Die aktive Geräuschunterdrückung reduziert beispielsweise störendes Dröhnen durch Motor- und Karosserieresonanzen im Fahrzeuginnenraum.

Die aktive Geräuschunterdrückung reduziert beispielsweise störendes Dröhnen durch Motor- und Karosserieresonanzen im Fahrzeuginnenraum. (Bild: Cadence Design Systems)

Eck-Daten

Aktive Sound-Technologien wie Active Noise Control (ANC) und Active Sound Design (ASD) ermöglichen Fahrzeugherstellern sowohl eine Minimierung der Motorgeräusche innerhalb des Fahrzeugs als auch die Erzeugung eines markenspezifischen Motorklangs. Ein dedizierter Digital Signal Processor (DSP) im SoC des Infotainmentsystems bietet sich als kostengünstige Lösung an.

Seit es Verbrennungsmotoren gibt, müssen sich Automobilingenieure auch mit niederfrequenten und drehzahlabhängigen Geräuschen befassen, wobei die größte Geräuschkomponente auf die Verbrennungsgeräusche in den Zylindern zurückzuführen ist. Wenn deren Frequenz auf die Resonanzfrequenz des Fahrzeuginnenraums trifft, ergibt sich ein dominantes Dröhnen. Nun ermöglichen allerdings Motoren mit weniger Zylindern und niedrigeren Drehzahlen einen effizienteren Antriebsstrang und damit umweltfreundlichere Fahrzeuge. Das Motorgeräusch hat dann eine niedrigere Frequenz und neigt zu einem aus der Sicht der Kunden lauten und störenden Dröhnen. Andere Technologien zur Erhöhung der Kraftstoffeffizienz wie Zylinderdeaktivierung oder die Aufladung von HEV-Batterien tragen ebenfalls zur Geräuschentwicklung bei.

Wie lassen sich Fahrgeräusche reduzieren?

Ein ANC-System kann das Fahrzeug-Audiosystem für die Reduzierung unerwünschter Motorgeräusche verwenden. Durch die Erfassung der Motordrehzahl und durch zusätzliche Mikrofone und eine Signalverarbeitung, die entweder im Radio oder im Verstärker erfolgt, lässt sich das Motorgeräusch nachbilden und diesem entgegenwirken. Gängige Automobil-Infotainmentsysteme nutzen bereits aktive Akustik-Technologien, um die Fahrzeuggeräusche durch elektronische Mittel zu beeinflussen. Dabei kommen immer mehr hoch integrierte SoCs (System on Chip) mit leistungsfähigen Standard-CPUs und Software-Infrastruktur zum Einsatz.

Um gut funktionieren zu können, benötigt die aktive Geräuschkontrolle Rechen-Ressourcen, die in harter Echtzeit und mit einer kurzen Latenzzeit arbeiten, da die implementierten Regelkreise in der erforderlichen Zeit ablaufen müssen. Aufgrund dieser Anforderungen lässt sich idealerweise ein kleiner Echtzeit-DSP in das Audiosubsystem integrieren, sodass sich der primäre Prozessor auf rechenintensive Funktionen wie die Grafikverarbeitung für den interaktiven Bildschirm in der Mittelkonsole konzentrieren kann. Das kombiniert die Vorteile von zwei Welten, indem spezielle Rechenressourcen mit niedriger Latenz zur Verfügung stehen, ohne zusätzliche Bauteile oder mehr Leiterplattenfläche zu benötigen.

Aktive Geräuschunterdrückung im Vergleich zu aktivem Sound-Design

ANC basiert auf kohärentem Schall im Gegensatz zu inkohärentem Schall wie im täglichen Leben und verfolgt grundsätzlich das Ziel, das ursprüngliche Klangfeld an allen relevanten Orten, zu allen relevanten Zeiten, in Echtzeit und gegenphasig genau zu reproduzieren. Mit den vier bis fünf Tiefton-Lautsprechern des Audiosystems und zusätzlichen drei bis sechs Mikrofonen funktioniert das ANC in einer normalen Fahrgastzelle im Bereich von 30 bis 250 Hz gut. Es deckt damit die Dröhnfrequenzen und alle typischen Vier-Zylinder-Motorfrequenzen ab und reduziert so die Geräusche für alle Passagiere.

Das aktive Sound-Design dient zur Motorklang-Verbesserung im Innenraum.

