„Elektronische Schaltungen in Handys oder Tablets sind äußerst komplexe, dreidimensionale Gebilde, die wie ein zentrales Nervensystem alle Funktionen steuern“, erläutert Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes und Leiter des Steinbeis-Forschungszentrums für Werkstofftechnik (MECS). Dabei werden elektronische Bauelemente immer kleiner und müssen dennoch vielfältig miteinander vernetzt werden. In flachen Mobilgeräten sind Millionen von kleinsten Rechen- und Speichereinheiten im Nanometerbereich anzuordnen. Bisher verlötet man die elektronischen Bauelemente in Öfen bei einigen 100°C miteinander. Um die empfindlichen Schaltkreise nicht zu zerstören, müssen die Lötpunkt-Legierungen bei mäßiger Hitze schmelzen und wieder erstarren. Wird das Smartphone später im intensiven Betrieb jedoch zu heiß, beginnen sich diese Lötpunkte durch Korrosion zu zersetzen und das Gerät fällt aus.

Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Helsinki gelang es den Saarbrücker Materialforschern, die Lötpunkte chemisch zu verbinden und damit temperaturstabiler zu machen. „Wir legen dafür mehrere hauchdünne Schichten von Aluminium und Ruthenium übereinander, die tausendmal dünner sind als ein menschliches Haar. Trifft auf die Nanometer-Schichten ein kurzer intensiver Laserstrahl, wird eine hohe Energiemenge freigesetzt, die sich mit 10 m/s ausbreitet und eine Temperatur bis zu 2000 °C erreichen kann“, erklärt Mücklich. Die kurzzeitige enorme Hitze verbindet die benachbarten Bauteile über eine dünne Zwischenschicht aus Ruthenium-Aluminid miteinander, beschädigt jedoch nicht die integrierten Schaltkreise. Die Zwischenschicht übernimmt auf diese Weise die Funktion der Lötpunkte.

Die chemische Reaktion, bei der abrupt viel Energie frei wird, bewirkt eine exakte, gleichmäßige Kristallstruktur. Dies konnte sowohl in verschiedenen Experimenten als auch durch eine detaillierte Simulation der Atombewegungen nachgewiesen werden. „Die homogene Schicht bleibt aufgrund des hohen Schmelzpunktes auch dann noch stabil, wenn sich das ganze System stark erwärmt“, erläutert Materialwissenschaftler Mücklich einen weiteren Vorteil.

„Im Vergleich zu Nickel-Aluminid, das von anderen Forschern getestet wurde, wird bei diesem Verfahren auch die Zwischenschicht nicht spröde und bleibt damit auch mechanisch äußerst belastbar“, führt Mücklich weiter aus.

Mit der neuen Methode können selbst empfindliche Elektronik-Bauteile auf engstem Raum miteinander verbunden werden, denn man kommt ohne die gleichmäßige Hitze eines Schmelzofens aus. Durch den Laserimpuls lässt sich die chemische Reaktion der Ruthenium-Aluminium-Schicht nur an wenigen Punkten auslösen und so steuern, dass zwar auf den winzigen Flächen kurzzeitig eine starke Hitze entsteht, in nur wenigen Mikrometern Entfernung jedoch normale Zimmertemperaturen herrschen. Dies macht das Verfahren auch für Bauteile interessant, bei denen Metalle mit Kunststoffen oder Verbundmaterialien miteinander verbunden werden müssen, etwa in der Automobil- und Flugzeugindustrie. „Man könnte die verbindende Schicht zum Beispiel so aufbauen, dass die Wärme sowohl das Metall als auch den sich völlig anders verhaltenden Verbundwerkstoff mit der jeweils passenden Energiemenge aufschmilzt. Dann wäre es möglich, beide Materialien blitzartig miteinander zu verschweißen“, erklärt der Saarbrücker Forscher.

Weitere Untersuchungen haben das Ziel, die Komponenten von Ruthenium- und Aluminiumatomen geometrisch so aufzubauen, dass sich alle gewünschten Eigenschaften wie auf Knopfdruck abrufen lassen. Mücklich fasst zusammen: „Wir gehen davon aus, dass zukünftig viele hitzeempfindliche Bauteile schonend und gleichzeitig extrem rasch zusammenfügt werden können. Außerdem wird es möglich sein, ganz unterschiedliche Materialien miteinander zu verbinden, bei denen bisher mit Schweißen, Löten oder Kleben noch keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden konnten“.

Frank Mücklich

Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes und Leiter des Steinbeis-Forschungszentrums für Werkstofftechnik (MECS)

(cm)

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