Aufmacher

(Bild: Qualcomm)

Das Internet der Dinge wächst und wächst. Einer aktuellen Prognose von Juniper Research zufolge wird die Zahl der im IoT vernetzten Dinge bis 2020 auf 46 Milliarden Geräte ansteigen, andere Marktforscher rechnen sogar mit 50 Milliarden. Wichtiger als die bloße Zahl der Dinge ist jedoch die Frage nach deren Vernetzung. Das Internet der Dinge ist kein zufälliges Konvolut von Geräten, sondern ein auf ein konkretes Ziel ausgerichteter Zusammenschluss elektronischer Systeme: Das Ziel ist der Austausch von Daten.

Nicht die einzelnen Geräte liefern den Mehrwert im Internet der Dinge, sondern deren Vernetzung. Diese Erkenntnis sollte eigentlich selbstverständlich sein, aber sie ist ganz entscheidend, um die Bedeutung weiterentwickelter Netzwerktechnologien für das IoT zu verstehen. Dabei geht es zumeist um Funkkommunikation, denn das Internet der Dinge ist ein weitgehend kabelloses Netzwerk. Für den Verzicht auf Kabel gibt es vielschichtige Gründe – bei Wearables ist es etwa der Tragekomfort, bei Sensoren oft die Abseitigkeit der Installationsorte. Fortschritte in der mobilen Konnektivität zählen deshalb zu den wichtigsten Faktoren für den Erfolg des IoT.

Herausforderungen im IoT

In der Vergangenheit konnten wir miterleben, wie die mobilen Netze von Generation zu Generation immer leistungsfähiger wurden. Als UMTS vor dreizehn Jahren startete, beeindruckte es mit einer maximalen Datenübertragungsrate von 0,384 Mbit/s – ein echter Durchbruch aus damaliger Sicht. Heute bewegt sich der Mobilfunk in ganz anderen Sphären: Qualcomm hat letztes Jahr mit dem Snapdragon X50 das erste 5G-Modem mit Download-Geschwindigkeiten von bis zu 5 Gigabit/s angekündigt. Kommerzielle Endgeräte mit dem Snapdragon X50 werden im Laufe des Jahres 2018 erwartet.

Besonders Consumer-Anwendungen können von solchen Leistungsexplosionen profitieren. Im Internet der Dinge geht es jedoch höchst selten um große Datenmassen, die in möglichst kurzer Zeit übertragen werden müssen. Je nach Applikation stellen sich hier ganz andere Herausforderungen.

Geht es etwa um Sensoren in selbstfahrenden Autos, dann stehen Latenzzeiten im Vordergrund. Um im Straßenverkehr blitzschnell auf andere Verkehrsteilnehmer oder unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können, müssen Sensordaten in Echtzeit verfügbar sein. Auf eine Notbremsung eines einzelnen Fahrzeugs können dann alle dahinterfahrenden Autos reagieren, indem sie im gleichen Moment ebenfalls ein Bremsmanöver einleiten. Auffahrunfälle würden somit der Vergangenheit angehören. Dass es bei der Übertragung solcher Signale nicht zu Verbindungsfehlern oder Paketverlusten kommen darf, versteht sich von selbst.

Auch andere Verkehrsmittel halten Herausforderungen für die mobile Konnektivität bereit, etwa Hochgeschwindigkeitszüge. Wenn sich Geräte mit Spitzengeschwindigkeiten von 300 km/h und mehr fortbewegen, leidet schnell die Verbindungsqualität und die sogenannten Handover, also die Wechsel zwischen zwei Funkzellen, schlagen fehl.

Eine weitere Limitierung der alten Funknetze besteht hinsichtlich der unterstützten Gerätedichte. Der Endanwender kennt das von Großveranstaltungen: Kommen an einem Ort einige zehntausend Menschen zusammen, haben Smartphones schnell keinen Empfang mehr. Auch im Internet der Dinge tummeln sich tausende Geräte auf kleinem Raum – zum Beispiel, wenn in der Logistikbranche Frachtgut und Container massenhaft mit Sensoren ausgestattet werden, um ihre Reisewege nachzuverfolgen. In Häfen und an vergleichbaren Umschlagsplätzen müssen die Netze dann die Kommunikation einer enormen Vielzahl von Sendern abwickeln.

Mitunter ist es aber nicht eine Überlastung der Netze, sondern die schlechte Verbindungsqualität, die Applikationen im Internet der Dinge verkompliziert. Wenn ein Sensor an einem Ort installiert wird, den Funkwellen nicht gut erreichen, dann versagt er den Dienst. In bestimmten Fällen lässt sich das allerdings nicht vermeiden, etwa bei der Überwachung von weitgehend unterirdischen Infrastruktursystemen wie der öffentlichen Wasserversorgung.

