Für die neue Maschinengeneration Microline 6000 P beziehungsweise 6000 S zum Schneiden von Leiterplatten, ist die Modernisierung der Sicherheitstechnik durch Einsatz des modularen Sicherheitssystems 3RK3 von Siemens laut LPKF maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich die gewünschte Produktivitätssteigerung der Maschinen wirtschaftlich realisieren ließ.

Einen Eindruck vom Stellenwert solcher Produktionsmaschinen für die Elektronikindustrie zeigen die Zahlen: Ein Hersteller von Mikrofonen bestückte zum Beispiel früher seine etwa DIN A3 großen Platinen mit ca. 100 Bauteilen, die anschließend ausgestanzt wurden. Mit den modernen Maschinen aus Garbsen kann die gleiche Fläche nun mit etwa 1.000 Miniplatinen bestückt sein – herausgetrennt wird per Laser. Diese und weitere Optimierungen im Rahmen der Elektronikfertigung haben entsprechende Auswirkungen auf die Konstruktion der Maschinen, die natürlich auch bis in die Sicherheitstechnik reichen. Aufgrund der hohen Produktionsleistung wird mit einer kürzesten Intervallzeit von 30 Sekunden gerechnet. Bei Dreischichtbetrieb müssten also Abschalthäufigkeiten für die Laser in der Größenordnung von einer Million kalkuliert werden. Thomas Nether, Produktleiter PCB bei LPKF, kommentiert: „Ein derart häufiges Schalten überstehen weder der Laser noch andere Komponenten, wie Schütze, viel länger als ein Jahr.“

Da sich der Betreiber der Maschine nicht der extremen Belastung der Schalthäufigkeit der im Laser integrierten Shutter zur sicheren Verdunkelung während des Automatikbetriebs sowie der Leistungsschütze aussetzen wollte, musste eine andere Lösung gefunden werden. Diese ist ein zusätzlicher externer Shutter, der den Lichtstrahl abdeckt, während die Maschinen neu bestückt werden.

Modulare Sicherheitslösung als wirtschaftliche Alternative

Bei der bis dahin konventionell aufgebauten Sicherheitstechnik gab es fünf Sicherheitsschaltgeräte – teils mit Zeitverzögerung -, mit denen die zwei Lade- und drei Wartungsklappen überwacht wurden. Sechs Schütze sorgten dabei für eine zweikanalige Absicherung aller risikobehafteten Bereiche. Für den zusätzlichen Shutter wären nun noch einmal Sicherheitsschaltgeräte plus mehrere Schütze hinzugekommen. „Der Aufwand hierfür wäre nicht mehr wirtschaftlich darstellbar gewesen, weshalb wir uns für eine komplett neue, wesentlich modernere Sicherheitslösung entschieden haben“, betont Nicole Niemeyer, Technikerin aus der Elektrotechnikentwicklung bei LPKF. Die Planung und der Aufbau der Sicherheitstechnik sei mit der neuen Lösung zudem überraschend schnell und einfach umzusetzen gewesen.

Heute benötigt man für gewünschte Sicherheitsfunktionen bis Performance Level „e“ gemäß EN ISO 13849-1 lediglich ein modulares Sicherheitssystem, das bei Bedarf mit bis zu sieben Erweiterungsmodulen ausgebaut werden kann. Bereits das 3RK3-Basisgerät des modularen Sicherheitssystems Sirius MSS von Siemens besitzt acht sicherheitsgerichtete Sensoreingänge, einen sicherheitsgerichteten Relaisausgang bis SIL3/PLe und einen sicherheitsgerichteten elektronischen Ausgang bis SIL3/PLe. Ergänzend dazu gibt es mehrere unterschiedliche Zusatzmodule, von denen sich die LPKF-Experten für das Erweiterungsmodul 4/8F-DI mit acht sicherheitsgerichteten Sensoreingängen entschieden haben, und für Meldungen das Standard-Erweiterungsmodul 8 DO mit acht Ausgängen einsetzen.

