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Mit Energy Harvesting  können kleine Mengen von elektrischer Energie aus Quellen wie Umgebungstemperatur, Vibrationen oder Luftströmungen für mobile Geräte mit geringer Leistung gewonnen werden.

Mit Energy Harvesting können kleine Mengen von elektrischer Energie aus Quellen wie Umgebungstemperatur, Vibrationen oder Luftströmungen für mobile Geräte mit geringer Leistung gewonnen werden.Enocean

Die Firma Enocean hat nach dem Prinzip der „Energieernte“ (Energy Harvesting) eine komplette Plattform entwickelt, die alle Komponenten der batterielosen Funktechnologie abbildet. Der Baukasten besteht aus Energiewandlern, Funkmodulen, Energiemanagement und einer zuverlässigen Funkkommunikation, die optimal aufeinander abgestimmt sind. Mit diesem System können Produkthersteller energieautarke Anwendungen realisieren, ohne sich selbst vertiefend mit dem Thema Energy Harvesting auseinanderzusetzen.

Energie aus Bewegung

Als Kernelement der batterielosen Technologie stellen Energiewandler die benötigte Energie für die Funkmodule bereit. Sie nutzen dabei Bewegung, Licht oder Temperaturunterschiede. Der mechanische Energiewandler ECO 200 verwandelt Bewegung, beispielsweise einen Tastendruck, in elektrische Energie.

Bild 1: Die komplette Energy-Harvesting-Plattform von Enocean deckt alle Komponenten der batterielosen Funktechnologie ab.

Bild 1: Die komplette Energy-Harvesting-Plattform von Enocean deckt alle Komponenten der batterielosen Funktechnologie ab.Enocean

Er arbeitet ähnlich wie ein Dynamo, in dem ein kleiner, aber leistungsfähiger Magnet einen magnetischen Fluss durch zwei magnetisch leitende Ankerbleche treibt. Um einen U-förmigen Kern ist eine Induktionsspule gewickelt. Dieser Kern ist beweglich und kann zwei Positionen einnehmen, in denen er die jeweils gegenüberliegenden Ankerbleche berührt. Diese Konstruktion liefert eine maximale magnetische Flussänderung durch die Spule mit einer minimalen Bewegung des Kerns und damit eine hohe Effizienz.

Als mechanischer Energiespeicher dient eine Blattfeder. Wird die Feder zunehmend gebogen, speichert diese solange mechanische Energie, bis die magnetischen Selbsthaltungskräfte von etwa 3,5 N den U-Kern nicht mehr in seiner Position halten können und er in seine zweite Position klappt. Durch den schlagartigen Wechsel des Magnetfelds wird ein Spannungspuls in der Induktionsspule erzeugt.

Bild 2: Energiewandler sind das Kernelement der batterielosen Technologie und sie stellen die benötigte Energie für die Funkmodule bereit.

Bild 2: Energiewandler sind das Kernelement der batterielosen Technologie und sie stellen die benötigte Energie für die Funkmodule bereit.Enocean

Der leichtgängige Energiewandler hat eine Bauhöhe von nur 7 mm bei 8 g Gewicht. So lässt er sich auch in kleinen, flachen Gehäusen mit kurzen Betätigungswegen integrieren. Mit einer Energiemenge von 120 µWs bei einer stabilisierten Spannung von 2 V kann jede Betätigung drei Funktelegramme betreiben. Auch die Rückbewegung liefert wieder einen Energiepuls und erlaubt so das Aussenden von Start/Stop-Signalen, mit denen Funktionen wie Torsteuerung, Wechselschaltungen oder Dimmen realisierbar sind.

Bei den maximal erlaubten Schaltwegen von 1,2 mm ermöglicht der Wandler mehr als 300.000 Schaltzyklen. Bei kleineren Schaltwegen (der Wandler schaltet schon spätestens nach 0,7 mm Federhub) sind deutlich mehr als eine Million Schaltzyklen typisch. Damit lässt sich ein Schalter über mehr als 25 Jahre täglich 100 Mal betätigen.

Energie aus Licht

Licht ist eine der beliebtesten Quellen regenerativer Energie. Miniaturisierte Solarmodule, die nicht größer als 13 x 35 mm2 sind, können bereits das Innenlicht nutzen, um Funkmodule mit Strom zu versorgen. Ein Beispiel dafür ist das solarbetriebene Temperatursensormodul STM 330. Es kann die Temperatur in einem Raum oder auch an Maschinen messen. Das Modul zeichnet sich durch einen äußerst geringen Stromverbrauch bei gleichzeitig hoher Zuverlässigkeit aus. Wird der Messwert beispielsweise alle 15 Minuten übertragen, reichen bei 200 Lux bereits 3,6 Stunden Ladezeit am Tag für einen unterbrechungsfreien Betrieb.

