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Auf einem Blick

Ein Bauteil – viele Anforderungen

Gehäuse haben viele Aufgaben, denen sie gerecht werden müssen. Vor allem sollen sie vor Einwirkungen von außen schützen und die innenliegenden Elektronikbauteile kühlen. Doch auch das ­Design und die Vermarktung spielen hierbei eine immer größere Rolle. Welche Vorteile Aluminium gegenüber Kunststoff oder Stahl bietet und warum Katalogartikel in der Praxis immer weniger ausreichen, klärt dieser Beitrag.

Aufgrund des breiten Einsatzspektrums gehört zu den Haupteigenschaften eines Gehäuses der Schutz vor negativen Einflüssen – wie Feuchtigkeit, Schmutz, Staub oder Einwirkung von elektromagnetischen Störungen. Neben dieser Hauptanforderung müssen je nach Einsatzbereich des Gehäuses weitere Faktoren erfüllt werden. Dazu gehören zum einen der einfache Aufbau, sowie auch die Widerstandsfähigkeit des Gehäuses, die Langlebigkeit und Kühlfähigkeit, nicht zuletzt aber auch ein ansprechendes Design. Neben den technischen Parametern und einer guten Optik ist für die erfolgreiche Vermarktung das angemessene Preis-Leistungsverhältnis wichtig.

Der richtige Werkstoff

Ein Großteil der oben genannten positiven Eigenschaften sind im Aluminium zu finden, einem Werkstoff, der neben den herkömmlichen Werkstoffen – wie Kunststoff oder Stahl – eine immer größere Rolle bei der Gehäuseherstellung spielt. Wegen seiner geringen Dichte von 2700 kg/m³ wird Aluminium gerne dort verwendet, wo es auf eine geringe Masse ankommt. Der Einsatz von Kunststoffgehäusen verbietet sich bei vielen Applikationen aus technischen Gründen. Die Verwendung von Aluminium in Form von stranggepressten Profilen lässt verschiedene Gestaltungs- und Funktionsmöglichkeiten zu. Strangpressverfahren eignen sich besonders für Profile mit fester Kontur und erlauben eine kostengünstige Herstellung – vor allem für formaufwändige Profile – mit einfachen Fertigungsverfahren und relativ geringen Werkzeugkosten. So lassen sich diverse Geometrien realisieren, wie zum Beispiel Kühlelemente, Schiebemutterkanäle, Gewindekanäle oder Führungsrillen zur Aufnahme von Montage- und Leiterplatten, ohne dass diese zusätzlich nachbearbeitet werden müssen.

Bild 1:	Formschöne  und montagefreundliche Aluminiumkleingehäuse  Tondo zur Aufnahme von unterschiedlicher ungenormten Leiterplatten.

Bild 1: Formschöne und montagefreundliche Aluminiumkleingehäuse Tondo zur Aufnahme von unterschiedlicher ungenormten Leiterplatten.Fischer Elektronik

Eine Kombination aus zwei stranggepressten, mittels eines speziellen Feder- und Nut-Systems aufeinander gesetzten Aluminiumprofile, bildet den mechanischen Grundaufbau des ergonomisch geformten und formschön gestalteten Aluminiumkleingehäuses Tondo (Bild 1). Die nach dem kostengünstigen Stanz-­Nibbel-Verfahren hergestellten Deckelplatten schließen diesen Grundaufbau stirnseitig ab und verschaffen somit dem Gehäuse Stabilität. Die Gehäusebauteile sind über die in den Profilen integrierten, spanlos vorgewindeten Schraubkanäle mit speziellen metrischen Schrauben und dem jeweiligen Torx-Anschluss verschraubt. Dies ermöglicht ein hohes Anzugsmoment bei der Montage und verleiht dem Gehäuse gleichzeitig ein ansprechendes Aussehen. Seitliche, innenliegende 1,8 und 2 mm breite Führungsnuten, die in einem vorgegebenen Raster von 3,6 mm angeordnet sind, erlauben den Einschub zahlreicher, unterschiedlicher, ungenormter Leiterplatten. Die spezielle Geometrie der Gehäuseprofile ermöglicht die Aufnahme von Folientastaturen oder Frontfolien, sowie einer seitlichen Designleiste aus Kunststoff (UL94-V0 klassifiziert), welche (zum Beispiel aus Gründen der Corporate Identity) in vielen unterschiedlichen RAL-Farben gefertigt werden kann.

