Das Grundproblem bei der Windenergie ist, dass die Anlagen gebaut und betrieben werden, ohne eine exakte Kontrolle oder Steuerung der eingespeisten Energie zu haben. Die Netzbetreiber wissen zwar wie viele Anlagen installiert sind, somit können sie auch die theoretische Leistung berechnen und Prognosen erstellen. Aber die tatsächlich eingespeiste Menge kann von der geplanten abweichen. Je mehr Windenergie in Zukunft erzeugt wird, desto wichtiger wird es darüber nachzudenken, wie die Energie verarbeitet werden soll.

In der Zukunft wird deswegen die Regelfähigkeit der Windkraftanlagen vorausgesetzt. In Deutschland ist diese Regelung im §6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) definiert. Dieses Gesetz stellt sicher, dass ab 2011 alle Anlagen, die entsprechend des EEG vergütet werden und eine Nennleistung von mehr als 100 kW aufweisen, in der Lage sein müssen ihre Leistung entsprechend den Vorgaben des Netzbetreibers zu reduzieren.

Wissen, wie viel produziert wird

Sobald ein Teil der Anlagen wegen einer Wartung oder aus anderem Grund stillsteht, stimmen die errechneten Werte nicht mehr mit der tatsächlich eingespeisten Menge überein. Um eine Lösung für dieses Problem zu finden, liefert das Energieunternehmen Enertrag in einem Projekt gemeinsam mit anderen Windenergiebetreibern im Rahmen der Gesellschaft für Netzintegration (Geni) seit 2009 kumulierte Minutenwerte an einen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland. Mit dieser Erfahrung hat das Energieunternehmen nun auch international damit begonnen, nach einer Möglichkeit zu suchen, die Daten der Windkraftanlagen und des Netzes schnell und sicher zu sammeln und in einer SQL-Datenbank zu erfassen. So entstand das Pilotprojekt, bei dem das Unternehmen als erster Betreiber von Windkraftanlagen dem französischen Netzbetreiber RTE detaillierte Daten zur Verfügung stellt. Durch diese Netzdatenerfassung und der Erfassung der Verfügbarkeit von Anlagen, steht immer genau fest, welche Menge an Energie im Moment produziert wird und wie viele Anlangen gerade dazu beitragen.

Dabei muss auch beachtet werden, dass je mehr Windenergie produziert wird, desto schneller reagiert werden muss. Wenn ein Gewitter über ein Gebiet zieht, wird in einer sehr kurzen Zeit eine große Menge an Energie produziert. Hier muss der Netzbetreiber entgegen wirken, indem er zum Beispiel die Kraftwerksleistung reduziert. „Generell geht es um die Menge der Windenergie“, erklärt der Projektleiter bei Enertrag Jan-Erik Peters. „In Frankreich wurden Anlagen mit einer Nennleistung von über 4 GW installiert – ein Atomkraftwerk hat etwa 1 GW. Mit steigender Nennleistung wird eine Rückmeldung über den Zustand der Anlagen elementar. Bei Netzproblemen könnten die Auswirkungen europaweite Folgen haben.“

Durch das Pilotprojekt war nun die Möglichkeit gegeben, alle Daten regelmäßig zu sammeln, zu erfassen und zentral in der Datenbank abzulegen. Nur wenn alle relevanten Daten zur Verfügung stehen, lassen sich Trends erkennen und exakte Prognosen erstellen. Nach einer Recherche der Lösungen auf dem Markt entschied sich das Unternehmen für den Datensammler Echocollect von Inat.

Mehr Genauigkeit

Mit dem Datensammler werden an den Einspeisepunkten ins öffentliche Netz die aktuelle Leistung, die Blindleistung und die Betriebsdaten der Windenergieanlagen gemessen. Der Netzbetreiber ist dann in der Lage mit diesen Daten die erstellten Prognosen zu vergleichen und sie künftig entsprechend anzupassen. Den Service die Prognosen zu erstellen bietet das Energieunternehmen Enertrag schon mehrere Jahre. Heute liefert es konkretere Einzelinformationen, zum Beispiel wie viele Anlagen prozentual gerade arbeiten, in Wartung sind, Probleme haben oder wie hoch die Windgeschwindigkeit ist. Dadurch lassen sich die erstellten Prognosen besser abgleichen. „Der Datensammler kann von verschiedenen Feldbussen lesen und die Verbindung zur SQL war uns auch sehr wichtig. Er arbeitet transparent als eine Art Gateway. Hier wollten wir keine Lösung, die lange programmiert werden muss, damit sie funktioniert“, so Jan-Erik Peters. Eine weitere Anforderung war die Daten noch aufgeschlüsselter auszuwerten, um zum Beispiel Mittelwerte zu bilden. Der Datensammler generiert stabil, zuverlässig und autark vor Ort, draußen im Feld die Minutenmittelwerte und leitet sie weiter.