Bild 3: Miniaturisierte Solarmodule können bereits das Innenlicht nutzen, um Funkmodule mit Strom zu versorgen.

Bild 3: Miniaturisierte Solarmodule können bereits das Innenlicht nutzen, um Funkmodule mit Strom zu versorgen.Enocean

Ähnlich wie die Gangreserve einer Uhr sorgt ein zusätzlicher PAS-Ladekondensator (Poly Acenic Semiconductor) für einen ausreichend großen Energievorrat, der auch Perioden mit fehlender Umgebungsenergie überbrückt. Bei einem komplett aufgeladenen Energiespeicher ist das Modul in absoluter Dunkelheit vier Tage voll funktionsfähig. Zusätzlich sparen die Module Energie, indem sie alle Aktionen der Sensoren und Aktoren sehr schnell ausführen und die jeweils nicht benötigten Baugruppen konsequent abschalten. Hierfür sorgen spezielle Timer in den Sensormodulen, die nur etwa 20 nA Strom benötigen und alle anderen Komponenten während der Ruhephasen vollständig deaktivieren beziehungsweise bei nötigen Aktionen wieder aktivieren.

Energie aus Wärme

Temperaturunterschiede liefern viel Energie und eignen sich daher optimal für die Energieversorgung von Geräten. Ein Tropfen Wasser um 1 °C gekühlt, liefert genug Energie für 25.000 Enocean-Funktelegramme. Damit lassen sich nicht nur Sensoren, sondern auch Aktoren batterielos mit Energie versorgen. Die Energie gewinnen Thermogeneratoren, sogenannte Peltier-Elemente.

Kostengünstige Peltier-Elemente haben allerdings einen entscheidenden Nachteil: Sie produzieren nur sehr kleine Spannungen – rund 10 mV pro Grad Kelvin (°K). Eine angeschlossene Elektronik, beispielsweise ein Enocean-Sensormodul, braucht jedoch eine Versorgungsspannung von 3 V. Der DC/DC-Wandler ECT 310 schließt diese Lücke.

Bild 4: Der DC/DC-Wandler ECT 310.

Bild 4: Der DC/DC-Wandler ECT 310.Enocean

Der optimierte Oszillator beginnt bereits ab einer Eingangsspannung von 10 mV zu schwingen. Ab 20 mV (also rund 2 °C) wird bereits eine nutzbare Ausgangsspannung größer als 3 V erzeugt. Für diesen hohen Wandlerwirkungsgrad von 30 Prozent wird im gesamten Eingangsspannungsbereich bis 500 mV die Ausgangsspannung nur grob auf unterhalb von 5 V geregelt. Dieses Verhalten ist ähnlich wie die unregulierten Versorgungsspannungen von Solarzellen. Da sie auch dafür optimiert sind, können die batterielosen Funkmodule problemlos damit umgehen.

Bei einem Temperaturunterschied von nur 7 °K werden bereits rund 100 μW Energie erzeugt. Ein typisches Enocean-Funkmodul, das alle zwei Minuten zum Senden eines Funktelegramms geweckt wird, benötigt rund 5 μW. Damit bleibt mit 95 μW genug Energie zur Versorgung einiger Aktoren, beispielsweise zur Steuerung von Wasserventilen, Luftklappen oder anderen mechanischen Komponenten.

Bild 5: Energiezufuhr im Vergleich zur  Leistung des ECT310.

Bild 5: Energiezufuhr im Vergleich zur Leistung des ECT310.Enocean

Energiearmer Funk

Neben den effizienten Energiewandlern und Funkmodulen mit einem besonders niedrigen Energieverbrauch, bildet der Funk selbst einen weiteren wichtigen Baustein der Energy-Harvesting-Plattform. Die Eigenschaften sind im internationalen Funkstandard ISO/IEC 14543-3-10 verankert. Das Protokoll ist speziell für Lösungen mit einem besonders niedrigen Energieverbrauch ausgelegt und umfasst den Physical Data Link sowie den Networking Layer. Die Applikationsebene decken einheitliche Anwendungsprofile (Enocean Equipment Profiles, EEPs) ab. Dadurch können Produkte verschiedener Hersteller in einem System zusammenarbeiten. Diese Interoperabilität auf der Anwendungsebene wird von der Enocean Alliance definiert. In dieser Organisation haben sich inzwischen über 350 Unternehmen zusammengeschlossen, die Produkte und Lösungen auf Basis der batterielosen Funktechnologie entwickeln.