Optimale Wärmeableitung durch integrierte Kühlung

Die zunehmende Integrationsdichte bestückter Leiterplatten sowie die steigende Abwärme (oder Verlustwärme) elektronischer Bauteile stellen hohe Anforderungen an die Entwärmung und an das Kühlkonzept der verwendeten Gehäuse. Denn die Temperatur eines Bauelements ist maßgebend für seine Leistung, Lebensdauer und Zuverlässigkeit und damit der kompletten Baugruppe in der es verbaut ist. Eine der Möglichkeiten die Kühlungsproblematik in den Griff zu bekommen, ist der Einsatz von Wärmeableit- oder Kühlrippengehäusen, welche das thermische Management mit einem ansprechenden Design verbinden kann (Bild 2). Die Wärmeleitfähigkeit eines Kühlrippengehäuses wird durch den Wärmewiderstand Rth in Kelvin pro Watt definiert und ist umso besser je kleiner dieser Wert ist.

Bild 2: Kühlrippengehäuse mit effizienten Wärmeableiteigenschaften.

Bild 2: Kühlrippengehäuse mit effizienten Wärmeableiteigenschaften. Fischer Elektronik

Die wärmeableitenden Gehäuse bestehen aus stranggepressten Seitenwandprofilen kombiniert mit einem stranggepressten Kühlrippenprofil. Der Aufbau wird mit einschiebbaren Deckblechen und stirnseitig angebrachten Deckelplatten verschlossen. Halbschalenprofile mit außenseitig integrierten Kühlrippen, die zu einem Gehäuse verbaut werden, stellen eine Alternative zu dieser Aufbauart dar. Eine variable, kundespezifische Gestaltung der Gehäuse ist dank des höhenverstellbaren Halbschalensystems möglich. Die
elektronischen Bauteile auf der Leiterplatte sind mittels einer Schraubenverbindung oder spezieller Haltefedern direkt an der Gehäusewand oder dem Seitenwandprofil befestigt. Die Profile dienen so gleichzeitig als Kühlelement und geben die Wärme an die Umgebung ab.

Um den Wärmeübergang zu verbessern, können die aus den Fertigungsprozessen resultierenden Toleranzen, Unebenheiten und Rauigkeiten der zu verbindenden Kühlfläche und des Bauteils mithilfe von speziellen Wärmeleitpasten, Wärmeleitfolien oder Wärmeleitkleber geglättet werden. Zahlreiche unterschiedliche Ausführungen der Wärmeableitgehäuse erlauben die Aufnahme nahezu jedes beliebigen Leiterplattenformates: von 100 mm breiten Standard- und Doppeleuropakarten bis hin zu diversen ungenormten Leiter- und Montageplatten.

Aluminium-Gehäuseprofil als überdimensionierter Kühlkörper

Herkömmliche PC-Systeme werden in vielen Anwendungsbereichen der Elektronik eingesetzt. Ein weiterer Trend ist der Einsatz von Embedded-PCs, die heutzutage aus den Bereichen wie zum Beispiel Industrieautomatisierung, Medizintechnik, Luftfahrt-, Schienenfahrzeug- und Schiffsbau aber auch den Anwendungen wie Info-Terminals, Bank- und Fahrkartenautomaten, Personenzutritt- und Selbstbedienungskiosk-Systemen nicht mehr wegzudenken sind. Anders als bei üblichen Computern sind bei diesen PCs nur die Komponenten in das System integriert, die auch für die entsprechende Anwendung benötigt werden – so kann ein Embedded-PC wegen der geringen Leistungsaufnahme in der Regel lüfterlos betrieben werden. Außerdem sind sie prädestiniert für die Bereiche (zum Beispiel Medizintechnik), in denen auf Luftbewegungen und akustische Störungen verzichtet werden kann oder aufwendige Wartungsarbeiten eingespart werden sollen.

Bild 3: Funktionelle Gehäuse für Embedded-PCs.