Standard- und Sicherheitstechnik auf einer Plattform

Zur Datenübertragung lassen sich die einzelnen Module über ein vorkonfektioniertes Flachkabel einfach mit dem Basisgerät verbinden. Für die sicherheitsgerichtete Abschaltung der zwei Bereiche übernehmen jeweils zwei Schütze, die parallel angesteuert werden, die Notabschaltung: zwei für die Abschaltung des Lasers und zwei für die zeitverzögerte Abschaltung der 230-V-Versorgungsspannung der X-Y-Achsen. „Mehr ist nicht notwendig“, versichert Nicole Niemeyer.

Um Standardmeldungen wie „Bestückklappe x wurde geöffnet“ anzuzeigen, wurde an das MSS-Grundgerät noch ein zusätzliches Erweiterungsmodul 8DO mit acht digitalen Ausgängen angereiht. „Wir erachten es als großen Vorteil, Standardautomatisierung und Sicherheitstechnik auf der gleichen Plattform belassen zu können“, kommentiert Thomas Nether. Denn damit können dem Bediener wichtige Informationen auf einfache Weise zur Verfügung gestellt werden.

Durch die erhebliche Vereinfachung der hardwareseitigen Sicherheitstechnik lässt sich nicht nur die Verdrahtung erheblich schneller durchführen, sondern auch Verdrahtungsfehler gibt es seither kaum noch. Selbst der Platzbedarf im Schaltschrank ist deutlich gesunken. Darüber hinaus ist die neue Lösung für die Lebensdauer von Laser und Schalttechnik geradezu ein „Wellness-Programm“ wie Thomas Nether bestätigt: „Heute müssen die Laser höchstens noch, wenn überhaupt, wenige Male pro Tag für Einrichtarbeiten abgeschaltet werden.“

Diagnosefähigkeit ist wichtig für den Grad der Sicherheit

In den Maschinen gibt es sechs Sicherheitsfunktionen, die alle möglichen Risikoszenarien abdecken. Diese wurden gemäß EN ISO 12100 definiert und in die Risikobetrachtung mit aufgenommen. Das Ergebnis der Sicherheitseinstufung war Performance Level „d“. Denn im Gegensatz zur früheren Auslegung nach EN 954-1, die Ende 2011 ausläuft, fließen heute in die Risikobewertung zeitabhängige Komponenten mit ein. Hierzu zählt zum Beispiel die Schalthäufigkeit von elektromechanischen Komponenten. Komponentenhersteller müssen deshalb so genannte B10-Werte und den Anteil gefahrbringender Ausfälle für ihre Produkte angeben, wie sie Siemens längst in den Katalogen z. B. (LV 1) IC10 angibt.

Im Internet unter www.siemens.de/safety-evaluation-tool stellt Siemens ein Online-Softwaretool kostenlos zur Verfügung, mit dem sich die Berechnung des erreichten bzw. notwendigen Sicherheitslevels einfach nachweisen lässt. Nicole Niemeyer bestätigt: „Das ist äußerst übersichtlich, lässt sich schnell durchführen und am Ende der Berechnung kann die gesamte Dokumentation auf der Festplatte gespeichert und ausgedruckt werden.“

Wichtig sind selbst die Zyklenzahl pro Jahr und der Diagnose-Deckungsgrad. „Auch hier hat das MSS von Siemens viel zu bieten, was den erreichbaren Sicherheitslevel positiv beeinflusst“, berichtet Nicole Niemeyer.

Für die Parametrierung, Programmierung und Diagnose des modularen Sicherheitssystems gibt es von Siemens eine eigene Software MSS ES. Alle Funktionselemente lassen sich per Drag & Drop platzieren. Mithilfe des Grafikeditors sind Sicherheitssysteme einfach, schnell und übersichtlich erstellt. Das System erkennt zum Beispiel den angeschlossenen Hardwareausbau, unterstützt bei der Adressenvergabe und man braucht für die Bedienung keine Step7-Programmierkenntnisse, wie sie für die Siemens-Steuerung notwendig sind. Das Sicherheitsprogramm selbst kann durch ein Passwort geschützt werden.

