertifizierungs‑ und Kalibrierprozess ergeben. Während bei ADCs, die nicht nach dem Sigma-Delta-Prinzip arbeiten, eine Verbesserung der Linearität per Hardware oder Software erforderlich ist, sobald eine höhere Genauigkeit verlangt wird, weisen Sigma-Delta-ADCs von sich aus bereits eine sehr hohe Linearität auf. Gelingt es, das systemimmanente Rauschen in den Griff zu bekommen, lässt sich die Zahl der effektiven Bits des ADC erhöhen. Auch wenn die einzelnen vom ADC kommenden Werte mit einem gewissen Rauschen behaftet sind, ist die Situation bei den Effektivwerten eine andere. Zusammenfassend ist also zu sagen, dass das Hauptaugenmerk auf die Linearität des Gesamtsystems, das systemimmanente korrelierte Rauschen und die Leistungsfähigkeit des kompletten Systems gerichtet werden muss.

Die folgenden Eigenschaften des STM32F373 ermöglichen eine mühelose und effektive Elektrizitätszähler-Implementierung.

  • Standardmäßiger, verbreitet eingesetzter 32-Bit-Core Cortex-M4F mit Gleitkomma-Unterstützung. Anstatt der problematischen Gleitkomma-Genauigkeit kann jetzt komfortabel im Festkomma-Format gearbeitet werden. 32-Bit-Gleitkomma-Berechnungen sind aufgrund der Core-Implementierung schneller als 32-Bit-Festkomma-Berechnungen.
  • Dank der verfügbaren DSP-Bibliothek, die die DSP-Funktionen des Cortex-M4F-Cores nutzt, gestaltet sich die Implementierung der Rechen‑, Filter‑, FFT‑ und sonstigen Funktionen sehr einfach und komfortabel.
  • Der chip-interne Flash-Speicher kann als EEPROM genutzt und zur Speicherung von Kalibrierkonstanten, Manipulationsschutz-Daten, Messwerten, Tarifspezifikationen und Lastprofilen verwendet werden.
  • Die integrierte Echtzeituhr sowie die internen Oszillatoren und die Kommunikations-Peripherie sorgen dafür, dass dieser Chip wahlweise eigenständig eingesetzt oder mit anderen Bauelementen wie IR-Ports, PLMs, MEMS-Bauelementen und so weiter kombiniert werden kann.

Auch wenn für Zertifizierungs‑ und Kalibrierzwecke der LED-Ausgang der wichtigste Ausgang eines Elektrizitätszählers ist, stellt ein LCD einen integralen Bestandteil des Zählers dar. Dem Display für den Elektrizitätszähler wird deshalb große Aufmerksamkeit gewidmet. Zunächst erachtete man ein direkt angesteuertes LCD-Segmentdisplay als populärste und zugleich billigste Lösung. Befragungen von Kunden weltweit ergaben jedoch, dass die Hälfte der Kunden das Gegenteil, nämlich das Chip-on-Glass-Konzept, bevorzugt.

  • Die Chip-on-Glass-Komponente enthält stets einen Spannungs-Booster, der die Verwendung eines preisgünstigeren LCDs erlaubt. Auf diese Weise kann der gesamte Temperaturbereich mit guter Ablesbarkeit abgedeckt werden. Ein direkt vom Mikrocontroller angesteuertes LCD wird stattdessen nur mit VCC = 3,3 V betrieben.
  • Die Ansteuerung des Chip-on-Glass per SPI kommt durch die Beschränkung auf drei Leitungen der elektromagnetischen Verträglichkeit entgegen.
  • Werden für das LCD nur drei Leitungen benötigt, können viele Pins für andere Zwecke genutzt werden. Dies erspart die Kosten für einen GPIO-Expander oder zusätzliche Lösungen, um die Funktionalität der belegten Mikrocontroller-Pins aufzuwiegen.
  • Das Leiterplatten-Layout gestaltet sich schneller und einfacher.
  • Wird ein Software-LCD-Treiber im Mikrocontroller ohne hardwaremäßigen LCD-Treiber verwendet, verringert sich beim Einsatz einer Chip-on-Glass-Lösung die Arbeitsbelastung für den Mikrocontroller. Der Softwarecode wird kürzer und einfacher.

Dank der zahlreichen GPIO-Pins des STM32F373 kann der softwaremäßige LCD-Treiber direkt ein großes Segment-LCD ansteuern, falls diese Option gewünscht wird. Das im Folgenden vorgestellte Elektrizitätszähler-Referenzdesign ermöglicht den Anschluss eines LCD mit 4 x 14 bis 4 x 31 Segmenten oder die Verwendung eines per SPI angeschlossenen Monochrom‑ oder Farbdisplays.

