Conrad Connect

Andreas Bös, Senior Director, Conrad Connect: Das IoT ist für den Handel einerseits ein Segen, andererseits steigt mit jedem neuen Gerät die Komplexität. (Bild: Conrad Connect)

all-electronics.de: Was macht das Internet der Dinge gerade für Distributoren interessant?

Andreas Bös, Conrad Connect: Die High-Tech-Industrie beschäftigt sich damit seit vielen Jahren, zuletzt ist es immer mehr in den Alltag und das Bewusstsein der Verbraucher  eingedrungen. Das gilt zum Beispiel für den Boom der Fitness-Tracker oder das Smart Home. Sicher ist IoT für den Handel ein Segen, weil es sich um einen boomenden Markt handelt. Zugleich gilt es, sich um neue Herausforderungen zu kümmern, die zum einen dadurch bedingt sind, dass mit jedem IoT-Gerät die Komplexität steigt, die Anzahl der Apps wächst und dass diese tolle neue Welt eventuell gar nicht so connected ist. Zwar funktionieren die meisten dieser Anwendungen in ihrem kleinen System, in ihrem Herstellerportfolio, aber leider nicht über die Grenzen der Hersteller hinweg.

Conrad Connect soll diese Lücke schließen?

Conrad Connect ist aus der Erkenntnis entstanden, dass in vielen Märkten, in denen wir lange aktiv sind, ungelöste Probleme bestehen, und dass diese durch den einsetzenden Boom nun größer werden. Die Unübersichtlichkeit der Standards und Angebote macht unseren Kunden das Leben nicht leichter. Bis jetzt wurde immer innerhalb eines Produktes oder eines Systems beraten. Der Kunde kommt mit der vagen Beschreibung eines Problems, und wir haben sofort angefangen, das zu kategorisieren. Mit Conrad Connect können wir den Kunden hinsichtlich einer offenen Lösung beraten, dadurch wird seine Abhängigkeit von einem spezifischen Hersteller oder der dahinterstehenden Lösung deutlich reduziert. In den letzten Monaten haben wir bereits über 50 Systeme und 50 Hersteller auf der Plattform integriert. Das ist sehr viel, denn hinter diesen Herstellern stehen Tausende Produkte.

Mit welcher Herangehensweise haben Sie die Produkte und Systeme zusammengebracht?

Conrad Connect versteht sich als Erweiterung. Unser Anspruch ist, smarte Produkte noch smarter zu machen und das Thema Vernetzung zu Ende zu denken. Weder ersetzen wir etwas noch greifen wir in die bestehenden digitalen Geschäftsmodelle der Hersteller ein. Conrad Connect befindet sich auf einer Meta-Ebene, wir verknüpfen uns immer nur mit den Accounts, den Server-Clouds der anderen Hersteller. Bei uns geht es um Daten. Der eingesetzte Funkstandard spielt für uns keine Rolle. Die Anbindung dieser Systeme erfolgt über sogenannte APIs, über definierte Schnittstellen. Wir machen es den Herstellern sehr einfach, weil wir die von ihnen zur Verfügung gestellten APIs integrieren. Der Integrationsaufwand entsteht auf unserer Seite und nicht auf Herstellerseite, das ist einer der Gründe, warum wir in der Lage waren, so viele Systeme in so kurzer Zeit zu integrieren.

Arbeiten Sie mit Daten aus der Cloud der Anbieter oder mit einer eigenen Cloud?

Wir arbeiten mit einer Cloud, einer sogenannten Meta-Cloud, die über den Clouds der Hersteller sitzt. Wir haben ein Authentifizierungsverfahren. Das ist ein sehr gebräuchliches und auch sehr sicheres Verfahren. Die Zugangsdaten der einzelnen Systeme werden nicht bei uns gespeichert, sie bleiben dort, wo sie sind. Über die Authentifizierung wird das jeweilige System dann angewiesen, die jeweiligen Daten dann an unsere Meta-Cloud zu übertragen.

Umgehen Sie damit auch Probleme beim Datenschutz?

Datenschutz ist kein Problem, sondern eine gesetzliche Vorgabe. Die erfüllen wir voll und ganz. Wir haben unsere Server ausschließlich in Europa, wir geben unsere Daten nicht an Dritte weiter. Der Kunde hat volles Zugriffsrecht auf seine Daten, kann sie jederzeit löschen. Wir versuchen, alles so transparent wie möglich und den Schutz so sicher wie möglich zu machen.

Der Hauptnutzen, den sich Anwender laut einer Umfrage von Smart Home versprechen, sind Energieeinsparungen. Diese Funktion wird vom Smart Metering wahrgenommen. Welche Konzepte bieten Sie in diesem Zusammenhang an?

Ein zentrales Problem bei der Energieerfassung vor Ort war bislang häufig der fehlende Vergleich beziehungsweise ein Benchmark. Was nützt es dem Kunden, den Verbrauch seines Gefrierschrankes zu kennen, wenn er den Wert nicht interpretieren kann? Mit IoT und Conrad Connect können wir unseren Nutzern zukünftig anbieten, die eigenen Messwerte mit den Werten anderer Kunden zu vergleichen. Dies geschieht natürlich nur mit dem Einverständnis der Kunden und anonymisiert. Erst dadurch entsteht ein echter Mehrwert für den Nutzer.

