Mit der CPU 1518 als neuem Flaggschiff rundet Siemens die Leistungsbrandbreite der S7-1500-Famlie nach oben ab.

Mit der CPU 1518 als neuem Flaggschiff rundet Siemens die Leistungsbrandbreite der S7-1500-Famlie nach oben ab.Redaktion IEE/Renate Schildheuer

Welches sind denn die Unterschiede zu den letztes Jahr vorgestellten CPUs 1511, 1513 und 1516?

Rauscher: Die wesentlichen Verbesserungen des CPU-Updates betreffen die Performance, Benutzerfreundlichkeit und Kommunikationsfähigkeiten. Grundsätzlich hat jede CPU eine integrierte Systemdiagnose und ist standardmäßig mit Profinet ausgestattet. Ab der CPU 1515 steht auch eine zweite Schnittstelle mit eigener IP-Adresse zur Netzwerktrennung zur Verfügung. Die CPU 1518 hat sogar insgesamt drei IP-Adressen, um noch mal zusätzliche Funktionalität und Flexibilität bei der Konfiguration der Netzwerkarchitektur bereitzustellen. Hinzu kommen ein gegenüber den bisherigen CPU-Varianten ein nochmals deutlich größerer Speicher und eine größere Anzahl an parametrierbaren Antriebsachsen.

Ehm: Was bei Kunden besonders gut ankommt ist die Trace-Funktionalität. Die wird beim Aufspüren sporadischer Fehler während der Inbetriebnahme und bei der Diagnose als ein echter Mehrwert gesehen, der das Arbeiten vor Ort erleichtert.

Gab es einen konkreten Auslöser die CPUs nach zu schieben oder stand der Ausbau von Anfang an mit auf der Produkt-Roadmap?

Rauscher: Die Einführung der beiden CPUs 1515 und 1518 stand schon bei der Markteinführung der S7-1500 letztes Jahr fest. 2012 sind wir zunächst mit drei Steuerungen für den unteren bis mittleren Leistungsbereich gestartet. Die CPU 1515 rundet jetzt den mittleren Leistungsbereich ab, die CPU 1518 übernimmt die Rolle des Flaggschiffs.

1 ns Bitverarbeitungszeit, 6 ns für Gleitpunktarithmetik, gibt Siemens im Datenbklatt für die CPU 1518 an. Sind die anderen Controller denn gedrosselt oder wie schaffen ihre Entwickler diesen Performancesprung?

Rauscher: Die anderen CPUs sind nicht gedrosselt. Wir haben lediglich den Hardware-Aufbau geändert. Das hat für den Leistungsschub gesorgt.

„Im Moment ist die CPU 1518 unser leistungsstärkster Controller am Markt.“ Rihab Ehm

„Im Moment ist die CPU 1518 unser leistungsstärkster Controller am Markt.“ Rihab EhmRedaktion IEE/Renate Schildheuer

Welchen Anteil hat die neue Firmware-Version daran?

Rauscher: Das Firmware-Update 1.5 umfasst in erster Linie Funktions­erweiterungen, die wiederum allen anderen CPUs zu Gute kommen, sofern bereits installierte CPUs nachgerüstet werden. Beispielsweise unterstützt das Update jetzt den kompletten Stations-Upload ins TIA Portal, das heißt inklusive Parametrierung aller Baugruppen.

Ehm: Das Optionen-Handling ist ein weiterer wichtiger Punkt. Ging das bisher nur bei einem dezentralen Aufbau funktioniert das jetzt auch bei einem zentralen Aufbau der Steuerungstechnik. Neben weiteren Sprachversionen können Anwender auf dem CPU-Display künftig ihr eigenes Logo hinterlegen, das beim Start der CPU dann eingeblendet wird. Was bei der Inbetriebnahme sehr hilfreich ist, sind die Variablentabellen, die über das CPU-Display abrufbar sind. Man braucht nicht sofort ein Programmiergerät, um zu kontrollieren, welchen Zustand bestimmte Variablen haben. Etwa, ob ein Endschalter angesprochen hat. Solche Infos kann sich der Instandhalter über die Variablentabellen direkt am Display anzeigen lassen.

Wie funktioniert die Zusammenstellung beim Optionen-Handling?