Bild 3: Funktionelle Gehäuse für Embedded-PCs.Fischer Elektronik

Die Gehäuse bestehen aus einseitig offenen, U-förmigen Aluminium-Extrusionsprofilen mit integrierten, außenliegenden Kühlrippen, die die Wärme optimal ableiten. Die innenseitigen Führungskanälen mit schiebbaren Vierkantmuttern oder Gewindestreifen dienen mittels längenvariabler Abstandsbolzen einer Befestigung der Mainboard-Platine (Bild 3). Seitliche Führungsnuten sind im Strangprofil integriert und können ungenormte Leiterplatten, Elektronikkomponenten oder Montageplatten aufnehmen. Eine 2 mm starke Bodenplatte und an die Profilkontur angepasste stirnseitige Deckelplatten vervollständigen den robusten Gehäuseaufbau. Klammerbefestigung – für die Tragschienenmontage – oder anschraubbaren Befestigungslaschen – für die Wand- und Deckenmontage – erweitern die Ausführungen.

Kundenspezifisch statt Standard

Zahlreiche Gehäusehersteller bieten Elektronikentwicklern unbearbeitete Standardgehäuse als Katalogartikel an. Der Bedarf nach individuellen Gehäusen mit hoher Flexibilität und Modifizierbarkeit steigt. Zahlreiche, ungenormte Leiterplattenformate in unterschiedlichen Anwendungen der Elektronik werden einfach und kostengünstig eingebaut. Neben kundenspezifischen und mechanischen Gehäusemodifikationen wie Ausbrüche für Schalter, Stecker, Displays und so weiter sind Bearbeitungsqualität und Passgenauigkeit zur Position der innenliegenden Elektronikbauteile wichtig. Durch den Einsatz von modernen CNC-Bearbeitungszentren und Automaten in Zusammenarbeit mit leistungsstarken CAD-Zeichenprogrammen lassen sich diese Ansprüche realisieren und genaue Durchbrüche sowie weitere Bearbeitungen fertigen.

Bild 4: CAD-Downloadservice erleichtert kundenspezifische Modifikationen.

Bild 4: CAD-Downloadservice erleichtert kundenspezifische Modifikationen. Fischer Elektronik

Um den Elektronikentwickler und Konstrukteur bei der Planung und Gestaltung einer kundenspezifischen Lösung zu unterstützen, bieten viele Gehäusehersteller einen CAD-Download-Service an. Die Bereitstellung von 2D- beziehungsweise 3D-Daten sowie weiteren technischen Informationen zu gewünschten Standardprodukten findet meist über die Hersteller-Homepage statt. Neben den CAD-Daten werden die Werkzeug- und Bauteilbibliotheken mit vorhandenen Ausbrüchen für standardisierte USB-, D-Sub- und LEMO-Steckverbinder, sowie diverse Rechteck- und Rundlochbohrungen angeboten. Insofern werden die gewünschten mechanischen Kundenbearbeitungen auf dem CAD-System in die eigene Konstruktion eingebunden. Dieses Verfahren verkürzt die Planungs- und Durchführungsphase eines Projekts (Bild 4).

Durch den Einsatz von verschiedenen Oberflächenbearbeitungsverfahren, aber auch Oberflächenbehandlungen, ist nahezu jede farbliche Gestaltung und jedes Oberflächenfinish möglich. Zur Kennzeichnung der verbauten Elektronik, Bedien- sowie Anzeigeelemente und dem Herstellerlogo werden Siebdruck- und Laser-Beschriftungsverfahren wie auch Tampon-, Digital-Eloxaldruck oder Gravieren mit Farbhinterlegung eingesetzt.

Alles in allem

Die kundenspezifisch designten Gehäuse haben viele Funktionen und eine hohe Modifizierbarkeit. Elektronikentwickler und Konstrukteure bekommen so eine innovative Lösung für hochwertige elektronische Bauteile. Die ideal konfigurierten, modernen Einhausungen bieten einfache und anwenderfreundliche Handhabung, sind visuell ansprechend, sehr wirtschaftlich und eine Standardanforderung für elektronische Funktionseinheiten.

Dipl.-Ing. Heinrich Epp

ist in der Entwicklung bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid tätig.

(jck)

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Fischer Elektronik GmbH & Co. KG

Nottebohmstraße 28
58511 Lüdenscheid
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