Polymere optische Fasern (POF) sagen den althergebrachten Kupferverbindungen den Kampf an – und gewinnen so manche Schlacht bei schwierigen Einsatzbedingungen.

Polymere optische Fasern (POF) sagen den althergebrachten Kupferverbindungen den Kampf an – und gewinnen so manche Schlacht bei schwierigen Einsatzbedingungen.Foto-Ruhrgebiet – Fotolia.com

Kupferleitungen sind eine bewährte Technologie, um Daten in industriellen Applikationen zu übertragen. Doch in vielen Situationen ist der Einsatz von Kupfer schwierig oder sogar unmöglich. Entwickler müssen während und nach der Erstinstallation viel Aufwand betreiben, damit Daten nicht von nebenan verlegten Stromkabeln durch Rauschen oder Unterschiede im Massepotenzial korrumpiert werden. Sie setzen zum Beispiel differenzielle  Verstärker ein, um funktionale Bereiche eines elektrischen Systems galvanisch zu trennen. In den Fällen, in denen hohe Schaltströme und Spannungen anliegen, können solche Vorsichtsmaßnahmen aber unzureichend sein – zum Beispiel bei großen Windkraft- oder Solaranlagen. Anders als Kupferkabel erfordern optische Fasern außerdem keine drastischen Erdungmaßnahmen, um Interferenzen bei Masseschleifen zu verhindern. Sie benötigen auch keine Abschlusswiderstände, um Reflektionen zu vermeiden.

Auch das Einhalten von Standardabständen ist bei Faser-Verbindungen kein Problem. Entsprechend den Standardwerten der IEC 664-1:1992 ‚Isolationskoordination für elektrische Betriebsmittel in Niederspannungsanlagen‘ beträgt bei einer Betriebsspannung von 10 kV der minimale Standardabstand zwischen Bauteilen 45 cm – auch in kritischen Umgebungen wie in Außenbereichen. Für eine typische optische Kunststofffaser-Anwendung ist dies eine kurze Strecke. Bei einer durchschnittlichen Installationslänge von 10 m übertrifft die mögliche Betriebsspannung den Standard um das 20-fache. Deswegen passt das galvanische Isolationsvermögen von optischen Fasern gut in raue Industrieumgebungen.

Der Testaufbau für EMI-Störfestigkeit: Eine Transversale-Elektromagnetische-Mode(TEM)-Zelle, in die ein 50-MBd-PRBS7-Signal (Pseudo-random bit stream) durch einen POF-Transmitter und -Receiver eingespeist wird.

Der Testaufbau für EMI-Störfestigkeit: Eine Transversale-Elektromagnetische-Mode(TEM)-Zelle, in die ein 50-MBd-PRBS7-Signal (Pseudo-random bit stream) durch einen POF-Transmitter und -Receiver eingespeist wird.Avago

Die Verbindungen müssen auch eine ausreichende Luftstrecke bieten, die Überschläge aufgrund von Hochspannungsspitzen verhindert. Um die Wirksamkeit von optischen Fasern zu belegen, hat der Spezialist für Optoelektronik Avago eine Testumgebung mit einer 40 mm langen optischen Verbindung – der kürzest möglichen Verbindungsstrecke – mit 45 mm Luft- und 55 mm Kriechstrecke aufgebaut. An den Testaufbau wurde eine 20-kV-Spannung angelegt – der höchste Wert, der mit dem Testaufbau zu erzielen war. Das Ergebnis: Es trat keine elektrische Entladung auf. Der geringe Abstand zwischen sendendem und empfangendem Ende ist in der echten Faserverbindungswelt atypisch. Dennoch zeigt dies, dass eine optische Faser problemlos eine ausreichende Kriechstrecke bietet und Überschläge bei hohen Spannungsspitzen verhindert.

Gleichtaktrauschen nicht unterdrücken, sondern eliminieren

Die Unterdrückung von Gleichtaktrauschen oder Masseschleifen in industriellen Kommunikationsverbindungen ist die wichtigste Maßnahme bei einem widerstandsfähigen Verbindungsdesign. Eine übliche Lösung ist der Einsatz von Optokopplern, um eine galvanische Isolierung von 15 mm zwischen Datenquelle und Kupfertransceivern zu platzieren. Das verhindert Gleichtaktrauschen, das sich in empfindlichen Schaltungen ausbreitet.

Bitfehler verursacht durch EMI mit vertikal ausgerichteter Kupferkabelschleife und mit horizontal ausgerichteter Kupferkabelschleife.

