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Medizintechnik im Armband: Der Trend zur Überwachung der eigenen Gesundheitswerte eröffnet neue Möglichkeiten für medizinische Messverfahren – vorausgesetzt, sie eignen sich für den Einsatz in Consumer-Anwendungen.

Medizintechnik im Armband: Der Trend zur Überwachung der eigenen Gesundheitswerte eröffnet neue Möglichkeiten für medizinische Messverfahren – vorausgesetzt, sie eignen sich für den Einsatz in Consumer-Anwendungen.Osram Opto Semiconductors

Osram Opto Semiconductors stellt auf der Electronica 2014 einen integrierten optischen Sensor vor, der in Systemen zur Messung von Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung des Bluts eingesetzt werden kann. Osram hat diesen Baustein speziell für den Einsatz in Fitnessarmbändern, Smartphones und anderen Wearable Gadgets konzipiert. Der Multichip-Sensor SFH 7050 beinhaltet drei LEDs unterschiedlicher Wellenlänge und eine Fotodiode. Das Bauteil bietet damit wahlweise die Möglichkeit zur Pulsmessung am Handgelenk mit grünem Licht bei 530 nm Wellenlänge oder am Finger mit rotem (660 nm) oder infrarotem (940 nm) Licht. Mit der roten und der infraroten LED lässt sich auch die Sauerstoffsättigung des Bluts ermitteln (SpO2-Wert).

Für die Ansteuerung der LEDs und die Digitalisierung des Detektorsignals sind auf dem Markt passende Chipsätze erhältlich. Die Funktionsweise des Sensors beruht auf der reflektiven, optischen Messung des Blutvolumens in den Gefäßen, genannt Photoplethysmographie. Der Sensor sitzt möglichst dicht an der Haut, sendet Licht in das Gewebe und registriert mit seinem Detektor die reflektierte Lichtmenge.

Bild 1: Der Sensor SFH 7050 beinhaltet je eine grün, rot und infrarot emittierende LED sowie eine Photodiode. Er eignet sich dank hocheffizienter LEDs in Dünnfilmtechnologie für batteriegetriebene Geräte. Ein lichtdichter Steg verhindert das Übersprechen.

Bild 1: Der Sensor SFH 7050 beinhaltet je eine grün, rot und infrarot emittierende LED sowie eine Photodiode. Er eignet sich dank hocheffizienter LEDs in Dünnfilmtechnologie für batteriegetriebene Geräte. Ein lichtdichter Steg verhindert das Übersprechen.Osram Opto Semiconductors

Saubere Trennung

Beim integrierten Sensor SFH 7050 sind Empfänger und Sender optisch voneinander getrennt (Bild 1), um zu verhindern, dass Strahlung von den LEDs direkt auf die Fotodiode gelangt und ein hohes Untergrundsignal verursacht. Die Maßnahme bringt eine deutlich verbesserte Signalqualität und erleichtert so die weitere Auswertung. Die infrarote LED im SFH 7050 kann in Kombination mit dem Detektor auch als Näherungssensor dienen, um die Messung automatisch zu starten oder zu stoppen, sobald der Sensor die Haut berührt oder wieder entfernt wird.

Die Chips im Bauteil sind so gewählt, dass der Sensor sowohl die Bedingungen für den Einsatz in tragbaren Geräten erfüllt (niedriger Energieverbrauch und geringe Bauteilgröße), als auch den Anforderungen genügt, die sich aus der Messmethode ergeben. Für den Empfänger fordert die Messmethode eine hohe Linearität, sehr gute Empfindlichkeit und ein gutes Signal-Rausch-Verhältnis. Eine Fotodiode mit einer aktiven Fläche von 1,3 × 1,3 mm2 erfüllt diese Bedingungen und ermöglicht gleichzeitig eine kompakte Sensorgröße von 4,7 × 2,5 × 0,9 mm3.

Auf einen Blick

Immer mehr Menschen nutzen kleine am Körper getragene Gadgets, um ihre Fitnesswerte zu messen und zu protokollieren. Mit einem optischen Sensor kann das Gerät beispielsweise die Herzfrequenz und die Blutsauerstoffsättigung ermitteln. Osram Opto Semiconductors stellt dazu einen Baustein vor, der drei LEDs mit unterschiedlicher Wellenlänge sowie eine Fotodiode enthält.

Möglich dank Dünnfilmtechnologie

Der Energieverbrauch des Sensors hängt maßgeblich von der Wahl der LED ab. Hierin lag in der Vergangenheit eine der Hürden für die Übertragung der optischen Messmethoden aus der Medizin hinein in Consumer-Anwendungen. Die Lichtabsorption von Blut hängt stark von der Wellenlänge ab (Bild 4), sodass konsistente Ergebnisse nur mit sehr schmalbandig abstrahlenden LEDs gelingen [1]. Dies ist ganz besonders im roten Wellenlängenbereich der Fall. Effizienzsteigerungen herkömmlicher LEDs führten bisher zu relativ breiten Emissionsspektren. Erst mit der Entwicklung der Dünnfilm-Chiptechnologie ließen sich hocheffiziente LEDs mit engen spektralen Bandbreiten von etwa 30 nm realisieren.

