AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Herr Bihr, wie laufen die Geschäfte bei Bosch Engineering?

Bernhard Bihr: Die Geschäfte laufen gut. Wir wachsen manche Jahre sehr stürmisch, manche Jahre normal mit dem Markt, wir sind zufrieden und erweitern unsere Arbeitsgebiete stetig. Wir entwickeln zudem Strategien, welche Komponenten wir von Bosch übernehmen können. So bauen wir Know-how auf, das wir übernehmen und auch in andere Felder übertragen können.

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Bernhard Bihr (links) im Gespräch mit AUTOMOBIL-ELEKTRONIK-Redakteur Alfred Vollmer: "Die großen Herausforderungen lauten Variantenentwicklung, Komplexitätsbeherrschung, Kombinationen und Konfigurationen von Fahrzeugen, die sich voneinander unterscheiden Bosch Engineering

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: In welchen Bereichen ist Bosch-Engineering aktiv?

Bernhard Bihr: Wir machen heute über 90 Prozent unseres Umsatzes im Automobil-Bereich. Dabei kümmern wir uns um besondere Anforderungen und um Kunden, die vielleicht nicht das große Komponentengeschäft haben. Wir konzentrieren uns auf Dienstleistungen, und da bilden wir das Portfolio von Bosch praktisch noch einmal ab: von der Motorsteuerung über Displays, Anzeigeinstrumente, Fahrerassistenzsysteme bis zu aktiven oder passiven Sicherheitssystemen – und zwar nicht nur für Automobile sondern zunehmend auch für Motorräder, Dreiräder, Quads, Schneemobile, Nutzfahrzeuge und Off-Highway-Fahrzeuge bis hin zu Industrieanwendungen und Schienenfahrzeugen und für den Motorsport.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wieviel Prozent ihrer Tätigkeit geht in Pkws und Lkws, die dann in Serie gehen?

Bernhard Bihr: Das dürften 90 Prozent sein. Wir machen gerne Studien, Konzeptfahrzeuge wie unseren Audi A5 mit vollelektrischem Allrad und Torque-Vectoring beispielsweise, aber das Hauptgeschäft besteht schon darin, Sonderfunktionen und Software zu entwickeln, Bussysteme zu applizieren sowie das ganze serienreif zu machen. Außerdem erteilen wir die Freigabe für die Serie im Namen von Bosch.  

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Sie haben gesagt, dass sie das Bosch-Portfolio mit abbilden. Wie grenzen sie sich dabei von Bosch ab?

Bernhard Bihr: Das Wort abgrenzen passt hier nicht, denn wir sehen uns als Ergänzung und richten uns an den Bedürfnissen unserer Kunden aus. Sie können sich vorstellen, dort arbeiten Menschen in Bereichen für großvolumige Projekte und im gleichen Konzern, aber auch für Sonderprojekte mit Varianten mit geringen Stückzahlen. Deshalb konzentriert sich unsere Konzernmutter, die Robert Bosch GmbH, auf die Volumenprojekte mit entsprechendem Komponentenumsatz, der Werke füllt. Wir als Bosch Engineering kümmern uns um die Projekte, die zwar hohe Engineering-Anforderungen haben, aber geringere Stückzahlen. Und wir springen natürlich auch bei der Konzernmutter ein, wenn da kurzfristig Kapazitäten fehlen oder wenn wir mit unserem Engineering Know-how schnell und flexibel unterstützen können.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Heißt das, dass Bosch sie teilweise als Engineering-Dienstleister engagiert?

Bernhard Bihr: Ja, wir machen etwa 25 Prozent Umsatz mit der Bosch-Gruppe in den verschiedenen Bereichen und etwa 75 Prozent direkt mit den Fahrzeugherstellern oder externen Kunden. Das ist eine ganz gesunde Mischung.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wem gehört Bosch Engineering?

