Vor allem im Konsumerbereich und immer mehr bei Industriegütern ist der Online-Handel beliebt. Um die gestiegenen Anfragen im Bereich Kabel und Leitungen mit einer 24-stündigen Liefergarantie landesweit bedienen zu können, rüsten die Elektronikspezialisten aus dem polnischen Siechnice kontinuierlich ihre Konfektionierung auf: „Durchschnittlich 2000 Bestellungen verlassen täglich unser Haus – vom einzelnen Kabel bis hin zum Schaltschrank“, erläutert Maciej Posadzy, Mitglied der Geschäftsleitung und COO von TIM (Technology, Innovation, Mobility). Das an der polnischen Börse gelistete Unternehmen beliefert ausschließlich den polnischen Markt. „Unser Zentrallager umfasst eine Innenfläche von 10.000 m² und eine Freifläche von ca. 25.000 m², beschreibt der COO die Lagerkapazität. Etwa 20.000 m² nimmt dabei die Lagerfläche für Kabel und Leitungen ein.

Maciej Posadzy, Mitglied der Geschäftsleitung und COO von TIM.

Maciej Posadzy, Mitglied der Geschäftsleitung und COO von TIM.Kabelmat

Bereits seit dem Jahr 1987 bedient der B2B-Elektronikdistributor den polnischen Markt zunächst mit Produkten und Dienstleistungen aus dem Bereich Mess- und Regeltechnik, ab 1990 zusätzlich mit elektrischem und elektronischem Portfolio. 450 Mitarbeiter erzielten im Jahr 2014 einen Umsatz von rund 470 Mio. Zloty, was umgerechnet gut 110 Mio. Euro entspricht. Die 30 Filialen dienen heute nur noch zur technischen Kundenbetreuung ohne angeschlossene Lagerhaltung wie das früher der Fall war. Bestellt der Kunde bis 15 Uhr, wird die Ware am nächsten Tag aus dem zentralen Logistikzentrum in Siechnice landesweit ausgeliefert. Dabei nimmt der Onlinehandel stetig zu: 55 Prozent der Bestellungen werden per Internet generiert – mit steigender Tendenz.

Verarbeitung von großen Trommeln

Kabel und Leitungen zur Übertragung elektrischer Energie oder Daten unterschiedlicher Art sind heute und auch morgen ein wichtiger Bestandteil in der Gebäudetechnik, im Maschinen- und Anlagenbau, Telekommunikation und in vielen weiteren Anwendungen. In der Lagerhalle des polnischen Anbieters stehen daher 1800 Plätze für Kabeltrommeln im Hochregallager zur Verfügung, die von automatischen Regalbediengeräten bedient werden. Diese versorgen vollautomatisch die derzeit drei teilautomatisierten Kabelzuschneidestationen, indem sie die auf Paletten liegenden Kabeltrommeln der Anlage zuführen. Die neue, Autolog genannte Umwickelanlage mit automatischer Trommelbestückung gestattet die Verarbeitung von Trommeln mit einem Durchmesser von bis zu 1600 mm. Seine Kabelzuschneideanlagen bezieht TIM seit dem Jahr 2007 von der Kabelmat Wickeltechnik, einem Tochterunternehmen der Helukabel-Gruppe. Der Hersteller von Wickelsystemen für die Kabel- und Leitungsindustrie bietet nahezu alle Geräte und Maschinen zum Lagern, Wickeln und Ablängen von Kabeln und Leitungen, Stahlseilen, Rohren, Schläuchen und Profilen.

Die Autolog genannte Umwickelanlage mit automatischer Trommelbestückung gestattet die Verarbeitung von Trommeln mit einem Durchmesser von bis zu 1600 mm.