Ehm: Mit dem Optionen-Handling brauchen Anwender lediglich einmal die Maximal-Konfiguration einer Anlage zu projektieren. Danach können sie davon auftragsbezogen die tatsächliche Ist-Konfiguration ableiten. Die Zusammenstellung aller Optionen erfolgt dabei manuell in einer Liste beziehungsweise per Datenbaustein. Dort beschreibt der Anwender die Optionen seiner Ist-Konfiguration. Anhand einer Systemfunktion wird diese Liste an der CPU gesendet und im Anlauf-OB bearbeitet.

„Wer will kann für unterschiedliche Aufgaben beide Plattformen, das TIA-Portal und den Simatic Manager, nutzen.“ Andrea Rauscher

„Wer will kann für unterschiedliche Aufgaben beide Plattformen, das TIA-Portal und den Simatic Manager, nutzen.“ Andrea RauscherRedaktion IEE/Renate Schildheuer

Zusamen mit den CPUs erweitert Siemens auch das TIA-Portal mit weiteren Funktionen, unter anderem durch Teamengineering. War das bis dato denn nicht möglich?

Ehm: Mit der Integration der verschiedenen Software-Komponenten im TIA-Portal sind die Funktionalitäten des Teamengineering immer wichtiger geworden. Dementsprechend haben wir diese nun ausgebaut. Das bezieht sich auf zwei Aspekte: Die Aufteilung von Aufgaben auf mehrere Anwender und das anschließende systemgestützte Zusammenführen der Teilprojekte. Mit der Option ‚Copy&Merge‘ können Anwender zum Beispiel ihre Teilprogramme über globale Bibliotheken oder Referenzprojekte kopieren und zusammenführen.

Rauscher: Eine weitere Option ist der PLC-Stellvertreter für HMIs. Darüber können Anwender den Datenzugriff zwischen HMI und PLC in unterschiedlichen Projekten organisieren. Somit können beide Projekte entweder im TIA-Portal oder bei Bedarf auch getrennt projektiert werden, das heißt die Steuerung klassisch im Simatic-Manager, das HMI mit den Comfort-Panel aber im TIA-Portal.

„Eine schnelle CPU ist sehr wichtig, ein optimiertes Engineering-System aber noch wichtiger. Zusammen sind sie dann ein Dream Team.“ Rihab Ehm

„Eine schnelle CPU ist sehr wichtig, ein optimiertes Engineering-System aber noch wichtiger. Zusammen sind sie dann ein Dream Team.“ Rihab EhmRedaktion IEE/Renate Schildheuer

Ehm: Die dritte Säule des Teamengineerings ist die gemeinsame Inbetriebnahme auf einer Steuerung. Das TIA-Portal bietet dazu die Möglichkeit, die verschiedenen Programmbestandteile mehrerer Entwickler offline zusammenzuführen und als Ganzes in die Steuerung zu laden. Anschließend können alle gleichzeitig ihre Bausteine online testen. Ändert ein Projekteur dann etwas an seinem Baustein, bekommen alle anderen entsprechende Hinweise und können sich die neuen Programmteile in ihr Offline-­Projekt laden – inklusive aller Kommentare und symbolischen Namen, die schließlich bei allen S7-CPUs in der Steuerung vorgehalten werden.

Sind die nicht auch für die neue optimierte Baustein-Architektur notwendig und damit für die Performance der CPUs maßgebend?

Rauscher: Wir haben in umfangreichen Leistungsmessungen mit rund 250 Kundenprojekten die CPU 1518 mit einer 319er-CPU aus der S7-300-Baureihe verglichen. 1:1 migriert, das heißt ohne optimierte Baustein-Architektur, lief das Programm auf der neuen CPU im Mittel bereits vier bis fünfmal schneller als auf der S7-319. Optimierte Baustein-Architektur heißt: die CPU legt selbständig fest, an welcher Stelle sie beispielsweise Variablen ablegt, um möglichst schnell darauf zugreifen zu können. Mit der optimierten Baustein-Architektur, davon sind wir fest überzeugt, erfolgt die Programmbearbeitung bis zum Faktor zehn schneller.

Ehm: Zur Klarstellung: Beim Wechsel zur S7-1500-Reihe kann ein Kunde nach wie vor mit der von der S7-300/400 gewohnten absoluten Adressierung programmieren. Auch wenn die optimierte Baustein-Architektur natürlich ihre Vorteile hat.