Bernhard Bihr: Bosch Engineering ist eine 100-Prozent-Tochter der Robert Bosch GmbH. Da wir das ganze Know-how beziehungsweise Zugang zu allem Know-how, der Forschung und Vorausentwicklung und den Datenbanken des Unternehmens haben, verbietet sich eine externe Beteiligung.

Bernnhard Bihr: Der OEM entwickelt das Basisfahrzeug und gibt Teile der Parametrierung und Teileentwicklung an externe Dienstleister.

Bernnhard Bihr: Der OEM entwickelt das Basisfahrzeug und gibt Teile der Parametrierung und Teileentwicklung an externe Dienstleister.Bosch Engineering

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Welche Bedeutung haben die domänenübergreifenden Entwicklungen für Bosch Engineering?

Bernhard Bihr: Eine zunehmend größere Rolle, ganz klar. Wenn wir die Organisationen von früher anschauen, dann waren sie nach Produktbereichen geordnet. Das lässt sich heute nicht mehr durchhalten, denn domänenübergreifende Entwicklungen sind heute Standard. Ein gutes Beispiel sind Hybridfahrzeuge, in denen es um Themen wie Motorsteuerung, Generator, Batterie und Batterie-Management-Systeme geht, wobei noch domänenübergreifende Control-Units sowie Sensorik aus anderen Bereichen erforderlich sind – und das geht nur noch in domänenübergreifenden Szenarien. Das können wir relativ einfach bewerkstelligen, weil wir von Herzen her eine Projekt-Company sind.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie sehen sie die Trends hin zu weniger Steuergeräten?

Bernhard Bihr: Das ist ein Thema, das auch mich beschäftigt. Ich bin jetzt 25 Jahre bei Bosch und beschäftige mich mit Steuergeräten. Es gibt immer wieder Anstrengungen, dies zusammenzufassen, aber die Frage lautet stets, was man damit erreichen kann und will, und welche Nachteile man sich damit erkauft. So versucht man beispielsweise, Motorsteuergeräte und Getriebesteuergeräte zusammenzufassen, um damit die Komplexität zu reduzieren. De facto erhöht man aber die Komplexität, weil die Entwicklungszyklen unterschiedlich lang sind und zu unterschiedlichen Zeitpunkten starten. Am Steuergerät gäbe es permanente Änderungen – entweder wegen des Getriebes oder wegen des Motors. Hier hat es sich herausgestellt, dass es am einfachsten ist, die Geräte autonom zu belassen.

In einzelnen Fällen haben wir damit begonnen, Motorsteuergeräte für Benzin und Diesel gleich auszuführen, weil das vom Typ her das Gleiche ist. Das kann ein erster Schritt in Richtung Steuergeräte-Vereinheitlichung und Vereinfachung gehen.

Es gibt auch Tendenzen für größere Body-Controller mit erweiterter Funktionalität, sodass man bei einem vorhandenen Controller-Body-Steuergerät zu einem späteren Zeitpunkt in der Entwicklung noch Funktionen integrieren kann. Wenn man allerdings die Großserie mit ihrem hohen Kostendruck betrachtet, dann schleppt ein solches Gerät nichts mit, was es nicht braucht, sodass jede Änderung ein Redesign nach sich zieht. Ich könnte mir vorstellen, dass es für solche Funktionen zu einer Konzentration kommt, die für den Fahrer nicht unbedingt sichtbar ist. Für andere Funktionen hingegen, die eventuell in immer schnelleren Zyklen erneuert werden, bin ich persönlich der Meinung, dass es nicht unbedingt wahrscheinlich ist, Steuergeräte zu stark zu reduzieren.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Welche Bedeutung hat das Ethernet für zukünftige Entwicklungen?

Bernhard Bihr: Ethernet wird auf Grund der hohen Datenraten und schnellen Datenübertragung sehr schnell ins Auto kommen. Ethernet ist eine logische Ergänzung zu LIN, CAN, CAN-FD; Datenübertragungsrate und Kosten liegen in einem ähnlich guten Verhältnis. Da die Datenübertragungsraten immer höher werden, ist Ethernet die nächste logische Folge – vor allem bei den Infotainment- und Navigationssystemen sowie in Verbindung mit Radar- und Kamerasystemen, wo die genutzten Datenmengen um Größenordnungen höher sind als in herkömmlichen Systemen.

