Kompensation thermoelektrischer Spannungen

Thermoelektrische Spannungen oder EMFs entstehen, wenn die einzelnen Teile einer Schaltung unterschiedliche Temperaturen aufweisen und die Leitungen aus verschiedenartigen Materialien zusammengesetzt sind. Es gibt mehrere Verfahren, um diese unerwünschten Offsets zu minimieren.

Stromumkehr-Methode: Thermoelektrische EMFs lassen sich durch zwei aufeinanderfolgende Messungen mit jeweils entgegengesetzter Stromrichtung kompensieren, daher ist es hilfreich ein Voltmeter mit einer separaten bipolaren Stromquelle zu verwenden. Mit positiver Stromrichtung ergibt sich die Spannung:

VM+ = VEMF + IR

Durch Umkehr der Stromrichtung ergibt sich die Spannung:

VM– = VEMF – IR

Die beiden Messungen können dann kombiniert werden, so dass sich die thermoelektrische EMF aufhebt:

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Der gemessene Widerstand wird dann wie üblich berechnet:

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Normalerweise lässt sich damit die thermoelektrische Spannung vollkommen aufheben. Ist die Reaktionsgeschwindigkeit des Voltmeters zu gering, haben Änderungen der Schaltungstemperatur auch Änderungen der thermoelektrischen EMF zur Folge. Diese heben sich nicht vollständig auf, so dass ein gewisser Restfehler übrig bleibt. Daher sollte ein rauscharmes Voltmeter mit einer Reaktionsgeschwindigkeit verwendet werden, das schneller als die thermische Zeitkonstante der zu prüfenden Schaltung ist.

Delta-Methode: In Testumgebungen in denen eine veränderliche EMF Ungenauigkeiten verursacht, ist die Delta-Methode meistens das am besten geeignete Kompensationsverfahren. Wie bei der Stromumkehrmethode wird auch hier die Polarität der Stromquelle umgeschaltet, wobei aber für die Widerstandsberechnung insgesamt drei Spannungsmessungen anstatt von nur zwei erfolgen.

Bild 1 zeigt den Spannungsabfall am Messobjekt (DUT) bei einem Strom mit wechselnder Polarität als eine Funktion der Zeit. Die Spannungsmessung (VM1, VM2, VM3 etc.) erfolgt immer nach einer Änderung der Polarität. Jede Messung enthält ein konstantes thermisches Spannungsoffset (VEMF) und ein veränderliches lineares Spannungsoffset (δV). Die thermische Spannungsdrift kann näherungsweise als eine lineare Funktion über einen kurzen Zeitraum betrachtet werden, so dass die Spannungsänderungsrate als eine Funktion über der Zeit (δV) ebenfalls als eine Konstante angesehen werden kann.

Da insgesamt drei Spannungsmessungen erfolgen, kann sowohl das thermoelektrische Spannungsoffset (VEMF), als auch die thermoelektrische Spannungsänderung (δV) heraus gerechnet werden. Bei der Deltamethode entspricht jeder Datenpunkt dem gleitenden Mittelwert von drei Messwerten. Die resultierenden Daten weisen dadurch geringere Störungen auf, als die mit Hilfe der Stromumkehrmethode gewonnenen Daten, sogar wenn beide Datensätze über den gleichen Zeitraum ermittelt wurden. Der Erfolg der Deltamethode hängt von der linearen Näherung der thermischen Drift ab, die über einem kurzen Zeitraum betrachtet werden muss. Auch hier muss für eine erfolgreiche Kompensation der veränderlichen EMF die Messzykluszeit kürzer sein als die thermische Zeitkonstante des Testobjekts, so dass der Einsatz einer schnellen Stromquelle entscheidend ist.

