Baseline MCAD driven

(Bild: Prostep)

Das Leistungsangebot wird ständig größer und der zur Verfügung stehende Bauraum immer kleiner – für den Automobilbau wird eine effektive Zusammenarbeit zwischen den mechanischen und elektronischen Entwicklungsbereichen immer wichtiger. Das ECAD/MCAD Collaboration Implementor Forum von Prostep iViP hat deshalb das neutrale Austauschformat IDX entwickelt. Es ermöglicht den inkrementellen Austausch einer jeden konkreten Änderung und erzeugt automatisch eine klare Änderungshistorie.

Bei der Entwicklung solcher Elektronikbaugruppen müssen sich die MCAD- und ECAD-Abteilungen sorgfältig abstimmen.

Bei der Entwicklung solcher Elektronikbaugruppen müssen sich die MCAD- und ECAD-Abteilungen sorgfältig abstimmen. Prostep

Alte Datenformate am Leistungslimit

Schon allein die Betrachtung eines heutigen LKW-Armaturenbretts mit Radio, Navigations- und Multimediasystemen, welche die aktuellen Information für den Fahrer liefern, macht sehr schnell deutlich, dass das Zusammenspiel von Produktdesign und der Entwicklung der Leiterplatten immer besser aufeinander abzustimmen ist. So müssen Tasten, Drehknöpfe und LEDs ergonomisch optimal platziert und mechanisch bedingt auf der Leiterplatte justiert werden. Dadurch definieren sich exakte Vorgaben an die elektronische Entwicklungsabteilung, andererseits ist diese aber auch für die optimale Realisierung der technischen Möglichkeiten verantwortlich.

Eck-daten

Damit die ECAD-Welt die Randbedingungen des 3D-Bauraums von Anfang an berücksichtigt und mit dem MCAD-Bereich Änderungsinformationen zeitnah austauschen kann, hat das ECAD/MCAD Collaboration Implementor Forum von Prostep iViP das neutrale, auf XML basierende Austauschformat IDX entwickelt.

Mit diesen ständig steigenden Herausforderungen hat der bisherige Austauschprozess zwischen dem ECAD- und dem MCAD-Bereich mit den Formaten DXF und IDF für die Metadaten jedoch seine Leistungsgrenzen erreicht. Mit dieser Methode wird immer der gesamte Umfang einer Platine ausgetauscht, die jeweils aktuell vorgenommenen  Änderungen können jedoch hier nicht separat sichtbar gemacht werden. Dem Empfänger muss deshalb zusätzlich zu den Dateien eine schriftliche Notiz geschickt werden, welches Bauteil nun konkret geändert oder verschoben worden ist. Ist der Empfänger damit nicht einverstanden, erfolgt der komplette Informationsfluss in umgekehrter Richtung.

Damit wird deutlich, dass sich diese Vorgehensweise nur mit vertretbarem Aufwand einsetzen lässt, solange beispielsweise die Zahl der Bauteile auf einer Platine relativ gering ist. Wenn allerdings wie bei einem Smartphone, das hier als ein Beispiel für eine extreme Verkleinerung der Raumverhältnisse genannt werden soll, die vielleicht fünf aktuellen Änderungen unter hunderten von Elementen eindeutig und schnell gefunden werden sollen, erweist sich das bisherige Verfahren schnell als ineffektiv und fehleranfällig.

Änderungen zeitnah und einfach austauschen

Auch arbeiteten die Elektroniker bei der Entwicklung der Logik einer Schaltung  bisher häufig im 2D-Bereich – die gesamte Bauhöhe einer Platine war daher nur von untergeordneter Bedeutung. Bei dem schon erwähnten Armaturenbrett ist jedoch weder der Umriss dieser Leiterplatten rechteckig, noch ist der dahinterliegende Bauraum einheitlich hoch, sodass er sich nur noch sehr komplex beschreiben lässt. Und solch ein enger Bauraum wird außerdem zum Beispiel beim Durchfahren eines Schlaglochs dynamisch beansprucht, was im Extremfall zu Kurzschlüssen führen kann.

„Darum müssen hier vorbeugende Fehleranalysen auch auf der MCAD-Seite durchgeführt werden können“, berichtet Dr. Volker Jäkel, verantwortlich für die Unterstützung neutraler Datenaustauschformate für die ECAD-MCAD-Zusammenarbeit innerhalb des Datenmanagement bei Continental Automotive. „Deshalb ist es meines Erachtens wichtig, dass die ECAD-Welt die Randbedingungen des 3D-Bauraums von Anfang an berücksichtigt und mit dem MCAD-Bereich Änderungsinformationen zeitnah austauschen kann.“ Außerdem änderten sich in einem Entwicklungsprozess die Rahmenbedingungen manchmal für die andere Disziplin unvorhersehbar, sodass die Gegenseite hierzu kurzfristig Stellung nehmen muss.

XML macht IDX variabler

Continental Automotive ist sehr an einem effektiven Austauschformat interessiert, das den ständig steigenden Anforderungen eines Entwicklungsprozesses genügen kann. Dr. Volker Jäkel erläutert: „Man kann mit IDF eben nur das weitergeben, was in der eigenen Abteilung für richtig gehalten wird, sodass bei erneutem Export auf der Gegenseite der vormalige importierte Stand zunächst gnadenlos überschrieben wird.“

Aus diesem Grund hat das Unternehmen mit seinen Praxiserfahrungen im ECAD/MCAD-Forum intensiv an einem neuen flexibleren und neutralen Austauschformat mitgearbeitet. Die Teilnehmer dieser Arbeitsgruppe stammen aus dem Bereich Automobilelektronik oder sind Systemanbieter wie etwa Cadence, Mentor Graphics, Cadcam Group, PTC, Dassault Systèmes oder Siemens PLM.