Bild 2: Der SFH 7050 sendet grünes, rotes oder infrarotes Licht, welches Haut und Gewebe durchstrahlt und absorbiert oder reflektiert wird. Die Menge des reflektierten Lichts ändert sich mit der Blutmenge in den Arterien (Photoplethysmographie).

Bild 2: Der SFH 7050 sendet grünes, rotes oder infrarotes Licht, welches Haut und Gewebe durchstrahlt und absorbiert oder reflektiert wird. Die Menge des reflektierten Lichts ändert sich mit der Blutmenge in den Arterien (Photoplethysmographie).Osram Opto Semiconductors

Um eine hohe Messgüte zu ermöglichen, sind die Emitter für den SFH 7050 mit besonders engen Wellenlängentoleranzen spezifiziert. Für die rote LED liegt diese bei nur ±3 nm, für den grünen und infraroten Sender beträgt die Schwankung ±10 nm. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch eine möglichst geringe Änderung der Wellenlänge über die Temperatur. Für die rote LED beträgt der Temperaturkoeffizient 0,13 nm pro Kelvin, für infrarot 0,25 und für grün 0,4 nm/K.

Dünnfilm-LEDs produzieren nicht nur energieeffizient Licht, sie strahlen es zudem fast ausschließlich nach oben ab. Das Licht kann damit leichter in das Gewebe eindringen und so effizienter verwertet werden. Durch gepulsten LED-Betrieb lässt sich die Messgenauigkeit weiter steigern, weil sich dabei der Chip weniger erwärmt. Außerdem senkt das Pulsen den Energieverbrauch.

Grundlagen der optischen Messung

Bild 3: Die Periodizität des Detektorsignals I entspricht dem Pulsieren der Blutmenge in den Arterien. Das Verhältnis der minimalen und maximalen Signalwerte (Imin/Imax) ist maßgeblich für die Ermittlung der Sauerstoffsättigung des Bluts (Pulsoxymetrie).

Bild 3: Die Periodizität des Detektorsignals I entspricht dem Pulsieren der Blutmenge in den Arterien. Das Verhältnis der minimalen und maximalen Signalwerte (Imin/Imax) ist maßgeblich für die Ermittlung der Sauerstoffsättigung des Bluts (Pulsoxymetrie).Osram Opto Semiconductors

Optische Sensoren für die Herzfrequenz und die Sättigung des Blutsauerstoffs nutzen die Lichtabsorption im Blut, genauer gesagt des im Blut enthaltenen Hämoglobins. Licht, das auf Körpergewebe trifft, wird transmittiert, absorbiert und reflektiert (Bild 2). Je größer das durchstrahlte Blutvolumen ist, desto weniger Licht wird reflektiert. Weil sich die Blutmenge in den Arterien mit dem Herzzyklus ändert, ergibt sich aus der Periodizität des Detektorsignals die Herzfrequenz (Bild 3). Diese optische Messung der Änderung des Blutvolumens in den Blutgefäßen bezeichnet man als Photoplethysmographie (PPG). In der Praxis sitzen Lichtquelle und Detektor direkt auf der Haut, meist am Handgelenk oder am Finger. Je nach Körperstelle wird mit unterschiedlichen Wellenlängen gemessen – am Handgelenk ist grün am besten geeignet, am Finger liefern rotes oder infrarotes Licht gute Resultate.

Bild 4: Das Absorptionsverhalten des Blutfarbstoffs Hämoglobin (Hb) ändert sich bei Sauerstoffaufnahme (Oxyhämoglobin oder HbO2). Misst man die Absorption mit rotem und infrarotem Licht, lässt sich die Sauerstoffsättigung des Bluts ermitteln.

Bild 4: Das Absorptionsverhalten des Blutfarbstoffs Hämoglobin (Hb) ändert sich bei Sauerstoffaufnahme (Oxyhämoglobin oder HbO2). Misst man die Absorption mit rotem und infrarotem Licht, lässt sich die Sauerstoffsättigung des Bluts ermitteln.Osram Opto Semiconductors

Misst man sowohl mit infrarotem als auch mit rotem Licht, dann lässt sich die Sauerstoffsättigung des Bluts ermitteln (Bild 4). Diese sogenannte Pulsoxymetrie beruht darauf, dass Hämoglobin (Hb) sein Absorptionsverhalten ändert, wenn es Sauerstoff bindet (Oxyhämoglobin HbO2). Ermittelt man durch Absorptionsmessungen mit zwei verschiedenen Wellenlängen die Konzentrationen dieser beiden Hämoglobinvarianten, dann ergibt sich die Sauerstoffsättigung des Bluts. Ideal sind rotes (660 nm) und infrarotes Licht (940 nm), weil hier das Absorptionsverhalten der beiden Hämoglobinmoleküle am stärksten voneinander abweicht. Im Gegensatz zur Pulsmessung, die lediglich relative Änderungen der Lichtabsorption betrachtet, muss der Sensor hier die Lichtabsorption des arteriellen Bluts absolut messen. In der Praxis lässt sich die Blutsauerstoffsättigung als Funktion des Verhältnisses der minimalen und maximalen Detektorsignale (Imin/Imax) bei der jeweiligen Wellenlänge ausdrücken [2].