Bernhard Bihr: C2x, das Kommunizieren der Fahrzeuge untereinander und mit dem Internet, ist für mich das nächste große Megathema an dem wir alle arbeiten.

Bernhard Bihr: C2x, das Kommunizieren der Fahrzeuge untereinander und mit dem Internet, ist für mich das nächste große Megathema an dem wir alle arbeiten. Bosch Engineering

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Was heißt das dann für Flexray und für MOST?

Bernhard Bihr: Flexray halte ich persönlich im Kosten/Leistungsverhältnis für etwas ungünstiger. CAN- und CAN-FD-Systeme mit der flexiblen Datenrate bringen uns in punkto Datenübertragungsrate schon sehr, sehr weit in den Flexray-Bereich hinein, aber zu deutlich günstigeren Kosten. Ethernet bietet bei den etwa gleichen Kosten um Faktoren höhere Datenübertragungsraten als Flexray. MOST wird auf Grund der etwas höheren Datenraten immer etwas teurer bleiben, aber ich könnte mir vorstellen, dass sich das Ethernet auch in diese Richtung entwickeln wird, dass es zum Standard wird, wenn es um solche vernetzten voll ausgestatteten Fahrzeuge geht. 

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Was tut Bosch Engineering im Bereich Ethernet?

Bernhard Bihr: Wir arbeiten zusammen mit Bosch an Plattform-Entwicklungsprojekten. Bei vielen neuen Projekten sind wir von Anfang an dabei, helfen dort mit zusätzlichem Know-how, Ausstattung und Kapazitäten mit. Gleichzeitig bereiten wir uns auf den Ethernet-Einsatz bei unseren Kunden vor oder arbeiten daran, andere Anforderungen in der Serie weiter voranzutreiben. So haben wir bei uns eine Gruppe, die sich mit Multimediaanwendungen beschäftigt: von der Navigation über kamerabasierte Systeme bis zu Apps, die man dem Fahrer zur Verfügung stellen kann. Dieses Team beschäftigt sich auch bereits mit Ethernet, sodass wir bereit sind, wenn es der Markt erfordert.

Ethernet wird verstärkt kommen, wenn die Fahrzeuge alle Internet-Zugang beziehungsweise ihre eigene IP haben, sodass sie bei bestimmten Software-Aktualisierungen nicht mehr in die Werkstatt müssen, sondern die Updates über das Internet herunterladen können, so wie es einzelne Hersteller heute schon vorführen. Das wird den Ethernet-Einsatz beschleunigen, einfach weil die Datenraten sonst nicht ausreichen.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Welche Aktivitäten hat Bosch Engineering im Bereich Prototypen- und Demo-Fahrzeuge?

Bernhard Bihr: Wir machen überwiegend kundenspezifische Entwicklungen, bauen aber auch immer wieder Konzeptfahrzeuge auf. Zum einen ist es für uns sehr wichtig, dass wir aus einer solch komplexen Aufgabe lernen und gleichzeitig können wir damit nachweisen, dass wir das Thema beherrschen.

In unseren Konzeptfahrzeugen zeigen wir das Potenzial, das in einer Technologie steckt. So haben wir beispielsweise einen Porsche Panamera so umgerüstet, dass die Möglichkeiten der Systemvernetzung mit den Daten des elektronischen Horizontes demonstriert werden. Wir wollen das technisch Machbare zeigen und dann mit den Kunden diskutieren, bis wohin es für sie sinnvoll ist, die Systeme in einem Serienfahrzeug zu realisieren und wo noch etwas Zusätzliches benötigt wird. Da wird manchmal schon überzeichnet. Den Panamera können sie beispielsweise starten und nur die Lenkung bedienen; das Fahren, Beschleunigen, Bremsen macht er mit dem elektronischen Horizont automatisch. Dann benötigen wir Feedback, weil wir keinen Standard verkaufen, sondern dem Kunden die Möglichkeit geben wollen, ihr Fahrzeug gemeinsam mit uns so zu entwickeln, wie sie es sich vorstellen. Das ist die Kunst, eine für den Fahrer erlebbare Funktion zu entwickeln, die zum Fahrzeug und zur Philosophie des Herstellers passt. Ein Ferrari ist anders abgestimmt als ein Lamborghini oder eine Corvette, ganz bewusst: so wie der Kunde das möchte.