Die Autolog genannte Umwickelanlage mit automatischer Trommelbestückung gestattet die Verarbeitung von Trommeln mit einem Durchmesser von bis zu 1600 mm.Kabelmat

Bei der für TIM konzipierten Autolog-Anlage handelt es sich um eine Trommel-zu-Maschine-Ausführung. Hier wird die Kabeltrommel vom Regalbediengerät an die Maschine gebracht, die sie automatisch aufnimmt. Dazu erfolgt zunächst ein Vermessen des Trommeldurchmessers. Zwei Pinolenarme heben die Trommel in die Maschine, wo sie entsprechend ihrer zuvor ermittelten Abmessungen automatisch eingespannt wird. Dann folgt der nicht automatisierte Teil: Der Bediener führt das Kabel von Hand durch das Messsystem und befestigt es am so genannten Aufwickler. Anschließend verschließt er die Schutzeinrichtungen und betätigt die Starttaste. Über das Lagerverwaltungssystem werden die Daten des vorzunehmenden Schnittes der Steuerung mitgeteilt, sodass die Maschine nach dem Aufwickeln der jeweiligen Länge stoppt. Der Bediener löst den Schnitt per Tastendruck aus und das Kabel wird abgeschnitten. Der Prozess wird automatisiert beendet: Nach Aufwickeln des Restkabels bringt das Regalbediengerät die Trommel automatisch ins Lager zurück.

Sicherheit als oberstes Gebot

Manfred Wößner, Vertriebsleiter von Kabelmat Wickeltechnik.

Manfred Wößner, Vertriebsleiter von Kabelmat Wickeltechnik.Kabelmat

„Es gibt viele Hersteller solcher Kabelzuschneidanlagen, auch in Polen. Aber unsere Maschinen sind – ausgestattet mit Sicherheitslichtschranken und Schutzzäunen – die sichersten und das ist auch gut so“, betont Manfred Wößner. Der Vertriebsleiter von Kabelmat Wickeltechnik begründet die Sicherheitsmaßnahmen: „Die Anlagen sind während des Betriebs sehr gefährlich. Würde sich beispielsweise eine 5 t schwere Trommel plötzlich aus ihrem Arbeitsprozess lösen, kann sie schnell für den Mitarbeiter zu einer sehr großen Gefahr werden.“ Wößner verweist auf einen weiteren Pluspunkt: „Unsere Anlagen bieten einen hohen Automatisierungsgrad, der sich mit vielen Anlagen besonders von kleinen Anbietern nicht vergleichen lässt.“

Die digitale Antriebstechnik der Kabelzuschneider besteht aus Elektroservomotoren mit geregelten Frequenzumrichtern. Die Trommel wird dabei nicht wie oft üblich am Flansch, sondern über die Mitte angetrieben. Das gestattet einen besseren Rundlauf. In einer Anlage sind bis zu zehn Antriebsregler mit Profinet-Schnittstellen für die Fernwartung eingebaut. Über das Internet lässt sich so jederzeit der Maschinenzustand analysieren, sodass es möglich ist, rechtzeitig Wartungsmaßnahmen vorzunehmen. In beiden Maschinen befinden sich Ultraschallsensoren, die den Trommeldurchmesser erfassen und an die Steuerung weitergeben. „Hohe Geschwindigkeiten bei optimaler Zugkraftsteuerung ist neben der Sicherheit das zweitwichtigste Merkmal“, erklärt Wößner. „Wir fahren hier Geschwindigkeiten von bis zu 250 m/min.“

Clevere Zugkraftregelung

Ein weiterer Vorteil ist die Zugkraftregelung mit dem eingebauten Kabelspeicher. Eine spezielle Funktion in dieser Speichertechnik reguliert die Zugkraft beim Wickeln von empfindlichen Kabeln. Der Speicher fungiert dabei als Puffer: Er synchronisiert Abwickler und Aufwickler, um die Zugkräfte gering zu halten. „Hier haben wir ein Alleinstellungsmerkmal“, versichert Wößner. „Bei den aktuellen Maschinen haben wir die digitale Antriebstechnik nochmals verbessert, um die Zugkräfte auf die Kabel, speziell bei direktem Umwickeln, noch genauer auf die Abwicklung abzustimmen.“

