Für Dr. Reinhard Ploss, Vorsitzender des Vorstands der Infineon Technologies AG, sei die Akquisition von International Rectifier eine einmalige Gelegenheit.

Für Dr. Reinhard Ploss, Vorsitzender des Vorstands der Infineon Technologies AG, sei die Akquisition von International Rectifier eine einmalige Gelegenheit. Infineon

Die Zahlen sprechen für sich: Während 2011 noch gut über 60 Milliarden Euro kumulierter Umsatz für die bayerische Elektronikbranche verzeichnet wurde, waren es 2012 nur noch 57 und 2013 nur knapp 56 Milliarden Euro. Anfang des Jahres erhoffte sich der ZVEI einen Umsatzanstieg auf knapp unter 60 Milliarden Euro – ein deutliches Wachstum also: „Nach der verhaltenen Entwicklung 2013 sind wir grundsätzlich optimistisch für dieses Jahr“, so die Vorsitzende der ZVEI-Landesstelle Bayern und Mitglied im ZVEI-Gesamtvorstand, Stephanie Spinner-König. Sorgen bereiten ihr allerdings die Entwicklung in der Ukraine, die die Erwartungen über den Haufen werfen könnten, meinte sie weiter. Nach einer ZVEI-internen Umfrage sahen noch Anfang 2014 86,8 Prozent der bayerischen Elektrounternehmen bessere Geschäfte und nur 0,7 Prozent schlechtere für das laufende Jahr. Und so lief das Jahr 2014 auch noch relativ gut an: Im ersten Quartal 2014 konnte die bayerische Elektronikbranche noch eine Book-to-Bill-Ratio von knapp über 1 verzeichnen, was sich allerdings in den folgenden zwei Quartalen änderte – hier konnte die 1 nicht erreicht werden.

Embedded

Nur wenige Tage vor Veröffentlichung der Ergebnisse des Geschäftsjahres 2013 gab Kontron Ende März diesen Jahres den Verkauf von Ubitronic bekannt. Außerdem beabsichtigt das Unternehmen die Veräußerung seiner Anteile an der Affair 000 mit ihren russischen Beteiligungen RTSoft Project, RTSoft ZAO und Training Center RTSoft. Der Umsatzanteil von Ubitronix und RTSoft belief sich in 2013 auf rund 15 Prozent des Gesamtumsatzes. Mit dem Geschäftsbericht 2013 sah sich das Unternehmen allerdings schon auf dem richtigen Kurs: Zwar hielt Kontron seinen Umsatz in 2013 mit 445,3 Millionen Euro fast stabil, dafür fraßen die Kosten für die Rekonstruierung den Gewinn, womit das Ebit bei minus 29 Millionen Euro liegt.

Ein halbes Jahr später gibt der Anbieter von Embedded-Computer-Technologien den planmäßigen Abschluss seiner angekündigten Standortkonzentration bekannt. Seit Oktober operiert das Unternehmen nun in Deutschland an den drei Standorten Augsburg, Deggendorf und Saarbrücken. Firmensitz und zentraler Technologiecampus ist Augsburg, wo bestehende Gebäude umgebaut und neu ausgerüstet wurden. Damit sind nun sämtliche Bereiche der Standorte in Kaufbeuren, Eching, Roding und Ulm verlagert. Mit diesem Schritt sei laut dem Unternehmen selbst eine der zentralen Maßnahmen des umfangreichen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramms „New Kontron“ umgesetzt worden.

X86-Entwicklung

Während Kontron aus Kaufbeuren flüchtet, findet TQ nur 30 km vom ehemaligen Kontron-Firmensitz entfernt seinen neuen Entwicklungsstandort und neue Mitarbeiter. Ein Team aus neun Ingenieuren, die aufgrund des Standortwechsels nach Augsburg ihre Arbeit bei Kontron aufgaben, arbeiten nun an der x86-Entwicklung in Peiting für TQ. Der Standort fokussiere laut TQ Embedded-Systeme mit Intel-Architektur – von der Hardware-Entwicklung über Layout bis zur Systemintegration. Für den neuen Standort investiert das Unternehmen etwa fünf bis zehn Millionen Euro, schätzt TQ-Marketing-Leiter Wolfgang Heinz-Fischer. Damit verteilt sich der TQ-Entwicklungsbereich nun auf fünf Standorte und umfasst insgesamt 150 Mitarbeiter.