Anwendungsdesign

Generell sollte für eine gute Signalqualität der Sensor möglichst dicht an der Haut sitzen. Das vermeidet, dass viel Umgebungslicht auf den Detektor fällt und das Signal-zu-Rausch-Verhältnis verschlechtert. Ganz unterbinden lassen sich Umgebungslichteffekte allerdings nicht, denn besonders infrarotes Licht dringt tief in die Haut ein und wird dort gestreut. Der Effekt lässt sich in den Griff bekommen, indem man sowohl mit als auch ohne LED misst und die Differenz beider Detektorsignale bildet. Viele Chipsätze geben zu diesem Zweck ein entsprechendes Dunkelsignal mit aus.

Literatur

[1] Applikationsschrift „SFH 7050 – Photoplethysmography Sensor“, Osram Opto Semiconductors, 2014

[2] J. G. Webster, „Design of Pulse Oximeters”, Series in Medical Physics and Biomedical Engineering, Taylor & Francis, New York, USA, 1997.

Eine wichtige Überlegung für Anwendungsentwickler ist die Signaldigitalisierung. Das gesamte Detektorsignal setzt sich aus einem sehr großen konstanten Anteil und einem kleinen variablen Anteil zusammen (Bild 3). Muss ein Gerät nur die Herzfrequenz messen, dann ist die absolute Signalhöhe nicht von Interesse. Um die Periodizität des Signals zu ermitteln, reicht es, den konstanten Signalanteil mit einem Bandpassfilter zu unterdrücken und die verbleibende Signalkomponente zu verstärken. Um zudem die Sauerstoffsättigung des Bluts zu messen, muss das Gerät die Minima und Maxima des Photostroms sehr gut erfassen. Dies bedeutet, die Digitalisierung muss die gesamte Signalhöhe sehr gut auflösen. Zudem muss der Entwickler eine entsprechend hohe Messfrequenz des Sensors wählen [1].

Optische Sensoren zur Selbstbeobachtung

Ausgangspunkt für die Entwicklung des integrierten optischen Sensors SFH 7050 war der Trend, dass immer mehr Menschen ihre eigenen Gesundheitswerte beobachten. Ihren Anfang nahm diese Bewegung mit sogenannten Fitnesstrackern, die mithilfe von Beschleunigungssensoren die Schrittfrequenz ermitteln. Optische Sensoren erweitern die Möglichkeiten der Selbstbeobachtung, weil sie eine unkomplizierte Messung der Herzfrequenz und der Sauerstoffsättigung des Bluts bieten. Beispielsweise ist die Pulsmessung am Handgelenk oder Finger deutlich komfortabler als das Tragen eines Brustgurts. Die optische Messung der Sauerstoffsättigung des Bluts ist überdies die einzige Methode, diesen Wert nicht-invasiv, also ohne die Entnahme einer Blutprobe, zu bestimmen. Immer mehr Fitnessarmbänder, -uhren und Smartphones bieten in die Möglichkeit, durch Auflegen des Fingers den Sauerstoffgehalt des Bluts zu prüfen. Dieses Feature ist zum Beispiel hilfreich für Personen, die in großer Höhe unterwegs sind, also Höhenbergsteiger oder Drachen- und Segelflieger, aber auch für Menschen mit Herz- oder Lungenproblemen.

Technisch möglich wurden diese Funktionalitäten in Wearables durch die Entwicklung hocheffizienter LEDs mit sehr guter spektraler Reinheit. Damit ließen sich die medizinischen Messverfahren auf Consumer-Anwendungen übertragen. Osram Opto Semiconductors unterstützt diesen Trend mit der kontinuierlichen Erweiterung seiner Dünnfilm-Chiptechnologie auf das gesamte Wellenlängenspektrum.

Dr. Jörg Heerlein

leitet das Produktmarketing für Infrarotbauelemente im Bereich Industrie und Distribution bei Osram Opto Semiconductors in Regensburg.

Dr. Tilman Rügheimer

arbeitet als Produktmanager für Biomonitoring-Sensoren bei Osram Opto Semiconductors in Regensburg.

(lei)

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Unternehmen

OSRAM Opto Semiconductors GmbH

Leibnizstr. 4
93055 Regensburg
Germany