Unter Fernwirken werden gewöhnlich steuerungstechnische, regelungstechnische oder sicherungstechnische Aufgaben verstanden, die aus der Ferne, also über ein betriebseigenes oder öffentliches Telekommunikationsnetz, ausgeführt werden. Dazu zählen unter anderem die  Fernsteuerung von betriebs- und haustechnischen Anlagen wie Heizungen, Klimasteuerungen, Überwachungsanlagen sowie Kontrolle und Steuerung des Energieverbrauchs von Gas- und Stromzählern – auch mittels Rundsteuer- und Funkrundsteuertechnik. Weiterhin gilt das Steuern von Versorgungsnetzen von Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme als Teil der Netzleittechnik und das Steuern von Straßenverkehrsanlagen wie Ampeln, Straßenbeleuchtungen, Tunnelsteuerungen oder Taumittelsprühanlagen. Alarmsysteme, Brandmelder und Gefahrenmeldung runden die Möglichkeiten ab. In der Fernwirktechnik werden im Allgemeinen folgende Signalformen übertragen: Schalt- und Stellbefehle, Schalterstellungsmeldungen, Kenn- und Warnmeldungen, Mess- und Zählwerte und in letzter Zeit auch Videodaten.

Alle Wege nutzen

Die Fernwirktechnik gliedert sich in zwei Bereiche. Dies sind die Fernwirk-Unterstellengeräte, die Außenstellen, die im Prozess oder prozessnah installiert sind, und die Fernwirkzentralen. Die Fernwirkzentralen sind in der Regel prozessfern aufgebaut und werden den Leitsystemkomponenten zugerechnet. Fernwirk-Unterstellen und -Zentralen sind über verschiedene WAN-Verbindungen miteinander gekoppelt.

Es hat in der Vergangenheit mehrfach Versuche gegeben, die Techniken für das Fernwirken zu vereinheitlichen. Diese Versuche waren zunächst nicht erfolgreich. Durch die gemeinsame Spezifikation der IEC-Protokolle durch mehrere Hersteller bildet sich inzwischen eine deutliche Standardisierung bei Neuinstallationen heraus. Hier wären die IEC 60870 mit den Anwendernormen IEC 60870-5-101, IEC 60870-5-104 (aktueller Standard in Europa und Asien) und der US-Standard DNP3.0 zu nennen. Fernwirkanlagen nutzen traditionell alle Telekommunikationsnetze, die Datenübertragung ermöglichen, so zum Beispiel:

  • Standleitungen (Kupferadern und Glasfaser)
  • private Funknetze
  • analoges Telefonnetz über Modem
  • digitales ISDN-Netz
  • Mobilfunk-Netz (GSM, 900 MHz und 1?800 MHz, in DeutschlandD-Netz und E-Netz)
  • UHF-Datenfunk-Systeme

Bisher kamen spezielle Datenübertragungsprotokolle zum Einsatz, um die Prozessdaten sicher über Weitbereichsnetze geringer Bandbreite und Übertragungsqualität zu übertragen. Der Anspruch, jederzeit auf notwendige Daten und Informationen zugreifen zu können, wächst jedoch stetig und erfordert permanent verfügbare Kommunikationslösungen. Hier bietet sich als Infrastruktur Ethernet an, das sowohl lokal über eigene Netze, wie auch Remote über das Internet und leistungsfähige UMTS-Mobilfunk-Netze weltweit zur Verfügung steht. Damit ist es möglich, den gestiegenen Informationsbedarf zu decken und jederzeit einfach und sicher auf Maschinen, Regler oder ähnliches zugreifen zu können.

Damit kommen zu den genannten Übertragungsverfahren neue Verfahren hinzu, die sowohl schneller, als auch oft kostengünstiger eine Datenübertragung zum Fernwirken bieten:

  • Datenübertragung über das Internet via VPN-Tunel
  • Mobilfunk UMTS/GPRS-Netze (zum Beispiel Telecom D1, Vodafone oder   E-Plus)
  • TCP/IP-Übertragung über analoges Telefonnetz Ethernet-Übertragung über große Entfernungen (> 10 km) über eigenesKupferkabel

Insbesondere der letzte Punkt gewinnt immer mehr an Bedeutung, wenn die vorhandene Fernwirktechnik über Ethernet an die Zentrale angebunden werden soll. Mit Einführung der DSL-Technik (Digital Subscriber Line) lassen sich die bestehenden Kupferleitungen zum Transport von Breitbandanwendungen, wie Netzwerkverbindungen, Videoanwendungen oder Multimediadaten, nutzen. Derzeit gibt es verschiedene Varianten der DSL-Technologie: ADSL, VDSL, HDSL und SDSL – um nur einige davon zu nennen.