Und fast immer spielt im Internet der Dinge auch der Energieverbrauch von Funkmodulen eine Rolle: Der weitgehende Verzicht auf Kabel bedeutet selbstverständlich auch, dass die Geräte nicht an ein zentrales Stromnetz angeschlossen sind. Stattdessen sind sie auf lokale Stromquellen angewiesen, vor allem auf Akkus und Batterien. Je öfter diese Energielieferanten ausgetauscht oder aufgeladen werden müssen, desto höher die Wartungskosten. Deshalb ist Energieeffizienz an vielen Stellen im IoT das A und O.

In der Vergangenheit waren mobile Technologien zumeist auf eine Maximierung der Datenraten ausgelegt. Relativ zur übertragenen Datenmenge gesehen stieg die Energieeffizienz der neuen Funkmodule zwar, aber nicht absolut – leistungsstarke Komponenten benötigen mehr Strom. Schon heute tut sich mit Blick auf die beschriebenen Herausforderungen eine Lücke auf. Es bedarf neuer, besserer Technologien, um die vielfältigen Anwendungsfälle im IoT abzudecken und weiteren Innovationen den Weg zu bahnen. 5G und das verbesserte LTE kommen deshalb genau zur rechten Zeit.

LTE als Wegbereiter

Bild 1: LTE Cat-M1 und LTE Cat-NB1 erhöhen die Effizienz der Datenübertragung für IoT-Anwendungen.

Bild 1: LTE Cat-M1 und LTE Cat-NB1 erhöhen die Effizienz der Datenübertragung für IoT-Anwendungen. Qualcomm

LTE ist heute der weltweit populärste Funknetz-Standard. Er bringt Milliarden Menschen schnelles und zuverlässiges Internet. Um ihn fit zu machen für das Internet der Dinge, bedarf es jedoch einer Modifikation und Erweiterung. Mit dem letztjährigen Release 13 der Standards des 3rd Generation Partnership Project (3GPP), einer weltweiten Kooperation von Standardisierungsgremien im Mobilfunk, wurden verschiedene Schmalband-Technologien eingeführt, die zusammengefasst unter der Bezeichnung LTE IoT firmieren. Ziel ist es, Funkmodule zu entwickeln, die möglichst kostengünstig sind und den oben geschilderten Anforderungen des Internets der Dinge möglichst gut entsprechen.

Bild 2: Die wichtigsten Eckdaten von LTE Cat-M1 und LTE Cat-NB1 im Vergleich.

Bild 2: Die wichtigsten Eckdaten von LTE Cat-M1 und LTE Cat-NB1 im Vergleich. Qualcomm

Schon LTE Advanced, das in den Releases 10, 11 und 12 ausgearbeitet wurde und dank neuer Vorgehensweisen wie Carrier Aggregation und High-Order MIMO die Datenrate von LTE noch einmal übertraf, brachte in manchen Bereichen des IoT Fortschritte – etwa beim Betrieb von HD-Überwachungskameras. Fast überall sonst war es aber nötig, die Leistungsfähigkeit nicht etwa weiter nach oben zu schrauben, sondern sie stattdessen herunter zu skalieren und die Effizienz zu erhöhen. Release 13 der 3GPP umfasste deshalb zwei neue Technologien: LTE Cat-M1 und LTE Cat-NB1 (Bild 1).

LTE Cat-M1 folgt dem eMTC-Standard (Enhanced Machine-Type Communications) und liefert Datenraten von bis zu einem Mbit/s bei einer Bandbreite von lediglich 1,4 MHz im LTE FDD/TDD-Spektrum. Damit ist es zwar schon stark herunterskaliert, für die in der Machine-to-Machine-Kommunikation bislang üblichen Verhältnisse (Stichwort GSM) aber dennoch herausragend leistungsstark. Es unterstützt Sprachübertragung und weist eine um 15 dB verbesserte Leistungsübertragungsbilanz auf, wodurch Wände und Decken noch besser durchdrungen und Geräte an entfernten Orten zuverlässiger erreicht werden können. LTE Cat-NB1, üblicherweise als NB-IoT bezeichnet, reduziert die Komplexität von LTE sogar noch weiter und eignet sich damit für IoT-Anwendungen im Low-End-Bereich. Die Bandbreite beträgt 200 kHz in LTE FDD, die erreichbaren Datenraten liegen bei einigen Dutzend kbit/s (Bild 2)

Weil beide Technologien auf LTE-Netzwerken aufsetzen, wie sie bereits in mehr als 160 Ländern existieren, lässt sich eine breite Netzabdeckung erzielen. Die Netze selbst unterstützen außerdem nun ihrerseits ein breiteres Spektrum an IoT-Anwendungen. Auf der einen Seite des Spektrums stehen Applikationen, die eine hohe Datenrate oder eine möglichst geringe Latenzzeit benötigen, auf der anderen Seite eher simple Anwendungen, in die kostengünstige Funkmodule mit kleinen Leistungen und wenig Energiebedarf verbaut werden müssen – all diese Fälle können nun von einer einzigen Infrastruktur abgedeckt werden.