Bei dem aktuellen Pilotprojekt von fünf Windfeldern – das entspricht einer Leistung von etwa 55 MW – wird die Datenerfassung getestet und geprüft. Der nächste Schritt bei diesem Projekt ist Steuerbefehle zu den Anlagen zu senden. Mithilfe der Inat Software werden die Daten kontinuierlich über einen Trigger geschrieben und auch aus der Datenbank gelesen. Es geht also nicht nur darum, die Kraftwerke zu beobachten, sondern auch um das ereignisbedingte Reagieren, zum Beispiel im Falle einer Netzüberlastung. Die Windenergie lässt sich aufgrund der aktiven Blattverstellung moderner Anlagen sekundenschnell runter- oder hochregeln. Die Netzbetreiber wären so künftig in der Lage, die Leistung, die sie von der Netzzentrale einzelnen Windfeldern oder Netzknoten vorgeben, einfach zu reduzieren.

Kommunikation vereinheitlichen

Zu einem festen Bestandteil jedes Windparks gehört ein zentraler PC, beispielsweise ein Scada-Server, der sämtliche Daten erfasst. Die Schwierigkeit dabei ist, dass in den Windanlagen keine Schnittstelle vorhanden ist. Hier stellen die Anlagenhersteller nichts bereit. Dadurch fällt die Möglichkeit aus, direkt aus der Steuerung zu lesen. Aus Sicherheitsgründen wird, wenn es der Anlagentyp zulässt, dem Kunden zentral eine Schnittstelle zur Verfügung gestellt. Nur die Daten dieser sogenannten Kundenschnittstellen, sind offen gelegt. Die Umsetzung ist von Hersteller zu Hersteller verschieden. Die Herausforderung besteht in der Vielfalt an Protokollen und Feldbussen. Das Ziel für die Zukunft ist es, ein einheitliches Protokoll zu erschaffen, damit die Kommunikation transparenter wird.

Daten per DSL senden

Direkt über VPN werden die Daten auf einem SQL-Server gespeichert, der aktuell in Deutschland, in Dauerthal, steht. Zurzeit wird ein redundantes Netz in Frankreich aufgebaut, damit die Daten im Falle eines Fehlers nicht den Umweg über Deutschland nehmen müssen. Das DSL in Frankreich ist zwar sehr stabil, trotzdem ist es nur eine Leitung. Wenn diese einmal ausfällt, existieren keine Daten mehr. Deswegen wird die Verbindung ständig überprüft und beobachtet. Es handelt sich hier um keine Industrieanlage, bei der das normale Netzwerk lebt und immer verfügbar ist.

Es kann hin und wieder vorkommen, dass die Verbindung zum SQL-Server abbricht. „Das war auch einer der Anfangseffekte. Nachdem die Verbindung weg war, wurde sie vom Echocollect nicht mehr automatisch aufgebaut. Die Entwickler von Inat haben aber sehr schnell reagiert“, stellt Peters fest. Jetzt verbindet sich der Datensammler nach einem Verbindungsabbruch automatisch neu. Die Werte werden sekündlich ausgelesen und aus den 60 Werten wird ein Mittelwert gebildet. Die importierten Daten werden von einer Software in der SQL-Datenbank gelesen und über das Leittechnik-Protokoll IEC 60870-5-104 zum Netzwerk-Betreiber geschickt. Das Protokoll verwendet TCP/IP als Basisübertragungsprotokoll. Der Netzbetreiber wertet die Daten dann entsprechend aus, mithilfe einer passenden Oberfläche, die speziell im Rahmen des Projektes entwickelt wurde.

Auf dem Weg zur Norm

Das Ziel ist, dass sämtliche Steuerungsfunktionalitäten in einem Windpark zukünftig über die Norm IEC 61400-25 abgewickelt werden. Der Schwerpunkt dieser Norm ist die bibliothekgestützte Steuerung und die Überwachung von Anlagen. „Zurzeit findet ein Umbruch statt. Wir stecken genau mitten drin und haben mit dem Echocollect einen Fall der konventionellen Anwendung abgedeckt. Mit Sicherheit würde es auch für andere Kundenschnittstellen gehen, zum Beispiel wenn ein Anlagenhersteller einen nicht genormten OPC-Server für die Netzdatenerfassung bereitstellt. Für die nächste Zeit jedoch wird es so weiter laufen wie im Moment, nämlich dass die Kunden sich selbst Gedanken machen müssen, wie die Daten von den Anlagen gelesen und dann importiert werden sollen,“ kommentiert Peters.

Schnelle Rückmeldung

Bei dem Energieunternehmen hat sich das Powersystem mittlerweile etabliert. In das System fließen europaweit Daten von über 700 Windenergie- und Biogasanlagen ein. Die Daten werden je nach Bedarf, beispielsweise alle zehn Minuten erfasst, die Intervalle werden passend ausgewählt, damit entsprechend reagiert werden kann. Der Netzbetreiber erhält allerdings Minutenwerte, da er damit besser rechnen kann. Wichtiger ist hier jedoch die schnellstmögliche Rückmeldung über den Zustand der Windenergie. Es interessiert den Netzbetreiber nicht, welche Anlage stillsteht, sondern nur, dass es Stillstand gibt und wie viele Anlagen betroffen sind.

 

Sylvia Karsch

: Zuständig für Marketing und PR bei der Inat GmbH.

(mf)

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