Für die Auswahl des geeigneten Stromversorgungssystems und der dazugehörigen Schutzmaßnahmen nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410), Schutz gegen elektrischen Schlag, sind die Wahrscheinlichkeit von Isolationsfehlern, der Basis- und Fehlerschutz, die Kontinuität der Stromversorgung, die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten sowie die vorliegenden Erfahrungswerte von wesentlicher Bedeutung. Der Aufbau der Stromversorgungssysteme und deren Erdverbindung ist in DIN VDE 0100-100 (VDE 0100-100) näher beschrieben.

Die drei Hauptnetzformen dabei sind das TN-System, das TT-System und das IT-System. In TN-Systemen ist ein Punkt direkt geerdet; die Körper der elektrischen Anlage sind über Schutzleiter mit diesem Punkt verbunden. In TT-Systemen ist ebenfalls ein Punkt direkt geerdet; die Körper der elektrischen Anlage sind mit Erdern verbunden, die elektrisch vom Erder für die Erdung des Systems unabhängig sind. In IT-Systemen sind alle aktiven Teile entweder gegen Erde isoliert oder über Impedanz mit Erde verbunden. Die Körper der elektrischen Anlage sind entweder einzeln, gruppenweise oder gemeinsam geerdet. Um für einen ausreichenden Personen- und Anlagenschutz zu sorgen, ist immer eine Koordination der Erdverbindung und der Eigenschaften von Schutzleitern in Verbindung mit der Art des Systems erforderlich. Die zulässigen Schutzmaßnahmen sind in DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) definiert. Für geerdete Systeme (TN-, TT-Systeme) sind dabei Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) und Überstrom-Schutzeinrichtungen (zum Beispiel LS-Schalter) am gebräuchlichsten. Während im IT-System ergänzend Isolationsüberwachungseinrichtungen (IMDs) gefordert sind.

Vergleich zwischen geerdeten und ungeerdeten Stromversorgungen

Ungeerdete IT-Systeme speist entweder ein Transformator oder eine unabhängige Stromquelle, zum Beispiel eine Batterie oder ein Generator. Die Besonderheit dieser Systeme liegt darin, dass kein aktiver Leiter direkt mit Erde verbunden ist. Im Falle eines Körper- oder Erdschlusses kann kein Kurzschlussstrom fließen, wie bei den geerdeten Systemen, sondern es wird sich infolge des fehlenden Rückschlusses für den Strom nur ein geringer Fehlerstrom ergeben, dessen Größe durch die Isolationswiderstände RF und die Ableitkapazitäten Ce der Leiter gegen Erde bedingt ist.

Beim Auftreten eines direkten Erdschlusses RF fließt im geerdeten TN-/TT-System ein Erdschlussstrom IF, der dem Kurzschlussstrom IK entspricht. Die vorgeschaltete Sicherung spricht an und es kommt zur Betriebsunterbrechung. Beim ungeerdeten IT-System fließt bei einem Isolationsfehler 0 ≤ RF ≤∞ lediglich der meist sehr kleine, kapazitive Strom über die Leitungskapazitäten Ce. Die vorgeschaltete Sicherung spricht dann nicht an, sodass auch die Spannungsversorgung bei einpoligem Erdschluss sichergestellt ist.

In Bezug auf die Versorgungssicherheit bietet also das IT-System die meisten Vorteile. Aus diesem Grund wird es auch in vielen Bereichen, bei denen ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Sicherheit in der Stromversorgung erforderlich ist, eingesetzt. Beispielsweise sind dies Steuerstromkreise nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1), Stromversorgungen für medizinisch genutzte Bereiche nach DIN VDE 0100-710 (VDE 0100-710):2002-11 oder mobile Stromerzeuger nach DIN VDE 0100-551 (VDE 0100-551). Aber auch in anderen Bereichen, wie Elektrofahrzeugen, Photovoltaikanlagen, Industrieanlagen mit geregelten Antrieben, komplexen Fertigungsanlagen oder EDV-Anlagen finden IT-Systeme mit Isolationsüberwachung immer mehr Verbreitung, da ein unerwarteter Ausfall der Stromversorgung unter anderem auch eine hohe finanzielle Belastung darstellen kann.

Beim Betreiben eines IT-Systems ist beim Auftreten eines ersten Isolationsfehlers zu beachten, dass aus dem ursprünglich ungeerdeten System (IT-System) ein dem geerdeten System (TN- oder TT-System) vergleichbares Netz entstanden ist und dass ein zweiter Isolationsfehler zum Ansprechen des Kurzschlussschutzes und damit zur Abschaltung führen kann. Erfahrungswerte belegen jedoch, dass der einpolige Fehler (erster Isolationsfehler) die wahrscheinlichste Fehlerart ist (> 90 %) und Gefährdungssituationen durch einen zweiten Isolationsfehler als eher unwahrscheinlich gelten. Trotzdem empfiehlt VDE 0100-410 (VDE 0100-410) eine zeitnahe Beseitigung des Isolationsfehlers nach dessen Auftreten.

