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Bild 1: Das Systemkonzept von SafeTrip im Überblick.

Bild 1: Das Systemkonzept von SafeTrip im Überblick.Fraunhofer

Mit der zunehmenden Anzahl an Applikationen steigt aber auch der Bedarf an Datenübertragungskapazität. Hinzu kommt, dass insbesondere im Auto die Erwartungen der Nutzer und die Anforderungen der Hersteller in Bezug auf Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit hoch sind.
Momentan wird versucht, diesen „Datenhunger“ im Auto vor allem über das Bereitstellen einer Breitband-Mobilfunkverbindung zu stillen. Diese naheliegende Lösung zielt darauf ab, alle Arten von Anwendungstypen mit einem einzigen Datenübertragungskanal abzudecken und sich dabei der existierenden und in ständigem Ausbau befindlichen Mobilfunkinfrastruktur zu bedienen.
Die verschiedenen Anwendungen haben jedoch ganz unterschiedliche Eigenschaften hinsichtlich des benötigten Übertragungskanals. Man kann sie nach ihren Kommunikationsanforderungen grob in drei Klassen aufteilen. Anwendungen wie Telefonie oder Internet haben eine Punkt-zu-Punkt Charakteristik. Radio, Fernsehen aber auch Verkehrsinformationen und andere ortsbezogene Daten haben eher eine Rundfunk-Charakteristik: ein Sender verteilt die gleiche Information an viele Nutzer. Für eine ganze Reihe neuartiger Dienste wird der Austausch von Nachrichten benötigt, das heißt die Möglichkeit, kurze Datenpakete zwischen dem Auto und einem zentralen Punkt, zum Beispiel einem Service-Center, auszutauschen.
Diese unterschiedlichen Anforderungen der Anwendungen an den Übertragungskanal kann man sich zu Nutze machen, indem man den am besten geeigneten Übertragungskanal für die jeweilige Anwendung zur Verfügung stellt. Besonders vor dem Hintergrund der ständig wachsenden Datenvolumina im Mobilfunk, die von mobilen Endgeräten wie Smartphones, Netbooks oder Spielekonsolen benötigt werden, wird dieser integrative Ansatz interessant.

Intelligente Transportsysteme –
Neue Dienste dank Digitalem Rundfunk

Im Rahmen des EU-Projekts SafeTrip entsteht derzeit eine offene Plattform für Intelligente Transportsysteme, die verschiedene Kommunikationskanäle mit Hilfe einer Middleware so kombiniert, dass einer Anwendung der jeweils am besten geeignete Übertragungsweg zur Verfügung steht. Im Vordergrund steht dabei die Integration von bereits existierenden Kommunikationskanälen mit neuen satellitenbasierten Technologien: Satellitenrundfunk, ein paketorientierter Rückkanal vom Auto zum Satelliten sowie bidirektionale Satellitenkommunikation. Im Rahmen einer „Trial Phase“ befinden sich unterschiedliche Anwendungen, die für diese Plattform entwickelt oder adaptiert wurden, im Feld in einer Testphase, um so die Vorteile der Architektur zu evaluieren.
Bild 1 zeigt einen Überblick über das Systemkonzept von SafeTrip, das satellitenbasierte Technologien sowohl zur Positionsbestimmung als auch zur Kommunikation mit alternativen Kommunikationskanälen kombiniert. Eine intelligente Middleware stellt dem Applikationsentwickler eine offene API zur Verfügung, die es ermöglicht, Anwendungen ohne Kenntnis des darunterliegenden Kommunikationskanals zu entwickeln.
Um den unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Anwendungen bei möglichst guter Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Bandbreite gerecht werden zu können, kommt die
Satellitenkommunikationstechnologie in drei unterschiedlichen Ausprägungen zum Einsatz. Eine Auswahl unterschiedlicher Anwendungen, welche die SafeTrip-Architektur unterstützt, ist in Bild 2 zu sehen.

Bild 2: SafeTrip ermöglicht unterschiedliche Applikationen.