Offset-kompensierte Methode: Die Offset-kompensierte Widerstandsmessmethode ist mit der Stromumkehrmethode vergleichbar, wobei allerdings die Messungen abwechselnd mit einem konstanten Quellenstrom und ohne Strom erfolgen. Der Quellenstrom fließt nur während eines Teiles des Messzyklus durch den zu messenden Widerstand. Bei eingeschaltetem Quellenstrom misst das Instrument die Gesamtspannung, also den Spannungsabfall über dem Widerstand und die thermoelektrische EMF. Diese berechnet sich nach der Gleichung:

VM1 = VEMF + IR

Während der zweiten Hälfte des Messzyklus wird der Quellenstrom abgeschaltet und es wird nur noch die in der Schaltung vorhandene thermoelektrische EMF gemessen:

VM2 = VEMF

VEMF wird während der zweiten Hälfte des Messzyklus gemessen. Sie kann dann von der während der ersten Hälfte des Messzyklus gemessenen Spannung subtrahiert werden. Somit ergibt sich die Offset-kompensierte Spannung:

VM = VM1 – VM2 = (VEMF + IR) – VEMF = IR und

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Damit lässt sich die thermoelektrische EMF (VEMF) durch dieses Messverfahren kompensieren.

 

Auf die richtige Kombination kommt es an

Die Auswahl der richtigen Kombination von Messinstrumenten und Messverfahren trägt entscheidend zur Sicherstellung einer hohen Genauigkeit bei der Messung von kleinen Widerständen bei. Der Beitrag stellt verschiedene Verfahren vor, um die Auswirkungen von Fehlerquellen zu vermeiden oder zumindest zu verringern.

Bei der Messung kleiner Widerstände und kleiner Spannungen gibt es einige mögliche Fehlerquellen, wie Offsetspannungen durch thermoelektrische EMFs, Offsetspannungen durch die Gleichrichtung von Interferenz-Hochfrequenzsignalen (RFI) und Offsets in der Eingangsschaltung des Voltmeters. Zu den Störquellen, welche die Messgenauigkeit stören können, gehören thermisches Rauschen, Magnetfelder und Masseschleifen. Hohe Gleichtaktströme (der Strom, der zwischen der LO-Anschlussklemme des Instrumentes und dem Chassis oder Erde fließt) können ebenfalls die Messgenauigkeit beeinflussen. Weitere mögliche Fehlerquellen sind der Leitungswiderstand, nicht-ohmsche Kontakte und eine Bauteilerwärmung.

Vorsicht bei nicht-ohmschen Kontakten

Nicht-ohmsche Kontakte liegen vor, wenn der Potentialunterschied über dem Kontakt nicht linear proportional zum durch den Kontakt fließenden Strom ist. Dies kann bei kleinen Spannungen durch einen Oxidfilm oder andere nichtlineare Verbindungen verursacht werden. Dabei kann eine Gleichrichtung von vorhandenen Hochfrequenzsignalen (RFI) erfolgen, was zu einer Offsetspannung in der Schaltung führen kann.

Bei der Messung kleiner Widerstände mit einem DMM sollte einfach der Messbereich umgeschaltet werden, wodurch sich normalerweise auch der Teststrom verändert. Der gleiche Messwert aber mit höherer oder niedrigerer Auflösung (je nachdem, ob der Messbereich des Instruments hoch oder runter geschaltet wird) zeigt eine normale Bedingung an. Ein stark veränderter Messwert weist dagegen auf einen nicht-ohmschen Zustand hin.

Minimierung der Bauteilerwärmung

Die meisten DMMs erlauben keine Einstellung des Teststroms; dieser wird im Allgemeinen durch den Messbereich bestimmt. Deswegen muss nach Alternativen gesucht werden, um die Bau-teilerwärmung zu minimieren. Eine einfache aber effektive Möglichkeit hierfür ist die Verwendung des „One-Shot Trigger-Mode“. Das Instrument sendet während des Messzyklus nur einen einzigen kurzen Stromimpuls zum Messobjekt, so dass sich die Fehler auf Grund einer Bauteilerwärmung minimieren lassen. Auch die Offset-Kompensation kann genutzt werden, um die Bauteilerwärmung zu reduzieren. Dabei wird der Teststrom nur während 50 % der gesamten Testzeit angelegt.

Tipps zum Test induktiver Bauteile

Zu den häufigsten Anwendungen für die Messung kleiner Widerstände gehören der Test von induktiven Bauteilen, die Messung des Kontakt- und Supraleiterwiderstands, sowie die Messung des spezifischen Widerstands von Leitern. Diese Messungen können mit Hilfe eines Nanovoltmeters mit einer integrierten Stromquelle durchgeführt werden.