Informationsvorsprung durch Isolationsüberwachung

Nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) ist ein IT-System immer mit einem Isolationsüberwachungsgerät auszurüsten. Das Isolationsüberwachungsgerät wird zwischen den aktiven Netzleitern und Erde angeschlossen und überlagert dem Netz eine Messgleichspannung. Beim Auftreten eines Isolationsfehlers schließt sich der Messkreis zwischen Netz und Erde über dem Isolationsfehler RF, sodass sich ein dem Isolationsfehler proportionaler Messgleichstrom Im einstellt. Dieser Messgleichstrom Im verursacht am Messwiderstand Rm einen entsprechenden Spannungsfall, der von der Elektronik ausgewertet wird. Überschreitet dieser Spannungsfall einen bestimmten Wert, was dem Unterschreiten eines bestimmten Isolationswiderstandes gleichkommt, erfolgt eine Meldung über Melde-LEDs und Meldekontakte. Die im Netz vorhandenen, kleinen Netzableitkapazitäten Ce werden lediglich auf die Messgleichspannung aufgeladen und beeinflussen die Messung nach einem kurzen Einschwingvorgang nicht. Die detaillierten Anforderungen an das Isolationsüberwachungsgerät sind in DIN EN 61557-8 (VDE 0413-8) enthalten. Durch das Isolationsüber-wachungsgerät erhält der Anlagenbetreiber den notwendigen Informations-vorsprung um rechtzeitige und geplante Instandhaltungsmaßnahmen einzuleiten.

Moderne Messverfahren für moderne Verbraucher

Das zuvor beschriebene Messverfahren ist dann sinnvoll, wenn es sich bei den angeschlossenen Verbrauchern ausschließlich um reine Wechselspannungs-verbraucher handelt. Standard sind heute jedoch geregelte Antriebe oder Verbraucher mit Schaltnetzteilen, zum Beispiel PCs oder elektronische Vorschaltgeräte. Diese bieten einerseits die Vorteile von kleinerer Verlustleistung, kleinerer Abmessung und geringerem Gewicht, sind aber andererseits durch die von Schaltnetzteilen erzeugten Oberschwingungen und möglichen Gleichstrombeeinflussungen zum Problem geworden. Die Gleichstromkomponenten lösen bei Isolationsüberwachungsgeräten mit dem Messverfahren der überlagerten Messgleichspannung Falschmeldungen aus. Grund dafür ist, dass im Fehlerfall diese Fremdgleichspannungen zusätzlich zur Messgleichspannung auftreten und so entweder zu einem höheren Messstrom – und damit zu einer erhöhten Ansprechempfindlichkeit – oder zu einem niedrigeren Messstrom – und damit zum Nichtauslösen – führen.

Eine weitere Störgröße für Isolationsüberwachungsgeräte mit Messgleichspannung sind Netzableitkapazitäten, die häufig in Form von Entstörfiltern zwischen Netz und Erde vorhanden sind. Beim Einschalten des IT-Systems stellen diese Kapazitäten für die Messgleichspannung eine niederohmige Verbindung zur Erde dar, sodass kurzzeitig ein hoher Messgleichstrom (Ladestrom für Ce) zum Fließen kommt und demzufolge eine Meldung durch das Isolationsüberwachungsgerät erfolgt.

Um die Beeinflussungen der Isolationsmessung durch Fremdgleichspannungen und Netzableitkapazitäten zu eliminieren, arbeiten moderne Isolations-überwachungsgeräte mit einer getakteten Messspannung. Auf Netzableit-kapazitäten reagiert dieses Messverfahren mit variablen Taktzeiten, wodurch die Ladekurve von Ce entsprechend berücksichtigt wird. Die Höhe der Fremd-gleichspannung wird innerhalb eines Messzyklus bestimmt und kann bei der Erfassung des Isolationswiderstandes entsprechend berücksichtigt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass sowohl Fremdgleichspannungen als auch hohe Netzableitkapazitäten das Isolationsüberwachungsgerät beziehungsweise das Messergebnis nicht mehr negativ beeinflussen. Somit ist eine präzise Bestimmung des Isolationswiderstandes möglich.

Einrichtungen zur Isolationsfehlersuche

In komplexen Anlagen, das heißt in Anlagen mit weit verzweigten Stromversorgungen, kann die Isolationsfehlersuche durchaus hohen Personal- und Zeitaufwand bedeuten. Diesen Aufwand kann das Einrichten einer Isolationsfehlersuche nach DIN EN 61557-9 (VDE 0413-9) verringern. Diese Einrichtungen suchen Isolationsfehler automatisch während des Betriebes und zeigen den fehlerbehafteten Abgang über LCD oder andere Visualisierungen an. Der Anlagenbetreiber muss den Betrieb nicht unterbrechen und der Fehlerort einzelner Isolationsfehler wird präzise angezeigt.

Wolfgang Hofheinz

: ist Geschäftsführer der Dipl.-Ing. W. Bender GmbH & Co. KG in Grünberg. Harald Sellner ist Leiter Technisches Marketing bei der Dipl.-Ing. W. Bender GmbH & Co. KG in Grünberg.

(mf)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Bender GmbH & Co. KG

Londorfer Straße 65
35305 Grünberg
Germany