Bernhard Bihr: Ethernet wird auf Grund der hohen Datenraten und schnellen Datenübertragung sehr schnell ins Auto kommen.

Bernhard Bihr: Ethernet wird auf Grund der hohen Datenraten und schnellen Datenübertragung sehr schnell ins Auto kommen. Bosch Engineering

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Worin sehen Sie die großen Herausforderungen der nächsten Jahre für Bosch Engineering und die Branche?

Bernhard Bihr: Die Komplexität der elektronischen Systeme im Fahrzeug wird weiter zunehmen, genauso die Vielfalt und Breite der Anwendungen. So sind schon heute Radar-basierte Systeme in Kleinwagen verfügbar. Gleichzeitig gibt es mittlerweile Hunderte von Varianten in den einzelnen Fahrzeugtypen und Modellen, was gerade an Engineering-Dienstleister extreme Anforderungen stellt – vor allem wenn eine breitere Palette an verschiedenen Applikationen verlangt wird. Ich glaube, dass die Rolle des Ingenieur-Dienstleisters in Zukunft noch wichtiger und deshalb weiter wachsen wird. Die großen Herausforderungen lauten Variantenentwicklung, Komplexitätsbeherrschung, Kombinationen und Konfigurationen von Fahrzeugen, die sich voneinander unterscheiden werden. Der OEM entwickelt das Basisfahrzeug und gibt Teile der Parametrierung und Teileentwicklung an externe Dienstleister.

Bosch Engineering ist im Prinzip die große Robert Bosch GmbH im Kleinen abgebildet, aber mit dem Vorteil für den Kunden, dass wir sehr schnell und projektorientiert Mitarbeiter in einem Team zusammensetzen und dann auch wirklich vernetzt arbeiten können – und zwar über die eigentlichen Bereichsgrenzen hinaus, aber mit den Produkten der großen Mutter im Hintergrund und dem Wissen, was man damit machen kann. Außerdem haben wir die erforderlichen Projektflächen und eine hohe Flexibilität.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Welche Herausforderungen stellen sich bei der Elektrifizierung des Antriebs für Bosch Engineering?

Bernhard Bihr: Die Herausforderung besteht darin, dass die Systeme extrem komplex werden und immer vernetzt sind. In einem Hybriden kann man beispielsweise keine Entwicklung eines Elektromotors unabhängig vom Inverter-Design machen, und auch die Batterie spielt entscheidend mit. Die Varianz wird eher noch größer als kleiner werden, weil verschiedene Fahrzeuge dazu noch mit unterschiedlichen Antriebsvarianten ausgestattet werden. Hinzu kommen die üblichen Standards oder die bekannten Herausforderungen wie Batterielebensdauer, Reichweite, Akzeptanz beim Kunden, akzeptable Ladezeiten und Reichweiten bei Plug-In-Hybriden und Ähnliches. Hybride bieten gerade unseren Kunden im Sportwagenmarkt große Vorteile, weil die für E-Maschinen typischen Antriebsmomente bereits bei sehr niedrigen Drehzahlen zur Verfügung stehen, sodass entsprechend ausgerüstete Sportwagen einen erheblichen Zugewinn an Fahrspaß und Fahrdynamik bieten. Bei diesen Hybriden lässt sich einiges umsetzen, was mit einem reinen Verbrenner schon aus rein physikalischen Gründen nicht geht. Mit radindividuellen Antrieben lässt sich zum Beispiel bei einer Kurvenfahrt am kurveninneren Rad der Elektromotor als Generator nutzen und es wird abgebremst. Die gewonnene Energie wird am kurvenäußeren Rad für einen positiven Antriebsmoment genutzt. Das macht Kurvenfahrten noch dynamischer. So etwas geht mit rein mechanischen Systemen einfach nicht. Wir stoßen hier den Raum zu neuen Funktionalitäten auf.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Das hört sich fast so an, als würden das alles reine Elektrofahrzeuge werden, die über einen Range-Extender verfügen…                              

