Alte Technik rostet nicht: Elektromechanische Sicherheitsschalter stehen immer noch hoch im Kurs.

Alte Technik rostet nicht: Elektromechanische Sicherheitsschalter stehen immer noch hoch im Kurs.Euchner

Die EN ISO14119 unterscheidet zwei Arten von Zuhaltungen, die Prozessschutz-Zuhaltung und die Personenschutz-Zuhaltung. Erstere dient nur dazu, den Arbeitsablauf nicht zu unterbrechen. Deshalb werden an die Sicherheitstechnik bezüglich der Zuhaltefunktion keine Anforderungen gestellt. Jedoch müssen zumindest alle Anforderungen an eine Verriegelungseinrichtung erfüllt sein. Die Maschine muss also nicht beim Öffnen der Zuhaltung sicher stoppen, sondern erst beim Öffnen der Schutztür.

Zuhaltungen für den Personenschutz verhindern, dass Personen eine Maschine betreten können, solange eine Gefährdung besteht. Die Maschine muss daher bereits beim Entriegeln der Zuhaltung sicher stehen.

Hohe Ansprüche leicht zu erfüllen

An die Sicherheitsbauteile werden verschiedene normative Anforderungen gestellt: Zum einen muss die Stellung der Zuhaltung sicher überwacht werden zum anderen betrifft es das Zuhaltungsprinzip. Die Norm unterscheidet hier in vier verschiedene Prinzipien:

  • ‚Federkraft betätigt, Energie EIN entsperrt‘
  • ‚Energie EIN entsperrt, Energie EIN zugehalten‘
  • ‚Energie EIN betätigt, Federkraft entsperrt‘
  • ‚Energie EIN betätigt, Energie AUS entsperrt‘

Zwei davon eignen sich für Personenschutz-Zuhaltungen. Die erste ist das Prinzip ‚Federkraft betätigt, Energie EIN entsperrt‘. Hierbei wird mit einer mechanischen Feder das Sperrmittel in die zugehaltene Stellung gebracht und mit einem Hubmagneten entsperrt. Die Tür bleibt damit bei vollständiger Abschaltung einer Maschine sicher zugehalten und kann dann nicht betreten werden, sofern die Schutztür sicherverschlossen war. Falls es notwendig ist, dass die Maschine auch in dieser Situation geöffnet werden muss, etwa für eine Reinigung, verlangt die EN ISO14119 entweder zusätzliche Entriegelungsmöglichkeiten oder aber das zweite Prinzip für Personenschutzzuhaltung: ‚Energie EIN entsperrt, Energie EIN zugehalten‘ – das bistabile Prinzip: Bei dieser Art von Zuhaltungen verbleibt das Sperrmittel in der Stellung, in der es bei Abschalten der Spannungsversorgung ist und behält diesen Status. In der Praxis wird häufig auch dann, wenn ein Prozessschutz bereits ausreicht, beim Öffnen der Zuhaltung die Maschine trotzdem angehalten. Die Forderung nach einem der obigen Prinzipien muss in diesem Fall nicht erfüllt werden. Hier können auch die beiden anderen  Prinzipien: ‚Energie EIN betätigt, Federkraft entsperrt‘ und ‚Energie EIN betätigt, Energie AUS entsperrt‘ zum Einsatz kommen. Bei beiden ist es bei Abschalten der Maschine oder Stromausfall möglich, die Tür zu öffnen. Das erleichtert Reinigungs- und Servicearbeiten.

Es braucht nicht immer eine moderne Zuhaltung mit integrierter Elektronik. Mit einer elektromechanischen Zuhaltung für den Personenschutz lässt sich eine Schutztür in jedem gewünschten und benötigtem Performance Level (PL) nach EN ISO13849-1 sichern. Benötigt dazu werden nur die richtige Schaltungstechnik und die korrekte Auswahl der Sicherheitsbauteile. Drei Beispiele zeigen, wie sich dies realisieren lässt.

Kategorie 3 mit einem Fehlerausschluss realisieren

Wenn die Schutzfunktion einen Fehlerausschluss zulässt, erfüllen auch elektromechanische Zuhaltungen Kategorie 3 gemäß EN ISO13849-1.

Wenn die Schutzfunktion einen Fehlerausschluss zulässt, erfüllen auch elektromechanische Zuhaltungen Kategorie 3 gemäß EN ISO13849-1.Euchner

Vielfach wird in Applikationen für die Kategorie 3 nur eine einzige Zuhaltung angebracht, deren zwei Kontakte an eine Sicherheitsauswertung angeschlossen sind. Diese Schaltung ist elektrisch vollständig zweikanalig aufgebaut und erfüllt somit die Hauptanforderung der Kategorie 3 – eine redundante Auslegung. Auch die Diagnosefunktion scheint ausreichend, allerdings nur auf den ersten Blick.

