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Als Hersteller von IGBTs, bietet Infineon ein breites Spektrum an Lösungen für verschiedene Spannungs- und Stromklassen.

Als Hersteller von IGBTs, bietet Infineon ein breites Spektrum an Lösungen für verschiedene Spannungs- und Stromklassen.Infineon

Die Triebkräfte in der Entwicklung von Leistungselektronik für Industrieanwendungen sind vor allen die Forderungen nach Energieeffizienz, Miniaturisierung, Zuverlässigkeit und Kostenreduktion. Dabei erweisen sich vor allem Leistungsmodule als die treibende Kraft hinter der zum Teil rasanten Entwicklung auf dem Gebiet der leistungselektronischen Systemtechnik.

Verbesserungen an der Gehäuse-Technologie sind bei weiter steigenden Leistungsdichten ein zentrales Element (siehe Bild 1). So hat Infineon im Rahmen der Messe PCIM Europe 2014 die Anforderungen an ein zukunftsweisendes High-Power-Modul beschrieben. Im Folgenden werden die Gründe für die Entwicklung der neuen Plattform und weitere Eckdaten der Technologie dargestellt. Die weiter steigenden Systemanforderungen und neue Chip-Generationen erforderten die Entwicklung einer neuen Gehäuse-Technologie mit entsprechendem Formfaktor. Infineon antwortet auf die skizzierten Herausforderungen mit dem neuen Gehäuse-Design „The Answer“ für Hochleistungs-IGBTs (insulated-gate bipolar transistor). Ein erstes Produkt mit entsprechender Technologie und Gehäuse-Design wurde im Rahmen der PCIM Europe 2015 im Mai vorgestellt.

Bild 1: Das optimierte Gehäuse für das HV-Modul, in das Chips mit 3,3 kV, 4,5 kV und 6,5 kV Sperrfähigkeit verbaut werden.

Bild 1: Das optimierte Gehäuse für das HV-Modul, in das Chips mit 3,3 kV, 4,5 kV und 6,5 kV Sperrfähigkeit verbaut werden.alle Bilder Infineon Technologies

Entwicklungslinien in den vergangenen 20 Jahren

Seit mehr als zwei Jahrzehnten entwickelt Infineon IGBT-Module (Bild 3). Im Jahr 1993 wurde das erste IHM (IGBT High-Power Module) mit Sperrspannungen bis 1,7 kV am Markt eingeführt. Darauf folgte die IHV-Familie (IGBT High-Voltage Module) für Spannungsklassen bis 3,3 kV und im Jahr 1999, als 6,5 kV Chips verfügbar waren, die Einführung des hochisolierenden IHV-Gehäuses mit erhöhten Luft- und Kriechstrecken für Sperrspannungen bis zu 6,5 kV. Mit dem 2006 eingeführten Primepack-Modul steht ein flexibles Modul mit hohem Nennstrom in Halbbrücken-Konfiguration im Bereich von 1,2 kV bis 1,7 kV zur Verfügung. Alle Gehäuse-Designs wurden auch von anderen Halbleiter-Herstellern nachträglich in den Markt eingeführt, was zu einer hohen Akzeptanz dieser High-Power-Module führte. Entsprechendes gilt für Module im unteren und mittleren Leistungsbereich wie zum Beispiel dem Easy, Econo und Econopack+.

Parallel dazu verlief die Entwicklung der Leistungsdichten in den Modulen. Von den anfänglichen 30 kW/cm2 ist man durch innovative Aufbau- und Verbindungstechniken inzwischen bei 110 kW/cm2 angelangt. Es wird erwartet, dass sich die Leistungsdichte in den nächsten fünf Jahren nochmals etwa verdoppeln wird. Dabei wird klar, dass die weitere Erhöhung der Leistung neben den entsprechenden Halbleitern auch neue Gehäusekonzepte und Bauformen erfordert. Nur damit ist man in der Lage, die leistungsstarken Halbleiter für die verschiedensten Spannungsklassen zu integrieren.

Bild 2: Gehäuse-Bauformen für IGBT-High-Power-Module von Infineon im Laufe der letzen 20 Jahren: steigende Sperrfähigkeit, höhere Leistungsdichte.

Bild 2: Gehäuse-Bauformen für IGBT-High-Power-Module von Infineon im Laufe der letzen 20 Jahren: steigende Sperrfähigkeit, höhere Leistungsdichte.

Vor allem für äußerst anspruchsvolle Anwendungen wie bei der der Windenergie, aber auch in Zugantrieben, Mittelspannungs-Industrieantrieben oder bei der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) müssen IGBT-Lösungen noch robuster und langlebiger werden. Denn nur so kann mithilfe der HGÜ-Technik elektrische Energie äußerst kosteneffizient über lange Strecken transportiert werden.

Die neue Gehäuse-Plattform ist skalierbar

Die neue Gehäuse-Plattform „The Answer“ für High-Power-IGBT-Module ist für den gesamten Spannungsbereich für IGBT-Chips von 1,2 kV bis 6,5 kV ausgelegt (Bild 2). Sie wird beginnend ab dem Jahr 2016 sukzessive in den einzelnen Spannungsklassen in den Markt eingeführt. Kernanwendungen sind unter anderem die Bereiche Industrieantriebe, Traktion, Erneuerbare Energien oder Stromübertragung. Eine der wichtigsten Neuerungen bei diesen Modulen ist die Skalierbarkeit. Die System-Entwicklung wird damit erheblich vereinfacht. Aufgrund einer extrem robusten Architektur ermöglicht diese Plattform auch in anspruchsvollen Umgebungsbedingungen langfristig eine hohe Zuverlässigkeit.