Bernhard Bihr: Das ist eine Lösung, kommt aber immer auf den Anwendungsfall an. Ein Sportwagenbesitzer wird damit wohl nicht ganz zufrieden sein. Er will den Sound, und bei Leistungen deutlich über 500 PS, manchmal sogar über 900 PS, ist eine rein elektrische Lösung nicht einfach. Aber ein schöner Verbrenner und für das Drehmoment von unten sowie zur Vermeidung von Zugkraftunterbrechungen beim Schalten eine zusätzliche Elektromaschine sind eine sehr attraktive Kombination. Ein solches System kann rekuperieren, bietet Hybridfunktionen und senkt den CO2-Ausstoß. Hier bietet sich immenses Potenzial. Dabei bekommt zwar jedes Rad seinen eigenen Elektromotor, aber trotzdem besteht noch der mechanische Kraftschluss vom Verbrennungsmotor. Das eröffnet Gieraufbauraten, die mit rein mechanischen Systemen nicht erreichbar sind. An vier radindividuelle Elektromotoren in der Serie glaube ich nicht so recht, denn das ist zu teuer.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie stellen sie sicher, dass die Fahrer sich voll auf das Fahrgeschehen konzentrieren können und nicht abgelenkt werden?

Bernhard Bihr: Das wird zurzeit stark diskutiert. Im Kombiinstrument direkt vor dem Fahrer müssen die wesentlichen Informationen abgebildet sein, die er für das sichere Fahren braucht. Hinzu kommt vielleicht noch ein Head-Up-Display, sodass Geschwindigkeit, Abstand und Zusatzinfos im direkten Blickfeld sind. Außerhalb des direkten Fahrer-Blickfelds kann die Head-Unit zum Beispiel anzeigen, wie der Energiefluss im Hybrid-Fahrzeug läuft, ob gerade der Verbrenner oder der E-Antrieb dominiert. Derzeit bauen wir einen Aston Martin DB 9 als Hybrid-Konzeptfahrzeug um. Dieses Fahrzeug bietet beispielsweise über eine Bluetooth-Schnittstelle die Möglichkeit, mithilfe eines Tablet-PCs bestimmte Funktionen und bestimmte Anzeigmodi individuell einzustellen und zu parametrieren. Mit Tablet-PCs gehen viele Menschen um, das kann man mittlerweile als bekannt voraussetzen, und wir versuchen, auf diese Schnittstelle zuzugreifen, die wir zum Beispiel vom Smartphone gewohnt sind.

Die Fahrer benötigen ein Interface, das sie auch verstehen und das sie mit dem Fahrerlebnis in Korrelation setzen können. Intuitiv verfügbar oder intuitiv erkennbare Interfaces sind dabei gefragt.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Kommen wir zu einem Zukunftsthema Car-to-X. Welche Aktivitäten haben sie hier?

Bernhard Bihr: C2x, das Kommunizieren der Fahrzeuge untereinander und mit dem Internet, ist für mich das nächste große Megathema an dem wir alle arbeiten. Das fängt an mit einem Emergency-Call, der im Prinzip schon eine einfache Car-to-X-Funktion ist, und reicht bis hin zu Verkehrsleitsystemen. Wir arbeiten in diesem Bereich mit den Kollegen im Konzern daran, zunächst die Grundvoraussetzungen zu schaffen, dass ein Fahrzeug überhaupt kommunizieren kann – und zwar an nachträglich einbaubaren Komponenten, zum Beispiel für das Flottenmanagement. Und wir arbeiten daran, solche Systeme auch in andere Bereiche – auch jenseits des Automobils – zu übertragen.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie intensiv arbeiten Sie daran? Auf der CES hatte ich den Eindruck, dass C2x gewaltig im Fokus steht.