Was ist mit den mechanischen Aspekten, wenn beispielsweise der Betätiger an der Zuhaltung bricht? Dann fällt diese Schaltung mit dem ersten Fehler, dem Versagen der Mechanik, aus. Das wiederum bedeutet, dass doch nicht alle Forderungen der Kategorie 3 erfüllt werden können. In der EN ISO13849-1 wird nicht nur die Elektrik einer sicherheitstechnischen Schaltung beschrieben, es werden auch die mechanischen, hydraulischen und pneumatischen Aspekte gelistet. Trotzdem ist das Beispiel eine korrekte Applikation einer Zuhaltung und kann auch die Kategorie 3 erfüllen. Der Schlüssel hierzu ist ein sogenannter Fehlerausschluss, die Feststellung, dass ein bestimmter Fehler nicht auftreten kann. Diese Ausschlüsse sind in der EN ISO13849-1 zugelassen. Im Teil 2 der Norm finden sich dazu umfangreiche Listen zu den verschiedenen Konzepten. Für die möglichen Fehler ist dort angegeben, ob ein Fehlerausschluss überhaupt zulässig ist. Um nun den Fehler ‚Brechen der Mechanik‘ ausschließen zu können, muss sichergestellt sein, dass dieser Fehler überhaupt nicht auftreten kann, zum Beispiel weil der mechanische Teil der Zuhaltung so geschützt ist, dass keine Kräfte, die zu einem Ausfall führen könnten, auf die Zuhaltung einwirken können. Kann das gewährleistet werden, ist ein Fehlerausschluss einfach zu begründen und auch zulässig.

Auflistung der Fehlerausschlüsse

Eine Hilfestellung zum Thema Fehlerausschluss ist mit dem Flyer ‚Bewährtes bleibt sicher‘ verfügbar. Darin sind alle Fehler, die an einer Verriegelung oder Zuhaltung auftreten können, aufgelistet. Darüber hinaus enthält die Broschüre Hinweise darauf, was normativ vorgesehen ist, um einen eventuellen Fehlerausschluss zu rechtfertigen.

Allerdings lässt die EN ISO13849-2 im PLe keinen Fehlerausschluss auf Versagen der Mechanik zu. Das gilt zumindest für Verriegelungen, die mit elektromechanischen Schaltern aufgebaut werden. Zu Zuhaltungen sagt diese Norm nichts.

Das ist wiederum in der neuen EN ISO14119 geregelt worden: Bei Zuhaltungen ist in Abhängigkeit von der Risikobeurteilung auch beim Performance Level e (PLe) ein Fehlerausschluss auf das Sperrmittel einer Zuhaltung möglich. Allerdings nur auf das Sperrmittel, also den Bolzen, der die eigentliche mechanische Kraft aufnimmt. Dies gilt nicht für die in jeder Zuhaltung enthaltene Funktion der Verriegelung. Somit kann die obige Schaltung, die ja einen Fehlerausschluss beinhaltet, keinen PLe erreichen, sondern nur einen PLd.

Zur Erreichung des Performance Level e (PLe) mit
elektromechanischen Schaltern  muss nach EN ISO13849-2 die Verriegelung überwacht werden. Dazu reicht ein Standard-Positionssensor (P1) aus, der die Stellung der Zuhaltung überwacht.

Zur Erreichung des Performance Level e (PLe) mit elektromechanischen Schaltern muss nach EN ISO13849-2 die Verriegelung überwacht werden. Dazu reicht ein Standard-Positionssensor (P1) aus, der die Stellung der Zuhaltung überwacht. Euchner

Besser ohne Fehlerausschluss

Falls ein Fehlerausschluss nicht machbar ist oder nicht gewünscht ist muss im zweiten Kanal ein weiterer Sensor verwendet werden. Dessen Aufgabe: Bei einem mechanischen Defekt der Zuhaltung, mindestens noch einmal ein Schaltsignal zur Abschaltung der Maschine geben. Bei Zuhaltungen stellt sich die Frage, was für ein Sensor das sein muss. Letzten Endes kann diese Frage nur durch eine Risikoanalyse beantwortet werden.

Bei vielen Applikationen ist es aber akzeptabel, dass beim einmaligen Öffnen einer Schutztür die Maschine noch nachläuft. Das heißt: wenn durch einen mechanischen Defekt die Zuhaltung nicht mehr funktioniert, wird zumindest beim Öffnen der Schutztür ein Signal abgegeben, das die Maschine abschaltet. Dies lässt sich mit einem einfachen zweiten Sensor, beispielsweise einem Positionsschalter, erreichen, der keine Zuhaltefunktion und auch keine Sicherheitsfunktion beinhaltet. Der zusätzliche Sensor ist in Reihe mit einem der beiden Kontakte geschaltet, welche die Stellung der Zuhaltung überwachen. Dadurch schaltet nur einer der Kanäle bei Defekt der Zuhaltung ab – ein Fehler wird vom Sicherheitsauswertegerät K1 erkannt und die Maschine läuft nach dem Öffnen der Schutztür nicht mehr an.