Induktive Bauteile haben neben der Induktivität normalerweise einen kleinen Widerstand. Dieser kleine Widerstand wird meistens  mit einem DMM gemessen, wobei aber die Interaktion zwischen der Induktivität und dem Messinstrument diese Messungen kompliziert machen kann. Zu den möglichen Problemen gehören Schwingungen, negative Messwerte und generell instabile Messwerte. Wenn Probleme auftreten, sollten die Messungen in mehreren Messbereichen ausgeführt und überprüft werden ob die Messwerte übereinstimmen. Falls möglich, sollte eine Offset-Kompensation (gepulster Strom) vermieden werden, da die induktive Reaktion auf den Strom-impuls instabile Messungen verursachen oder eine automatische Bereichswahl erschweren kann.

Zudem sollte mit einem parallel zum Messgerät und dem Bauteil geschalteten Oszilloskop überprüft werden, ob Schwingungen auftreten. Manchmal kann eine parallel zur Induktivität liegende Diode die Schwingungen unterbrechen, da diese die induzierte Spannung beim Zusammenbruch des Felds begrenzt.

Messung des Kontaktwiderstands

Der Kontaktwiderstand ist der Widerstand, der bei einem Stromfluss durch geschlossene Kontakte feststellbar ist. Normalerweise wird hierfür ein Ohmmeter mit Vier-Draht-Verbindung verwendet, um zu vermeiden, dass der Leitungswiderstand bei der Messung mit einfließt. Oftmals wird mit einem Test des Kontaktwiderstands überprüft, ob sich durch Kontaktoxidation oder durch die Bildung eines anderen Oberflächenfilms der Widerstand des Testobjekts erhöht hat. Wenn die Spannung über dem Bauteil zu hoch ist, wird der Film durchbrochen und die Prüfung ist ungültig. Die Spannung für den Durchbruch eines Films liegt üblicherweise zwischen 30 und 100 mV.

Ein zu hoher Strom durch die Kontakte während des Tests kann die Kontaktpunkte und das Umfeld aufweichen oder schmelzen und somit den Kontaktbereich vergrößern und den Kontaktwiderstand reduzieren. Meist lassen sich diese Probleme durch eine trockene (stromlose) Schaltmethode vermeiden. Das trockene Schalten ist ein Verfahren, bei dem die Spannung und der Strom auf ein Niveau beschränkt werden, bei dem sich der physikalische und elektrische Zustand der Kontakte nicht verändert. Im Allgemeinen bedeutet das, dass die Leerlaufspannung bei weniger als 20 mV liegt und der Kurzschlussstrom kleiner als 100 mA ist. Wegen des niedrigen Teststroms wird ein sehr empfindliches Voltmeter für die Messung des Spannungsabfalls benötigt, der üblicherweise im Mikrovolt-Bereich liegt.

Eine Vier-Draht-Kontaktwiderstandsmessung lässt sich einfach mit einem DMM 2010, DMM/Datenerfassungssystem 2750 oder einem System Switch/DMM 3706 realisieren. Diese Keithley-Instrumente können automatisch thermoelektrische Offsets in der Sense-Schaltung kompensieren, da sie einen Offset-Kompensationsmodus besitzen. Sie verfügen auch über Möglichkeiten für eine stromlose Messung. In den meisten Anwendungen reicht ein DMM mit einem erweiterten Widerstandsmessbereich für Kontaktwiderstandsmessungen aus. Ist allerdings der Kurzschlussstrom oder der gemessene Widerstandswert viel kleiner als die in der Spezifikationen des DMM genannten Werte, dann ist eine Kombination von Nanovoltmeter und Stromquelle meist die bessere Wahl.

Charakterisierung des Supraleiterwiderstands

Einige Materialien verlieren ihren elektrischen Widerstand bei äußerst niedrigen Temperaturen und werden supraleitend. Bild 2 zeigt eine grundlegende Konfiguration für die Messung des Supraleiterwiderstands. Die Spannungsleitungen sollten aus einem Material sein, das einen niedrigeren Seebeck-Koeffizienten als das zu messende Material aufweist. Ein Nanovoltmeter ist ideal für derartige Präzisionsmessungen geeignet. Für die Messung der Übergangstemperatur muss der eingespeiste Strom unter dem kritischen Strom des Messobjekts gehalten werden. Wenn der Strom zu groß wird, kann die Verlustleistung das Messobjekt und das Kryotron beschädigen. Für die Messung des kritischen Stroms muss die Stromquelle allerdings den kritischen Strom des Messobjekts überschreiten können. Die Stromquelle sollte zudem eine programmierbare Polarität haben, so dass die Prüfung mittels der Strom-umkehrmethode durchgeführt werden kann.