Für die Verbindung von entfernten Standorten empfiehlt sich die SHDSL-Technik (Symetric High Bit Rate Digital Subscriber Line) mit ihrer symmetrischen Übertragung, großen Reichweite und geringem Übersprechen. Ein G.SHDSL.bis-Modem wie die SHDTU Ethernetmodem von Digicomm erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 11,4 Mbps, überbrücken Entfernungen bis zu 20 km und lassen sich im Bus-Betrieb einsetzen. Damit unterstützen sie die vorhandenen Fernwirkstrukturen in Bezug auf Entfernung und Anschaltung mit dem Vorteil der Ethernetübertragung.

Mehr warten als wirken

Neben der Fernwirktechnik hat ein zweites Teilgebiet der Automatisierung in den letzen zwei Jahren rasant an Bedeutung gewonnen: Die Fernwartung von Maschinen und Anlagen. Obwohl sich dieser Anwendungsbereich derselben Techniken wie die Fernwirktechnik bedient, ist die Aufgabenstellung hier anders gelagert. Durch den M2M-Zugriff (machine to machine) können Maschinen und Anlagen aus der Ferne angesprochen und damit ferngesteuert überwacht, gewartet und zum Beispiel Zählerstände problemlos abgelesen werden. Hier liegt der Aufgaben-Schwerpunkt also nicht bei der Steuerung aus der Ferne, sondern hier soll der Hersteller oder Programmierer sich via Fernwartung beispielsweise über das Internet mit der Steuerung der Maschine verbinden, um Fehler zu suchen oder Updates zu fahren.

Das spart Kosten, die sonst für Reisezeiten der Wartungstechniker anfallen. Da sich die Fernwartungskomponenten schon bei einem einzigen eingesparten Vor-Ort Einsatz der Techniker amortisiert haben, hat sich die Fernwartung innerhalb kurzer Zeit zu einem wichtigen Zweig der Automatisierung im Maschinenbau und in der Anlagentechnik entwickelt.

Günstige Datenübertragung

Mit den neuen Tarifstrukturen der Internet- und Mobilfunk-Anbieter, der Flatrate, werden die Kosten für die Datenübertragung so gering, dass sich für viele neue Anwendungen ein wirtschaftlich sinnvoller Einsatz des Fernwirkens und -wartens ergibt. Die neuen, Internet-basierenden Remote-Lösungen kommen in den Branchen, Smart Metering, Photovoltaik, Klimatechnik, Umwelttechnik, Gewerbeautomaten sowie Anlagen- und Sondermaschinenbau zum Einsatz. Für die Sicherheit der übertragenen Daten gibt es weltweit standardisierte Verfahren, die unter dem Oberbegriff VPN (virtual private network) zusammengefasst sind.

Zur Nutzung der Internet-basierten Fernwartung und Fernwirktechnik, gibt es grundsätzlich zwei Hauptverfahren, die ADSL-Übertragung über vorhandene Telefonleitungen oder GPRS/UMTS-Mobilfunk-Datendienste für Anwendungen, wo kein ADSL-Anschluss verfügbar ist. Für jedes dieser Verfahren benötigt man einen Router, der dafür sorgt, dass die Daten ganz gezielt über das riesige Internet zu der gewünschten Außenstation oder Anlage geleitet werden. Im Gegensatz zu den kommerziellen IT-Routern in der Bürovernetzung ist für den erfolgreichen Einsatz der Internet-Fernwartung die einfache Handhabung und Inbetriebnahme wichtig, da zumeist keine IT-Spezialisten, sondern SPS-Programmierer oder Automatisierer die Konfiguration vornehmen.

Bei der Nutzung der Mobilfunk-Dienste kommen kompakte GPRS- oder UMTS-Modem oder -Router, wie der CR-230 U zum Einsatz.
Die Datenübertragung erfolgt über Mobilfunk per GPRS, EDGE, UMTS, HSDPA oder HSUPA. Auch hier gibt es zwei unterschiedliche Einsatzarten. Zum einen meldet sich die Maschine bei Störungen oder in zyklischen Intervallen selbst und übermittelt ihre Daten an das Leitsystem oder an eine zentrale Servicestelle. Zum anderen möchte die Zentrale oder ein mobiler Servicetechniker auf die Anlage zugreifen. Das ist im Bereich des Mobilfunknetzes schwierig, da den Geräten dynamische IP-Adressen zugewiesen werden, die sich stetig ändern können. Die Verbindung muss im Regelfall vom Endgerät zur Zentrale aufgebaut werden.
Zur Lösung dieses Problems kann der Anwender auf verschiedene Datendienste wie MDex, Marcant oder IP-Mobile zugreifen, die gegen eine geringe monatliche Gebühr der Außenstation eine feste IP-Adresse zuordnen. Diese ist dann durch einen gesicherten Zugang am Portal des jeweiligen Dienstleisters direkt aus dem Internet erreichbar.

Ebenfalls möglich ist ein Zugang über ein VPN-Gateway von Digicomm, über das sich registrierte Teilnehmer mit Standarddatenkarten anmelden und dann über eine einheitliche IP-Adresse von der Zentrale oder vom Servicetechniker erreicht werden können.

Theo Bongartz

: Geschäftsführer der Digicomm GmbH in Kaarst

(mf)

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