Im Bereich x86 arbeitet TQ seit mehr als sechs Jahren mit dem Modulhersteller Congatec zusammen – sowohl auf Vertriebsebene als auch bei systembezogenen Themen. In die Kooperation bringt die Congatec seine Standardmodule ein, basierend auf COM Express und Qseven, TQ hat hingegen die langjährige Systemerfahrung in unterschiedlichen Branchen. Anfang des Jahres verkündete Congatec die Annäherung an die weltweite Marktführerschaft in dem Segment der Computer-on-Module. In der Studie „Standalone Boards, Computer-on-Modules and PICMG 1.x“ vom August 2013 des renommierten Marktforschungsunternehmens IHS Research belegte das Unternehmen bereits Platz 1 für Computermodule in EMEA. Mit rund 300 % weltweitem Wachstum über einen Zeitraum von fünf Jahren zählte der Anbieter von industriellen Computermodulen aus Deggendorf zweimal zu den Gewinnern des Deloitte Technology Fast 50 Awards, mit dem die am schnellsten wachsenden Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet werden.

Im Vorstand von Congatec: Matthias Klein (COO) und Gerhard Edi (CEO).

Im Vorstand von Congatec: Matthias Klein (COO) und Gerhard Edi (CEO).Congatec

Zudem will Congatec den Ausbau seines internationalen Geschäftes mehr vorantreiben. Dabei helfen soll Matthias Klein, der von Zollner Elektronik, dem größten europäischen EMS-Anbieter mit Hauptsitz in Deutschland, Mitte dieses Jahres zu Congatec wechselte. In seiner Position als VP Operations unterstützt er Gerhard Edi – seines Zeichens CEO und im Vorstand für die Bereiche Technologie und Finanzen tätig. Klein hingegen hat seine Schwerpunkte als COO in den Bereichen Operation und Vertrieb.

Halbleiter

Infineon will den Hersteller von Leistungshalbleitern und integrierten Schaltungen International Rectifier kaufen.

Infineon will den Hersteller von Leistungshalbleitern und integrierten Schaltungen International Rectifier kaufen.Infineon

Kräftig eingekaufen will in diesem Jahr Infineon Technologies: Am 20. August 2014 hat der Halbleiterhersteller einen Vertrag über den Kauf von International Rectifier unterzeichnet. Infineon beabsichtigt den Hersteller von Leistungshalbleitern und integrierten Schaltungen für 40 US-Dollar in bar pro Aktie zu erwerben, was einem Wert von zirka drei Milliarden US-Dollar entspricht. Durch die Akquisition schließen sich zwei Halbleiter-Unternehmen zusammen, die im Bereich Powermanagement jeweils ganz vorne mitspielen. „Die Akquisition bietet signifikante Skaleneffekte und schafft zudem eine breitere regionale Präsenz“, erklärte ein Infineon-Sprecher nach der Vertragsunterzeichung. Infineon bietet 40 US-Dollar in bar für alle ausstehenden Aktien von International Rectifier. Dies entspricht einem voll verwässerten Unternehmenswert von International Rectifier von 2,4 Milliarden US-Dollar. Der Aufschlag auf den durchschnittlichen Aktienpreis von International Rectifier in den letzten drei Monaten beträgt rund 47,7 Prozent, bezogen auf den Schlusskurs von International Rectifier am 19. August 2014 sind es rund 50,6 Prozent.

Und es bleibt spannend: Zwar haben das Board of Directors von International Rectifier und der Aufsichtsrat von Infineon der Transaktion schon zugestimmt, doch die Akquisition bedarf noch der Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörden und der Aktionäre von International Rectifier sowie der Erfüllung weiterer üblicher Bedingungen vor Closing. Das Closing wird gegen Ende des Kalenderjahrs 2014 oder zu Beginn des Kalenderjahrs 2015 erwartet, abhängig von der Zustimmung der Aufsichtsbehörden. Einen positiven Effekt der Transaktion erwartet das Unternehmen bereits auf den Pro-Forma-Gewinn je Aktie im Geschäftsjahr des Closings. Der Margenbeitrag soll spätestens im zweiten vollen Geschäftsjahr nach Closing mindestens bei den 15 % Segmentergebnis-Marge liegen, die Infineon über den Zyklus anstrebt. Die Transaktion wird durch zusätzliches Fremdkapital sowie aus eigenem Cash finanziert.

Eines jedoch bleibt bei Infineon gleich: Dr. Rheinhard Ploss. Er ist seit 2007 Mitglied des Vorstandes bei Infineon und sitzt seit 2012 als Vorstandvorsitzender an der Spitze der Aktiengesellschaft. Nun wurde Ploss für weitere fünf Jahre zum Vorsitzenden des Vorstands berufen. Der bisherige Vertrag wäre zum 30. September 2015 ausgelaufen und wurde nun vom Aufsichtsrat bis zum Jahr 2020 verlängert. Ploss ist Prozessingenieur und trat 1986 in das Unternehmen ein, das bis 1999 ein Geschäftsbereich der Siemens AG war.