In den letzten Jahren haben die Instrumentenhersteller eine Reihe von Funktionen entwickelt, die den Messprozess vereinfachen. Zum Beispiel arbeiten das Nanovoltmeter 2182A und die Stromquelle 6220 von Keithley optimal zusammen und ermöglichen eine automatische Anwendung der Deltamethode. In diesem Modus schaltet das 6220 automatisch die Polarität der Stromquelle um und triggert das Nanovoltmeter, um einen Messwert bei jeder Polarität zu erfassen. Anschließend liefert die Stromquelle den „kompensierten“ Widerstandswert. Wenn sich die Temperatur des Messobjekts ändert, kann der Widerstand auch über der Temperatur dargestellt werden. Zur Bestimmung des kritischen Stroms können das Nanovoltmeter und Stromquelle eine Präzisionskurve über unterschiedliche Ströme ermitteln.

Messung des spezifischen Widerstands von leitfähigen Materialien

Der spezifische Widerstand eines Leiters wird bestimmt, indem der Widerstand einer Probe mit bekannter Geometrie gemessen wird. Dabei wird ein Strom durch die Probe über zwei Leitungen eingespeist und der Spannungsabfall über zwei separate Leitungen gemessen. Diese Methode zur Bestimmung des spezifischen Widerstandes ist von der Größe und Form der Probe abhängig, benötigt aber in jedem Fall ein empfindliches Voltmeter und eine Stromquelle.

Bild 3 zeigt eine Methode zur Bestimmung des spezifischen Widerstands von Materialien wie einem Metallbarren oder Stab. Die Stromquelle wird mit beiden Enden der Probe verbunden. Die Leitungen des Voltmeters werden mit einer bekannten Entfernung platziert. Der spezifische Widerstand wird anhand der Querschnittsfläche der Probe und der Entfernung zwischen den Leitungen des Voltmeters berechnet:

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wobei spezifischer Widerstand ρ in Ohm/cm, vom Voltmeter gemessene Spannung V, Quellenstrom I, Querschnittsfläche A der Probe (w × t) in cm2 und Abstand L zwischen den Voltmeterleitungen in cm.

Um thermoelektrische Spannungen zu kompensieren werden je ein Spannungsmesswert mit positivem Teststrom und ein weiterer mit negativem Strom erfasst. Aus den Absolutwerten dieser zwei Messungen wird dann der Durchschnittswert ermittelt und in die Gleichung V/I eingesetzt. Die meisten Materialien haben einen nicht zu vernachlässigenden Temperaturkoeffizienten, daher muss die Probe auf einer bekannten Temperatur gehalten werden.

Van-der-Pauw-Methode

Obwohl das van-der-Pauw-Verfahren zur Messung des spezifischen Widerstands hauptsächlich in der Halbleiterindustrie verwendet wird, lässt es sich auch auf andere Anwendungen übertragen, wie etwa die Bestimmung des spezifischen Widerstands von Supraleitern oder Folien. Die van-der-Pauw-Methode wird bei Proben genutzt, die flach, gleichmäßig dick und beliebig geformt sind, und die keine isolierten Löcher enthalten. Die verwendeten Kontakte sollten klein und auf der Oberfläche der Probe platziert sein. Insgesamt werden 8 Messungen durchgeführt. Aus diesen Messwerten wird dann mathematisch der durchschnittliche spezifische Widerstand der Probe bestimmt. Bild 4 zeigt eine Konfiguration zur Bestimmung des spezifischen Widerstands einer leitfähigen Probe mittels der van-der-Pauw-Methode. Eine Stromquelle speist einen Strom in die Probe ein und mit einem Nanovoltmeter wird der resultierende Spannungsabfall gemessen.

Dale Cigoy

: Dale Cigoy ist Senior Applications Engineer bei der Keithley Instruments, Inc.

(jj)

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