Ist die Wahl auf einen Mikrocontroller mit ADC gefallen und sind die Sensoren und das Display ausgewählt, wird ein geeigneter Algorithmus zur Leistungsberechnung implementiert. Die Berechnung kann im Zeit‑ oder Frequenzbereich erfolgen. Beide Verfahren haben ihre spezifischen Vor‑ und Nachteile:

Berechnung im Zeitbereich:

  • Sehr leicht zu implementieren in Systemen, in denen sich die Phasenverschiebung (zwischen U und I) einfach, durch Verschiebung der Daten, kompensieren lässt, bevor die Daten an den Rechenalgorithmus übergeben werden.
  • Die Rechenleistung des Mikrocontrollers wird wenig beansprucht, sofern nur Effektivwerte und die Wirkleistung benötigt werden.
  • Werden hingegen weitere Daten wie der Leistungsfaktor, die Blindleistung, der Klirrfaktor, der Gehalt an Oberschwingungen höherer Ordnung und der Cosinus Phi benötigt, gestalten sich die Berechnungen äußerst komplex.

Berechnung im Frequenzbereich:

  • Sämtliche Berechnungen erfolgen in einem Durchgang. Die FFT-Operation liefert alle Informationen über das Signal. 
  • Da eine Gleitkomma-FFT-Operation über 6 x 64 Punkte auf einem Cortex-M4F-Core mit 72 MHz Taktfrequenz insgesamt 1 ms dauert (3 Spannungen und 3 Ströme), lässt sich sogar ein Frequenz-Analyser einfach implementieren.
  • Zusätzliche Rechenleistung wird von den trigonometrischen Funktionen (tan-1, sin und cos) beansprucht, die zur Berechnung von Wirk‑ und Blindleistung, Leistungsfaktor, Klirrfaktor und weitere benötigt werden. Reduzieren lässt sich der Rechenaufwand durch Beschränkung auf die relevanten Oberschwingungen. Den übrigen im Signal enthaltenen Oberschwingungen wird geringeres Gewicht beigemessen.

Das für den STM32F373 angebotene E-Meter Evaluation Kit Steval-IPE022V1 ist ein weitreichend skalierbares Elektrizitätszähler-System zur Energiemessung in einem dreiphasigen Netz mit einem Maximalstrom von 100 A pro Phase. IREF ist mit 5 A sehr gering, da die Ströme mithilfe von Stromwandlern erfasst werden. Das Board verfügt über die Genauigkeitsklasse B (EN 50470-3:2006) oder 1 (IEC 62053-21:2003). Es eignet sich für Industriegehäuse. Die Peripherie ist integriert oder extern anschließbar: MEMS, PLM, ZigBee, Krypto, RFID, Opto-Head. Weiterhin befindet sich auf dem Board ein optisch isoliertes JTAG-Tool. Dadurch lässt sich die Isolation überbrücken und das Board kann per USB mit Strom versorgt werden, sollte zwischendurch ein Debugging erforderlich sein. Zur Verfügung stehen außerdem ein Segment‑ oder Farb-SPI-Grafikdisplay, Joystick und Steckbrücken für die benutzerspezifische Konfiguration. Die Demonstrations-Software ist durch strukturierte Variablen und einen modularen Aufbau für bestmögliche Lesbarkeit optimiert.

Realisierung eines dreiphasigen Elektrizitätszählers

Als langjähriger Hersteller von AFEs für Elektrizitätszähler entschied sich ST dafür, mit einem leistungsstarken Universal-Mikrocontroller auf den Markt zu kommen. Es handelt sich dabei um den STM32F373 mit Cortex-M4F-Core, 72 MHz Taktfrequenz, drei integrierten, mit 50 KSPS arbeitenden 16-Bit Sigma-Delta-A/D-Wandlern (SDADCs) und einem schnellen, nach dem Successive-Approximation-Verfahren arbeitenden 12-Bit ADC mit 1 MSPS. Die Bausteine der Value, Performance und Connectivity Line im Rahmen der STM32-Familie werden jetzt durch die neue Analog Line ergänzt. Durch den integrierten Analog-Teil eignet sich der Mikrocontroller für die Realisierung eines dreiphasigen Elektrizitätszählers.

Ludek Holoubek

ist Senior Application Engineer bei STMicroelectronics in Aschheim-Dornach.

(ah)

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