Testen vor der eigentlichen Inbetriebnahme

Nicole Niemeyer ergänzt: „Praktisch dabei ist das Forcen, also das bewusste Setzen von Ausgängen in der Software, um die Sicherheitsapplikation schon vor der Inbetriebnahme komplett testen zu können.“ Damit lässt sich nicht nur Zeit sparen, sondern auch sehr einfach ein entsprechendes Protokoll über die Funktionen der Sicherheitstechnik erstellen.

Die Daten des Sicherheitssystems befinden sich auf einem Speichermodul im Basisgerät des MSS. Sollte es mal zu einem Gerätetausch kommen, wird dieser Speicher ohne Einsatz eines PC gewechselt und das Gerät läuft wie vorher. Denn beim Hochlauf des Geräts werden die Daten aus dem Speichermodul in den Arbeitsspeicher des Basisgeräts geladen. Auch der Gerätewechsel ist aufgrund der stehenden Verdrahtung entsprechend einfach und schnell durchzuführen. Thomas Nether kommentiert: „Ein solcher Serviceaspekt ist für unsere Kunden aus Sicht der Verfügbarkeit ein ebenso wichtiger Punkt wie moderne Sicherheit.“

Eine moderne Sicherheitslösung hat auch an anderer Stelle spürbare Auswirkungen auf die Produktivität, wie Thomas Nether bestätigt: „Wir haben dadurch sogar die Taktzeiten mancher Maschinen verkürzen können.“ Mit jeder Betätigung der Bestückungsklappen wurde früher die Spannungsversorgung des Lasers über Leistungsschütze abgeschaltet. Durch die Verwendung eines Shutters, der pneumatisch betätigt wird, und die Endlagen, die über das MSS eingelesen werden, schalten die Leistungsschütze nur im Fehlerfall. Dadurch konnte die Schalthäufigkeit auf ein Minimum reduziert werden.

Die Überwachung des sicheren Zustands erfolgt durch das MSS. Das bedeutet, die mögliche Taktrate wird durch die Sicherheitstechnik nicht mehr beeinflusst. Lediglich eine Mindest-Handling-Zeit bleibt. Nicole Niemeyer resümiert: „Durch Einsatz des modularen Sicherheitssystems von Siemens sind wir in der Maschinenplanung erheblich flexibler geworden.“

Flexibilität der Sicherheit erhöht die Wirtschaftlichkeit

Höhere Flexibilität ist auch notwendig, um den weltweiten Markt in dem geforderten Maß bedienen zu können. Denn der Auftragseingang ist bei LPKF im Jahr 2010 sprunghaft angestiegen. „Der Wechsel auf das MSS von Siemens war deshalb ein konsequenter Schritt in Richtung wirtschaftlicher Fertigung sicherer Maschinen“, sagen Nicole Niemeyer und Thomas Nether. Verringerter Verdrahtungsaufwand, einfachste Parametrierung, Bauraum- und Geräteeinsparung, reduzierte Verdrahtungsfehler, sowie kurze Reaktionszeiten auf Kundenwünsche und natürlich bessere Diagnosemöglichkeiten sind die wesentlichsten Gründe dafür. Die Elektronikbranche, die von kurzen Entwicklungszyklen lebt, schätzt Partner mit Sinn für Hightech-Lösungen.

Über LPKF

LPKF Laser & Electronics aus Garbsen bei Hannnover hat sich seit der Firmengründung 1976 auf die Entwicklung und den Bau von Hightech-Maschinen zur Leiterplattenherstellung und Laser-Mikromaterialbearbeitung spezialisiert. Mittlerweile zählt das Unternehmen weltweit 430 Mitarbeiter. Zu den Produkten gehören Laser und Optik ebenso wie der Maschinenbau, die Steuerungs- und Antriebstechnik sowie die Mikromaterialbearbeitung. Für seine Entwicklung Fusion3D wurde LPKF mit dem Hermes Award 2010 ausgezeichnet: Die Technologie schreibt die elektronischen Leiterstrukturen direkt auf ein dreidimensionales Kunststoff-Bauteil, das so zum komplexen Schaltungsträger wird.

Deniz Isik

: Promotor für Sicherheitstechnik bei Siemens Industry Division in Laatzen.

(uns)

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