Bernhard Bihr: Gewaltig, da haben Sie Recht. Für die Kommunikation der Fahrzeuge mit der Infrastruktur sowie untereinander gibt es zunehmend Lösungen und Funktionen. Die Plattformen sind bereits verfügbar, sodass wir jetzt Funktionen entwickeln können, die dem Fahrer das Leben wirklich leichter machen. Verkehrsleitsysteme und die erwähnten Flottenmanagementsysteme sind da nur einige Beispiele.

In den nächsten Jahren werden Fahrzeuge, die als Dienstwagen infrage kommen, also die üblichen Leasingfahrzeuge ab der Mittelklasse sowie alle Premium-Fahrzeuge, eine SIM-Karte und eine eigene IP-Adresse haben. Dann wird das Fahrzeug E-Mails empfangen und selbst Verkehrsmeldungen absetzen können, indem es erkennt, dass über eine bestimmte Strecke Fahrzeuge im Stau stehen. Und man wird solche Funktionen flächendeckend cloud-basiert oder lokal errechnen und allen zur Verfügung stellen können.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Die Nutzung aggregierter Daten ist unbedenklich. Was unternimmt Bosch Engineering in dem Bereich, um die Privatsphäre der Autofahrer zu schützen?

Bernhard Bihr: Mithilfe der Firma Escrypt, einer Tochterfirma der Bosch-Tochter ETAS, stehen uns die für Embedded Security erforderlichen Lösungen und Bibliotheksprogramme zur Verfügung. Die Kommunikation ist dabei so abzusichern, dass sie von außen nicht angreifbar oder veränderbar ist.

Die vernetzten Systeme werden künftig mehr Sicherheit erfordern. Teilautonomes Fahren muss auch in punkto Security abgesichert werden, damit da nichts passieren kann.

Im Rahmen des Entwicklungsprozesses bei unserer Steuergerätesoftware ist Security ein Standardpunkt, genauso wie die funktionale Sicherheit, der in der Entwicklung abgearbeitet wird.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Findet Bosch auf dem Arbeitsmarkt auch die nötigen klugen Köpfe?

Bernhard Bihr: Ein klares Ja. Es ist natürlich zu spüren, dass der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt steigt und nicht unbedingt das Angebot folgt. Wir haben sehr attraktive Arbeitsplätze und sind in der Branche auch bekannt, sodass wir unseren Bedarf decken können. Seit 2007 sind wir einer der Hauptunterstützer der Formula Student. Wir unterstützen die Teams mit Schulungen, Trainings, Nutzung von Teststrecken oder Abstimmungsfahrten sowie der Beratung durch Applikateure. Diese Studenten können sich hier vor Ort ein Bild davon machen, was die Firma Bosch Engineering GmbH alles ausmacht, sodass wir recht häufig Bewerbungen bekommen. Hinzu kommen die Studenten, die bei uns ihre Diplomarbeit machen, Praktika absolvieren oder als Werksstudenten tätig sind.

Sehr gut kommt bei jungen Familien auch die Kita namens Panama an, das steht für „Papa so nah wie Mama“. Wir waren am Bau der Kita beteiligt und so helfen wir, Beruf und Familie zu vereinbaren.

 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Welche Bedeutung hat der Kongress „Fortschritte in der Automobilelektronik“ in Ludwigsburg für Sie?

Bernhard Bihr: Dieser Kongress ist das Branchentreffen schlechthin für unsere Branche. Daher besuchen auch stets mehrere Mitarbeiter unseres Unternehmens diesen Kongress, und Bosch ist meist auch mit Vorträgen vertreten.


Das Interview führte Alfred Vollmer, Redakteur der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK.

 

 

(av)

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