Das aktive Sound-Design dient zur Motorklang-Verbesserung im Innenraum. Cadence Design Systems

Der Einsatz eines großen DSP für die Ausführung der ANC-Algorithmen zusammen mit den zusätzlichen Verstärkern stellt in einem Fahrzeug der Oberklasse vermutlich kein Kostenproblem dar, da ein hochwertiges Lautsprecher- und Verstärkersystem in einem solchen Fahrzeug ohnehin vorhanden ist. Dieser Ansatz eignet sich aber aus Kostengründen nicht für Fahrzeuge der unteren Preisklassen. Hier lässt sich, wenn die Kosten ein wichtiger Aspekt sind, stattdessen die Haupteinheit (Head Unit) als Nachfolger des guten alten Autoradios mitverwenden. Diese steuert alle Audiogeräte, einschließlich des Leistungsverstärkers und des DSP für die ANC.

Eng verbunden mit ANC ist das aktive Sound-Design (ASD), das über das Audiosystem zusätzlich zu den normalen Audiofunktionen für den gewünschten Motorsound im Innenraum des Fahrzeugs sorgt. Diese Technik dient zur Motorklang-Verbesserung, um sowohl die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs zu verdeutlichen als auch die Markenidentität des Automobils zu stärken.

Beispielsweise verfügt das Audiosystem des BMW M5 über eine DSP-Funktion zur digitalen Signalverarbeitung, die Daten mit dem Motormanagement austauscht. Dadurch kann es einen Klang erzeugen, der die Drehzahl und das Drehmoment des Motors sowie die Fahrgeschwindigkeit des Autos widerspiegeln. Wenn der Fahrer auf den Modus Sport oder Sport+ umschaltet, erhöht sich die Reaktionsfähigkeit des Motors, aber auch das Klangerlebnis innerhalb des Autos verändert sich.

Die während der Fahrt mit demselben Auto aufgenommenen Dezibel-Pegel des aktiven Sound-Designs unterscheiden sich je nach Fahrmodus-Einstellung.

Die während der Fahrt mit demselben Auto aufgenommenen Dezibel-Pegel des aktiven Sound-Designs unterscheiden sich je nach Fahrmodus-Einstellung. Cadence Design Systems

Das Infotainmentsystem im Überblick

Moderne Fahrzeug-Infotainmentsysteme sind komplett digital und hoch integriert. Ihre Funktionalität erweitert sich stetig, obwohl es Beschränkungen im Hinblick auf die Baugröße und Leistung sowie die Wärmeabführung gibt. Diese Kommunikationszentrale verfügt über mehrere Schnittstellen, die meist drahtlos arbeiten. Aufgrund des beschränkten Platzes und der Kosteneinschränkungen kommt oftmals eine Bus-basierende Kommunikation mit sehr hoher Bandbreite auf der Ebene der Fahrzeugschnittstelle zum Einsatz. Das System ist zudem voll in das Fahrzeug integriert und erzeugt auch funktionelle Töne für Warnungen, Alarme und Displays.

Der Design-Trend für Infotainmentsysteme besteht darin, leistungsfähige Standardprozessoren mit einem offenen Betriebssystem und Middleware zu verwenden. Die Komplexität liegt dann in der Software anstatt in der Hardware. Da ebenso die Skalierbarkeit entscheidend ist, nutzt man normalerweise Mehrkernprozessoren. Da die Software einen Großteil des Systems darstellt, lassen sich Updates auch im Feld durchführen und die Entwicklungs- und Update-Zyklen sind allgemein kürzer. Viele Entwickler von Infotainmentsystemen nutzen auch funktionsübergreifende SoCs in ihren Designs, sodass zum Beispiel ein derartiges SoC das Radio des Fahrzeugs und die Audiofunktionen unterstützen könnte.

Integration aktiver Sound-Technologien mit einem dedizierten DSP

SoC-Designs für Infotainmentsysteme müssen die einzigartigen Anforderungen von Audiosignalen für aktive Sound-Technologien erfüllen und für Infotainment-Audio geeignet sein. Typische Infotainment-Audiosignale haben eine hohe Bandbreite von 48 kHz fs, einen hohen Dynamikbereich von mindestens 16 Bit und eine große Anzahl von Kanälen (mindestens 20 Quellkanäle, 20 Zielkanäle). Sie haben nichtsynchrone Quellen und Senken und verschiedene Taktdomänen mit komplexer Signalverarbeitung und Blockverarbeitung ohne Interrupt- und Synchronisationsmöglichkeiten. Zur Anpassung auf die langsamste Komponente, beispielsweise Audio/Video-Lippensynchronisation, ist eine nahezu beliebige Latenz mit Synchronisation über Verzögerungsleitungen möglich.

