Vereinfachte Montage durch schlichtes Falten: Beispiel eines Starrflex-Multilayers für die Medizintechnik. Impedanzkontrollierte Starrflex-Leiterplatte mit acht Lagen als 3D-Applikation und verbesserten EMV-Werten.

Vereinfachte Montage durch schlichtes Falten: Beispiel eines Starrflex-Multilayers für die Medizintechnik. Impedanzkontrollierte Starrflex-Leiterplatte mit acht Lagen als 3D-Applikation und verbesserten EMV-Werten. (Bild: GED Gesellschaft für Elektronik und Design)

Das Familienunternehmen Bender zählt laut Winfried Möll, Technologie-Geschäftsführer von Bender, mit weltweit rund 700 Mitarbeitern und 100 Mio. Euro Jahresumsatz sowohl zum Pionier als auch Marktführer für elektrische Sicherheitsprodukte und Sicherheitslösungen. Gefertigt werden Mess-, Schutz- und Überwachungssysteme für eine Vielzahl industrieller Anwendungen. Elektromobilität, Energieerzeugung und -verteilung und regenerative Energiegewinnung gewinnen an Bedeutung. Eine sichere Stromversorgung im Medizinbereich bildet einen Schwerpunkt. Das Unternehmen ist weltweit in über 70 Ländern vertreten, teils mit eigenen Gesellschaften. Mehr als 20 Prozent der Mitarbeiter arbeiten in Forschung und Entwicklung. Produziert wird an zwei Standorten in Deutschland.

3D-Elektronik unter die Lupe

Im Vordergrund dieser Technologie stehen Konzepte zur Miniaturisierung parallel zur Kostenoptimierung hoch integrierter Elektronik und Leistungselektronik. So erfordern viele Sektoren höhere Systemintegration in ihrer Elektronik, berichtet Hanno Platz von GED Gesellschaft für Elektronik und Design. Basis dafür sind gestiegene Komfortfunktionen und neue Anwendungen, aber auch das wachsende Sicherheits- und Kostenbewusstsein sowie energiepolitische Aspekte. „Gleichzeitig sinken die Raumangebote während Kundenwünsche verstärkt in den Vordergrund treten.“ Das bedeutet vor allem eins: Individualisierung. „Heute muss eine Fertigung in der Lage sein, selbst geringe Stückzahlen eines Produktes zu fertigen“, verweist Platz auf den sich schon länger abzeichnenden Trend. „Kleine Mengen bei gleichzeitig großer Vielfalt. Hier kann die Digitalisierung ihre Stärke ausspielen.“

Ein Beispiel aus dem Reservoir von Würth Elektronik für eine Starrflex-Anwendung. Jeweils zwei Lagen starr außen, kombiniert mit sechs Lagen Flexmaterial innen, und Bohrungen im starren Teil.

Ein Beispiel aus dem Reservoir von Würth Elektronik für eine Starrflex-Anwendung. Jeweils zwei Lagen starr außen, kombiniert mit sechs Lagen Flexmaterial innen, und Bohrungen im starren Teil. Würth Elektronik

Vor Jahren wurden Elektronik, Software und Mechanik noch weitestgehend separat entwickelt – und dann mühsam aufeinander abgestimmt. Sie bilden die Grundlage der Mechatronik. Da spielen die Erhöhung der Packungsdichte und Integration zum Zwecke der Funktionssteigerung, das passende Bedienkonzept, Miniaturisierung, Steigerung der Zuverlässigkeit, Integration neuer Funktionen und intelligenter Anschlusstechnik sowie eine einfache Logistik und nicht zuletzt die Optimierung der Systemkosten insgesamt die entscheidende Rolle. Hanno Platz sieht je nach Aufgabenstellung sowohl flexible Leiterplatten oder flexible Flachkabel, verschachtelte Multilayer-Platinen, Starrflex- und semiflexible Leiterplatten, dreidimensionale spritzgegossene MID-Bauteile als auch IMS oder Metallkernschaltungen als Lösung. „Doch von ebenso großer Relevanz wie die Entscheidung über Materialien und Techniken ist die Grundlage der Zusammenarbeit“, resümiert er.

Allerdings muss alles im Einklang stehen: optimales Produktdesign, hohe Komplexität und Funktionalität der Elektronik, geringe Produktionskosten, kurze Entwicklungszeit und möglichst kaum oder gar kein Redesign. Denn bereits in der Entwicklung wird bereits bis zu 70 Prozent der Kosten entschieden. Concurrent Engineering heißt das Zauberwort. Die Konstruktionsmethode für integrative, räumlich angeordnete Elektronik – mittels gekoppeltem 3D-Mechanik-CAD und Elektronik CAD – stellt gegenüber herkömmlichen Entwicklungsmethoden eine kostenreduzierende Lösung dar. Sie ermöglicht erweiterte Lösungen, benötigt weniger Umgestaltungen und verkürzt die Entwicklungszeit. Bevorzugte Produktbereiche für diese Methode sind mobile und hochintegrierte Geräte sowie der Ersatz von Kabelbäumen durch flexible Leiterplatten.