Bitfehler verursacht durch EMI mit vertikal ausgerichteter Kupferkabelschleife und mit horizontal ausgerichteter Kupferkabelschleife.Avago

Jedoch funktioniert das Unterdrücken des Gleichtaktrauschens nur, wenn die Streukapazität der Isolationsbarriere klein ist. Die typische parasitäre Kapazität eines Optokopplers beträgt 0,4 pF. Der Einsatz von Isolationsmaterial sorgt dafür, dass Spitzen beim Gleichtaktrauschen nicht vom Ein- zum Ausgang übertragen werden. Denn mit einer Faserverbindung – bei einer Standard-Verbindungslänge von mehreren Metern – ändert sich die aktuelle effektive Isolationsbarriere in Meter; nicht Millimeter. Dies verringert die Streukapazität auf null und eliminiert jeden Gleichtaktrausch-Pfad.

Immun gegenüber elektromagnetischen Störungen

Ein besonderes Problem der Datenübertragung im industriellen Umfeld sind auch die Elektromagnetischen Störungen (EMI). Um dieses Problem zu lösen, ist der erste Schritt den Mechanismus der Energieübertragung zum betroffenen Bauteil zu identifizieren: Strahlung, Leitvermögen oder Induktion. Um Verbesserungen zu erreichen, wird dann die eingebrachte Energie verringert oder die Grundursache mit verbesserter Erdung oder Abschluss-Techniken bekämpft. Man kann das ausfallbedrohte Bauteil auch physikalisch trennen oder schirmen. Der beste Ansatz ist jedoch die Wahl weniger empfindlicher oder gegen die Störung immuner Bauteile, die Optimierung des Layouts, um Kopplungseffekte zu verringern, und die Anwendung von korrekter Schirmung.

Bitfehler durch EMI in einem ungeschirmten verdrillten zweiadrigen Kabel und Bitfehler wenn das Kupferkabel entfernt und direkter Faseranschluss eingesetzt wurde.

Bitfehler durch EMI in einem ungeschirmten verdrillten zweiadrigen Kabel und Bitfehler wenn das Kupferkabel entfernt und direkter Faseranschluss eingesetzt wurde.Avago

Kupferverbindungen sind besonders empfindlich gegen elektromagnetische Interferenzen. Im Gegensatz dazu sind faseroptische Kabel immun gegen EMI. Das belegt ein umfangreicher Test: Eine Transversale-Elektromagnetische-Mode(TEM)-Zelle, in die ein 50-MBd-PRBS7-Signal (Pseudo-random bit stream) durch einen POF-Transmitter und -Receiver eingespeist wurde. Ein Verstärker durchläuft Frequenzen zwischen 0 bis 3 GHz, während die Bit-Fehlerrate gemessen wird. Ein 1 m langes, geschirmtes, zweiadriges, verdrilltes Kabel liefert eine externe Schleife der Daten, die durch die EMI-gesättigte Zelle laufen. Abhängig von der Ausrichtung des Kabels, erschienen Bitfehler bei unterschiedlichen Frequenzen über 1,5 GHz. Diese liegen innerhalb des Mobilfunkspektrums und sind somit besonders störungsgefährdet. Die Feldstärke wurde dann bei jeder der fehlerhaften Frequenzen reduziert – bis der Bitfehler verschwand. Im schlechtesten Frequenzergebnis mit den Kupferkabeln musste das elektrische Feld auf 40 V/m reduziert werden. Die Versuche mit ungeschirmten, verdrillten Doppelkabeln zeigten, dass diese in verrauschten Umgebungen nicht einzusetzen waren.

Wurde das Kupferkabel entfernt und nur die faseroptischen Transmitter und Receiver mit einem direkten Rückschleifen-Pfad auf Platinenebene der EMI ausgesetzt, zeigte keine Bitfehler. In dieser Konfiguration widerstand die POF-Verbindung einem elektrischen Feld von mehr als 150 V/m über dem gesamten Frequenzbereich von 0 bis 3 GHz.

Dieser Test belegt: Kupferkabel arbeiten als Antennen, die EMI aufnehmen und die Energie an die Empfangsschaltungen weitergeben. Die Folge sind Bitfehler. In Bezug auf Magnitude und Frequenzen ist dieser  Test jedoch als Ausnahme anzusehen, doch in der Praxis trifft man auf Applikationen, in denen hunderte von Verstärkern innerhalb einer Mikrosekunde geschaltet werden. Beispiele sind Motorantriebe, Schaltungen und Leistungsschütze. Diese Komponenten verursachen große magnetische und elektrische Felder, die inklusive der Harmonischen aggressive sowie verrauschte Umgebungen erzeugen.

POF ist einfacher und günstiger als gedacht

Obwohl faseroptische Verbindungen oft die bessere Lösung wären als Kupferkabel, halten sich viele Ingenieure mit dem Einsatz von faseroptischen Materialien in ihren Daten- und Steuerungsnetzwerken zurück. Der Grund hierfür liegt wohl in der Befürchtung, dass höhere Kosten sowie schwierigere Nutzung und Installation auf sie zukommen würden. Oder sie sind mit Kupfer einfach besser vertraut. Auch die oft bereits umfangreich vorhandenen Kupfer-Infrastrukturen machen den Umstieg schwer.