Darüber hinaus wurde bei der Entwicklung der Plattform ein Schwerpunkt auf Flexibilität gelegt, die eine einfache Integration in Kundensysteme gewährleisten soll. Diese Flexibilität wird unter anderem durch einen modularen Ansatz und eine breite Skalierbarkeit mit hoher Stromdichte erreicht. Diese Plattform ermöglicht erstmalig Halbbrückenmodule für 4,5 kV und 6,5 kV. Sie sind für 1,2 kV bis 3,3 kV in einem Niederspannungsgehäuse (LV) und für 3,3 kV bis 6,5 kV in einem hochisolierenden Gehäuse (HV), jeweils für die spezifischen Bedürfnisse des entsprechenden Spannungsbereichs optimiert. Das intern niederinduktiv aufgebaute Modul ermöglicht gleichzeitig niederinduktive externe Verbindungen. Die ultraschallgeschweißten Last- und Hilfsanschlüsse sorgen für eine hohe Zuverlässigkeit.

Zwei optimierte Gehäuse-Bauformen sind vorgesehen

Für die High-Power-Modulplattform sind mit einem LV- und HV-Modul zwei optimierte Gehäusebauformen vorgesehen. In das LV-Modul werden Chips bis 3,3 kV eingesetzt. Das HV-Modul, in das Chips mit 3,3 kV, 4,5 kV und 6,5 kV Sperrfähigkeit verbaut werden, bietet mit entsprechenden Luft- und Kriechstrecken eine Isolationsfestigkeit bis zu 10,4 kV.

Die Modul-Abmessungen wurden so gewählt, dass ähnliche Abmessungen wie mit den aktuell eingesetzten IHV-A- und IHV-B-Modulen erreicht werden. Aufgrund der unveränderten Tiefe von 140 mm können identische Kühlkörperprofile wie bisher genutzt werden. Vier Module mit einer Größe von 140 × 100 mm2, die mittels Zentrierhaken ohne Lücke verbaut werden, passen damit exakt auf den Platz, den heute zwei IHV-Module mit einer Bodenplattengröße von 140 × 190 mm2 inklusive Montageabstand einnehmen. Die bei dieser Konfiguration aus vier parallel geschalteten Bauteilen erreichte Stromdichte ist bei gleicher Chip-Technologie um 17 % größer als eine Stromrichterphase gleicher Größe, die aus zwei IHV-Modulen aufgebaut ist.

Parallel-Schaltung von bis zu vier Modulen möglich

Mit dem neuen Konzept lässt sich eine variable Anzahl an Modulen der High-Power-Plattform einfach für verschiedene Anwendungen parallel schalten (Bild 3). Aufgrund einer symmetrischen internen und externen Stromaufteilung können bis zu vier Module ohne Leistungsreduktion parallel geschaltet werden.

Bild 3: Mit dem flexiblen Konzept der neuen Hochleistungsplattform lässt sich eine variable Anzahl an Modulen einfach für verschiedene Anwendungen parallel schalten.

Bild 3: Mit dem flexiblen Konzept der neuen Hochleistungsplattform lässt sich eine variable Anzahl an Modulen einfach für verschiedene Anwendungen parallel schalten.

Die Anordnung der Lastanschlüsse der neuen High Power-Plattform ermöglicht ein leicht zu implementierendes „Durchflusskonzept“. Die DC-Anschlussklemmen erlauben dabei eine einfach strukturierte Verbindung zur Kondensatorbatterie. Die AC-Anschlüsse können durch eine einfache Busbar-Verschienung parallel geschaltet werden. Im dazwischenliegenden Bereich lassen sich eine, die einzelnen Module Gate-seitig verbindende Adapterkarte oder Treiberendstufen unterbringen. Die neue Plattform ermöglicht eine geringe Streuinduktivität. So beträgt beim HV-Modul die gesamte Kommutierungsinduktivität zwischen dem oberen und unteren Schalter weniger als 25 nH, was ein schnelles und EMV-verträgliches Schalten der IGBT-Module ermöglicht.

Mithilfe des neuen Modulkonzepts können Applikationsentwickler nun auf ein einziges, einfach zu implementierendes und leicht parallelschaltbares Modul zurückgreifen und müssen nicht auf eine Vielzahl verschiedener Gehäusebauformen zurückgreifen. Das Modul-Portfolio für den Hochvoltbereich mit Dual- und Einzelschaltern, das derzeit Module der Größe 73 × 140 mm2, 130 × 140 mm2 und 140 × 190 mm2 umfasst, kann so auf ein Bauteil identischer Größe pro Spannungsklasse reduziert werden. Dieses kommt dann gegebenenfalls in einer skalierbaren Mehrfachparallelschaltung zum Einsatz.

Auf einen Blick

Infineon gibt mit der neuen High-Power-IGBT-Plattform „The Answer“ eine Antwort auf heutige und künftige Anforderungen an die Leistungselektronik. Sie ermöglicht ein skalierbares Produktspektrum auf Basis eines einzelnen Bauelementes für den LV- beziehungsweise HV-Bereich mit flexiblen Rahmengrößen, durch die sich System- und Lebenszykluskosten reduzieren lassen. Die Unterstützung neuester Chip-Technologien wie RCDC (Reverse Conducting Diode Controlled) und Siliziumkarbid-Chips sowie die Eignung für den Einsatz der neuesten Verbindungstechnologien sichern Zukunftsfähigkeit und Flexibilität der neuen Plattform.

Thomas Schütze, Georg Borghoff, Matthias Wissen und Alexander Höhn

sind bei Infineon Technologies beschäftigt.

(dw/mrc)

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