Ein entscheidender Aspekt im Internet der Dinge ist die Netzwerksicherheit. In der jüngeren Vergangenheit wurde gerade in Deutschland vielfach über die Sicherheit einzelner Geräte diskutiert: Gehackte Fitnesstracker, die ihre Träger ausspionieren, überlistete private Überwachungskameras, die ihre Aufnahmen direkt an einen Kriminellen weiterleiten, oder vernetzte Thermostate, die durch illegalen Zugriff von außen zur Überhitzung und damit zur Zerstörung der Heizungsanlage gebracht werden können. Und das sind nur einige Beispiele von vielen.

Die Hersteller solcher Geräte haben die Notwendigkeit für erhöhte Sicherheitsmaßnahmen mittlerweile erkannt. Nur selten wird aber diskutiert, wie sich auch die Netze selbst schützen lassen. Denn auch die beste Absicherung aller Geräte hilft nichts, wenn Informationen anschließend ungeschützt über den Äther wandern. LTE IoT schafft auch hier Abhilfe, denn es setzt auf die etablierten Sicherheits- und Authentifizierungsmethoden von LTE. Im Vergleich zum veralteten GSM und anderen Technologien ist so ein wesentlich höheres Maß an Sicherheit gewährleistet.

5G eröffnet neue Chancen

Bild 3: Hochautomatisiertes Fahren erfordert eine Vernetzung mit hohen Datenraten und geringen Latenzzeiten, wie sie die fünfte Mobilfunkgeneration bieten wird.

Bild 3: Hochautomatisiertes Fahren erfordert eine Vernetzung mit hohen Datenraten und geringen Latenzzeiten, wie sie die fünfte Mobilfunkgeneration bieten wird. Qualcomm

Mit der fünften Generation des Mobilfunks soll auch im Internet der Dinge ein völlig neues Zeitalter anbrechen. Zukünftig sollen Anwendungen möglich werden, die sogar mit LTE IoT undenkbar waren. Datenraten im Bereich von tausenden Mbit/s, Gerätedichten von bis zu einer Million Geräte pro Quadratkilometer, Latenzzeiten von lediglich einer Millisekunde und ein Höchstmaß an Energieeffizienz – so wird die neue Welt der Machine-to-Machine-Kommunikation aussehen. Um die Netzabdeckung zu maximieren und auch Geräte an den abgelegensten Orten in das Internet der Dinge zu integrieren, unterstützt 5G die sogenannte Multi-Hop-Mesh-Methode. Geräte, die keinen Netzempfang haben, können dabei mit anderen Geräten in ihrer Umgebung in Kontakt treten und Informationen über diesen Umweg an einen zentralen Knotenpunkt übermitteln.

Die große Stärke der 5G-Technologien liegt in ihrer maximalen Flexibilität. Mobile Netze werden fortan nicht mehr der limitierende Faktor im IoT sein. Im Gegenteil: Sie eröffnen ungeahnte Möglichkeiten. Besonders prägnante Beispiele liefert der autonome Straßenverkehr. Geringe Latenzzeiten, hohe Gerätedichten und vor allem eine uneingeschränkte Verlässlichkeit der Netze sind hier von entscheidender Bedeutung, damit Autopiloten funktionieren können und die Verkehrssicherheit gewährleistet bleibt (Bild 3). Ähnlich verhält es sich mit Drohnen und Industrierobotern, die sich autonom bewegen und in Echtzeit auf ihre Umwelt reagieren können müssen.

Eck-DATEN

Mit dem Wachstum des IoT wachsen auch die Herausforderungen an mobile Netze – ohne ihre kontinuierliche Weiterentwicklung würden alle Fortschritte zum Stillstand kommen. LTE IoT und 5G liefern Technologien, die für praktisch jeden Anwendungsfall skaliert werden können. Je nachdem, ob die Priorität auf Leistungsfähigkeit, Effizienz oder Stückkosten der Module liegt, stehen andere Lösungen zur Verfügung. In punkto mobile Konnektivität ist die Grundlage für ein weiteres Wachstum des IoT also gelegt: Die digitale Revolution kann weitergehen.

Hamid-Reza Nazeman

(Bild: Qualcomm)
Managing Director Germany bei Qualcomm

(ku)

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