Conrad Connect

Das Dashboard bietet einen Überblick über die kombinierten Applikationen. Conrad Connect

Große Teile des Smart-Home-Konzepts spielen sich online ab. So gibt es die Nutzer-Community „Conrad Friends“, Video-Tutorials und die Online-Plattform „Conrad Connect“. Wollen Sie gezielt eine jüngere Zielgruppe erschließen?

Die von Ihnen genannten Serviceleistungen sind Teil unseres ganzheitlichen Konzeptes. Nicht nur unsere eigenen langjährigen Erfahrungen im Bereich Smart Home belegen, dass viele Kunden aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität des Themas, des Produktangebots und der fehlenden herstellerübergreifenden Kompatibilität überfordert sind. Dies trifft grundsätzlich für alle Altersgruppen zu. Online-basierte Serviceleistungen sind schon lange nicht mehr nur einer jüngeren Zielgruppe vorbehalten.

Eck-Daten

Die Zahl vernetzter Geräte im Haushalt steigt rasant und oft lassen sich diese auf per App steuern. Doch sind die dabei verwendeten Kommunikationsstandards häufig nur innerhalb der Produktwelt eines Anbieters kompatibel. Mithilfe der Interplattform Conrad Connect können Produkte über Herstellergrenzen hinweg kommunizieren, was neue Funktionsmöglichkeiten erschließt. So erinnern etwa vernetzte LED-Lampen an das Lüften. Die Serverclouds der Hersteller werden dabei über APIs an eine Metaebene angeschlossen, auf der die übergeordnete Steuerung erfolgt. Ein Eingriff in die digitalen Erlösmodelle der Hersteller erfolgt nicht.

Auch Amazon ist mit seinen Produkten Teil von Conrad Connect. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Online-Händler?

Die Assistenzsysteme von Amazon (Echo) und Google (Home) haben einen regelrechten Boom ausgelöst. Da beide Systeme offen sind, das heißt Schnittstellen zu anderen Systemen anbieten, war es für uns keine Frage, die Produkte zu integrieren. Somit können Sie mit Amazon Echo eine Szene mit nur einem Sprachbefehl aktivieren – zum Beispiel das Licht einschalten, die Rollläden hochfahren und die Heizung im Bad auf 21,5 °C stellen – und das gleiche Szenario mit Google Home wieder deaktivieren. Das heißt beide Assistenzsysteme adressieren die identischen Projekte und damit auch dieselben Geräte auf Conrad Connect.

Bisher ist Conrad Connect vor allem mit dem B2C-Geschäft präsent. Was planen Sie für den B2B-Bereich?

Schon heute kommt ein nicht unbeträchtlicher Teil der Nutzer aus dem B2B-Bereich. Dies sind häufig kleine und mittelständische Unternehmen, die eine schnelle, einfache und preiswerte Lösung suchen. Dafür bietet sich Conrad Connect an, denn die grundlegenden Funktionen sind weder an bestimmte Produkte noch an bestimmte Anwendungsfälle geknüpft. Darüber hinaus werden wir im nächsten Jahr weitere B2B-spezifische Funktionen und Services anbieten.

Technisch ist das Dashboard von „Conrad Connect“  sehr ausgereift, aber laut einer Umfrage ist einer der Gründe, warum Menschen sich noch kein Smart Home-Lösungen zugelegt haben, der, dass „sie sich zu wenig auskennen“. Überfordern Sie Ihre Nutzer mit diesem komplexen Tool nicht?

Unser Ziel ist immer, unsere Plattform anwender- und bedienungsfreundlich zu machen. So haben wir zur IFA eine neue Funktion vorgestellt, die uns hier ein ganzes Stück näher gebracht hat – das Teilen von Projekten. Nun kann man aus hunderten veröffentlichen Projekten, also Anwendungsszenarien beziehungsweise Problemlösungen, das passende auswählen, importieren und bei Bedarf sogar noch den eigenen spezifischen Verhältnissen anpassen.

Conrad Connect

User können ihre erstellten Projekte auch anderen Nutzern der Plattform zur Verfügung stellen. Conrad Connect

Conrad Connect lief bisher im Beta-Stadium. Nutzer wurden dezidiert um Feedback gebeten. Welche Funktionalitäten wurden gewünscht?

Es würde den Rahmen dieses Gesprächs sprengen, wenn ich all die hervorragenden Feedbacks unserer sehr aktiven Community aufzählen würde. Wenn immer möglich, haben wir die Vorschläge aufgenommen und zeitnah umgesetzt, die Wunschliste wächst von Tag zu Tag. Sehr häufig wünschen sich Kunden die Integration bestimmter Systeme.

Welche Rolle spielen der persönliche Kontakt und das persönliche Erleben noch beim stark datenorientierten Smart Home-Geschäft?

Der persönliche Kontakt zum Endanwender spielt sicher eine wichtige Rolle, zumindest sollte die Möglichkeit dafür bestehen. Der von Conrad angebotene Service geht weit über den reinen Hardwareverkauf hinaus. So bieten wir beispielsweise im Rahmen unseres Programms „360° Smart Home“ ein Analysetool an, das bei der Auswahl des passenden Systems hilft. Dieses interaktive Tool steht online und offline zur Verfügung. Teil des Angebotes ist eine persönliche Beratung, entweder per Telefon, in einer unserer Filialen oder sogar beim Kunden zu Hause.

Therese Meitinger

ist Redakteurin bei den Hüthig Elektronik-Medien.

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