Bild 6: Bei einem Temperaturunterschied von nur 7 °K werden bereits rund 100 µW Energie erzeugt.

Bild 6: Bei einem Temperaturunterschied von nur 7 °K werden bereits rund 100 µW Energie erzeugt.Enocean

In Europa nutzt der Standard das Frequenzband 868 MHz. Die Telegramme sind nur 1 ms lang. Obwohl die Sendeleistung bis zu 10 mW beträgt, hat die Funkübertragung nur einen Energiebedarf von 50 mWs pro Einzeltelegramm. Um Sendefehler und Kollisionen auszuschließen, wird das kurze Telegramm zufallsgesteuert noch zweimal wiederholt. So lassen sich problemlos zahlreiche Funkschalter und -sensoren auf engstem Raum installieren und parallel betreiben. Jedes Modul verfügt über eine einmalige 32-Bit-Identifikationsnummer, die Überschneidungen mit anderen Funksensoren ausschließt. Die Reichweite der Enocean-Funksensoren liegt bei bis zu 30 m im Gebäudeinneren und bis zu 300 m im Freifeld.

Produktbeispiel Warngeräte

Der schwäbische Mess- und Regelspezialist Afriso hat die batterielose Funktechnologie in Warngeräte integriert, die Flüssigkeitsansammlungen, Füllstände, Leckagen, Gase und Rauch überwachen. Registrieren sie überschrittene Grenzwerte oder austretende Flüssigkeiten, senden sie einen entsprechenden Alarm per Funk an einen zentralen Gebäudecontroller.

Hier laufen sämtliche Daten, Messwerte und Meldungen zusammen und werden per Internet oder GSM an Smartphones oder Tablet-PCs weitergeleitet. Dadurch können verantwortliche Personen sofort eingreifen und geeignete Maßnahmen einleiten. Bei einem Flüssigkeitsaustritt wird durch das Enocean-Funksignal unmittelbar veranlasst, dass die Hauptwasserleitung oder der entsprechende Versorgungsstrang abgestellt werden. Gleichzeitig geht auch hier eine Meldung auf das Smartphone/Tablet.

Bild 7: Warnsystem, bei dem sämtliche Daten, Messwerte und Meldungen zusammenlaufen und per Internet oder GSM an Smartphones oder Tablet-PCs wetergeleitet werden.

Bild 7: Warnsystem, bei dem sämtliche Daten, Messwerte und Meldungen zusammenlaufen und per Internet oder GSM an Smartphones oder Tablet-PCs wetergeleitet werden.Afriso

Afriso nutzt für die Sensoren zwei verschiedene Arten der Energieernte. Für Umgebungen mit ausreichend Innenlicht dienen Mini-Solarzellen als Energiegenerator. Speziell bei den Flüssigkeitswarngeräten kommt auch der mechanische Energiewandler zum Einsatz. Dabei löst aufquellendes Material den Bewegungsmechanismus und damit das Funksignal aus, sobald es mit Wasser oder Öl in Berührung kommt. Durch den energieautarken und kabellosen Betrieb lassen sich die Sensoren besonders flexibel platzieren. Da keine Wartung anfällt, arbeiten die Messgeräte außerdem besonders zuverlässig – ein entscheidendes Kriterium für Warnsysteme.

Niedrige Integrationshürden

Durch den ausgereiften Plattformansatz der batterielosen Funktechnologie ist die Integrationshürde für Produkthersteller besonders niedrig. Da bereits alle Bestandteile optimal aufeinander abgestimmt sind, lässt sich die batterielose Funktechnologie leicht in bestehende Produkte integrieren oder auf der Plattformbasis neue entwickeln.

Auf einen Blick

Es gibt inzwischen eine große Vielfalt verschiedener energieautarker Anwendungen für die Gebäude- und Industrieautomation, für das Transportwesen oder für Alarmsysteme. Dazu gehören batterielose Schalter, Busstopptasten, Fenstergriffe, Temperatur-, Feuchte- oder Lichtsensoren oder auch Anwesenheitsmelder sowie Aktoren wie Heizkörperstellventile. Die Möglichkeiten der Technologie sind damit aber noch nicht ausgeschöpft. Überall dort, wo verkabelte oder batteriebetriebene Systeme zu aufwändig und kostenintensiv sind, sind energieautarke, wartungsfreie Funklösungen die attraktive Alternative.

Andreas Schneider

ist Chief Marketing Officer bei EnOcean.

(ah)

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