Ergebnis ist das IDX-Format, auch EDMD-Schema genannt, das auf XML beruht und dadurch wesentlich variabler zu nutzen ist als das bisherige auf DXF und IDF basierende Austauschmodell. „Das EDMD-Schema lässt sich sehr einfach erweitern und bleibt dabei doch abwärtskompatibel“, erklärt Christan Emmer von Prostep und Moderator des Forums, „eine Änderung des Schemas macht also eine schon vorhandene Datei nicht unbrauchbar.“

Jede einzelne Änderung dokumentiert

Am Start eines neuen ECAD/MCAD-Entwicklungsprojektes mit IDX werden zunächst die Bauteilbibliotheken oder der komplette Datensatz ausgetauscht. Dieser Handshake legt damit die Basis für einen beidseitig gleichen Informationsstand. In dem nun folgenden Entwicklungsprozess werden daher keine Bauteilgeometrien mehr weitergereicht, sondern nur die Metadaten über den zum Beispiel ausgetauschten Kondensator oder über dessen geänderte Koordinaten. Das macht den Datenaustausch deutlich überschaubarer.

Dieser Handshake gibt gleichzeitig die Möglichkeit, mit einer sogenannten Baseline die gemeinsame Ausgangssituation zu definieren. Solche Baselines können auch später immer wieder gezogen werden, um gemeinsam erreichte Meilensteine eindeutig zu beschreiben.

IDX reicht durchgeführte Änderungen an die Gegenseite weiter, der Empfänger begutachtet Änderungen per Preview Tool und meldet über eine Antwort-IDX-Datei Annahme, Ablehnung oder Gegenvorschläge zurück.

IDX reicht durchgeführte Änderungen an die Gegenseite weiter, der Empfänger begutachtet Änderungen per Preview Tool und meldet über eine Antwort-IDX-Datei Annahme, Ablehnung oder Gegenvorschläge zurück. Prostep

IDX bietet nun den großen Vorteil, dass allein die durchgeführten Änderungen an die Gegenseite weitergereicht werden (incremental change flow). Der Empfänger kann jetzt mithilfe eines Preview Tool jede Änderung begutachten und sich dafür oder dagegen entscheiden. Als Ergebnis wird daraus eine Antwort-IDX-Datei erstellt, die nun eindeutig informiert, welche Änderung angenommen oder abgelehnt worden ist oder wie stattdessen ein Gegenvorschlag aussehen könnte. Der komplette Dialog steht als Änderungshistorie in einer Log-Datei zur Verfügung.

Die Nutzung der IDX-Schnittstelle bei Continental Automotive erlaubt es, die Baselines von ECAD und MCAD jederzeit zu vergleichen „Dabei nutzen wir Creo-View ECAD Validate von PTC, um mögliche Abweichungen unmittelbar zu erkennen. Das gibt während des Freigabeprozesses die Sicherheit, dass nicht irgendwo an den Schnittstellen vorbei konstruiert worden ist“, beschreibt Dr. Volker Jäkel die Vorteile des EDMD-Schemas.

Neben diesem standardisierten Austauschprozess bietet die aktuelle Version (IDX 3.0) eine robustere und verbesserte Beschreibung der Leiterbahnen. Diese Kupferflächen lassen sich jetzt besser in ihrer 3D-Geometrie darstellen und auch austauschen. Diese elektrischen Verbindungen waren bisher nur relativ unzureichend etwa als Linien dargestellt worden.

Weitere Herausforderungen

Genauso wie sich die Technik weiterentwickelt, wird sich auch das Forum diesen Herausforderungen stellen und immer wieder neue Lösungen entwickeln. So entsprach es der Logik eines bisherigen Schaltplans, dass dort, wo sich eine Komponente befindet, keine andere sein darf. Heute werden auch kleine Bauteile in Aussparungen von großen Plastikgehäusen platziert. Sie liegen dann in der Projektion übereinander und es entstehen Konflikte bei der Auswertung der Regeln im ECAD-System. Auch kann eine Platine verschiedene Höhen haben, sodass deren Form zukünftig eindeutig beschreibbar und übertragbar sein muss. Bei heutigen Mobiltelefonen bestehen diese auch schon aus bis zu 32 Schichten, auf denen sich die gedruckten Leiterbahnen befinden und die an definierten Stellen zwischen den einzelnen Ebenen ähnlich separaten Treppenhäusern in einem Hochhaus auch verbunden sind. Darüber hinaus hat man früher schlicht von einem Loch in einer Platine gesprochen, heute dagegen müssen diese Durchbrüche in ihrer Form und Lage exakt beschrieben werden.

Und nicht zuletzt muss eine Platine auch kein starres Bauteil mehr sein, sondern kann wie ein Flachbandkabel als biegbare Folie (Flex Board) mit aufgelöteter Intelligenz eingesetzt werden. „Auch zur eindeutigen Beschreibung solcher biegeschlaffer Bauteile müssen zukünftig effektive Austauschmöglichkeiten geschaffen werden“, beschreibt Christian Emmer die kommenden Herausforderungen des  Forums, „und das neue IDX-Austauschformat erweist sich dabei als sehr flexibel. Dem Forum wird also die Arbeit nicht so schnell abhanden kommen.“

Dipl.-Ing. (FH) Udo Mathee

Fach- und Wissenschaftsjournalist, kreativer Projektbegleiter

(jwa)

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