Bei der Berechnung des Performance Levels braucht die Ausfallswahrscheinlichkeit des Sensors nicht berücksichtigt zu werden, da der zusätzliche Sensor nicht Bestandteil der Sicherheitsfunktion ist, sondern nur zum Erreichen des Diagnosedeckungsgrads notwendig ist.

Der Nachteil dieser Schaltung ist, dass ein Ausfall des Sensors P1 nicht erkannt werden kann. Deshalb erreicht die Schaltung auch nur Kategorie 3 und nicht Kategorie 4.

Für Erreichung der Kategorie 4 muss auch der zusätzliche Sensor überwacht werden. Dieser Aufbau ist allerdings sehr aufwändig.

Für Erreichung der Kategorie 4 muss auch der zusätzliche Sensor überwacht werden. Dieser Aufbau ist allerdings sehr aufwändig.Euchner

Muss der Ausfall von P1 erkannt werden, ist die Schaltung deutlich aufwändiger: Dazu braucht es ein zweites Sicherheitsauswertegerät sowie einen weiterer Kontakt in der Zuhaltung, sodass auch für P1 ein Ausfall detektiert werden kann. Hierfür ist das Sicherheitsauswertegerät K1 zuständig. Die zweikanalige Stellung der Zuhaltung wird mit dem Auswertegerät K2 überwacht. Dasselbe Ergebnis kann auch wesentlich einfacher mit einer sicheren Steuerung erzielt werden, da sowohl Positionsschalter wie auch Zuhaltung direkt an die Steuerung angeschlossen werden können.

Personenschutz: Überwachung der Zuhaltestellung ist Pflicht

Eine weitere Norm, die sich auf Verriegelungseinrichtungen und damit auch auf Zuhaltungen bezieht, ist die EN ISO13855. Sie wird von der EN ISO14119 referenziert, wenn zu entscheiden ist, ob eine Zuhaltung für den Personenschutz notwendig ist oder eine Verriegelung ausreicht. Die Auswahl geschieht entsprechend einem einfachen Flussdiagramm.

Ob eine Zuhaltung oder Verriegelung notwendig ist, hängt unter anderem von den Nachlaufeigenschaften der Applikation ab.

Ob eine Zuhaltung oder Verriegelung notwendig ist, hängt unter anderem von den Nachlaufeigenschaften der Applikation ab.Euchner

Für eine Personenschutz-Zuhaltung muss, die Stellung des Sperrmittels überwacht werden, letzten Endes die Stellung des Zuhaltebolzens. Und jede Zuhaltung beinhaltet immer auch eine Verriegelungsfunktion, da mit demselben Bauteil zwei völlig verschiedene Sicherheitsfunktionen realisiert werden. Die eine davon ist offensichtlich: Die Maschine schaltet ab, wenn die Zuhaltung geöffnet wird. Die zweite Funktion, die mit der Verriegelungsfunktion zusammenhängt, ist das Verhindern des unerwarteten Anlaufs einer Maschine: Bei geöffneter Schutztür, darf die Maschine nicht anlaufen können. Zu diesem Zweck ist in den meisten, aber nicht in allen Zuhaltungen, eine sogenannte Fehlschließsicherung integriert. Diese mechanische Funktion sorgt dafür, dass die Zuhaltung nur dann verriegeln kann, wenn die Schutztür auch wirklich geschlossen ist. Dies stellt sicher, dass die Tür auch dann geschlossen und zugehalten wird, wenn die Zuhaltung im falschen Moment angesteuert wurde. Im Umkehrschluss sorgt diese Funktion dafür, dass die Verriegelungsfunktion immer dann aktiv ist, wenn die Zuhaltung aktiv ist. Aus diesem Grund genügt es auch, wenn die Kontakte zur Überwachung der Zuhaltestellung in den Sicherheitskreis eingebunden sind. Schließlich ist die Verriegelungsstellung damit automatisch überwacht. Nur mit dieser Funktionalität eignet sich eine Zuhaltung auch als Verriegelungssystem, ohne zusätzlichen Aufwand.

Die Beispiele zeigen: Elektromechanische Zuhaltungen bieten auch heute noch viele Vorteile. Der einmalige Aufwand, diese Sicherheitsbauteile richtig einzubinden und zu beurteilen, ist sicher höher als bei elektronischen Produkten. Aber die Zuverlässigkeit der Mechanik und die Bewährtheit dieser Produkte sprechen für sich.

Jens Rothenburg

ist Produktmanager bei der Firma Euchner in Leinfelden-Echterdingen.

(sk)

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