Hohe Systemzuverlässigkeit durch Starrflex-Leiterplatten

Andreas Schilpp von Würth Elektronik präsentierte anschaulich das Thema Starrflex-Leiterplattentechnologie.

Andreas Schilpp von Würth Elektronik präsentierte anschaulich das Thema Starrflex-Leiterplattentechnologie. Manfred Frank

Um in Punkto Miniaturisierung auf der Höhe des Geschehens zu bleiben sind immer wieder neue Lösungen gefragt. Andreas Schilpp von Würth Elektronik stellte mit der Starrflex-Leiterplattentechnologie eine intelligente Lösung zur Bewältigung von Raumnot und Funktionserweiterungen vor. Das Eigenschaftsprofil dieser Hybridsysteme vereint alle Funktionen der starren und flexiblen Schaltungsträger in einem Produkt. Starrflex-Leiterplatten sind mechatronische Bauteile. Folgerichtig kommt neben der Elektronik auch der Mechanik große Bedeutung zu. Zwar gilt prinzipiell für Starrflex alles was für starre Leiterplatten gilt, doch einige Besonderheiten gilt es dennoch zu beachten. So zum Beispiel spezifische Prozesse wegen des zur Flexibilität eingesetzten Materials Polyimid oder LCP-Folien (Liquid Cristal Polymer) und einige Besonderheiten im Design.

Auf den starren Modulen sollten Entflechtung und final auch die Bauteilplatzierung erfolgen, während die flexiblen Teile die starren Module miteinander verbinden. Produziert werden die Bauträger plano. Darunter sind alle Produktionsschritte der Fertigung zu verstehen. Erst mit Blick auf die Montage wird auf die dritte Dimension zurückgegriffen: das Falten und Anpassen der Baugruppe an das Gehäuse. Neben flexiblen Folien aus Polyimid kommen auch LCP-Folien in Stärken von typischerweise 50 µm zum Einsatz. Die hochtemperaturbeständigen Materialien lassen sich mit Kupferkaschierung als Grundlage für reine flexible Leiterplatten oder in Kombination mit starren Basismaterialien als Starrflex-Leiterplatten mit allen gängigen Lötverfahren verarbeiten. Auch dünne gefräste FR4-Schichten in FR4-Semiflex-Leiterplatten – eine andere Kategorie von Leiterplatten – sind ebenfalls bedingt biegbar.

Prof. Dr. Rainer Thüringer, Fachbereich Elektronik der FH Giessen/Friedberg, Mitglied im Fachbeirat des FED, zuständig für Systementwicklung und Weiterbildung, ließ es sich nicht nehmen die Teilnehmer zu begrüßen.

Prof. Dr. Rainer Thüringer, Fachbereich Elektronik der FH Giessen/Friedberg, Mitglied im Fachbeirat des FED, zuständig für Systementwicklung und Weiterbildung, ließ es sich nicht nehmen die Teilnehmer zu begrüßen. Manfred Frank

Auch hier gilt es, sich voll auf die Entwurfsphase zu konzentrieren; denn in diesem Stadium wird bereits über die spätere Kostenstruktur entschieden. Deshalb gehören bereits in diesem frühen Stadium alle Details hinsichtlich Mechanik, Elektrik, Gehäuse, Ort und Art der Montage auf den Tisch. Außerdem sind eine genaue Auswahl der Bauelemente und Substrate die Voraussetzung zur zuverlässigen Erfüllung der geforderten Einsatzbedingungen. Auch eine genaue Vorstellung von den Prozessen Bestückung, Löten und die finale Tests ist für die Produktentwicklung oberste Pflicht. Primär sind alle technischen Anforderungen an das fertige Produkt zu fixieren, wie etwa Lebensdauer, Größe, Optik, Kernfunktionen. Im nächsten Schritt sind die kommerziellen Details zu klären. Als da sind: Losgröße, Prototyp(en), Vorserie. Weiterhin zu beachten sind gesetzliche und Zuverlässigkeitsanforderungen, Einsatzbedingungen, die Größe des oder der Gehäuse inklusive Material und Form, Anforderungen an Mechanik und Elektrik der Leiterplatten, Art und Platzierung der Bauteile, Aufbau- und Verbindungstechnik, Prüfung und Dokumentation der Ergebnisse zwecks Rückverfolgung und die Weiterverarbeitung der Platinen. Insbesondere empfiehlt sich genaues Studium der entsprechenden IPC-Vorschriften. Hersteller geben zu diesem Thema gerne Auskunft. Im Zweifelsfall hilft auch ein Gespräch mit der jeweiligen Regionalgruppe oder dem FED im Berlin.

Manfred Frank

ist freier Fachjournalist

(mrc)

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Bender GmbH & Co. KG

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35305 Grünberg
Germany