Eine Verschiebetechnik gestattet zudem das Wegfahren des Speichers für direktes Umwickeln, was bei dickeren und steiferen Kabeln erforderlich ist. Aufgewickelt wird auf so genannte Ringwickler für kleinere Längen oder Trommelwickler für größere Kommissionierungen. „Unsere Maschinen verfügen über ein nach den Vorgaben der Pysikalisch-Technischen Bundesanstalt geeichtes Längenmesssystem und zwar mit europaweiter Gültigkeit“, betont der Vertriebsleiter. Das sei bei anderen Anbietern nicht ganz selbstverständlich. „Hier gibt es viele schwarze Schafe und schließlich möchte der Kunde ja genau die Länge geliefert bekommen, die er auch bestellt hat.“

Alle relevanten Daten wie Konfektionslänge oder Restschnittlänge werden per Datenaustausch zwischen Maschine und Logistikwarehouse-System übermittelt. „Wichtig ist auch die Datenübergabe von der Trommelförderstrecke anderer Hersteller zu den Maschinen. Wir haben hierbei alle nötigen Schnittstellen für den Datenaustausch geschaffen“, merkt Wößner an. Darüber ist man bei TIM erfreut: „Wir schätzen es sehr, dass wir die Möglichkeit bieten können, alle Datensysteme miteinander koppeln zu können, sodass unsere EDV mit dem Lagersystem unserer Kunden kommunizieren kann“, betont Posadzy. „All diese Schnittstellen lassen sich zudem sehr einfach steuern.“

Kleine Zuschnitte in der Überzahl

„Je effizienter die Maschinen arbeiten, desto besser, schneller und mit weniger Personalaufwand können wir unsere Kunden betreuen, die natürlich auf den Preis schauen“, erläutert Posadzy die Gründe, die für die Wahl von Kabelmat sprechen: „Die Schnitte dürfen also nicht zu teuer werden, was einen möglichst hohen Automatisierungsgrad erforderlich macht. Außerdem haben wir mit diesen Maschinen einen sehr hohen Verfügungsgrad. Sie sind sehr sicher, wir erfreuen uns eines guten Services und verzeichnen wenig Ausfall, obwohl die Anlagen rund um die Uhr im Einsatz sind. So können wir Kundenwünsche schneller als unsere Mitbewerber erfüllen.“

Die Produktivität der neuen Anlagen liegt laut Kabelmat um sechs bis sieben Mal höher als bei den alten Anlagen. Bezüglich des breiten am nächsten Tag lieferbaren Angebots ist TIM in Polen bereits heute konkurrenzlos. Der COO sieht das Geschäft hin zu kleineren, genaueren Kommissionierungen auch künftig wachsen. Am Tag werden bis zu 800 Schnitte vorgenommen. Schon heute werden etwa 80 Prozent der Zuschnitte in Ringen ausgeliefert. „Das ist ein sehr hohes Verhältnis, bei uns in Deutschland liegen wir bei etwa 60 Prozent“, kommentiert Wößner die Angaben. Im nächsten Jahr werden wir anbauen und – neben eines aktuell laufenden Auftrags – drei weitere Kabelzuschneideanlagen bei Kabelmat bestellen, die im Jahr 2016 in Betrieb gehen sollen“, resümiert Posadzy.

Anlagen und Linien als kundenspezifische Lösung

Oft werden diese Kabel und Leitungen sehr kurzfristig in individueller Art und Länge benötigt. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, beschleunigen geeignete Schneide- und Wickelmaschinen in Verbindung mit einem funktionierenden Kabellager die internen Abläufe. Entscheidend für die Planung einer solchen Anlage ist die richtige Auswahl sowohl der Maschinen und Geräte als auch der Software in Größe und Funktion.

Angela Struck

ist freie Journalistin und Geschäftsführerin der Agentur Presse Service Büro

(mrc)

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kabelmat Wickeltechnik GmbH

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