Manuelle Eingriffe im Fertigungsprozess haben es in sich. Meist nicht registriert, stören sie die Datenerfassung: Ein Barcodeleser identifiziert eine Leiterplatte am Eingang des Automaten. Entnimmt der Bediener anschließend die Leiterplatte im Bestückungsbereich um sie auszutauschen, bleibt dies völlig unbemerkt. Infolge dessen werden die Bestückungsdaten einer falschen Leiterplatte zugeordnet, was die Qualitätssicherung und die Traceability infrage stellt. Dass dies möglich ist und häufig genug in der Praxis passiert, liegt an der Trennung von Identifikationssystem und Produktionssystem.

Essemtec will nun Abhilfe schaffen und hat darum für seine Bestückungsautomaten Cobra und Paraquda ein integriertes Traceability-System entwickelt, das sich nicht mehr austricksen lässt und zudem noch Produktionsraum einspart. Der Bestückautomatenhersteller behilft sich dabei bestehender Ressourcen: Die Bestückungsautomaten verfügen über hoch auflösende Kameras, die zum Beispiel Referenzmarken vermessen oder Bauteile und Feeder erkennen können. Die Kameras sorgen dafür, dass SMD-Bauteile exakt an die vorgesehene Stelle platziert werden. Dabei erkennt die Head-Kamera eine Leiterplatte automatisch anhand eines Barcodes oder Matrixcodes unmittelbar vor der Bestückung. Selbst wenn der Bediener eine Leiterplatte manuell vertauscht, wird dies beim Neustart bemerkt und die Bestückungsdaten werden zuverlässig der richtigen Leiterplatte zugeordnet.

Da sich die Kamera direkt am Bestückungskopf befindet, erkennt sie den Code sicher, egal an welcher Stelle er sich auf der Platine befindet. Daher ist diese Lösung nicht nur sicherer und zuverlässiger, sondern auch flexibler als ein separates Code-Lesegerät am Eingang des Bestückungsautomaten. Durch die hohe Auflösung und Genauigkeit der Bildverarbeitung ist die Bandbreite erkennbarer Codes sehr hoch und reicht vom einfachen Strichcode bis zum hoch komplexen Datamatrix-Code auf kleinster Fläche.

Sichere Erkennung der einzelnen Baugruppe

Das integrierte Konzept von Essemtec löst gleichzeitig das Problem der Zuordnung von Bestückungsdaten zur einzelnen Leiterplatte eines Mehrfachnutzens respektive zur einzelnen Baugruppe. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Nutzen als Ganzes oder jede einzelne Leiterplatte mit einem Identifikationscode versehen wird. Bei der ersten Variante wird nur der Nutzen selbst mit einem Code identifiziert und die einzelnen Leiterplatten erhalten eine Positionsnummer, zum Beispiel #123_1, #123_2, #123_3, usw. Bei der zweiten Strategie erhält jedes einzelne Teil des Nutzens einen eindeutigen Code, der vom Identifikationssystem erkannt und gelesen werden muss. Das Traceability-System ist zudem offen für alles: Sind Codes vorhanden so werden sie gelesen, ansonsten werden automatisch Positionsnummern vergeben.

Identifikations-Labels sind für den Bestückungsautomaten gewissermaßen Referenzmarken mit einer speziellen Funktion. Folglich lassen sich die Codes bereits beim Layout festlegen und  dem Bestückungsautomaten zusammen mit den Bauteil-Koordinaten per CAD-Datei übermitteln. Damit ist die Traceability bereits in den normalen Workflow zur Leiterplattenbestückung integriert und es sind keine zusätzlichen Programmierschritte nötig.

Code-Labels gleich mit bestücken

Je nach Anwendung lassen sich Identifikations-Codes auf Leiterplatten lasern, mit einem Tintenstrahl aufdrucken oder als Etiketten aufkleben. Wann und wo in der Prozesskette dies geschieht hängt davon ab, welche Prozesse und Daten zu erfassen und dem Endprodukt zuzuordnen sind. In vielen Fällen beginnt die Erfassung von Traceability-Daten mit dem Bestücken der SMD-Bauteile. Dem Bestückungsautomaten vorgelagerte Labelling-Module markieren die Leiterplatten. Einfache Etikettiermaschinen sind jedoch oft nicht sehr flexibel und benötigen teuren Produktionsraum. Darum lassen sich die Bestückungsautomaten von Essemtec optional mit einem Label-Feeder ausrüsten, der sich wie eine Bauteilzuführung verhält.