Materialkosten für eine RS485-Kupferverbindung ohne Isolation und Isolationsprodukte.

Materialkosten für eine RS485-Kupferverbindung ohne Isolation und Isolationsprodukte.Avago

Mit den faseroptischen Transmittern und Receivern für 1 mm POF von Avago – AFBR-1624Z/1629Z und AFBR-2624Z/2529Z – gibt es einen Ersatz für Kupfer, der sich einfach installieren lässt und auch in Bezug auf die Kosten rentabel ist. Denn das Vorurteil, dass Faser-Verbindungen immer teurer sind als ihre kupfernen Pendants hält sich hartnäckig. Da die Anforderungen für geschirmte und zertifizierte Kabel steigen, steigen auch die entsprechenden Kosten. Die Kosten für Kunststofffaser-Lösungen bleiben gleich – unabhängig vom Applikationsumfeld.

Außerdem bieten optische Fasern weitere Vorteile gegenüber Kupfer – und zwar in Bezug auf Durchmesser und Gewicht. Bei gleicher Länge von Kupferkabeln sind die Fasern dünner und wiegen weniger. Das bedeutet, dass in dem Installationsraum eines Kupferkabels mehrere optische Faserverbindungen untergebracht werden können.

Materialkosten für eine industrielle POF. Das Paar arbeitet mit jeder Art von Signalen von DC bis zu 30 MBd bei Strecken bis zu 50 m mit 1-mm-POF.

Materialkosten für eine industrielle POF. Das Paar arbeitet mit jeder Art von Signalen von DC bis zu 30 MBd bei Strecken bis zu 50 m mit 1-mm-POF.Avago

Die Kosten von Kupferverbindungen sind durch den Kupferpreis von 2.000 auf über 7.000 US-Dollar (Stand November 2013) gestiegen. Dagegen ist der Preis von POF relativ stabil und kann bei höheren Volumina noch sinken. Das gilt besonders bei konservativen oder besonders sensiblen Designs, bei denen die meisten Ingenieure sich für ein gut geschirmtes, qualitativ hochwertiges Kabel entscheiden, um Störungen vorzubeugen. In diesen Fällen sind optische Fasern auf jeden Fall preislich interessant. Ist eine geringere Schirmung und niedrige Qualität des Kupferkabels ausreichend, werden die Kosten des Kupferkabels niedriger. Das macht Kupfer zur preisgünstigeren Lösung für Verkabelungen bis zu 10 m. Bei längeren Strecken bietet die polymere optische Faser einen besseren Preis pro Meter (0,2 US-Dollar/m), im Vergleich zu Kupfer (1 US-Dollar/m) ohne Stecker. Da außerdem die Kommunikationsgeschwindigkeit steigt, wird die optische Faser immer wichtiger. Mit faseroptischen Verbindungen lassen sich mit 125 Mb/s Fast Ethernet (100 Base-FX) Daten bis zu 2 km übertragen – mit einer entsprechenden Kupferverbindung (100 Base-TX) ist die Strecke auf 100 m limitiert.

Die sogenannte ‚Connectorless‘-Technik vereinfacht die POF-Installation.

Die sogenannte ‚Connectorless‘-Technik vereinfacht die POF-Installation.Avago

Kein Polieren, kein Crimpen

Normalerweise ist die Konfektionierung von Glasfasern zeitaufwendiger als das Anschließen von verdrillten Litzen, denn LWL-Fasern benötigen Epoxid und die Faserenden müssen poliert werden. Dagegen ist POF wegen seiner 1 mm großen Polymer-Seele leichter zu bearbeiten. Avago bietet hier zwei Lösungen an: die SFH-Serie der Produktfamilie Connectorless oder crimpfreie Stecker – mit dieser lassen sich faseroptische Kabel leichter konfektionieren als geschirmte verdrillte Litze.

Die 650 nm faseroptischen Bauteile der SFH-Serie arbeiten mit sogenannten ‚un-connectorized‘ POF zusammen, bei denen ein Polieren entfällt. Der Anwender schneidet die Faser auf die gewünschte Länge, führt sie in den Anschluss des aktiven Bauteils ein und dreht den eingebauten Verschlussmechanismus fest. Die Stecker der Serie HFBR-453xZ sind kompatibel mit der Versatile Link Serie der Transmitter und Receiver und arbeiten bis zu 160 MBd. Dieses Design hat eine einfache Schnappverbindung und benötigt kein Crimpen. So lassen sich Arbeits- und Werkzeugkosten verringern – ebenso die Gefahr von wirtschaftlichen Verlusten aufgrund von Installationsfehlern.

Markus Wirsing

arbeitet im Marketing bei Avago Technologies in San Jose (USA).

(mf)

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Avago Technologies GmbH

Herrenberger Straße 110-140
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