Im Gegensatz dazu ist in Anwendungsbereichen wie Freisprechen und Pufferung eine geringe Latenz ein Muss. Dies gilt besonders für aktive Sound-Technologien mit ihren spezifischen Anforderungen im Hinblick auf eine geringe Latenz durch die Regelungstheorie. Damit passen sie aber nicht in gängige Audio-Umgebungen.

Bei der ersten Generation von aktiven Sound-Anlagen haben die Automobilentwickler noch eine extra Steuereinheit im Auto mit einem DSP für die Steuerung der Audiosignale zwischen dem Leistungsverstärker und dem Lautsprecher hinzugefügt. Dieser Ansatz gewährleistet die erforderliche geringe Latenz zwischen den Mikrofonen und dem Lautsprechersystem im Auto. In den Systemen der nächsten Generation haben die Entwickler dann die aktive Geräuschunterdrückungstechnologie in sehr leistungsfähige DSP-basierende Verstärker integriert, jedoch hat sich dieser Ansatz als sehr teuer erwiesen, sodass diese Technologie in kostengünstigen Autos nicht zum Einsatz kommt.

In aktuellen Fahrzeugen arbeitet die Haupteinheit (Head Unit) normalerweise mit großen Embedded-CPUs oder sogar mehreren CPUs, um Navigation, Infotainment und Smartphone-Apps unterstützen zu können, wobei Linux ein populäres Betriebssystem für diese Systeme ist. Dieser Ansatz bietet zwar eine beachtliche Rechenleistung, unterstützt aber nicht die für Audio notwendige geringe Latenz. Dies ist vor allem auf das Betriebssystem zurückzuführen, denn Linux gewährleistet zum Beispiel eine Latenz von 100 ms für einen Taskwechsel, was für viele Steuerungsaufgaben ausreicht, für ANC-Funktionen aber unzureichend ist.

Für die Audiokomponente auf dem SoC stellt ein kleiner, dedizierter DSP für die aktive Sound-Technologie eine Möglichkeit dar, um die Anforderungen hinsichtlich der Kosten und der Leistung des Systems zu erfüllen. Der DSP bildet dabei die Schnittstelle für die Daten vom Fahrzeug, dem Mikrofon und den Lautsprechern, führt die erforderliche funktionelle Software für diese Anwendungen aus und entlastet somit den primären Prozessor für rechenintensivere Aufgaben.

Kleine stromsparende DSPs für Audio-Anwendungen

Ein Beispiel für einen kleinen stromsparenden DSP, der speziell für die Verarbeitung von Audioalgorithmen entwickelt wurde, ist der HiFi-DSP Tensilica von Cadence. Da der DSP für die Audio- und Sprachverarbeitung auf dem anpassbaren Tensilica-Prozessor basiert, unterstützt er zahlreiche Echtzeit-Betriebssysteme (Real Time Operating Systems – RTOS), die auf dem HiFi-DSP die erforderliche geringe Latenz gewährleisten können, die bei universellen CPUs mit einem High-Level-Betriebssystem wie Linux oder Windows nicht erreichbar ist. Die HiFi-DSPs unterstützen nicht nur mehr als 160 Softwarepakete für die Audio-, Stimm- und Spracherkennung sowie für Audio- und Sprachverbesserung, sondern auch proprietäre Software.

Der Tensilica-HiFi-DSP lässt sich als lizenzierbare IP in beliebige SoC-Designs einbinden, was die Integration einer Audiosignal-Verarbeitung mit geringer Latenz in fast alle Automobil-Infotainmentsysteme stark vereinfacht. Der programmierbare DSP stellt außerdem ausreichend Rechenleistung zur Verfügung, um auch andere Audioverarbeitungsalgorithmen zu unterstützen, von der akustischen Echounterdrückung und Beamforming bis hin zur Erweiterung des Klangraumes.

Zusammenfassung

Die Ausführung von ANC- und ASD-Algorithmen auf einem kleinen, stromsparenden dedizierten DSP kann eine effektive Möglichkeit darstellen, um die Leistung, den Energieverbrauch und die Kostenziele eines Automobilsystems zu erfüllen. Während der dedizierte DSP die Audio-Algorithmen mit geringer Latenz und in Echtzeit ausführt, kann sich der primäre Prozessor auf die mehr rechenintensiven Funktionen der aktuellen mediareichen Infotainmentsysteme konzentrieren.

Dr. Rolf Schirmacher

Geschäftsführer der Müller-BBM Active Sound Technology

Gerard Andrews

Product Director bei Cadence Design Systems

(pet/ah)

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