Den Labelfeeder gibt es in zwei Varianten; mit und ohne integrierten Drucker. Erstere druckt den gewünschten Barcode oder den Data-Matrix-Code erst auf dem Feeder aus. Dies ist sehr flexibel aber auch zeitaufwändig. Die Alternative ist die Bestückung vorgedruckter Labels ab Rolle, was bei einem hohen Durchsatz von Vorteil ist. Die integrierte Traceability-Lösung bietet den Zusatznutzen, dass Daten nicht nur erfasst werden, sondern gleichzeitig wichtige Parameter an das Produktionsplanungs- und Steuerungssystem zurückgegeben werden können.

Erfassen lassen sich sämtliche Bauteilinformationen inklusive MSL-Daten (Moisture Sensitivity Level), Informationen über den Bediener, das verwendete Bestückungsprogramm, die Zuführungen und Gebinde, die Leiterplatten und vieles mehr. Ans Steuersystem übermittelt werden zum Beispiel Verbrauchsdaten, Fehlermeldungen, Bestückungszeiten oder die aktuelle Rüstkonfiguration. Diese Daten können direkt in die kurzfristige Produktionsplanung einfließen, Aktionen bei der Qualitätssicherung auslösen oder die Einkaufsplanung steuern.

Auftrags- und Lagerplanung

Als Drehscheibe für die Produktionsplanung und -steuerung entwickelte Essemtec die Software eMis. Sie verbindet Produktionsmaschinen, Bauteil-Lagersysteme und übergeordnete ERP-Systeme miteinander. Dank der erfassten Daten erkennt eMis jederzeit die aktuelle Rüstung jeder Bestückungsmaschine, die geplanten und aktuellen Aufträge sowie die Verfügbarkeit und die Haltbarkeit von Bauteilen. Mit der Software ist es möglich, die Planung neuer Aufträge und die Arbeitsvorbereitung vorzunehmen. Anhand der vorhandenen Lagerdaten, Produktions- und Maschinendaten berechnet das Tool zum Beispiel die ideale Maschinenrüstung für die folgenden Aufträge. Der Rüstplan lässt sich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten optimieren, entweder für maximale Bestückleistung oder für minimalen Umrüstaufwand.

Durch den Datenaustausch mit dem Lagersystem und der Auftragsplanung ist es möglich, den Einkauf von Bauteilen rechtzeitig voraus zu planen. Auch die verbleibende Floor-Lifetime und andere Haltbarkeitsdaten werden bei der Planung berücksichtigt. In Kombination mit einem automatischen Lagersystem wie dem SMD-Tower ist eine ideale FIFO-Verarbeitung von Bauteilen möglich. Dabei bedeutet die Datenerfassung keine Mehrarbeit für den Bediener, im Gegenteil. Die notwendigen Voraussetzungen werden beim Rüsten der Feeder automatisch geschaffen, denn das Bauteil-Gebinde wird dabei mit dem Feeder gepaart. Dazu liest der Rüster mit einem Lesegerät nacheinander den Code auf Bauteilerolle und auf dem Feeder. Die intelligenten Feeder werden von der Bestückungsmaschine dann automatisch erkannt. Die entsprechenden Bauteilspezifikationen und Feeder-Konfigurationsdaten werden aus der Datenbank abgerufen und lassen sich mit der identifizierten Leiterplatte verknüpfen.

Daten erfassen und bereitstellen

Das integrierte Traceability-System von Essemtec lässt sich einfach in die Fertigung integrieren. Es liefert eine durchgängige Rückverfolgbarkeit der SMD-Fertigung vom Bauteil zum Endprodukt und dies ohne Mehrarbeit für den Bediener. Die Zusammenlegung von Identifikation und Labelling auf der Bestückungsmaschine spart wertvollen Platz in der Fertigung und sorgt für die zweifelsfreie und zuverlässige Zuordnung der Produktionsdaten zur bestückten Leiterplatte.

(mrc)

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Essemtec AG

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