„Die CPU 1518 ist rund vier- bis fünfmal schneller als eine 319; bei optimierter Baustein-Architektur um Faktoren schneller!“ Andrea Rauscher

„Die CPU 1518 ist rund vier- bis fünfmal schneller als eine 319; bei optimierter Baustein-Architektur um Faktoren schneller!“ Andrea RauscherRedaktion IEE/Renate Schildheuer

Und wer braucht diesen Speed und wofür?

Rauscher: Die CPU 1518 kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn es um sehr hohe Taktzahlen geht, zum Beispiel bei der ­Zigarettenproduktion, echten Schnellläufern.

Kommt es da nicht vor allem auf die Reaktionszeiten zwischen Ein- und Ausgangsklemme an?

Ehm: Dazu laufen derzeit auch Messungen. Nachdem die CPU 1518 im Moment noch im Systemtest ist, wollen wir hierzu erst eine endgültige Aussage treffen, wenn die CPU im Liefereinsatz ist. So viel vorab: Unsere Entwickler sagen, dass wir auch bei diesem Benchmark deutlich schneller sind als eine S7-300 und die bisherigen S7-1500 CPUs.

Wann ist die Lieferfreigabe geplant?

Rauscher: Im ersten Quartal 2014.

Drückt den Anwendern das Thema Projektierung nicht mindestens genauso wie die CPU-Performance?

Ehm: Eine schnelle CPU ist sehr wichtig, aber ein schnelles und optimiertes Engineering-System ist noch wichtiger. Zusammen bilden sie dann ein Dream Team. Deswegen setzt Siemens auch auf effizientes Programmieren und Projektieren. Hierin sehen wir ein großes Potenzial für Maschinenbauer, ihre Effektivität weiter zu steigern. Dazu brauchen die Anwender vereinfachte Tools, wie die Trace-Funktion, die integrierte automatische Vervollständigung der Symbole im Quellcode oder eine einfache Fehlersuche – bereits während des Engineerings. Dafür sorgt etwa der Konsistenz-Check im TIA-Portal. Der stellt sicher, dass die meisten Fehler identifiziert und beseitigt sind, bevor es mit dem Programm auf die Anlage zur Inbetriebnahme geht. Dadurch spart sich der Anwender Zeit bei der Inbetriebnahme.

Beim Stichwort Effizienz im Engineering wird immer gerne auch Hochsprachenprogrammierung und modellbasiertes Entwickeln mit Matlab/Simulink genannt. Ist das auch Bestandteil des TIA-Portals?

Ehm: Das TIA-Portal unterstützt die Structured Control Language, kurz: SCL. Auch Matlab unterstützt diese Hochsprache. Somit ist SCL die Brücke zwischen beiden Tools.

Wie sieht den die Produktstrategie in anderen Steuerungskategorien aus, etwa bei den hochverfügbaren Steuerungen?

Rauscher: Bei der Vorstellung der ersten S7-1500-Geräte auf der SPS IPC Drives 2012 haben wir ein stufenweises Vorgehen angekündigt. Daher wird es auch eine hochverfügbare Variante geben. Die kommende CPU S7-1500 H ist vergleichbar mit dem Leistungsspektrum der S7-400-Steuerungen. Logisch, dass wir auch an Technologie-CPUs arbeiten; eine S7-1500-T ist ebenfalls in der Produkt-Pipeline. Nur alles auf einmal zu entwickeln, macht keinen Sinn.

Ist mit der CPU 1518 denn das Ende der Fahnenstange erreicht?

Rauscher: Im Moment ist und bleibt die CPU 1518 unsere leistungsstärkste CPU am Markt. Aber wir hören nicht auf, unsere Steuerungsplattform weiter zu innovieren.

Werden Ihre Entwickler die nächsten Performance-Sprünge bei den CPUs noch mit der gleichen Prozessortechnologie realisieren können?

Rauscher: Die Basis-Hardware ist sehr gut. Um noch schneller zu werden, müssen wir vielleicht ganz andere Aspekte berücksichtigen und neue Wege beschreiten, beispielsweise die parallele Bearbeitung des Programmcodes.

Stefan Kuppinger

ist Chefredakteur der IEE.

(sk)

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