Bild 2: SafeTrip ermöglicht unterschiedliche Applikationen.Fraunhofer

Digitaler Rundfunk über DVB-SH (ETSI EN 302 583) bietet die Möglichkeit, einen bestimmten Inhalt an beliebig viele Nutzer zu übertragen. Durch den Einsatz der Satellitentechnologie lässt sich eine großflächige paneuropäische Abdeckung erreichen, ohne dass die Notwendigkeit eines flächendeckenden terrestrischen Sendernetzwerkes besteht. Satellitenrundfunk ist demzufolge ein ideales Übertragungsverfahren für Datendienste im automobilen Umfeld.
Kurznachrichten direkt vom Auto zum Satelliten lassen sich mit Hilfe des S-MIM-Standards (ETSI TS 102 721) mit geringer Sendeleistung an tausende Teilnehmer gleichzeitig verschicken. Die so versandten Datenpakete haben in etwa die Größe einer SMS. Das Auto sendet sie zum Satelliten, der sie dann an die Bodenstation weiterleitet. Dort steht die Nachricht dann zur Verarbeitung in entsprechenden interaktiven Anwendungen zur Verfügung. Das Verfahren ist speziell darauf ausgelegt, das unsynchronisierte Senden von einer Vielzahl von Endgeräten aus zu ermöglichen. Hierbei liegt die benötigte Sendeleistung bei ungefähr einem Watt. Diese Variante ist deshalb besonders attraktiv für Anwendungen, bei denen es gilt, Statusmeldungen (beispielsweise die gegenwärtige
Position) vom Auto an ein Service-Center weiterzuleiten. Anders als etwa beim Mobilfunk ist man dabei nicht auf das Vorhandensein einer terrestrischen Infrastruktur angewiesen. Auch Roaminggebühren für den länderübergreifenden Einsatz des Kommunikationsmediums könnten damit der Vergangenheit angehören.
QS-CDMA-Verfahren ermöglichen eine bidirektionale verbindungsorientierte Kommunikation über den Satelliten, so dass Anwendungen basierend auf Sprach- und Videotelefonie möglich werden. Diese Variante soll jedoch nicht in Konkurrenz zur Mobilfunkverbindung treten, sondern wird als ideale Ergänzung für professionelle Einsatzkräfte gesehen, um die Abdeckung und Verfügbarkeit in Gegenden mit unzureichender oder gar keiner Mobilfunkabdeckung zu erhöhen.

Der Mix macht’s

Infotainment-Anwendungen und intelligente Transportsysteme verlangen nach einer effizienten Nutzung der zur Verfügung stehenden Kommunikationsmöglichkeiten.

SafeTrip

Die Kombination unterschiedlicher Übertragungswege unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der jeweiligen Applikationen bietet SafeTrip einen interessanten Ansatz zur besseren Nutzung des zur Verfügung stehenden Spektrums.

Ein Übertragungsverfahren allein wird kaum in der Lage sein, den wachsenden Bedarf an Übertragungskapazität zuverlässig zu sättigen. Die Kombination unterschiedlicher Übertragungswege unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der jeweiligen Applikationen bietet einen interessanten Ansatz zur besseren Nutzung des zur Verfügung stehenden Spektrums. Gerade für Anwendungen im Straßenverkehr zeigt sich Satellitenrundfunk als attraktive Möglichkeit, große Mengen gleicher Daten (Verkehrsinformationen, Karten-Updates) an beliebig viele Nutzer zu verteilen. Kombiniert mit einem Rückkanal zum Satelliten bieten sich neue Möglichkeiten für interaktive Dienste. Satellitenkommunikation alleine wird jedoch nicht ausreichen: Denn nur in der Kombination mit anderen existierenden Verfahren wie Mobilfunk oder auch Car-2-X-Kommunikation kann jedes Verfahren seine Stärken ausspielen und seine Schwächen durch das Vorhandensein komplementärer Verfahren kompensieren.

Dipl.-Phys. Bernhard Niemann

arbeitet am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen als Gruppenleiter für Multimedia-Terminals verantwortlich für die Entwicklung innovativer Konzepte und Lösungen im Bereich digitales Radio und intelligente Transportsysteme.

(av)

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