Distribution

Das zweigeschossige Bauwerk von Conrad hat eine Gesamtlänge von 325 Metern, 175 Meter Tiefe und 23 Metern Höhe und verfügt nun über insgesamt 100.000 Quadratmeter Logistikfläche.

Das zweigeschossige Bauwerk von Conrad hat eine Gesamtlänge von 325 Metern, 175 Meter Tiefe und 23 Metern Höhe und verfügt nun über insgesamt 100.000 Quadratmeter Logistikfläche.Conrad

Conrad hat mit einem Investitionsvolumen von 56 Millionen Euro die Lager- und Versandkapazitäten des Logistikzentrums in Wernberg-Köblitz erweitert. Nach dem Spatenstich vor zwei Jahren wurde das neue Logistikzentrum in der Oberpfalz nun am 13. November 2014 eröffnet. Und einer durfte nicht dabei nicht fehlen: Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer war bereits beim Spatenstich dabei und lobte damals schon das Unternehmen als „Flaggschiff des Freistaates“. Zur Eröffnung erklärte der Ministerpräsident gegenüber dem bayerischen Rundfunk: „Die Firma ist ein Vorbild für uns. Wir brauchen solche Vorbilder, wenn wir wirtschaftlich Erfolg haben wollen.“

Klaus Conrad, Werner Conrad und der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer geben das Startsignal für die neue Logistik.

Klaus Conrad, Werner Conrad und der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer geben das Startsignal für die neue Logistik.Conrad

Aufgrund des Wachstums der vergangenen Jahre und des enormen Sortimentsausbaus stieß das Logistikzentrum am Standort Wernberg-Köblitz erneut an seine Grenzen. Seit dem Bau der ersten Logistik im Jahre 1976 hätte das Unternehmen im Schnitt alle fünf Jahre in eine neue oder erweiterte Logistik investiert, erklärte Werner Conrad, Vorsitzender des Conrad-Verwaltungsrates. Mit dem aktuellen Ausbau wurde die Gebäudegrundfläche um 13.000 m² auf insgesamt 54.000 m² erweitert. Nun können etwa 70.000 Versendungen statt der bisherigen 50.000 ermöglicht werden.

Sende- und Messtechnik

Rohde & Schwarz konnte insgesamt im abgelaufenen Geschäftsjahr seine Marktanteile bei der Messtechnik verteidigen. Größter Umsatztreiber war wie schon in der Vergangenheit die Mobilfunkmesstechnik. Nach einigen Boom-Jahren hat sich die Nachfrage in diesem Markt nun normalisiert. Das Geschäft mit den Mobilfunk-Netzbetreibern entwickelte sich dank eines erweiterten Portfolios aber erneut positiv. Zusammen mit den Tochterfirmen ipoque und SwissQual deckt Rohde & Schwarz die Messtechnik für den gesamten Lebenszyklus eines Mobilfunknetzes ab. Das ist einzigartig am Markt.

Der Auftragseingang von Rohde & Schwarz stabilisierte sich im vergangenen Geschäftsjahr (Juli 2013 bis Juni 2014) auf knapp 1,8 Milliarden Euro. Der Umsatz betrug rund 1,75 Milliarden Euro und lag damit im Plan. Zum Geschäftsjahresende zählte das Unternehmen rund 9800 Mitarbeiter gegenüber 9300 ein Jahr zuvor.

Abschluss in 2014 und Ausblick auf 2015

Laut dem ZVEI ist die deutsche Elektronikbranche generell relativ scharf an der Rezession vorbeigeschrammt. Und obwohl die Konjunktur in diesem Jahr schlechter gelaufen ist, wurde kein Personalabbau verzeichnet. „Das erstaunt sogar die Volkswirte“, erklärt Dr. Peter Thelen, Geschäftsführer des ZVEI der Landesstelle Bayern. Laut Thelen werden derzeitig ungefähr 203.000 Menschen in der bayerischen Elektronikindustrie beschäftigt. Damit konnte der Stand von 2013 gehalten werden.

Die negativen Einflüsse auf die Branche können auf die Russlandkrise, die weltweiten Unruhen und den sich nicht stabilisierenden Euro zurückgeführt werden. Wie das Jahr 2014 genau abschließen wird, kann erst nach dem Ende des 4. Quartals gesagt werden. Thelen schätzt, dass der Gesamtumsatz der bayerischen Elektronikindustrie bei knapp unter 60 Milliarden Euro liegen wird.

Jennifer Kallweit

ist Volontärin beim Hüthig-Verlag.

(jck)

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